604/AB XXII. GP

Eingelangt am 28.08.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für WIRTSCHAFT UND ARBEIT

 

Anfragebeantwortung

 

 

In Beantwortung der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 583/J betreffend
laufende Verhandlungen über das Dienstleistungsabkommen der WTO (GATS),
welche die Abgeordneten Bettina Stadlbauer und GenossInnen am 3. Juli 2003 an
mich richteten, stelle ich fest:

Antwort zu Punkt 1 der Anfrage:

Anlässlich der 4. Ministerkonferenz in Doha wurden für die Abgabe indikativer
Länderforderungen der 30. Juni 2002 und für die Übermittlung der ersten indikativen
Angebote der 31. März 2003 festgelegt. Diese Termine stellen lediglich Zieldaten
dar. Forderungen und neue Angebote können grundsätzlich während der gesamten
Verhandlungsphase ausgetauscht werden. Ausschlaggebend für die Einhaltung des
Zeitplanes werden in erster Linie Inhalte sein, sodass es schwer fällt, diesbezüglich
Prognosen anzustellen.

Antwort zu Punkt 2 der Anfrage:

Es darf diesbezüglich auf die Antwort zu Frage 1 verwiesen werden. Verzögerungen
könnten etwa durch den Verlauf des jeweiligen nationalen Abstimmungsprozesses
hervorgerufen werden. Es sollte nicht unerwähnt bleiben, dass sich unter den 27


WTO-Mitgliedern, die bisher Angebote vorgelegt haben, die weltweit bedeutendsten
Exporteure von Dienstleistungen befinden.

Antwort zu Punkt 3 der Anfrage:

Aus der Beantwortung der Fragen 2 und 3 ergibt sich, dass der Schluss, bei vielen
WTO-Mitgliedsländern bestünde nur geringes Interesse an einer weiteren Liberali-
sierung des Dienstleistungsbereiches, nicht zutreffend ist.

Antwort zu Punkt 4 der Anfrage:

Was den Abstimmungsprozess des Angebotes der EG und ihrer Mitgliedstaaten
betrifft, ist Österreich ein Vorbild an Transparenz. Das Parlament sowie sämtliche
berührten Bundesministerien, Sozialpartner und Interessensvertretungen, darunter
auch die Verbindungsstelle der Bundesländer, der Städtebund und der Gemeinde-
bund, sind in die Abstimmung der Verhandlungsposition zum GATS voll einge-
bunden und erhalten alle - auch vertrauliche - Dokumente. Für die Parlamentsklubs
sowie für die Nichtregierungsorganisationen finden regelmäßig Informationsver-
anstaltungen zum Fortgang des Verhandlungsgeschehens statt. Eine Befassung des
Wirtschaftsausschusses des Nationalrates mit der österreichischen Stellungnahme
zum EU-Angebot fand am 19. März 2003 statt, eine des EU-Unterausschusses zu
den GATS-Verhandlungen am 3. Juli 2003. Nach Vorlage des EU-Angebotes bei der
WTO wurde dieses von der Europäischen Kommission/GD Handel auf ihrer Home-
page veröffentlicht.

Antwort zu Punkt 5 der Anfrage:

Die angestrebten Verpflichtungen im Mode 4 stellen es den Mitgliedstaaten frei,
zwecks Missbrauchsvermeidung eine wirksame Kontrolle durchzuführen. Personen,


die einreisen, um einen Arbeitsplatz zu suchen oder permanenten Aufenthalt an-
streben, sind von dem Anwendungsbereich des Mode 4 ausgenommen.

Antwort zu Punkt 6 der Anfrage:

Höhe und Modalitäten der Quoten werden noch festzusetzen sein. Um die Dis-
kussion darüber in Gang zu setzen, ist die Europäische Kommission nun in einem
ersten Schritt daran gegangen, dafür erforderliche faktische Informationen bei den
Mitgliedstaaten zu erheben. Bei der Erstellung des GATS-Angebotes ist Österreich
mit Nachdruck dafür eingetreten, dass bei der Festsetzung der Modalitäten und
Höhen der "numerical ceilings" volle Flexibilität für die Mitgliedstaaten zur Berück-
sichtigung der nationalen Arbeitsmarktsituation im Hinblick auf die Bemessung der
Gesamtquote und der Aufteilung auf die einzelnen Sektoren sichergestellt ist.

Antwort zu den Punkten 7 und 8 der Anfrage:

Für die GATS-Begünstigten gelten jedenfalls die nationalen Normen über Arbeitsbe-
dingungen. Dies umfasst auch Mindestlöhne, Tarifverträge, Maßnahmen zum Schutz
vor allen Formen der Diskriminierung und selbstverständlich alle Sozialversiche-
rungsmaßnahmen.

Antwort zu Punkt 9 der Anfrage:

Es darf darauf hingewiesen werden, dass die Forderungen der EG und ihrer Mit-
gliedstaaten dem Parlament bereits am 18. Juni 2002 zur Kenntnis gebracht wurden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich die Forderungen sektoriell auf die
freien Berufe (außer Gesundheitsberufe), Geschäftsdienstleistungen, Telekommuni-
kation, Post und Kurierdienste, Baudienstleistungen, Distributionsdienstleistungen,
Umweltdienstleistungen, Finanzdienstleistungen, Energiedienstleistungen, touris-
mus- und reisebezogene Dienstleistungen sowie auf Verkehr/Transport erstrecken.


Inhaltlich richten sich die Forderungen primär auf die Abschaffung bestehender
Nationalitätsvorbehalte und die Beseitigung von Niederlassungsbeschränkungen
(z.B. Beschränkungen der Rechtsform oder Deckelung für ausländisches Eigentum).
Gefordert werden auch kohärente GATS-Verpflichtungen dort, wo der elektronische
Handel als Erbringungsmodus tatsächlich oder potentiell eine wichtige Rolle spielt.
Schließlich werden auch offensichtliche Diskriminierungen in Form nationaler
Präferenzen, etwa im Steuer- und Subventionsbereich aufgegriffen. Auch
undurchsichtige Genehmigungs- und Bewilligungsverfahren sind Gegenstand von
Anträgen.

Antwort zu Punkt 10 der Anfrage:

Vorab muss angemerkt werden, dass es keine offensiven Forderungen Österreichs
gab und gibt. Zum einen bestehen unter den EU-Staaten unterschiedliche Interessen
an der Gewährung von Marktzugang und Inländerbehandlung in bestimmten
Sektoren - abhängig von der Bedeutung einzelner Dienstleistungsbereiche für die
jeweilige (nationale) Volkswirtschaft; zum anderen darf auf die Ausführungen zu
Frage 9 verwiesen werden.

Zu den Forderungen im Bereich der Wasserversorgung ist überdies noch
anzuführen, dass diese ausschließlich die Aufbereitung, Reinigung und Verteilung
von Trinkwasser sowie die Beseitigung von Abwasser betreffen. Sie beziehen sich
nicht auf den Zugang zur Ressource oder auf die grenzüberschreitende Verbringung
von Wasser. Die Forderungen stellen keine Aufforderung zur Privatisierung dar; für
EU-Unternehmen würden außerdem sämtliche Vorschriften des Gastlandes -
beispielsweise hinsichtlich Preis, Umweltschutz und Qualität - gelten. Die EU-
Forderungen sind außerdem voll vereinbar mit den Ergebnissen des
Nachhaltigkeitsgipfels von Johannesburg, die "public/private partnership-Modelle"
und Kooperationen mit dem privaten Sektor ausdrücklich unterstützen, um den
Zugang zu sauberem Trinkwasser in Entwicklungsländern zu verbessern und die
notwendigen Investitionen dafür zu steigern.


Antwort zu Punkt 11 der Anfrage:

Die EU hat mit ihren Forderungen auf den Entwicklungsstand der Zielländer ent-
sprechend Rücksicht genommen; so wurden an kleine Entwicklungsländer und an
die am wenigsten entwickelten Länder (LDC) nur Forderungen in maximal fünf Sek-
toren gerichtet.

Antwort zu Punkt 12 der Anfrage:

Die demokratische Meinungsbildung ist insofern gewährleistet, als die Forderungs-
listen - wie bereits erwähnt - am 18. Juni 2002 dem Parlament übermittelt wurden.
Am 26. Juni 2002 fand im EU-Unterausschuss eine Aussprache zu den Dienst-
leistungsverhandlungen im Rahmen des GATS statt, bei der die Forderungen der EU
einen Schwerpunkt bildeten.