476/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

 

Anfragebeantwortung

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 462/J-NR/2003 betreffend raschen Ausbau der
Summerauerbahn und Überprüfung des Stadtbahnprojektes Linz-Gallneukirchen-Pregarten, die die
Abgeordneten Dr. Moser, Freundinnen und Freunde am 23. Mai 2003 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Im Allgemeinen:

Die Summerauerbahn als Verbindung Berlin - Prag - Budweis - Linz mit ihren Fortsetzungen in der
Pyhrn- und Tauernachse ist zwar nicht Teil eines Paneuropäischen Korridors, sie ist aber als
hochrangige Verbindung sowohl im TEN- als auch im TINA-Netz enthalten und bildet im GVP-Ö
einen wesentlichen Teil des Pyhrn Korridors.

Diese hochrangigen internationalen Netze und Korridore bildeten eine der Grundlagen für die
Erstellung des Generalverkehrsplans (GVP-Ö) die 2001, bereits vor dem Hintergrund der
kommenden EU-Erweiterung erfolgte. Nach den Abstimmungen in der TINA-Arbeitsgruppe
Mitteleuropa fanden daher über die laufende Arbeit der Lenkungsausschüsse der
Paneuropäischen Korridore hinaus weitere grenzüberschreitende Kontakte beziehungsweise
Abstimmungen statt, so zum Beispiel am 7. September 2001 im Rahmen einer Regionalkonferenz
in Wien, an der Polen, Tschechien, die Slowakei, Ungarn und Slowenien teilnahmen.

Derzeit arbeitet die Europäische Kommission an einer „große Revision" der TEN-Leitlinien.
Hintergrund ist einerseits die nun definitiv festgelegte Erweiterung der EU im Jahr 2004, womit
gleichzeitig auch eine Erweiterung der TEN erfolgt, andererseits die Notwendigkeit, die knappen
TEN-Fördermittel effizient zu bündeln.

Unter diesen Vorgaben galt es auch, den Anhang III der TEN-Leitlinien, die 1994 vom
Europäischen Rat von Essen gebilligte Liste von „14 prioritären Vorhaben", im Hinblick auf die EU-
Erweiterung weiter zu entwickeln und eine Anzahl von höchstens 20 Projekten von überragender
europäischer Bedeutung zu identifizieren. Dazu hat die Europäische Kommission eine
„Hochrangige Gruppe für das Transeuropäische Verkehrsnetz" TEN-T unter der Leitung des
ehemaligen Kommissionsvizepräsidenten und Verkehrskommissars Karel van Miert eingesetzt.
Der Ergebnisbericht dieser sog. „Van Miert-Gruppe" wurde am 30. Juni 2003 von der für
Verkehrsfragen zuständigen EU-Kommissarin Loyola de Palacio vorgestellt; es wurden nur 18
vorrangige Projekte in Liste 1 benannt, die bis 2020 abzuschließen sind.


Von österreichischer Seite sind der Brenner-, der Donau- und der „baltisch-adriatische" Korridor
eingebracht worden.

Es ist ein wichtiges Ziel der österreichischen Verkehrspolitik, vor allem den Güterverkehr zu einem
möglichst hohen Anteil auf die Schiene zu verlagern. Der Infrastrukturausbau ist integraler Teil
dieser Verkehrspolitik und hat daher mit dieser grundsätzlich konsistent zu sein. Nicht zuletzt
daraus leitet sich ab, dass entgegen der tatsächlichen Verkehrsnachfrage ein überwiegender Teil
der Infrastrukturinvestitionen im Schienenbereich erfolgt.

Man muss sich aber auch der Grenzen des Einflusses der Infrastruktur auf die Verkehrs-
mittelwahl und damit auf die Verlagerbarkeit bewusst sein: Die bloße Verfügbarkeit von
Kapazitäten auf der Schiene ist zwar ein notwendiges aber bei weitem nicht hinreichendes
Kriterium für die Verlagerung. Verkehrspolitische Rahmenbedingungen wie ein europaweit fairer
Wettbewerb, zum Beispiel durch die Internalisierung externer Verkehrskosten, noch dazu in
wirksamer Höhe, sind die grundlegenden Voraussetzungen. Eine entsprechende EU-
Wegekostenrichtlinie wird immer wieder verzögert. Unter diesen Rahmenbedingungen
Überkapazitäten zu schaffen kann aber nicht Ziel der österreichischen Verkehrspolitik sein, zumal
in einer Zeit äußerst knapper Finanzmittel.

Der GVP-Ö trägt diesen Umständen Rechnung und sieht im Paket 1b ca. 140 Mio.€ für einen
selektiv zweigleisigen Ausbau der Pyhrnbahn vor. Dieser wurde in jüngster Zeit im Zuge einer
eingehenden Untersuchung durch die Schweizer Experten Basler & Partner noch präzisiert.
Demnach ist in Anbetracht des Nahverkehrs überwiegende Zweigleisigkeit zwischen Linz und
St.Georgen/Gusen nötig. Darüber hinaus genügt es im Wesentlichen, die Bahnhöfe auf 750 m zu
verlängern, um die Begegnung langer Güterzüge zu ermöglichen. Mit diesen Maßnahmen und
einer modernisierten Signaltechnik erhöht sich die Kapazität auf jenes Maß, welches der real zu
erwartenden Verkehrsnachfrage entspricht.

Derzeit laufen Bemühungen um ein PPP-Modell, mit welchem eine vorgezogene Umsetzung
dieser Maßnahmen möglich wäre. Es wird abzuwarten sein, ob diese Erwartungen erfüllbar sind.

Frage 1:

Welcher verbindliche Zeitplan für den Ausbau der Summerauerbahn liegt vor?

Antwort:

Der GVP-Ö sieht im Paket 1b einen selektiv zweigleisigen Ausbau der Summerauerbahn mit
einem Baubeginn zwischen 2007 und 2011 vor. Ob mit Hilfe des angesprochenen PPP-Modells
eine frühere Realisierung möglich ist, bleibt abzuwarten.

Frage 2:

Welcher Endausbauzustand wird dabei umgesetzt?

Antwort:

Die aktuellen Planungen sehen im Wesentlichen einen zweigleisigen Ausbau im Abschnitt Linz -
St.Georgen/Gusen und die Verlängerung von Bahnhöfen im Gesamtverlauf bis Summerau vor.
Dies steht einem späteren durchgehenden zweigleisigen Ausbau nicht entgegen, falls die
Verkehrsentwicklung dies erfordern sollte.


Frage 3:

Wann genau wird die Umsetzung der einzelnen Ausbauetappen umgesetzt werden und wann der
Gesamtausbau in dieser Form abgeschlossen sein?

Antwort:

Ich kann aus heutiger Sicht nur auf die Vorgaben des GVP-Ö verweisen. Präzisere Angaben
wären unseriös, da die konkreten Maßnahmen auch in Abstimmung mit der konkreten
Verkehrsnachfrage gesetzt werden müssen.

Frage 4:

Welche Kosten werden dafür prognostiziert und wie werden diese finanziert?

Antwort:

Wie erwähnt, sieht das Paket 1b Investitionen von ca. 140 Mio. € vor. Derzeit erfolgt die
Projektfinanzierung in einheitlicher Weise aus dem SchlG-Rahmen, der in Abstimmung mit dem
GVP-Ö um 5,6 Mrd. € aufgestockt wurde, um die Projekte des Pakets 1a zu finanzieren. Die
weiteren Projektfinanzierungen werden voraussichtlich in anderer Weise erfolgen müssen,
entsprechende Lösungen werden derzeit im Zuge der ÖBB-Reform erarbeitet.

Frage 5:

Aus welchen Gründen wird auf den durchgehend zweigleisigen Ausbau der Summerauerbahn
verzichtet?

Antwort

Das erwartete Verkehrsaufkommen rechtfertigt im absehbaren Zeitrahmen nicht die Investition in
durchgehende Zweigleisigkeit.

Frage 6:

Welche Entwicklungen des Güteraufkommens auf der Summerauerbahn werden bis 2015
prognostiziert?

Antwort

Aus heutiger Sicht wird sich das Güterverkehrsaufkommen von derzeit ca. 3 Mio. t/Jahr auf ca. 4,5
Mio. t im Jahr 2015 erhöhen. Diese Erhöhung wird im Wesentlichen durch größere Zuglängen
aufgefangen, so dass von einer moderaten Zunahme der täglichen Güterzugzahlen von derzeit 37
auf etwa 45 im Jahr 2015 auszugehen ist.

Frage 7:

Ist Ihnen bekannt, dass in der Korridorstudie des Landes OÖ darauf hingewiesen wird, dass bei
lediglich selektivem zweigleisigem Ausbau der Summerauerbahn ab 2010 Kapazitätsengpässe zu
erwarten sind? Ist die Bahn daher darauf vorbereitet und stehen mittelfristig ausreichende
Kapazitäten zur Verfügung, falls das politische Ziel einer möglichst umfassenden Verlagerung des
überregionalen Güterverkehrs von der Straße auf die Schiene erreicht werden sollte? Mit welchem
jährlichen Güteraufkommen ist dann auf dieser Strecke zu rechnen?

Antwort:

Die Maßnahmen des GVP-Ö reichen nicht nur aus, um den prognostizierten Güterverkehr
abzuwickeln, es bestehen auch noch Kapazitätsreserven. Das schlägt sich auch in der Qualität der
Betriebsabwicklung, insbesondere der Pünktlichkeit nieder. Zur grundsätzlichen Problematik der


Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene habe ich bereits eingangs hingewiesen. Im
betrachteten Korridor kommt hinzu, dass der Straßengüterfernverkehr mit derzeit ca. 300 LKW/24
h so gering ist, dass schon aus dieser Sicht mit keinem nennenswerten Veriagerungspotenzial zu
rechnen ist.

Frage 8:

Welche konkreten Ausbauplanungen mit welchen konkreten zeitlichen Umsetzungsschritten sind
für die Pyhrnbahn geplant?

Antwort

Die Errichtung der Umfahrung Schlierbach ist für den Zeitraum 2004 - 2007 vorgesehen. 2005 -
2010 soll der Lückenschluss des zweigleisigen Ausbaus Wartberg - Schlierbach mit der
Linienverlegung Nussbach folgen. Die Festlegung der weiteren Ausbauschritte wird im Rahmen
einer laufenden Projektentwicklung von den ÖBB vorbereitet.

Frage 9:

Teilen Sie die Meinung der ÖBB, dass im Güterverkehr auf der Summerauerbahn in den nächsten
10-15 Jahren eine lediglich moderate Steigerung des Verkehrsaufkommens zu erwarten ist?
Welche Prognosen liegen Ihnen darüber vor, insbesondere von neutraler Seite, im Hinblick darauf,
dass im Zuge der Schienenliberalisierung auch andere Unternehmen für die Nutzung dieser
Strecke in Frage kommen?

Antwort

Die Güterverkehrsprognose des seinerzeitigen Bundesverkehrswegeplan 2000, auf denen auch
die Erwartungen der ÖBB beruhen, wurde bereits unter der Annahme der Schienenliberalisierung
erstellt. In den genannten Zahlen sind also derartige Effekte bereits eingerechnet.

Frage 10:

Wie lautet der derzeitige Verhandlungsstand auf EU-Ebene über eine Integration der Achse Prag-
Graz in das prioritäre Eisenbahnnetz der EU? Wird dies von Österreich eingefordert? Wenn ja, mit
welchem Erfolg, und wann werden die endgültigen Entscheidungen diesbezüglich fallen?

Antwort:

Vor dem Hintergrund der kommenden EU-Erweiterung sowie empfindlichen Engpässen im TEN-
Budget erfolgt derzeit auf EU-Ebene eine Revision der TEN-Leitlinien, die aus dem Jahr 1996
stammen. In diesem Zusammenhang ist eine hochrangige Expertengruppe unter der Leitung des
ehemaligen Verkehrskommissars Karel van Miert beauftragt, den "Anhang III", eine Liste von 14
vorrangigen Projekten, die 1994 beim Rat von Essen festgelegt worden waren, zu überarbeiten.

Es ist klar, dass diese Liste auch in Zukunft nur die europaweit allerwichtigsten Projekte enthalten
kann. Dennoch hat Österreich entsprechend den Ausbauprioritäten des GVP-Ö außer der
Brennerachse, die als einziges österreichisches Projekt schon bisher in dieser Liste enthalten war,
auch den Donaukorridor und den "bartisch-adriatischen" Korridor, bestehend aus Nord- und
Südbahn, eingebracht. Welche Achsen bzw. Projekte in welcher Prioritätsstufe tatsächlich in den
künftigen TEN-Leitlinien enthalten sein werden, wird erst bis 2005 von EU-Rat und -Parlament
definitiv festgelegt werden.

Es sei aber schon jetzt gesagt, dass diese Festlegungen sich ausschließlich auf
gesamteuropäische Einschätzungen stützen und sich allenfalls in der ohnehin geringen Höhe der


EU-Kostenbeteiligung, derzeit max. 10 % der Investitionskosten, auswirken. Die effektiven
Ausbauprioritäten sind im GVP-Ö entsprechend den dort definierten Beurteilungskriterien
festgelegt.

Frage 11:

Wie bewerten Sie Einschätzungen von Rechtsexperten, wonach ein nur teilweiser zweigleisiger
Ausbau der Bahnstrecken zwischen Summerau und Linz bzw. Linz und Graz/Spierfeld nicht im
Einklang mit Protokoll Nr. 9 zum österreichischen EG-Beitrittsvertrag stünde?

Antwort:

Die Hauptachse des Pyhrn-Schienenkorridors verläuft in Österreich in der Linie Passau - Wels/ünz
- Selzthal - Graz - Spierfeld. Unter Berücksichtigung der Parallelstrecke St.Valentin - Steyr -
Selzthal bestehen zwischen Passau und Graz-Puntigam praktisch durchgehend zwei Gleise, der
Ausbau Graz-Puntigam - Spielfeld ist im Gange. Was die Summerauerbahn betrifft, ist zwar nur ein
selektiv zweigleisiger Ausbau vorgesehen, der aber jedenfalls den Anforderungen genügen wird.

Insgesamt kann es wohl keine Verpflichtung sein, Überkapazitäten vorzuhalten, zumal in einer der
wichtigsten Voraussetzungen für eine höhere Auslastung der Schiene, nämlich einer fairen
Anlastung der Wegekosten, die EU seit langem säumig ist.

Frage 12:

Wie bewerten Sie das Projekt der Stadtbahn Linz-Gallneukirchen-Pregarten? Wird es dafür eine
Machbarkeitsstudie geben?

Antwort:

Im Rahmen der im Jahre 2000 mit dem Land Oberösterreich vereinbarten Planungstätigkeit, des
Übereinkommens über die Infrastrukturplanung „Regionaler Schienenverkehr im Großraum Linz",
werden Konzepte für einen nahverkehrsgerechten Ausbau der Summerauerbahn ausgearbeitet.

Ein Projekt bzw. ein konkreter Vorschlag im Sinne des oben angedeuteten Projektes ist in diesem
Zusammenhang meinem Ressort nicht bekannt gegeben worden. Es dürfte sich um eine
Überlegung für eine Eisenbahn-Neubaustrecke von beträchtlicher Länge handeln, die
möglicherweise von lokalem bzw. regionalem Interesse ist. In den GVP-Ö wurde dieses Projekt
nicht eingebracht; es ist darin auch nicht vorgesehen. Ob es dazu eine Machbarkeitsstudie geben
wird, hängt davon ab, ob das Land Oberösterreich eine solche in Auftrag gibt.

Frage 13:

Welche Finanzierungsmöglichkeiten sehen Sie für dieses Projekt und ähnliche Projekte im Raum
Graz und Innsbruck vor, die nach dem Beispiel von Karlsruhe oder Saarland wesentlich zur im
Regierungsprogramm zugesicherten qualitativen Weiterentwicklung des öffentlichen Nahverkehrs
auch in österreichischen Ballungsräumen beitragen würden?

Antwort:

Angesichts der budgetären Restriktionen wäre ein Finanzierungsbeitrag des Bundes nur innerhalb
bestehender Finanzrahmen, also zu Lasten anderer ähnlicher Projekte möglich.