330/AB XXII. GP

Eingelangt am 16.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen
haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „weltweites totales USA-
Überwachungsprojekt „Information Awareness Office (IAO)" - Auswirkungen auf
Österreich und Europa" gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Zu 1 bis 3:

Das Thema ist aus den Medien bekannt. Eine Kontaktaufnahme oder Information

durch amerikanische Dienststellen ist bisher nicht erfolgt.

Zu 4:

Ich verweise auf die Beantwortungen der Anfragen durch den Herrn Bundesminister

für Inneres zur Zahl 318/J-NR/2003 und den Herrn Bundeskanzler zur Zahl 323/J-
NR/2003.

Zu 5:

Mangels einer offiziellen Information ist das in der Anfrage näher bezeichnete

Überwachungsprojekt weder mir noch den Beamten des Bundesministeriums für
Justiz ausreichend bekannt, sodass ich diese Frage nur sehr allgemein beantworten
kann.

Von Bedeutung ist im gegebenen Zusammenhang die Richtlinie 2002/58/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Juli 2002 über die Verarbeitung
personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen


Kommunikation (Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation), ABI. Nr. L
201/37 vom 31.7.2002. Deren Artikel 5 verpflichtet die Mitgliedstaaten dazu, die
Vertraulichkeit der mit öffentlichen Kommunikationsnetzen und öffentlich
zugänglichen Kommunikationsdiensten übertragenen Nachrichten und der damit
verbundenen Verkehrsdaten durch innerstaatliche Vorschriften sicherzustellen.
Insbesondere untersagen sie das Mithören, Abhören und Speichern sowie andere
Arten des Abfangens oder Überwachens von Nachrichten und der damit
verbundenen Verkehrsdaten durch andere Personen als die Nutzer, wenn keine
Einwilligung der betroffenen Nutzer vorliegt.

In grundrechtlicher Hinsicht wäre auf Art. 10a StGG zu verweisen, wonach das
Fernmeldegeheimnis verfassungsmäßig verankert und durch § 119 StGB auch
strafrechtlich geschützt ist. Es kann nur auf Grund einer gerichtlichen Anordnung
durchbrochen werden (§ 149a ff. StPO). Einfachgesetzlich ist das Fernmelde-
geheimnis in § 87 TKG geregelt, wodurch auch klargestellt wird, dass es sich auf
Vermittlungsdaten bezieht. Zum Grundrecht auf Datenschutz verweise ich auf § 1
DSG 2000 und auf Art. 8 EMRK.

Die Zulässigkeit der Übermittlung personenbezogener Daten an Sicherheits-
organisationen oder ausländische Sicherheitsbehörden wird in § 8 des Polizei-
kooperationsgesetzes geregelt; dessen Anwendung fällt wiederum in den
Vollzugsbereich des Bundesministeriums für Inneres. Gleiches gilt im Übrigen für die
Datenschutzregelung des Europolübereinkommens und des Schengener
Durchführungsübereinkommens. Für beide Bereiche kann allgemein bemerkt
werden, dass jede Vertragspartei die Verpflichtung übernommen hat, spätestens bis
zum jeweiligen Inkrafttreten der Übereinkommen in ihrem nationalem Recht in Bezug
auf die Verarbeitung personenbezogener Daten in Dateien im Rahmen der
Anwendung der Übereinkommen die erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung
eines Datenschutzstandards zu treffen, der zumindest dem entspricht, der sich aus
der Verwirklichung der Grundsätze des Übereinkommens des Europarates vom
28. Januar 1981 ergibt, und dabei die Empfehlung R(87) 15 des Ministerkomitees
des Europarates vom 17. September 1987 über die Nutzung personenbezogener
Daten im Polizeibereich zu beachten (siehe z.B. Art. 14 Abs. 1 des Europol-Überein-
kommens).

Für den Bereich des Justizressorts setzt daher die Überwachung der Kommunikation
eine gerichtliche Anordnung nach den §§ 149a ff. StPO voraus. In materieller


Hinsicht würden generelle Abhörmaßnahmen auch den Strafbestimmungen der
§§ 118a (Widerrechtlicher Zugriff auf ein Computersystem"), 119 („Verletzung des
Telekommunikationsgeheimnisses") und 119a („Missbräuchliches Abfangen von
Daten) bzw. 120 (Missbrauch von Tonaufnahme- oder Abhörgeräten) StGB
zuwiderlaufen.

Zu 6 und 9 bis 11:

Diese Fragen betreffen keinen Gegenstand der Vollziehung des Bundesministers für

Justiz.

Zu 7 und 8:
Nein.

Zu 12 und 13:

EUROJUST wurde mit Beschluss des Rates vom 28. Februar 2002, ABI L 063 vom

6. 3. 2003, gegründet. Art 27 dieses Beschlusses regelt die Beziehungen von
EUROJUST zu den für Ermittlungen und Strafverfolgungsmaßnahmen zuständigen
Behörden von Drittstaaten. Für die Zusammenarbeit mit Drittstaaten kann
EUROJUST Vereinbarungen über die Zusammenarbeit abschließen, die vom Rat
gebilligt werden müssen. Enthalten diese Vereinbarungen Bestimmungen über den
Austausch personenbezogener Daten, ist die gemeinsame Kontrollinstanz von
EUROJUST zu hören.

Bevor EUROJUST Informationen mit Drittstaaten austauscht, ist die Genehmigung
des nationalen Mitglieds jenes Mitgliedsstaates einzuholen, der die Informationen
vorgelegt hat. Überdies darf EUROJUST personenbezogene Daten an Behörden
von Drittstaaten, die nicht Mitgliedsstaaten des Übereinkommens des Europarats
vom 28. Jänner 1981 sind, nur weiterleiten, wenn ein vergleichbares angemessenes
Datenschutzniveau gewährleistet ist. Auch die Einhaltung dieser Vorschrift ist von
der Gemeinsamen Kontrollinstanz zu überwachen. Für eine Übermittlung von
personenbezogenen Daten bei unmittelbar drohender ernster Gefahr für eine Person
oder die öffentliche Sicherheit bestehen in der Verantwortlichkeit des nationalen
Mitglieds Sondervorschriften.

Die Übermittlung personenbezogener Daten an Drittstaaten wird durch den
Beschluss zur Schaffung von EUROJUST ausführlich im Hinblick auf die Einhaltung
eines angemessenen Datenschutzniveau durch Drittstaaten geregelt.


Werden keine personenbezogenen Daten an Drittstaaten weitergeleitet, kann eine
Zusammenarbeit mit Behörden von Drittstaaten auch eine ohne vorherige Verein-
barung zwischen EUROJUST und dem Drittstaat stattfinden.

Zu 14 und 15:

Bei der Informationssuche im  Internet ist es vielfach  unvermeidlich auch  auf

personenbezogene Daten zu stoßen. Dabei kann es freilich auch vorkommen, dass
gezielt nach personenbezogenen Daten gesucht wird, wenn etwa in einem Internet-
Verzeichnis die Telefonnummer eines Ansprechpartners erhoben wird.

Zu 16 und 17:

Das Bundesministerium für Justiz betreibt außer dem Kanzleiinformationssystem

und der im Netzwerk Justiz den Gerichten zugänglichen Listen der Revisoren nach
dem Genossenschaftsgesetz 1997 selbst keine Datenbanken. In größerem Umfang
wird dies im Auftrag der Gerichte bzw. des Bundesministeriums für Justiz im
Bundesrechenzentrum durchgeführt (Verfahrensautomation Justiz, Ediktsdatei,
Firmenbuch, Integrierte Vollzugsverwaltung (IW)). Nähere Informationen können
dem öffentlich zugänglichen Datenverarbeitungsregister entnommen werden.

Darüber hinaus bestehen Datenbanken mit personenbezogenen Daten bei den
Justizanstalten (zum Beispiel Diensteinteilungsprogramme). Die Justizanstalten sind
angewiesen diese Datenverarbeitungen selbstständig zu melden (siehe Erlass JMZ
42701/19-V.3/2000 vom 4.5.2000).

Zu 18 bis 21:

Rechtsgrundlage sind die jeweiligen Materiengesetze. Details können dem zuvor

erwähnten Datenverarbeitungsregister entnommen werden.