489/AB XXII GP
Eingelangt am 23.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Dr.
Moser, Freundinnen und Freunde haben am
23. Mai 2003 unter der Nr. 457/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage
betreffend Weltgipfel der Informationsgesellschaft gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu Frage 1:
Österreich wird beim Weltgipfel zur Informationsgesellschaft in Genf 2003 mit
folgenden zwei Projekten vertreten sein:
• „World Summit Award
Showcase Event" - im Rahmen eines weltweit statt-
findenden
Wettbewerbes sollen die besten Produkte, Lösungen und Anwen-
dungen für Multimedia und e-content, die sich durch einen besonderen Nutzen
für Anwender und ihren besonderen Geschäftswert auszeichnen, ausgewählt
und beim WSIS Gipfel in Genf 2003 und in Tunis 2005 mit dem „WSIS-Award
in E-Content and Creativity" prämiert werden. Die Kategorien sind:
e-govern-
ment, e-learning, e-culture, e-business, e-health, e-sciene, e-entertainment
und e-inclusion. Die österreichischen Projektträger sind: EADiM - The Euro-
pean Academy of Digital Media und ICNM - International Center for New Me-
dia and the EUROPRIX Network unter Leitung von Herrn Prof. Dr. Peter
Brück, Vorstandsvorsitzender EADiM.
• Präsentation des interaktiven Projektes „Hidden
Worlds of Noise and
Voice". Dieses interaktive Projekt stellt ein virtuelles System dar,
in welchem
die Stimme als Klangkörper sichtbar gemacht und es gleichzeitig durch Com-
putertechnologie ermöglicht wird, die verborgenen, akustischen Welten visuell
wahrzunehmen. Österreichischer Projektträger: Ars Electronica Linz.
Überdies konnte Österreich als Initiator
folgender konkreter Vorbereitungsveranstal-
tungen für den Weltinformationsgipfel fungieren, wobei diese nicht-staatlichen
Konfe-
renzereignisse vom Vorsitzenden des Vorbereitungsprozesses als „contributory-
events" klassifiziert werden, d.h. dem Gipfel vorgeschaltet und deren
Berichte den
Staats-
und Regierungschefs vorgelegt und Teil der offiziellen Gipfeldokumentation
werden sollen.
• Veranstaltung eines
Global Forum on Creativity, the Arts and Information
Technology am Rande des Ars Electronica Festivals,
Linz, 4.-6. September
2003. Ziel dieses Expertentreffens soll es sein, rund 30 weltweit anerkannten
Persönlichkeiten aus dem Bereich der Kunst und Kreativität im Rahmen eines
3-tätigen Workshops die Möglichkeit zu geben, ihre Auffassung über die
Herausforderungen und Möglichkeiten, die sich durch die Informations- und
Kommunikationstechnologie für die Informationsgesellschaft ergeben, zu arti-
kulieren. Projektträger Ars Electronica Linz und UNESCO.
• Veranstaltung einer Wissenschaftskonferenz des
CERN zusammen mit dem
NASA Wien und der ETH Zürich am 8.-9. Dezember 2003 in Genf.
• Veranstaltung einer Menschenrechtskonferenz
"Information Society and
Human Dignity - The Human Rights Dimension" mit dem John Humphrey
Centre for Human Rights und dem European Training- and Research Centre
for Human Rights and Democracy (ETC) Graz voraussichtlich im November
2003 in Genf.
Zu Frage 2:
• Gründung einer interministeriellen Arbeitsgruppe im März 2002.
• Abhaltung der Interdisziplinären
Think-Tank Tagung zu den „Perspektiven
der Informationsgesellschaft - Technische und gesellschaftliche Ent-
wicklungen"
am 5. November
2002. Diese Veranstaltung diente als eine ers-
te Bestandsaufnahme der derzeit in Österreich laufenden Entwicklungen und
gesellschaftlichen und wissenschaftlichen Überlegungen auf dem Gebiet der
Informationsgesellschaft und Einleitung eines breiten Diskussionsprozeß zum
Thema Informationsgesellschaft.
• Regelmäßiger
Informationsaustausch über den Status quo der einzelnen
Projekte zwischen
den unter Punkt 1 genannten österreichischen Projektträ-
gern und dem Vorsitz der interministeriellen Arbeitsgruppe.
• Bestandaufnahme und Erstellung
einer Projektliste bereits durchgeführter
bzw. geplanter
innerösterreichischer Initiativen zum Zwecke der innerösterrei-
chischen Vorbereitung für den Weltinformationsgipfel (siehe Anhang).
Zu Frage 3:
Ministerien, Medien, Zivilgesellschaft, Wissenschaft.
Zu Frage 4:
Ja, sowohl das Projekt „World Summit Award Showcase
Event" als auch das „Global
Forum on Creativity, the Arts and Information Technology" werden dieser
Forderung
nach Interregionalität gerecht. Bei beiden Projekten wird ein Erfahrungs- und
Wis-
sensaustausch zwischen den Vertretern öffentlicher und privater Strukturen
aller fünf
Kontinente initiiert werden, der zur Verringerung des Digital Gap beitragen
soll.
Zu Frage 5:
Zum Ersten ist festzuhalten, daß Herr Staatssekretär Morak
unmittelbar vor der in der
Frage zitierten Rede-Passage festgehalten hat, daß insbesondere
bildungspolitische
Maßnahmen zur Vermeidung der digitalen Kluft selbstverständlich notwendig sind.
Zitat:" Das Verhindern einer Aufspaltung der Bevölkerung in einen Teil,
der die neuen
digitalen Techniken nutzt, und in einen Teil, der sie nicht nutzt oder ihnen
gar ab-
lehnend gegenübersteht, ist eine zentrale Herausforderung für Politik,
Wirtschaft und
Wissenschaft."
Zum Zweiten ist festzuhalten, daß die vom Bundeskanzleramt
organisierte Veranstal-
tung „Medien in der Informationsgesellschaft" allein schon durch die
Tatsache, daß
die Fragen des „digital divide" in einem eigenen Arbeitskreis, nämlich in
dem in der
Anfrage richtigerweise zitierten 3. Arbeitskreis (Titel: „Mind the gap" -
Konzepte zur
Minimierung des Information Gap) ausführlich thematisiert wurden, zeigt, daß
das
notwendige Problembewußtsein vorhanden ist. Somit entbehrt die von den Frage-
stellern unterstellte „verkürzte Sicht des Herrn Staatssekretärs" jedweder
Grundlage.
Zu Frage 6:
Bekanntlich hat der Europäische Rat auf seiner Tagung in
Sevilla (21./22. Juni 2002)
den Aktionsplan „e-Europe 2005: Eine Informationsgesellschaft für Alle"
angenom-
men, und damit ein umfassendes Programm zur Förderung „sicherer Dienste, An-
wendungen und Inhalte auf der Grundlage einer weithin zugänglichen
Breitband-ln-
frastruktur". Die darin beschlossenen Maßnahmen sind von allen
Mitgliedstaaten bis
Ende 2005 umzusetzen.
Das Motto „Informationsgesellschaft für Alle"
verdeutlicht, daß die in diesem Pro-
gramm vorgeschlagenen Maßnahmen die Sicherung eines diskriminierungsfreien
und potentiell für alle erschwinglichen Zugangs zu leistungsfähigen und
möglichst
überall zur Verfügung stehenden Informations- und Kommunikationstechnologien
und darauf basierenden Anwendungen in den Mittelpunkt stellen. Das heißt, die
„E-
Inclusion", also gewissermaßen der Gedanke der „elektronischen
Mitnahme" aller
Bürgerinnen und Bürger bildet den zentralen Ansatz der Politik der Gemeinschaft
-
und somit auch Österreichs - im Hinblick auf die Ausgestaltung der
Informations-
gesellschaft.
Die Koordinierung der nationalen Umsetzung des e-Europe
2005 Programms obliegt
dem Bundeskanzleramt, das - auf Grund der Beiträge der unterschiedlichen Res-
sorts - bis Ende 2003 eine Mid-Term-Review des e-Europe 2005 Programms erstel-
len wird.
Bereits vor kurzem wurde die
„Breitband-lnitiative Österreich" der Öffentlichkeit prä-
sentiert, die - unter Leitung der RTR-GmbH - die Aufgabe hat, Möglichkeiten zur
Förderung einer besseren Breitbandausstattung, vor allem für unter- und
unversorgte
Gebiete, aufzuzeigen und die dafür geeigneten Modelle zu entwickeln.
Neben den infrastrukturellen Maßnahmen
zielen insbesondere auch die im Bundes-
ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kunst erarbeiteten E-Education-Module
zur Hebung der Teilnahmechancen für die Bürgerinnen und Bürger.
Zu Frage 7:
Da die Fragestellung nur sehr unbestimmt
von „verschiedenen Vorschlägen für poli-
tische Maßnahmen im Medienbereich" spricht, kann hier nur eine allgemeine
Ein-
schätzung der Veranstaltung gegeben werden.
Grundsätzlich ist hervorheben, daß diese
Veranstaltung zum ersten Mal in Österreich
das Thema „Massenmedien und Journalismus" in den Kontext der
Informationsge-
sellschaft gestellt hat. Das heißt, wir stehen am Beginn eines weitergehenden
Dis-
kussionsprozesses, der unisono von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern begrüßt
wurde.
Die Veranstaltung hat wertvolle Anregungen
für die medienpolitische Agenda der
Bundesregierung erbracht. Insbesondere folgende Bereiche möchte ich diesbe-
züglich explizit hervorheben:
Ø Die Diskussion im Rahmen der AG 2 zum
Problemfeld „neue Formen von
Medienkonzentration durch die Digitalisierung" hat gezeigt, daß die Rolle
der
Regulierungsbehörde künftig noch mehr an Bedeutung gewinnen wird. Die
Regulierungsbehörde soll daher ihr Know-How vor allem verstärkt im Wett-
bewerbsbereich einbringen, um faire, chancengleiche und nichtdiskriminie-
rende Bedingungen für alle Wettbewerber vor allem im Hinblick auf den Zu-
gang zur Kommunikationsinfrastruktur zu sichern. Diese „Wettbewerbskompe-
tenz" wird insbesondere bei der bevorstehende Digitalisierung von
entschei-
dender Bedeutung sein.
Ø
Ein weiterer Aspekt, der im Prinzip in allen drei Arbeitsgruppen betont
wurde,
ist die Bedeutung des Contents in der Informationsgesellschaft. Deshalb
begrüße ich auch ausdrücklich die oben angeführte Initative von Prof. Peter A.
Brück für den WSIS. Im Zusammenhang mit der Schaffung von adäquaten
Rahmenbedingungen für die Produktion von innovativem Content bzw. für die
Stärkung der Kreativen darf ich daran erinnern, daß die Bundesregierung die
Etablierung sowohl eines „Digitalisierungsfonds" als auch eines
„Fernsehfilm-
förderungsfonds" - in Form von public-private-partnership-Modellen - initiiert
hat. Diese beiden Unterstützungsmodule, die bei der RTR-GmbH eingerichtet
und mit jeweils 7,5 Millionen Euro pro Jahr dotiert werden, sind innerhalb der
Branche begrüßt worden und wir dürfen uns zu Recht wichtige Impulse erwar-
ten.
Ø Auch die von vielen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern betonte Notwendigkeit
von schnellen, sicheren und potentiell für alle zugänglichen Breitbandnetzen
wird von der Bundesregierung unterstrichen. Von der „Breitband-lnitiative
Österreich" (vgl. Beantwortung zu Frage 6) erwarte ich mir diesbezüglich
wert-
volle Anregungen.
Ø Die Diskussionen in den Arbeitsgruppen
haben aber auch gezeigt, daß die
großen Veränderungen, die die Informationsgesellschaft mit sich bringen wird,
nur gesamtgesellschaftlich gelöst werden können. Die Bewältigung dieser
Herausforderungen, etwa im Bereich der Aus- und Weiterbildung durch ver-
stärktes Augenmerk auf die „Internet-Literacy" oder die Gender-Frage, wird
nur dann gelingen, wenn alle gesellschaftlichen Gruppen sich an der Debatte
zur Ausgestaltung der Informationsgesellschaft aktiv beteiligen. Mit dieser
Ver-
anstaltung wurde ein wichtiger Anstoß in Bezug auf mehr Bewußtsein für all
diese Fragen gegeben.
Abschließend möchte ich festhalten, daß im
Lichte der dynamischen Entwicklungen
die medienpolitische Agenda der Bundesregierung eine ständige Weiterentwicklung
und Überprüfung bestehender gesetzlicher Regelungen inkludiert, wie es ja auch
im
Regierungsübereinkommen zum Ausdruck kommt.
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