452/AB XXII. GP

Eingelangt am 17.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

 

 

Anfragebeantwortung

 

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr. 470/J der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Kollegen wie

folgt:

Fragen 1 bis 3:

Mir sind Anzeigen von ungarischen Ärzten, insbesondere von Zahnärzten, in
österreichischen Tageszeitungen nicht unbekannt und ich nehme diese mit
Missfallen zur Kenntnis.

Aus ärzterechtlicher Sicht ist dazu Folgendes festzuhalten:

§ 53 Ärztegesetz 1998, BGBI. I Nr. 169, regelt die Werbebeschränkung und das
Provisionsverbot für Ärzte. § 53 Abs. 1 leg.cit. bestimmt, dass sich der Arzt jeder
unsachlichen, unwahren oder das Standesansehen beeinträchtigenden
Information im Zusammenhang mit der Ausübung seines Berufes zu enthalten
hat.

In diesem Kontext ist ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Ärztegesetz
1998 ein generelles Anzeigeverbot für Ärzte gerade nicht vorsieht.

Entsprechend § 53 Abs. 4 Ärztegesetz 1998 hat die Österreichische Ärztekammer
über die Art und Form der in § 53 Abs. l Ärztegesetz 1998 genannten
Informationen durch die Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit" nähere Vorschriften
erlassen (die Richtlinie liegt in Kopie bei).

Ich möchte betonen, dass diese Anfrage im Hinblick auf den bevorstehenden
Beitritt Ungarns zur Europäischen Union auch unter dem gemeinschafts-
rechtlichen Blickwinkel zu sehen ist.

Dies bedarf auch der Beachtung der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes.


Die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes zum Vorabentscheidungs-
verfahren betreffend das Ausbildungsvorbehaltsgesetz, BGBI.Nr. 378/1996,
(Rechtssache C-294/00, Deutsche Paracelsus Schulen für Naturheilverfahren
GmbH gegen Kurt Gräbner) legt den Schluss nahe, dass es einem Mitgliedstaat
verwehrt ist, Werbung für Dienstleistungen, die in einem anderen Mitgliedstaat
erteilt werden, zu verbieten, wenn der Ort der Leistungserbringung in diesem
anderen Mitgliedstaat liegt.

Das daraus resultierende Ergebnis, dass im dargelegten rechtlichen Rahmen
(Beachtung der Vorgaben des Ärztegesetzes 1998 und der erwähnten Richtlinie)
Anzeigen von ungarischen Ärzten in österreichischen Zeitungen mit rechtlichen
Instrumenten nicht verhindert werden können, mag zwar unerwünscht sein,
muss jedoch zur Kenntnis genommen werden.

Dessen ungeachtet wird man, längerfristig betrachtet, wohl auch davon
ausgehen können, dass im Zuge der voranschreitenden Angleichung der
Einkommensverhältnisse zwischen Ungarn und Österreich der Bedarf an
Anzeigenschaltungen ungarischer Ärzte in österreichischen Zeitungen langsam
aber stetig nachlassen wird.

Beilage


Arzt und Öffentlichkeit

Gemäß § 53 Abs. 4 ÄrzteG hat die Vollversammlung der österreichischen Ärztekammer am 18.12.1999 im
Rahmen des 100. österreichischen Ärztekammertages folgende Richtlinie beschlossen:

Artikel 1

Dem Arzt ist jede unsachliche, unwahre, das Standesansehen beeinträchtigende Information untersagt.
Artikel 2

Unsachlich ist eine Information, wenn sie sich nicht auf medizinische Inhalte bezieht, die gebotene
medizinische Objektivität und Erfahrung nicht gewahrt ist, oder wenn sie nach Form oder Inhalt dem
Informationsbedürfnis von Arzt und Patient nicht angemessen entspricht.

Unwahr ist eine Information, wenn sie den Tatsachen nicht entspricht.
Artikel 3

Das Standesansehen beeinträchtigend ist eine Information, wenn sie Ehre und Ansehen der Ärzteschaft
gegenüber der Gemeinschaft, den Patienten oder den Kollegen herabsetzt.

Eine standeswidrige Information liegt insbesondere vor bei

a) vergleichender Bezugnahme auf Standesangehörige wie z.B. herabsetzende Äußerungen über Kollegen,
ihre Tätigkeit und deren medizinische Methoden;

b) Einbeziehung von Patienten;

c) Werbung für Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige medizinische Produkte, sowie für deren Hersteller und
Vertreiber. Dies gilt nicht für sachliche und wahre Informationen über Arzneimittel, Heilbehelfe und sonstige
medizinische Produkte an die eigenen Patienten und an Kollegen;

d) Nennung des Preises für die eigenen privatärztlichen Leistungen in der Öffentlichkeit, sowie die
Ankündigung unentgeltlicher Behandlungen, wenn diese zum eigenen Vorteil des Arztes erfolgt;

e) Selbstanpreisung der eigenen Person oder Darstellung der eigenen ärztlichen Tätigkeit durch
reklamehaftes Herausstellen, durch aufdringliche oder marktschreierische Ankündigung, oder durch
vergleichende Gegenüberstellung des Gesundheitszustandes (Aussehens) eines Menschen vor und nach
einer angebotenen Behandlung;

f) Erwecken des Eindruckes einer medizinischen Exklusivität bei Laien;

g) Unwahrer und ungerechtfertigter Titelführung;

h) Verteilung von Flugblättern und Postwurfsendungen, Versendung von E-Mails, Telefaxschreiben u. dgl.
an einen über die eigenen Patienten hinausgehenden Personenkreis. Zulässig sind jedoch Informationen
über Ordinationseröffnung, -verlegung und -schließung.

Artikel 4

Im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes sind dem Arzt - unter Beachtung der Art. 1 bis
3 - insbesondere gestattet:

a) die Information über die eigenen medizinischen Tätigkeitsgebiete, die der Arzt aufgrund seiner Aus- und
Fortbildung beherrscht, insbesondere auch der Hinweis auf die Spezialisierung in diagnostischen und
therapeutischen Methoden, erworben im Wege eines Diploms oder Zertifikats der österreichischen
Ärztekammer oder einer Landesärztekammer;

b) Informationen in Form von Rundschreiben an die eigenen Patienten;


c) die Einladung eigener Patienten zur Teilnahme an Vorsorge- und Kontrolluntersuchungen (Recall-
System);

d) die Information über die Ordinationsnachfolge;

e) die Einrichtung einer Homepage im Internet oder die Beteiligung an einer fremden.
Artikel 5

Im Umgang mit Medien hat der Arzt Zurückhaltung zu üben, das Gebot der Sachlichkeit, die Interessen
seiner Patienten, Ehre und Ansehen des Standes, sowie die Berufspflichten zu beachten.

Die Erwähnung des Namens des Arztes und der nach dem Ärztegesetz zulässigen Bezeichnungen ist
erlaubt, hingegen bleibt die wiederholte betonte, auffällige und reklamehafte Nennung des Namens in
Verbindung mit einem gleichzeitig geschalteten Inserat im selben Medium untersagt.

Auf Anfrage abgegebene individuelle Diagnosestellungen und Therapieanweisungen (Fernbehandlung) sind
unzulässig.

Veröffentlichungen mit Bildern von bzw. mit Patienten dürfen nur mit deren Zustimmung durchgeführt
werden. Das Einverständnis zur Veröffentlichung muß gegenüber dem Arzt erklärt werden. Abbildungen von
Körperteilen dürfen auch ohne Einverständnis des Patienten, jedoch nur unter Wahrung dessen Anonymität
veröffentlicht werden.

Eine Anzeige in Printmedien darf maximal ein Viertel einer Seite des jeweiligen Printmediums betragen.

Der Arzt hat in zumutbarer Weise dafür zu sorgen, daß standeswidrige Werbung für ihn durch Dritte,
insbesondere durch Medien, unterbleibt.

Artikel 6

Werbung, die durch den Arzt nicht im Zusammenhang mit der Ausübung des ärztlichen Berufes erfolgt,
unterliegt der Beurteilung nach § 136 ff Ärztegesetz 1998.