495/AB XXII. GP

Eingelangt am 24.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Glawischnig, Kolleginnen und
Kollegen vom 13. Juni 2003, Nr. 530/J, betreffend Nassbaggerungsprojekte in Kirchberg am
Wagram/NÖ, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu den Fragen 1 und 7:

Festzuhalten ist, dass die wasserwirtschaftliche Rahmenverfügung (RV) des
Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW)
vom 3. August 2001, BGBI. II Nr. 265/2001, zum Schutz des Grundwasservorkommens und
damit der Trinkwasserversorgung im Tullnerfeld erlassen wurde. Diese Rahmenverfügung
enthält insbesondere Regelungen wie das Grundwasser vor Einwirkungen durch den Sand-
und Kiesabbau zu schützen ist.

Aus den Erläuterungen zur Rahmenverfügung ist ersichtlich, dass die Aufnahme dieser
Übergangsbestimmung eine größtmögliche Harmonisierung der gegenständlichen Rahmen-
verfügung mit dem Raumordnungsprogramm (ROP) Wien-Umland von 1990 darstellt und
jene Gebiete erfassen soll, für die Unternehmer im Vertrauen auf das ROP 1990
Investitionen getätigt haben.

 

Es sind dies jene Gebiete, die aufgrund des ROP 1990, LGBI. Nr. 8000/77-1, als
Eignungszonen für die Gewinnung von Sand und Kies ausgewiesen wurden und für die der
Abbau in Form von Nassbaggerungen als zulässig bezeichnet wurde. Für diese Gebiete gilt,
dass auf Flächen, für die entweder die Nutzungsart Materialgewinnungsstätte im jeweiligen
örtlichen ROP verbindlich festgelegt wurde oder für die innerhalb dieser Eignungszonen bis
zum 1.3.2001 ein wasserrechtliches Verfahren anhängig gemacht wurde, § 5 Abs. 1 der RV
(Wasserwirtschaftliche Vorranggebiete für die Trinkwasserversorgung) nur eingeschränkt
Anwendung findet.

Ein Vorhaben auf einer Fläche, die unter diese Übergangsbestimmung fällt, ist daher - durch
die eingeschränkte Anwendung des § 5 Abs. 1 - nicht grundsätzlich gemäß § 54 Abs. 3
WRG 1959 in Widerspruch mit der gegenständlichen RV, sondern bedarf einer Prüfung
durch die Behörde. Es wird auf den Einzelfall ankommen, ob ein derartiges Vorhaben
aufgrund z. B. der übrigen Bestimmungen der RV oder hinsichtlich § 30 WRG 1959
bewilligungsfähig ist oder nicht.

Unter diese Übergangsbestimmung fallen fünf genehmigte Ansuchen (23,6 ha; einschließlich
der Projekte des Unternehmens Schauerhuber); ein Ansuchen ist noch offen (13 ha).

Die vom Amt der NÖ Landesregierung 1997 erstellte Grundlagenstudie zum wasser-
wirtschaftlichen Konzept zur Sand- und Kiesgewinnung enthält Übersichtsdaten zum
Kiesabbau im Tullnerfeld. Danach betragen die antropogenen Grundwasserfreilegungen im
gesamten Tullnerfeld 350 ha, die wasserrechtlich bewilligten Flächen von Nassbaggerungen
in Eignungszonen (nach dem regionalen Raumordnungs-programm Wien - Umland bzw. NÖ
Zentralraum) 121 ha, die bereits in Abbau befindlichen Nassbaggerungsflächen 83 ha, die
Reserven an Nassabbauflächen, das sind wasserrechtlich bewilligte Flächen, die noch nicht
abgebaut sind, 38 ha.

Die Jahresförderrate an Kies beträgt im Bezirk Tulln einschließlich der anteiligen Gemeinden
der Bezirke Krems und Korneuburg rund 1.200.000 m3. Dies entspricht bei einer durch-
schnittlichen Kiesabbautiefe von 5 bis 8 m einem jährlichen Flächenbedarf von rund 20 ha.

 

 

Zu Frage 2:

Zur Verbesserung der ökologischen Funktionsfähigkeit sind kleinräumige Erweiterungen von
rund 1 ha möglich. Geschätzt wurden rund 10-12 Fälle in den letzten Jahren arrondiert (d.s.
rund 12 ha).

Zu Frage 3:

Zum Zeitpunkt der Erlassung der Rahmenverfügung waren rund 190 ha wasserrechtlich ge-
nehmigte Nassbaggerungsflächen (damals rund 90 ha ausgekiest) in Eignungszonen für die
Sand- und Kiesgewinnung vorhanden. Die zusätzlichen Flächen (23,6 + 13 + 12 ha = rund
49 ha) betrugen daher rund 25 % .

Zu Frage 4:

Die Nassbaggerungsprojekte Katastralgemeinde Neustift und Katastralgemeinde Winkl des
Unternehmens Schauerhuber in der Marktgemeinde Kirchberg liegen beide in der für die
Übergangsbestimmung, § 7, der wasserwirtschaftlichen Rahmenverfügung relevanten
Eignungszone 4 des regionalen Raumordnungsprogrammes Wien-Umland, LGBI Nr.
8000/77.

Das sektorale Raumordnungsprogramm zur Gewinnung grundeigener mineralischer
Rohstoffe LGBI Nr. 8000/83-0, sah überdies auch Ausnahmebestimmungen vor (Gemeinde
kann trotzdem widmen, Widmungspflicht entfällt, wenn außerhalb der Verbotszone, ...), und
damit ein Weitergültigbleiben der früheren Eignungszonen vor.

Die Frage der genauen Lage der genannten Projekte kann mangels im BMLFUW
aufliegender Unterlagen nicht beantwortet werden.

Zu Frage 5:

Der Ansicht, dass bei der Beurteilung der Auswirkungen von Nassbaggerungen auf die
quantitativen und qualitativen Grundwasserverhältnisse Summationseffekte nicht außer Acht

gelassen werden können, ist aus fachlicher Sicht vollinhaltlich zuzustimmen. Es wurde
immer darauf hingewiesen, dass bei der Beurteilung von geplanten Nassbaggerungen
insbesondere auf die Summationswirkungen der von einer Vielzahl auf engen Raum
situierten Grundwasserfreilegungen Bedacht zu nehmen ist. Aus fachlicher Sicht ist in jedem
Einzelfall zu prüfen, ob und in welcher Form ein Grundwasservorkommen durch bereits
vorhandene Eingriffe beeinträchtigt ist (Vorbelastung) und mit welchen zusätzlichen
Beeinträchtigungen durch eine geplante Maßnahme gerechnet werden muss.

Zu Frage 6:

Ein wasserwirtschaftliches Konzept zur Sand- und Kiesgewinnung im Tullnerfeld ist dem
BMLFUW nicht bekannt, ebenso wenig die Planung von sechs Brunnen für zentrale
Wasserversorgungsanlagen mit einer Gesamtfördermenge von 600 l/s. Zum derzeitigen
Zeitpunkt kann daher seitens der Obersten Wasserrechtsbehörde dazu nicht Stellung
genommen werden.

Zu Frage 8:

Im Rahmen von wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren für Trocken- und
Nassbaggerungen zur Gewinnung von Sand und Kies werden entsprechend den Richtlinien
des BMLFUW zum Schutz des Grundwassers regelmäßige Beprobungen des Baggersee-
wassers, sowie des ober- und unterstromigen Grundwassers vorgeschrieben. Die Daten
sollten bei den kiesabbauenden Unternehmen und bei den Ländern aufliegen.

Bei in Betrieb befindlichen Nassbaggerungen im Tullnerfeld erfolgt die Kontrolle der
Beeinträchtigungen durch jährliche Untersuchungen des Teichwassers und des Grund-
wassers (Beweissicherungssonden), bei stillgelegten Baggerungen wird nur eine jährliche
Teichwasseruntersuchung vorgenommen. Grundwasseruntersuchungen gibt es erst in den
letzten Jahren, eine systematische Auswertung der Ergebnisse liegt derzeit

nicht vor. Veränderungen bzw. Trends wurden nur in dem auch in der Literatur angeführtem
Ausmaß festgestellt (z.B. Temperaturgang, Leitfähigkeitsverschiebung).