579/AB XXII. GP
Eingelangt am 18.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für
Finanzen
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr.550/J vom 18. Juni 2003 der
Abgeordneten Marianne Hagenhofer und Kollegen, betreffend Auswirkungen
von Basel II auf die österreichische Wirtschaft, insbesondere auf Klein- und
Mittelunternehmen (KMU), beehre ich mich
Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Aus Anlass der Präsentation der ersten
Papiere des Basler Ausschusses für
Bankenaufsicht zu den geplanten neuen Kapitalbestimmungen für Banken gab
es Befürchtungen, dass die Umsetzung dieser
Eigenkapitalvorschriften zu einer
massiven Erhöhung der Kreditkonditionen insbesondere für klein- und
mittel-
ständische Unternehmen (KMU) führen wird. Die ersten Überlegungen des
Basler Ausschusses gingen auch tatsächlich dahin, dass eine Benachteiligung
der klein- und mittelständischen Wirtschaft entstünde. Auch zeigten die vom
Ausschuss selbst veranlassten Auswirkungsstudien teils wesentliche Erhö-
hungen der Kapitalanforderungen im Vergleich zu den heute geltenden Be-
stimmungen.
In den jetzt schon mehrere Jahre dauernden
Verhandlungen zu Basel II wurde
vieles zu Gunsten der KMU geändert, sodass
die befürchteten massiven negati-
ven Auswirkungen auf die Kreditvergabepolitik und besonders auf die
Kredit-
konditionen zur Finanzierung der KMU nicht
eintreten werden:
• Die Eigenmittelunterlegung von derzeit 8 %
der vergebenen Kredite soll
durch die neuen
Bestimmungen trotz eines Kapitalerfordernisses zur Ab-
deckung des operationellen Risikos im
Durchschnitt nicht erhöht werden.
• Durch die vollständige und gleichwertige
Anerkennung der Internen Ra-
tings zur Eigenkapitalbemessung fällt für KMU der
Druck weg, sich ein ex-
ternes Rating verschaffen zu müssen.
• Kredite an KMU bis zu einer Höhe von
l Mio. Euro können wie Privatkre-
dite behandelt werden: für
den Standardansatz bedeutet dies, dass das Ri-
sikogewicht nur mehr 75 % an Stelle von 100 % betragen wird.
• Das Eigenmittelerfordernis für Kredite an
Unternehmen mit weniger als
50 Mio. Euro Jahresumsatz
kann sich je nach Unternehmensgröße um bis
zu 20 % reduzieren und
sollte für die KMU im Unternehmensbereich um
durchschnittlich 10 % geringer sein.
• Für Hypothekarkredite
wird es weiterhin eine begünstigte Regelung geben,
speziell für die Wohnungs- und
Eigenheimfinanzierung, unter speziellen
Bedingungen auch für den so genannten gewerblichen Hypothekarkredit.
• Der Katalog der zur
Risikoverringerung anerkannten Sicherheiten wird um
jene
Besicherungsinstrumente ausgeweitet werden, die besonders im Pri
vatkundengeschäft und in
der Finanzierung der KMU eingesetzt werden.
Die Bonität der Unternehmen wird in Zukunft zu einer
wichtigen Bestim-
mungsgröße bei der Unternehmensbeurteilung im Rahmen der Kreditvergabe.
Grundsätzlich lässt sich daher sagen, dass diejenigen KMU zu den Gewinnern
von Basel II zählen werden, die über ein adäquates Risikomanagement verfü-
gen und die ein
professionelles und adäquates Kommunikations- und Publizi-
tätssystem
entwickeln. Zielsetzung von Basel II ist es daher
auch, in diese Be-
reiche
zu investieren, was sicherlich zum Vorteil der Kreditnehmer selbst sein
wird.
Zu 2.:
Die österreichische Bundesregierung
ist der Entschließung in vollem Umfang
nachgekommen, da es
sowohl auf politischer als auch auf technischer Ebene
in den Arbeitsgruppen intensivste Bemühungen gegeben hat, eine für KMU
herzeigbare Lösung zu erreichen und die
negativen Auswirkungen für die KMU
weitestgehend abzuschwächen.
In diesem Zusammenhang
möchte ich darauf hinweisen, dass die unter
Punkt
l dargelegten Veränderungen des Konzeptes von Basel II ein deutlicher
Beweis
für den Erfolg dieser Strategie und Bemühungen sind.
Zu 3. und 4.:
Österreich ist zwar
nicht im Basler Ausschuss vertreten, hat aber die österrei-
chischen
Anliegen bei jeder Gelegenheit zur Stellungnahme (bspw. m den Kon-
sultationsverfahren
oder mit Mitgliedern des Ausschusses und des Sekretaria-
tes),
nachdrücklich eingebracht.
Weiters ha he ich in einem Brief die
Mitglieder des Basler Ausschusses auf die
problematischen Auswirkungen der zum damaligen Zeitpunkt geplanten Vor-
schriften auf die
klein- und mittelständische Struktur aufmerksam gemacht
und eindringlich um entsprechende Adaptierungen der Regelungen im Sinne
des Entschließungsantrages ersucht. Nach
den mir vorliegenden Informationen
erging ein ähnliches Schreiben auch
von Bundeskanzler Schüssel an Kommis-
sionspräsident Prodi.
Da Basel II auf EU-Ebene im Rahmen einer Richtlinie umgesetzt wird, habe ich
an meine
Ressortkollegen des ECOFIN-Rates ebenfalls einen entsprechenden
Brief mit der Bitte um Unterstützung der österreichischen Anliegen gerichtet.
Auch bei Tagungen des ECOFIN-Rates habe ich mich stets im Sinn des Ent-
schließungsantrages geäußert. In den diversen Arbeitsgruppen und Komitees
wurde selbstverständlich ebenfalls diese österreichische Position mit Nach-
druck vertreten.
Die nun erfolgten
und bereits dargelegten Änderungen der Konsultationspapie-
re des Basler
Ausschusses sowie der Europäischen Kommission widerspiegeln
den Erfolg der Bemühungen. Ebenso haben die Ergebnisse der Auswirkungs-
studie „QIS 3" gezeigt, dass die Eigenkapitalunterlegung für Kredite an
KMU
deutlich reduziert werden konnte.
Zu 5. und 6.:
Zwecks
Sicherstellung, dass die österreichischen Unternehmen sich bestmög-
lich auf die neuen Eigenkapitalregelungen vorbereiten und ihre Unternehmens-
tätigkeit den dafür erforderlichen Anforderungen entspricht, wurde seitens des
Bundesministeriums für
Finanzen eine Studie bei der Kammer der Wirt-
schaftstreuhänder über den "Nationalen Handlungsbedarf im Nicht-
Finanzsektor auf Grund der geplanten
Kapitalvorschriften für Banken" in Auf-
trag gegeben. Diese Studie wurde im
April 2003 vorgelegt und umfasst flankie-
rende Maßnahmen im
wirtschaftspolitischen Umfeld sowie im Steuer- und
Handelsrecht Diese Vorschläge werden derzeit in der in meinem
Ressort einge-
richteten "Informationsplattform Basel II" näher diskutiert. Unter der
Leitung
des Herrn Staatssekretärs Dr. Finz treffen sich regelmäßig Vertreter der mit
Basel II befassten
Institutionen aus dem Wirtschaftsleben (Wirtschaftskammer
Österreich, Industriellenvereinigung, Kammer der Wirtschaftstreuhänder) so-
wie der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) und der Finanzmarktaufsicht
(FMA), um aktuelle
Entwicklungen im Basler Ausschuss sowie auf EU-Ebene
zu
diskutieren.
Zu 7.:
Damit sich alle Betroffenen der
notwendigen Anpassungen und Umstellungen
bewusst
werden, ist ohne Zweifel ein intensiver Kommunikationsprozess erfor-
derlich. Die
Kommunikation läuft daher in enger Zusammenarbeit mit der
OeNB, der FMA und der Wirtschaftskammer
Österreich (WKÖ), um über die
diversen Kanäle die Unternehmen
bestmöglich zu erreichen. Hervorheben
möchte ich in diesem Zusammenhang die
KMU-Initiative des Bundesministeri-
ums für Finanzen, den Dialog zwischen
Vertretern aus Wirtschaft, Prüfung und
Beratung, Finanzwesen, OeNB sowie Aufsicht und Bundesministerium für Fi-
nanzen im Rahmen der zuvor erwähnten Informationsplattform zu Basel II,
sowie
die zahlreichen Informationsveranstaltungen der OeNB und der FMA in
ganz
Österreich.
Zu 8.:
Es ist geplant, den
Privatsektor kontinuierlich über die neuesten Entwicklun-
gen
zu informieren und nach Verabschiedung der entsprechenden Empfehlun-
gen
des Basier Ausschusses sowie der EU-Richtlinie die diesbezüglichen Be-
mühungen
zu intensivieren. Bereits im Herbst wird eine Evaluierung jener Be-
stimmungen
von "Basel II" erfolgen, die
bereits zu diesem frühen Zeitpunkt ei-
ne
nationale Positionierung erforderlich machen. Diese Positionierung soll so-
wohl den Banken als
auch den betroffenen Unternehmen die grundsätzliche
Richtung vorgeben, wie Österreich die
Bestimmungen des entsprechenden EU-
Rechts umzusetzen beabsichtigt.
Zu 9.:
Die Abstimmung meines Ressorts mit den diesbezüglichen
Aktivitäten der
OeNB, der FMA und der WKÖ hat bisher bestens funktioniert und wird in die-
sem Sinne fortgeführt.