396/AB XXII. GP
Eingelangt am 04.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Anfragebeantwortung
BM für Bildung,
Wissenschaft und Kultur
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 395/J-NR/2003 betreffend Kunstdiebstahl im Kunst-
historischen Museum, die die Abgeordneten Mag. Christine Muttonen,
Kolleginnen und Kollegen
am 12. Mai 2003 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad 1.:
Das Kunsthistorische
Museum ist mit einer modernen Alarmsicherungsanlage mit Bewegungsmel-
dern und einer Videoüberwachung ausgestattet. Alle Anlagen waren in der
Nacht vom 10. auf
11. Mai 2003 in Betrieb. Diese Anlage entspricht dem Stand der Technik,
was sowohl von der Kri-
minalpolizei als auch von Experten aus dem Ausland bestätigt wird. In
vielen gefährdeten Berei-
chen - auch außerhalb von Museen - sind praktisch identische Anlagen in
Betrieb. Im Kunsthistori-
schen Museum besteht keine Videoaufzeichnung, befindet sich aber im
Planungsstadium. Eine Um-
setzung soll nach Abschluss der Sanierungsmaßnahmen im Hochparterre erfolgen.
Ad 2.:
Notfallsübungen
werden durchgeführt, die Intervalle sind in den einzelnen Häusern
unterschiedlich.
Grundsätzlich ist jeder Fehlalarm auch als Alarmübung zu betrachten,
weil er dieselbe Vorgangs-
weise wie der Ernstfall verlangt. Als Vergleich sei hier z. B. auch die
Räumungsübung bei Brand-
alarm angeführt: Das Haus wird jeden Tag bei Betriebsschluss
"geräumt". Der Vorgang unterschei-
det sich, abgesehen von Tageszeit und Besucherreaktion, kaum vom
üblichen Schließen. Von wei-
tergehenden Übungen (z. B. das Entwenden von Exponaten durch eingeweihtes
Personal) wird in-
ternational dringend abgeraten, da dies zu Gefahrensituationen
(Handgreiflichkeiten, etc.) und somit
zur Gefährdung von Personen und Objekten führen kann.
Ad 3.:
Schulungen für das
Personal erfolgen in allen Sicherheitsbereichen durch die Anlagenhersteller
bzw. durch erfahrene Mitarbeiter. Dazu zählt auch Erste Hilfe,
Brandschutz, die Ausbildung von
Liftwarten, etc.
Ad 4.:
Mitarbeiter des
Sicherheitsdienstes sind Angestellte des vollrechtsfähigen Kunsthistorischen
Muse-
ums.
Ad 5.;
Die Kontrolle der
Tätigkeit des Sicherheitsdienstes obliegt grundsätzlich einem eigens dafür
bestell-
ten Personalmanager. Hinsichtlich der technischen Geräte erfolgt die
Überwachung durch den Si-
cherheitsbeauftragten.
Ad 6.:
Bei Fehlalarmen sind
grundsätzlich mehrere Arten zu unterscheiden, wobei noch detaillierte Unter-
stufen existieren:
- Fehlalarme tagsüber z. B. durch Auslösung der Bildersicherung durch Besucher,
- Brandalarme tagsüber oder nachts,
- Einbruchsalarme.
Was konkret den
Einbruchsalarm betrifft, so erfolgten in den letzten vier Wochen sieben Alarm-
meldungen, wobei ein Alarm innerhalb von wenigen Minuten viermal auftrat. Es
gibt darüber ein
automatisches Protokoll, weitere Daten werden gegenwärtig ausgewertet.
Gleichzeitig mit dem A-
larm erfolgt über den Drucker der so genannten Einsatzleithilfe der
Ausdruck eines Grundrisses mit
dem Ort des Vorfalls. Am Einsatzleithilfebildschirm scheint dieser Grundriss
ebenfalls auf. In einer
Liste erfolgt händisch eine parallele Eintragung, weil das automatische
Protokoll nur vom Sicher-
heitsbeauftragten erstellt werden kann. Dies dient der gegenseitigen
Kontrolle. Im konkreten Fall
des Diebstahls der Saliera fehlt die händische Aufzeichnung, der
Ausdruck des Grundrisses eben-
falls.
Ad 7.:
Wie zu Frage 6
ausgeführt, ist festzustellen, dass die Anzahl der Fehlalarme weitaus geringer
ist als
in der Öffentlichkeit angenommen wird. Festzuhalten ist jedoch, dass
die historische Struktur des
Gebäudes für Fehlalarme wesentlich anfälliger ist, als ein neu
errichtetes Gebäude.
Ad 8.:
Für
Sicherheitsvorkehrungen hat die wissenschaftliche Anstalt Kunsthistorisches
Museum mit Mu-
seum für Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum im Jahre 2002
den Betrag von
3,9 Mio. € (technische Anlagen, Personalkosten, Wartung) ausgegeben.
Ad 9.:
Ein mechanischer
Schutz, der den Aufstieg auf das Gerüst erschweren soll, wurde in Absprache mit
der Burghauptmannschaft durch diese errichtet. Ein vollkommener Schutz
ist durch die reiche Fas-
sadengliederung des Kunsthistorischen Museums unmöglich. Ein
zusätzlicher mechanischer Schutz
im Fensterbereich ist aus unterschiedlichen Gründen nicht möglich
(Arbeitsabläufe, Fensterteilung,
etc.). Ein zusätzlicher elektronischer Schutz hätte keine besondere
Verbesserung gebracht, der vor-
handene Melder hat ja Alarm ausgelöst. Vom Sicherheitsbeauftragten
erfolgte eine schriftliche An-
weisung, Alarm im Bereiche des Gerüstes besonders zu beobachten.
Ad 10.:
Das Kunsthistorische
Museum verfügt seit 12. Mai 2003 über eine permanente Sicherung der an der
Fassade des Museums (Lastenstraße und Babenbergerstraße) angebrachten
Baugerüste durch die
Group4 Securitas Austria AG. Die Verantwortung für die Außenflächen des Museums
liegt zwar
bei der Burghauptmannschaft Österreich, eine Sicherung derselben wurde
jedoch nicht vorgenom-
men. Außerdem wurde der interne Sicherheitsdienst des Kunsthistorischen
Museums auf die beson-
dere Gefahr hingewiesen und es wurden entsprechende Maßnahmen
veranlasst. Darüber hinaus
führt auch die Wiener Kriminalpolizei einen verstärkten Gebäudeschutz
durch.
Ad 11.:
Die Täter wurden
nicht mit der Überwachungskamera gefilmt - es gibt keine diesbezüglichen Auf-
zeichnungen. Aus konservatorischen Gründen war das Licht ausgeschaltet, sodass
eine permanente
Einschau in den Saal, wo die Saliera aufgestellt war, nicht möglich war. Die
Videoüberwachung ist
grundsätzlich immer in Betrieb, das Licht hätte mit einem Handgriff von
der Zentrale aus einge-
schaltet werden können.
Ad 12.:
Die Ursachen hiefür
sind unklar, die Erklärung kann nur in menschlichem Versagen gefunden wer-
den.
Ad 13.:
Siehe Antwort zu
Frage 12. Zu ergänzen ist, dass die Sammlungen im Rahmen der Rundgänge nicht
begangen werden. Da einerseits eine elektronische Überwachung besteht und
andererseits die Mög-
lichkeit des Einblicks über die Videoanlage, wäre es kontraproduktiv,
die Sammlungen zu begehen.
Der Alarm müsste während des Durchschreitens durch den
Sicherheitsdienst abgeschaltet werden
und es würde sich so eine Sicherheitslücke auftun.
Ad 14.:
Ein
Versicherungsschutz der Saliera durch die UNIQA ist gegeben. Die
Versicherungsprämien
werden aus dem Budget der wissenschaftlichen Anstalt Kunsthistorisches
Museum mit Museum für
Völkerkunde und Österreichischem Theatermuseum bezahlt.
Ad 15.:
Von einer
verspäteten Meldung kann nicht die Rede sein. Der Geschäftsführer
Generaldirektor Sei-
pel hat den UNIQA-Generaldirektor Klien am Sonntag, dem 11. Mai 2003 um
10.35 Uhr telefo-
nisch die Schadensmeldung übermittelt.
Ad 16.:
Die Versicherungssumme für die Saliera fließt dem Bund als Eigentümer des Objektes zu.
Ad 17.:
Aufgrund des Prinzips
der Nichtversicherung für Bundeseigentum besteht keine Verpflichtung einer
Versicherung für das überlassene Sammlungsgut. Dennoch hat das
Kunsthistorische Museum an-
lässlich der Ausgliederung 1999 eine Sockelversicherung abgeschlossen,
um bei Schadensfällen
und Diebstählen dieser Art einen gewissen Versicherungsschutz zu haben.
Um Verhandlungen mit
dem Versicherungsunternehmen nicht zu gefährden, sind nähere Details
über die Höhe der Versi-
cherungsprämie nur dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und
Kultur bekannt gege-
ben.
Ad 18.:
Der kunsthistorische
Wert der Saliera wird derzeit durch internationale Kunstsachverständige er-
mittelt, da bisher dafür kein Versicherungswert festgeschrieben wurde.
Ad 19.:
Dieser Hinweis von
Generaldirektor Seipel diente ausschließlich dazu, den relativ geringen Materi-
alwert der Saliera der Öffentlichkeit bekannt zu geben, um den
potentiellen Täter davon abzuhalten,
das Kunstwerk zu Verwertungszwecken einzuschmelzen. Jedenfalls stehen
Materialwert und kunst-
historischer Wert in keinerlei Verhältnis zueinander.
Ad 20.:
Darüber sind Verhandlungen mit der UNIQA im Gange.
Ad 21.:
Der Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums ist mit der hausinternen Untersuchung der
Vorkommnisse betraut.
Ad 22.:
Es ist nicht
vorgesehen, den Geschäftsführer des Kunsthistorischen Museums während der
laufen-
den Untersuchungen vom Dienste zu suspendieren.