361/AB XXII. GP

Eingelangt am 26.06.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 347/J-NR/2003 betreffend Hubplattformen an den
Bahnhöfen, die die Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde am 29. April 2003 an mich
gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Gemäß Art. 52 Abs. 2 B-VG besteht ein Interpellationsrecht des Nationalrates nach Art. 52 Abs. 1
B-VG hinsichtlich aller Unternehmungen, für die der Rechnungshof (nach Art. 126b Abs. 2 B-VG)
ein Prüfungsrecht hat. In inhaltlicher Hinsicht kann sich dieses Interpellationsrecht allerdings „nur
auf die Rechte des Bundes (z.B. Anteilsrechte in der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft)
und die Ingerenzmöglichkeiten seiner Organe beziehen, nicht jedoch auf die Tätigkeit der Organe
der juristischen Person, die von den Eigentümervertretern bestellt wurden." (AB 1142 BlgNR 18.
GP, 4 f).

Diese Fragen haben nicht die Rechte des Bundes und die Ingerenzmöglichkeiten seiner Organe,
sondern die Geschäftsführung dieser zum Inhalt und betreffen damit keinen Gegenstand der
Vollziehung im Sinne des Art. 52 Abs. 2 B-VG.

Ich habe daher die österreichischen Bundesbahnen mit der gegenständlichen Anfrage
befasst, die diese wie folgt beantwortet haben:

Frage 1:

Wie viele Bahnhöfe und Ausstiegsstellen gibt es im gesamten österreichischen Schienennetz?
(Detaillierte Auflistung aller österreichischen Bahnhöfe und Ausstiegsstellen)

Antwort:

Im Bereich der ÖBB gibt es aktuell rund 800 Bahnhöfe und Haltestellen (siehe Beilage 1).


Fragen 2 und 3:

An wie vielen dieser Bahnhöfe steht neben den Hubplattformen auch das dafür notwendige
Personal (zur Bedienung der Hubplattform) in welcher Zeit zur Verfügung? (Detaillierte Auflistung
aller österreichischen Bahnhöfe und genauer Zeitraum, wann diese Hubplattformen auch vom
notwendigen Personal bedient werden).

An wie vielen dieser Ausstiegsstellen stehen Hubplattformen zur Verfügung? (Detaillierte
Auflistung aller österreichischen Ausstiegsstellen mit Hubplattform)

Antwort:

Ich darf auf die Beilage 2 der österreichischen Bundesbahnen verweisen.

Frage 4:

Was ist der Grund dafür, warum die österreichischen Züge nicht mit wagengebundenen
Einstiegshilfen ausgestattet wurden?

Antwort:

Der Fahrzeugbestand des Nahverkehrs der ÖBB setzt sich aus Fahrzeugen verschiedenster
Baujahre zusammen. Aus technischen Überlegungen wurden bei den bisherigen Fahrzeugen
Türbreiten von etwa 800 mm angewendet, die den damals gültigen Normmaßen entsprachen.

Frage 5:

Ist beabsichtigt, diese unumgängliche Adaptierung der wagengebundenen Einstiegshilfen in den

nächsten Jahren endlich umzusetzen?

Wenn ja: Bis wann werden wie viele Wagen mit wagengebundenen Einstiegshilfen ausgestattet?

(Detaillierte Auflistung bis wann welche Züge mit wagengebundenen Einstiegshilfen ausgestattet

werden)

Wenn nein, warum nicht?

Bis wann werden dann alle Bahnhöfe mit Hubplattformen und dem dazugehörigen Personal

ausgestattet?

(Detaillierte Aufstellung, ab welchem Datum an welchem Bahnhof Hubplattformen die noch

fehlende Hubplattform samt den dafür notwendigen Personal zur Verfügung steht)

Antwort:

Eine nachträgliche Adaptierung des Fahrzeugparks der ÖBB mit wagengebundenen
Einstiegshilfen wird aus technischen und wirtschaftlichen Überlegungen nicht in Erwägung
gezogen.

Die ÖBB arbeiten derzeit an der Realisierung einer mobilen Leichtbaurampe sowie
Hebeeinrichtung zur Mitnahme in Fernverkehrszügen (Manipulation durch Zugbegleiter).
Die diesbezüglichen Ergebnisse werden voraussichtlich noch im Sommer d.J. vorliegen.


Im Bereich der ÖBB sind gegenwärtig insgesamt 62 Bahnhöfe (insbesondere Haupt- sowie
wichtige Verkehrsknotenbahnhöfe) mit mobilen Rollstuhlhebeliften ausgestattet.

Die Auswahl der Standorte erfolgt primär dem Bedarf entsprechend sowie im Rahmen der
personellen und technischen Möglichkeiten (Voraussetzung für den Einsatz derartiger Geräte sind
ausreichend dimensionierte, feste Bahnsteige).

Frage 6:

Gibt es im Bundesbudget 2003 bzw. 2004 fix veranschlagte Mittel, die ausschließlich für die

behindertengerechte Nutzung der ÖBB zur Verfügung stehen?

Wenn ja: Wie hoch sind die Mittel für 2003 bzw. 2004?

Wenn nein: Aus welchem anderen Titel des Bundesbudget werden diese längst überfälligen

Maßnahmen finanziert?

Antwort:

Für die Jahre 2003 und 2004 wurden keine budgetären Vorkehrungen für Investitionen explizit in
behindertengerechte Ausstattung getroffen, da zahlreiche Maßnahmen für Behinderte in
Investitionsvorhaben integriert sind, z.B. Blindenleitsysteme bei Bahnhofsumbauten.

In diesem Zusammenhang ist zu erwähnen, dass eine Verknüpfung von Fördermitteln mit
behindertengerechter barrierefreier Ausstattung im gemeinwirtschaftlichen Leistungsvertrag
vereinbart wurden. Dabei wurde unter anderem vereinbart, dass die österreichischen
Bundesbahnen

-           speziell konstruierte Hebelifte für Körperbehinderte, besonders für Rollstuhlfahrer,
auf mehr als 70 Bahnhöfen in ganz Österreich, sowie

-           eisenbahngerechte Fahr- und Tragesessel für Schwerstkörperbehinderte Menschen, um
das Heben in den Einstieg und die Durchfahrt durch enge Türen und Gänge im Zug bis
zum Sitzplatz zu ermöglichen, auf insgesamt 20 Bahnhöfen in ganz Österreich

für diese Kundengruppen zur Verfügung stellen und einsetzen.

Weiters wurde vereinbart, dass die ÖBB zur Wahrung der Interessen von behinderten Fahrgästen,
sowie als Ansprechpartner und Auskunftspersonen für Behinderte, insgesamt neun regionale und
eine zentrale Behinderten-Servicesteile betreiben.

Frage 7:

Beabsichtigen Sie alle Züge barrierefrei nutzbar zu machen?

Wenn ja: Bis wann wird dieses Vorhaben umgesetzt sein?

(Detaillierte Zeitplanung der Umsetzung welcher Maßnahmen)

Wenn nein: Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass Menschen mit Behinderung im öffentlichen

Verkehr, speziell bei der ÖBB noch immer eklatant diskriminiert werden?


Antwort:

Im Nahverkehr der ÖBB steht derzeit bei 231 Doppelstockwagen - entsprechende Bahnsteighöhe
vorausgesetzt - ein nahezu stufenloser Einstieg zur Verfügung. Mit Jahresbeginn 2004 werden die
behindertenfreundlichen E-Triebwagen "Talent" mit insgesamt 51 Garnituren sowie im 4. Quartal
2004 die Dieseltriebwagen "Desiro" mit 20 Garnituren (mit Option bis 140 Stück) in Verkehr
gesetzt.

Fragen 8 und 9:

Ist Ihnen der Artikel 7 der österreichischen Bundesverfassung bekannt?
Wenn ja: Wie stehen Sie dazu?

Warum wurde er in Ihrem Ministerium noch nicht umgesetzt?

Antwort:

Zur Anführung des Artikels 7 der österreichischen Bundesverfassung, wonach niemand wegen
seiner Behinderung benachteiligt werden darf und die Republik (Bund, Länder und Gemeinden)
sich dazu bekennt, die Gleichbehandlung von behinderten und nicht behinderten Menschen in allen Bereichen des täglichen Lebens zu gewährleisten, ist festzuhalten, dass im Bereich der
Eisenbahnen der Mobilität behinderter Menschen seit Jahren Rechnung getragen wird.

So ist darauf hinzuweisen, dass im Zuge der behördlichen Genehmigungsverfahren bei der
Prüfung der Einreichprojekte auf die behindertengerechte Ausgestaltung der Anlagen und
Fahrzeuge Bedacht genommen wird, wobei die einschlägigen ÖNORMEN, die Dienstvorschriften,
aber auch internationalen Vorgaben der UIC (des internat. Eisenbahnverbandes), und der Stand
der Technik zur Anwendung kommen.

Auf Grund einer EU-Richtlinie sind nunmehr auch Technische Spezifikationen der Interoperabilität
im Zusammenhang mit Fragen des barrierefreien Zuganges zu beachten.

Auch die ÖBB sind bestrebt, ihre Fahrzeuge und Anlagen in Zusammenarbeit der
Interessensvertreter der Behinderten auf deren spezielle Bedürfnisse auszurichten.

Auf diesem Gebiet findet eine ständige Weiterentwicklung statt, wobei derzeit vermehrt Fragen der
Berücksichtigung der Mobilität in Konzepten und generellen Vorschriften behandelt werden.
Insbesondere wird damit erreicht, dass die Projekte bereits behindertengerecht eingereicht
werden.

Dazu kann etwa auf folgende in letzter Zeit erfolgte Schritte hingewiesen werden:
Ein von der Behörde bereits seit langem gefordertes umfassendes
Behindertenkonzept der ÖBB ist weitgehend fertiggestellt und wird dem bmvit in
absehbarer Zeit vorgelegt werden.
Haltestellenkonzept der ÖBB:


Neben einem allgemeinen Betriebskonzept für Bahnsteige („Bahnsteigkonzept“) enthält
dieses Konzept einen zweiten Teil, der sich mit behindertengerechten Maßnahmen
bezüglich des Zuganges zu den Eisenbahnanlagen befasst („Konzept für barrierefreie
Infrastruktur").

Das Konzept liegt bereits vor und wird derzeit geprüft.

-           Im Rahmen der Bahnhofsoffensive sollen insbesondere in den nächsten Jahren die

frequenzstärksten Bahnhöfe Österreichs grundlegend modernisiert und mit einem

barrierefreien Zugang ausgestattet werden.

-           Entwicklung und Einbau eines taktilen Blindenleitsystems für sehbehinderte und blinde

Menschen.

-           Ausrüstung von Bahnhöfen mit Rollstuhlhebeliften

In die neue Eisenbahnverordnung 2003, BGBI. II Nr. 209/2003, wurde eine Bestimmung

hinsichtlich der baulichen Anforderungen an einen barrierefreien Zugang aufgenommen

(§ 4 Abs. 5 der genannten Verordnung).