514/AB XXII. GP
Eingelangt am 30.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-lng.
Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen
vom 11.06.2003, Nr. 519/J, betreffend massenhaftes Bienensterben in Europa,
beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend ist festzuhalten, dass nach dem
Bundesministeriengesetz 1986 Tierimporte in den
Kompetenzbereich der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen (BMGF) und
nicht
in den Wirkungsbereich des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und
Wasserwirtschaft (BMLFUW) fallen.
Zu den Fragen 1 und 2:
Am 16. Juli 2003 wurde im Ständigen Ausschuss für
Lebensmittelkette und Tiergesundheit
ein grundsätzlicher Einfuhrstopp von Bienenvölkern aus allen Drittstaaten
verhängt (ausge-
nommen sind Bienenköniginnen mit 20 Begleitbienen, die nach dem Import zu
untersuchen
sind; Anzeigepflicht). Dieser Beschluss wird sieben Tage nach Veröffentlichung
im Amtsblatt
der Europäischen Union in Kraft treten.
Zu den Fragen 3 und 4:
Varroatose zählt nach dem Bienenseuchengesetz, BGBI. Nr.
290/1988, das im Vollzugsbe-
reich der Frau Bundesministerin für Gesundheit und Frauen liegt, zu den
anzeigepflichtigen
Krankheiten. Die Varroabekämpfung selbst basiert derzeit überwiegend auf
medikamentöser
Basis. Dabei dürfen in Österreich nur Medikamente eingesetzt werden, die als
Arzneispezia-
lität vom zuständigen BMGF zugelassen sind und nach § 11 b Arzneimittelgesetz
angemel-
det wurden. Nicht nur in Österreich, sondern auch in weiten Teilen Europas und
der USA hat
die Varroamilbe mittlerweile eine Resistenz gegenüber bisher eingesetzten
Medikamenten
entwickelt, sodass die Milbe nach wie vor zu den gefährlichsten Parasiten der
Honigbiene
zählt.
Vor diesem Hintergrund und aufgrund mangels anderer
wirksamer Behandlungsmethoden
haben Experten der Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit, der
Veterinärmedizi-
nischen Universität und des Österreichischen Imkerbundes im Jahr 2002 begonnen,
ein "in-
tegriertes Behandlungskonzept" zu entwickeln. Dieses Konzept zielt im
Wesentlichen darauf
ab, die Anwendung von biologischen, biotechnischen und medikamentösen Maßnahmen
aufeinander abzustimmen, um eine optimale Trachtnutzung zu gewährleisten, die
Varroa
unter der Schadensschwelle zu halten und den Völkerbestand durch
Jungvolkbildung zu
sichern. Eines der Hauptmerkmale ist eine möglichst zeitgleiche und
flächendeckende Ent-
milbung. Um das Rückstandsrisiko so gering wie möglich zu halten, sollen als
Varroabe-
kämpfungsmittel organische Säuren angewandt werden. Darüber hinaus müssen vom
Be-
trieb im Rahmen der Eigenkontrolle die eingesetzten Mittel, der
Anwendungszeitpunkt und
die erzielten Ergebnisse aufgezeichnet werden.
Die Imker werden im Rahmen des kofinanzierten
Förderprogramms des BMLFUW gemäß
VO (EG) 1221/97 bei der Umsetzung der gängigen Varroabehandlungsmaßnahmen
unter-
stützt. So wurden beispielsweise im vergangenen Förderjahr die zur Bekämpfung,
erforderli-
chen technischen Einrichtungen bzw. Schulungen und Informationsbroschüren
gefördert.
Da dennoch trotz aller Bemühungen im Rahmen des
Förderprogramms gemäss VO (EG) Nr.
1221/97 im vergangenen Jahr starke Völkerverluste festgestellt werden mussten,
wurden die
Imkerverbände vom BMLFUW für das laufende Programmjahr mit der Erarbeitung
eines
neuen Förderkonzepts "Varroabekämpfung" beauftragt.
Vom BMLFUW werden überdies zahlreiche Forschungsprojekte
beauftragt und in den res-
sorteigenen Dienststellen durchgeführt. Dabei standen Fragen natürlicher Abwehrsysteme,
Züchtungs- und Selektionsmaßnahmen sowie Fragen der Bekämpfung und integrierte
Kon-
zepte im Vordergrund. Im Detail darf auf die Anlage A verwiesen werden.
Zu Frage 5:
Für den Programmpunkt "Bekämpfung der Varroatose und
der ihr verbundenen Krankheiten,
Verbesserung der Bedingungen der Bienenstockbehandlung" stehen im Jahr
2003
€ 628.000.- zur Verfügung. Davon werden 50 % aus EU Mitteln (€ 314.000,--), 30
% aus
Bundesmitteln (€ 188.400,--) und 20 % aus Landesmitteln (€ 125.600,--)
finanziert.
Zu Frage 6:
Im Rahmen der Zulassung eines Pflanzenschutzmittels nach
dem Pflanzenschutzmittel-
gesetz 1997 sind die Auswirkungen des Pflanzenschutzmittels auf die Honigbiene
zu prüfen.
Wenn die Zulassungsvoraussetzungen hinsichtlich der Auswirkungen auf die
Honigbiene
nicht gegeben sind, wird keine Zulassung ausgesprochen. In bestimmten Fällen
werden risi-
kominimierende Maßnahmen als Auflagen im Rahmen der Zulassung vorgeschrieben.
Als „bienengefährlich (Bg)" eingestufte
Pflanzenschutzmittel müssen von Bienen unbedingt
ferngehalten werden. Daher sind nicht nur Applikationen in die Blüte verboten,
sondern es
muss auch bei der Behandlung nicht blühender Kulturen während der Flugzeit mit
Vorsicht
vorgegangen werden.
Für Bienen „mindergefährliche (mBg)" gekennzeichnete
Pflanzenschutzmittel können außer-
halb der Flugzeit der Bienen in blühenden Beständen angewendet werden. Während
der
Flugzeit der Bienen ist die Behandlung blühender Bestände zu vermeiden.
Alle anderen nicht besonders gekennzeichneten Pflanzenschutzmittel
sind entweder unge-
fährlich für Bienen oder kommen aufgrund der Anwendungsweise für eine
allfällige Bienen-
gefährdung nicht in Betracht.
Zu Frage 7:
Eine der Massnahmen zur
Varroatosebekämpfung ist die Züchtung varroatoleranter Merk-
male bei der Biene. Bisherige Forschungsergebnisse aus Deutschland und
Österreich zei-
gen, dass die genetischen Voraussetzungen für eine Zucht auf Varroatoleranz
gegeben sind.
Mittel- bis langfristig kann auf diesem Wege der Einsatz von chemischen
Bekämpfungsmit-
teln reduziert werden.
Als Basis der Zuchtarbeit ist die
Durchführung von Leistungsprüfungen auf Varroatoleranz
notwendig. Die Leistungsprüfung mit allen notwendigen - gegenüber der
konventionellen
Völkerführung zusätzlichen - Arbeitsschritten für spezielle Betriebsführung,
Ertragserfas-
sung und Varroaquantifizierung verursacht deutlich höhere Kosten als in der
konventionel-
len Völkerführung und wird daher gefördert.
Darüber hinaus werden Belegstellen
unterstützt, auf denen vorselektierte Vatervölker aus
der Prüfpopulation der natürlichen Auslese unterworfen werden und ihre Drohnen
mit
Jungköniginnen von auf Varroatoleranz selektierten Müttern zur Paarung gebracht
werden.
Weiters wird die künstliche Besamung von Königinnen mit einem positivem
Zuchtwert ge-
fördert, da dadurch Zuchtfortschritte rascher und in größerem Umfang verbreitet
werden
können.
Für den Programmpunkt
"Varroatoleranzzüchtung" stehen im Jahr 2003 € 144.000,-- zur
Verfügung. Davon werden 50 % aus EU Mittel (€ 72.000,--), 30 % aus Bundesmittel
(€ 43.200,--) und 20 % aus Landesmittel (€ 28.800,--) finanziert.
Titel und Laufzeit des Projekts BWO 3.1.8/83
Entwicklung eines Abwehrsystems gegen die Bienenmilbenseuche "Varroatose" (1983-
1988)
Projektleiter. Dr. Astrid Kohlich
Titel und Laufzeit des Projekts BWO 3.1.1/87
Ursachen sogenannter "Varroaresistenz" bei Bienenvölkern (1987-1993)
Projektleiter. Dr. Astrid Kohlich
Titel und Laufzeit des Projekts BWO 3105/91
Untersuchungen über die Erblichkeit der Varroatoleranz bei der Honigbiene (1991 -1994)
Projektleiter: Dr. Pechhacker
Titel und Laufzeit des Projekts BWO 3104/92
Versuche zur Erstellung eines objektiven Auslesekriteriums zur Selektion
varroatoleranter Bienen in der Feldleistungsprüfung (1992 -1993)
Projektleiter: Dr. Pechhhacker
Kooperationspartner:
Imkerschulen Graz, Imst und
Linz und der ACA (Austrian Carnica
Association) wurde bei insgesamt 97 Bienenvölkern der tägliche Milbenabfall während
der
Apistanbehandlung erhoben.
Titel und Laufzeit des Projektes WO 3202/93
Untersuchung natürlicher Varroa-Abwehrmechanismen von Apis mellifera carnica und
deren Auswirkungen auf Befallsentwicklung und Überlebensfähigkeit der Bienenvölker
(1993 - 1997)
Projektleiter Dr. Rudolf MOOSBECKHOFER
Titel und Laufzeit des Projektes WO 3201/94
Versuche zur Optimierung von Wirkungsgrad und Praxiseignung verschiedener
Methoden einer Ameisensäure-Langzeitbehandlung unter Freilandbedingungen (1994 -
1997)
Projektleiter:
Dr. Rudolf MOOSBECKHOFER
Kooperationspartner Tiroler Landesverband für Bienenzucht
Titel und Laufzeit des Projekts BFL 921/98
Versuche zur Verbesserung der Wirksamkeit der Ameisensäure bei der Varroakontrolle
(1998 - 1999)
Projektleiter Dr. Rudolf MOOSBECKHOFER
Titel und Laufzeit des Projektes L 0776/93
Entwicklung und Prüfung von Zuchtmodellen für die Honigbiene unter besonderer
Berücksichtigung der Populationsparameterschätzung für die Varroatoleranz (1993 -
1996)
Projektnehmer:
Institut für Nutztierwissenschaften der Universität für Bodenkultur,
Gregor-Mendel-Straße 33, A-
1180 Wien; Projektleiter: Dipl.-lng. Dr. Alfons WILLAM
Titel und Laufzeit des Projekts BFL 002123
Entwicklung und Erprobung eines integrierten Konzeptes zur Varroabekämpfung mit
alternativen Behandlungsmethoden (01.01.00-31.12.02)
Projektleiter:
Dr. Rudolf MOOSBECKHOFER;
Bundesamt und Forschungszentrum für
Landwirtschaft
Kooperationspartner:
Steirische Imkerschule Graz:1
Bienenstand; Oberösterreichische
Imkerschule Linz: 1 Bienenstand
Titel und Laufzeit des Projekts BFL 992120
Untersuchung und Optimierung der Einsatzmöglichkeiten von
Varroabekämpfungsmitteln
auf der Basis
ätherischer Öle hinsichtlich Wirksamkeit, Bienenverträglichkeit und
Rückstandsbildung (01.01.99-31.12.01)
Projektleiter:
Dr. Rudolf MOOSBECKHOFER,
Bundesamt und Forschungszentrum für
Landwirtschaft
Kooperationspartner: Fa. Swarm: APIGUARD, Fa. Andermatt-Biocontrol: THYMOVAR,
Fa.
Knobelspies: „FRAKNO-Thymolrähmchen"
Titel und Laufzeit des Projekts BFL 992908
Varroatoleranzzucht unter Ausnutzung natürlichen Selektionsdruckes (01.01.99-31.12.02)
Projektleiter:
Dr. Hermann PECHHACKER,
Bundesamt und Forschungszentrum für
Landwirtschaft
Kooperationspartner: Dr. W. Ritter, Universität Freiburg