515/AB XXII. GP
Eingelangt am 30.07.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Petra Bayr,
Kolleginnen und Kollegen vom
13. Juni 2003, Nr. 534/J, betreffend die Einflussnahme auf die Willensbildung
innerhalb der
Europäischen Union zur Arbeitsgruppe der UNO für das grundsätzliche Recht auf
Nahrung,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend ist festzuhalten, dass Angelegenheiten, die die
Trinkwasserversorgung betreffen,
nach dem Bundesministeriengesetz 1986 in den Wirkungsbereich der Frau
Bundesministerin
für Gesundheit und Frauen fallen.
Ein Grundrecht auf Wasser ist in der österreichischen
Verfassung nicht verankert, da soziale
Grundrechte nicht systemimmanent sind. Dem folgend ist das Wasserrechtsgesetz
1959 ein
Ressourcenbewirtschaftungsgesetz, d.h. es regelt die Modalitäten der Benutzung,
vor allem
den Schutz der Ressource und damit eine ausgewogene Bewirtschaftung der
Ressource
Wasser.
Auf gemeinschaftsrechtlicher Ebene ist ein einstimmiges
Vorgehen der EU-Mitgliedstaaten in
Bezug auf bestimmte Fragen der quantitativen Wasserressourcenbewirtschaftung
vor-
gesehen. Das Prinzip der Einstimmigkeit bei der mengenmäßigen Wasserressourcen-
bewirtschaftung wurde und wird von Österreich mit Nachdruck
vertreten und wurde auch im
Vertrag von Nizza beibehalten. Diese nationale Position wird auch in allen
weiteren
Verhandlungen, sei es im Rahmen der Ausarbeitung eines neuen Unionsvertrages
oder bei
der Findung einer gemeinsamen europäischen Position im Rahmen der Anfrage
angesprochenen Arbeitsgruppe der FAO, die Grundüberlegung sein.
Zu Frage 1:
Seit Einsetzung der zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe (Intergovernmental
Working Group -
IGWG) zur Ausarbeitung eines Sets an freiwilligen Richtlinien zur
Unterstützung der
schrittweisen Realisierung des Rechts auf angemessene Nahrung durch den FAO-Rat
im
November 2002 hat sich das Ressort stets an der innereuropäischen
Willensbildung zur
Formulierung eines Standpunktes beteiligt. Dies in Form der aktiven Teilnahme
und
Mitgestaltung des Diskussionsprozesses bei den dafür zuständigen
FAO-Ratsarbeitsgruppen
sowie bei der bislang ersten Sitzung in Rom im März d. J.
Österreich war selbstverständlich auch beim europäischen
Vorbereitungsprozess für den
„Welternährungsgipfel: fünf Jahre danach" (World Food System/WFS: fyl) im
Juni 2002 an
der Ausarbeitung einer europäischen Verhandlungsposition zur Schlussresolution
des
Gipfels beteiligt und hat insbesondere den Konsens, die FAO zur Einrichtung
einer
zwischenstaatlichen Arbeitsgruppe zur Ausarbeitung eines Sets an freiwilligen
Richtlinien
zum Recht auf Nahrung vorzusehen, mitgetragen. Wiederholt hat Österreich
anlässlich des
WFS: fyl dabei auf die wesentlichen Elemente einer Realisierung des Rechts auf Nahrung
hingewiesen und etwa die Erfordernisse menschenrechtskonformer politischer,
rechtlicher,
sozialer und wirtschaftlicher Verhältnisse, die Notwendigkeit einer good
governance oder die
forcierte Entwicklung ländlicher Räume zur nachhaltigen Ernährungssicherung
betont.
Im Sinne der Zielvorgabe des auszuarbeitenden Katalogs an
freiwilligen Richtlinien zum
Recht auf Nahrung war und ist Österreich durch konkrete Beiträge stets bemüht,
die zur
Diskussion stehenden relevanten menschenrechts-, agrar- und entwicklungspolitischen
Implikationen dieser Materie eingehend zu diskutieren, mit dem Ziel, klare und
umsetzbare
Richtlinien zu formulieren.
Zu Frage 2:
Österreich wird sich weiterhin, vertreten durch Experten
der durch das Thema
angesprochenen Gebiete und Ressorts, am europäischen Findungs- und
Willensbildungs-
prozess beteiligen und seine Position zu den im europäischen Beratungs- und
Diskus-
sionsprozess hervortretenden Fragen darlegen. Die Teilnahme an allen Sitzungen
der
entsprechenden Ratsarbeitsgruppen sowie an begleitenden Expertentreffen und den
Sitzungen der IGWG ist im Arbeitsprogramm des Bundesministeriums für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) enthalten.
Zu Frage 3:
Der gegenwärtige Diskussionsprozess in Brüssel konzentriert
sich auf die Erörterung der
bisherigen Ergebnisse der ersten Sitzung der IGWG sowie ihres
Nachfolgeprozesses, dies
im Hinblick auf die Vorbereitung zur zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe. Im
Einzelnen stehen
die Draft Guidelines, der Entwurf eines Richtlinienkatalogs zur Diskussion, der
in der zweiten
Sitzung der IGWG im Herbst d. J. zur Debatte gestellt wird. Im Hinblick auf die
für den
Entwurf der Richtlinien entscheidende „Allgemeine Bemerkung Nr. 12 (general
comment no.
12) des Ausschusses für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der
Vereinten
Nationen (VN) kommt es Österreich darauf an, die grundsätzlichen Elemente und
Aspekte
der Verwirklichung des Rechts auf Nahrung in den Richtlinien klar aufgenommen
zu wissen
(etwa die Trias staatlicher Verpflichtung vor dem Hintergrund der prinzipiellen
Verantwortung
der nationalstaatlichen Regierungen, was eine good governance grundlegend
einschließt
und bedingt). Ziel ist es, eine im Rahmen der IGWG verhandlungsfähige und
realisierbare
Grundlage zur endgültigen Formulierung des Richtlinienkatalogs zu erarbeiten.
Zu Frage 4:
Da die Positionsfindung auf EU-Ebene durch
Konsultationsmechanismen der EU mit den
FAO-Regionalgruppen und internationalen Organisationen ihre Ergänzung erfährt,
ist es
wesentlich, sich im EU-Rahmen mit den anderen Mitgliedstaaten abzustimmen, um
den
Positionen größeres Gewicht und damit eine breitere Repräsentation zu
verleihen.
Zu Frage 5:
Die Ausarbeitung der österreichischen Position erfolgt an
Hand der bestimmenden
internationalrechtlichen Quellen und Grunddokumente, wie etwa des Art. 11 des
Internationalen UN-Übereinkommens über wirtschaftliche, soziale und kulturelle
Rechte, des
schon zitierten General Comment No. 12, der Erklärung von Rom des WFS 1996 und
dessen Aktionsplanes, der Schlusserklärung des WFS: fyl 2002 „International
Alliance
Against Hunger" und weiterer internationalrechtlicher Erklärungen. Sie
erfolgt in enger
Zusammenarbeit mit den anderen betroffenen Ressorts sowie unter Einbeziehung
der
NGO's und weiterer Experten. So wird es im Herbst - vor der zweiten Sitzung der
IGWG -
eine Diskussionssitzung im BMLFUW zu diesem Thema geben. Geplant ist auch, noch
vor
der zweiten Sitzung der IGWG, einen Workshop bzw. einen Diskussionsabend mit
österreichischen und internationalen Referenten zum Thema „Recht auf Nahrung
und die
Frage seiner Realisierung" zu veranstalten.
Zu den Fragen 6 und 7:
Durch interministerielle Diskussions- und Beratungsprozesse
werden auf Basis der
rechtlichen, agrar-, ernährungs- und entwicklungspolitischen Maßgaben die
Grundlagen für
den österreichischen Teilnahmeprozess am europäischen und internationalen
Willens-
bildungsprozess erarbeitet. Zusätzlich zu den inner- und interministeriellen
Diskussions-
prozessen haben und sollen Arbeitssitzungen mit NGO's in die österreichische
Entscheidungsfindung einfließen.
Zu den Fragen 8 und 9:
Der Kampf gegen Hunger und Unterernährung ist dem BMLFUW
seit Gründung des UN-
WFP (World Food Program) stets ein großes Anliegen gewesen. Österreich hat
bisher
kontinuierlich zum regulären Programm des WFP nach Maßgabe der budgetären
Voraussetzungen Beiträge geleistet und wird dies auch in Zukunft tun.