822/A XXII. GP

Eingebracht am 26.04.2006
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Antrag

der Abgeordneten Dr. Erwin Rasinger, Elmar Lichtenegger
Kolleginnen und Kollegen

betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Bundesgesetz, mit dem das Epidemiegesetz 1950 geändert wird

Der Nationalrat hat beschlossen:

Das Epidemiegesetz 1950, BGBl. Nr. 186, zuletzt geändert durch das Bundesgesetz BGBl. I
Nr. 65/2002, wird wie folgt geändert:

1. § 1 lautet:

,,§1. (1) Der Anzeigepflicht unterliegen:

1.    Verdachts-,    Erkrankungs-    und    Todesfälle    an    Cholera,    Gelbfieber,    virusbedingtem
hämorrhagischem Fieber, infektiöser Hepatitis (Hepatitis A, B, C, D, E, G), Infektion mit dem
Influenzavirus A/H5N1 oder einem anderen Vogelgrippevirus, Kinderlähmung, bakteriellen und
viralen   Lebensmittelvergiftungen,   Lepra,   Leptospiren-Erkrankungen,   Masern,   Milzbrand,
Psittakose, Paratyphus, Pest, Pocken, Rickettsiose durch R. prowazekii, Rotz, übertragbare Ruhr
(Amöbenruhr),   SARS   (Schweres   Akutes   respiratorisches   Syndrom),   Tularämie,   Typhus
(Abdominaltyphus),            Puerpalfieber und Wutkrankheit (Lyssa) und Bissverletzungen durch
wutkranke oder -verdächtige Tiere,

2.    Erkrankungs-    und    Todesfälle    an    Bang'scher    Krankheit,    Diphtherie,    virusbedingten
Meningoencephalitiden,   invasiven   bakteriellen   Erkrankungen   (Meningitiden   und   Sepsis),
Keuchhusten,   Legionärskrankheit,   Malaria,   Röteln,   Scharlach,   Rückfallfieber,   Trachom,
Trichinose und Tuberkulose, hervorgerufen durch Mycobakterium bovis,

3.    Todesfälle an subakuten spongiformen Encephalopathien.

(2) Der Bundesminister für Gesundheit und Frauen kann, wenn dies aus epidemiologischen Gründen
gerechtfertigt oder auf Grund internationaler Verpflichtungen erforderlich ist, durch Verordnung weitere
übertragbare Krankheiten der Meldepflicht unterwerfen oder bestehende Meldepflichten erweitern."

2. §3 Abs. 1 Z 9 lautet:

„9. bei Milzbrand, Psittakose, Rotz, Puerpalfieber und Wutkrankheit (Lyssa) und Bissverletzungen
durch wutkranke oder -verdächtige Tiere, Tularämie, Bang 'scher Krankheit, Trichinose, Leptospiren-
Erkrankungen, Tuberkulose, hervorgerufen durch Mycobakterium bovis, und Infektionen mit dem
Influenzavirus A/H5N1 oder einem anderen Vogelgrippevirus auch Tierärzte, wenn sie in Ausübung ihres
Berufes von der erfolgten Infektion eines Menschen oder dem Verdacht einer solchen Kenntnis
erlangen;"

3. § 15 lautet:

§ 15. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat Veranstaltungen, die ein Zusammenströmen größerer
Menschenmengen mit sich bringen, zu untersagen, sofern und solange dies im Hinblick auf Art und
Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung
unbedingt erforderlich ist."

4. § 17 Abs. 3 wird folgender Abs. 4 angefügt:

„(4) Sofern dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung
zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, kann die Bezirksverwaltungsbehörde


im Einzelfall für bestimmte gefährdete Personen die Durchführung von Schutzimpfungen oder die Gabe
von Prophylaktika anordnen."

5. § 22 Abs. 1 lautet:

„(1) Die Bezirksverwaltungsbehörde hat die Räumung von Wohnungen und Gebäuden anzuordnen,
wenn diese Maßnahme nach Art des Auftretens einer meldepflichtigen Erkrankung zum Schutz vor deren
Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist."

6. § 24 lautet:

§ 24. Sofern dies im Hinblick auf Art und Umfang des Auftretens einer meldepflichtigen
Erkrankung zum Schutz vor deren Weiterverbreitung unbedingt erforderlich ist, hat die
Bezirksverwaltungsbehörde für die Bewohner von Epidemiegebieten Verkehrbeschränkungen zu
verfügen. Ebenso können Beschränkungen für den Verkehr mit den Bewohnern solcher Gebiete von
außen angeordnet werden."

7. Nach § 28 wird folgender § 28a samt Überschrift eingefügt:

„Mitwirkung von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes

„§ 28a. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben die nach diesem Bundesgesetz
zuständigen Behörden und Organe über deren Ersuchen bei der Ausübung ihrer gemäß den §§ 6, 7, 15,
17, 22 und 24 beschriebenen Aufgaben bzw. zur Durchsetzung der vorgesehenen Maßnahmen
erforderlichenfalls unter Anwendung von Zwangsmitteln zu unterstützen.

(2) Sofern nach der fachlichen Beurteilung der nach diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden im
Rahmen der nach Abs. 1 vorgesehenen Unterstützung für die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes
nach der Art der übertragbaren Krankheit und deren Übertragungsmöglichkeiten eine Gefährdung
verbunden ist, der nur durch besondere Schutzmaßnahmen begegnet werden kann, so sind die nach
diesem Bundesgesetz zuständigen Behörden verpflichtet, adäquate Schutzmaßnahmen zu treffen."

8. § 51 lautet:

§ 51. Mit der Vollziehung dieses Bundesgesetzes ist der Bundesminister für Gesundheit und
Frauen, hinsichtlich § 28a im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, betraut."

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Begründung:
Zu Z 1 und 2:

§ 1 Abs. 1 bedingt inhaltlich grundsätzlich keine Änderung, es werden lediglich die meldepflichtigen
Krankheiten, die derzeit in der Verordnung betreffend anzeigepflichtige übertragbare Krankheiten, BGBl.
II Nr. 254/2004 in der Fassung BGBl. II Nr. 10/2006, enthalten sind, in das Gesetz aufgenommen. Unter
Abs. 1 Z 2 werden lediglich Erkrankungen an Röteln neu aufgenommen, dies im Hinblick auf das
Masern- und Röteln-Eliminierungsprogramm der WHO, an dem Österreich teilnimmt. Weiters werden
veraltete Krankheitsbezeichnungen dem Stand der Wissenschaft angepasst. Unter den bakteriellen
Lebensmittelvergiftungen sind zB Salmonellosen, Shigellose, Campylobacteriose, Yersiniose, EHEC,
Listerien oder Staphylokokkus aureus, unter viralen Lebensmittelvergiftungen zB Erkrankungen an
Noroviren zu verstehen. In Abs. 2 wird die Verordnungsermächtigung zur Einbeziehung weiterer
Krankheiten unter das Regime des Epidemiegesetzes aktualisiert. In § 3 Abs. 1 Z 9 erfolgt eine
Anpassung der Diktion.

Zu Z 3, 5 und 6:

Die geltenden §§ 15, 22 und 24 stellen auf das Auftreten bestimmter taxativ aufgezählter Krankheiten ab,
dies ist jedoch im Hinblick darauf, dass auch beim Auftreten dort nicht genannter Krankheiten derartige
Verbote fachlich notwenig sein können, zu eng. Derartige Maßnahmen könnten z.B. auch im Falle einer
Influenza-Pandemie erforderlich sein.

Zu Z 4:

Im Hinblick auf die Weiterentwicklung der Medizin kann es z.B. erforderlich sein, im Falle des
Auftretens einer Meningokokken-Erkrankung in einer Schule oder einem Kindergarten an exponierte
Personen Chemoprophylaktika zum Schutz der Exponierten und damit zum Schutz vor der
Weiterverbreitung der Erkrankung zu geben. Festgehalten sei, dass es sich bei einer entsprechenden
Anordnung der Bezirksverwaltungsbehörde um die Anordnung einer Behandlungspflicht, nicht jedoch
um eine Zwangsbehandlung handelt. Bei Verweigerung der angeordneten Behandlung können - sofern
fachlich erforderlich - Quarantänemaßnahmen angezeigt sein, ansonsten kommt die Einleitung eines
Verwaltungsstrafverfahrens in Betracht.

Zu Z 7:

Das Epidemiegesetz hat bislang eine Unterstützung der Gesundheitsbehörde zur Durchsetzung
verschiedener Maßnahmen durch die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes nicht vorgesehen. Dafür
soll nunmehr in § 28a Abs. 1 eine Rechtsgrundlage geschaffen werden. Abs. 2 sieht eine Verpflichtung
der Gesundheitsbehörde vor, für den Schutz der zur Hilfeleistung herangezogenen Organe des
öffentlichen Sicherheitsdienstes zu sorgen, sofern dies nach der Art der Erkrankung notwendig und
möglich ist. In diesem Zusammenhang ist allerdings festzuhalten, dass diese Verpflichtung der
Gesundheitsbehörde nur greift, wenn es durch das Ersuchen um Unterstützung im Einzelfall zu einer
konkreten Gefährdung kommen kann. Die Kosten dafür trägt nach § 36 Epidemiegesetz der Bund.
Schutzmaßnahmen, die sich aus einer allgemeinen Fürsorgepflicht des Dienstgebers ergeben oder zur
Aufrechterhaltung des Dienstbetriebes im Ernstfall dienen, bleiben dadurch unberührt.

Zu Z 8:

Enthält die Anpassung der Vollzugsklausel.

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag unter Verzicht auf die Erste Lesung dem
Gesundheitsausschuss zuzuweisen.