659/AB XXII. GP
Eingelangt am 05.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM FÜR
JUSTIZ
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Hermann
Krist, Kolleginnen und Kollegen haben
an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Zunahme der Zahlungsunfähigkeit
von
privaten Haushalten und Einzelpersonen aufgrund der ansteigenden
Arbeitslosigkeit"
gerichtet.
Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:
Das Bundesministerium für Justiz verfügt
mit dem ADV-Register über ein Instrument,
mit dem auch die für die Justizverwaltung erforderlichen statistischen
Auswertungen
vorgenommen werden können. Soweit Daten erfasst werden, kann eine Auswertung
nach Bundesländern zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Aufgliederung
nach Geschlecht, Berufs- und Altersgruppen, Art und Ausmaß der Beschäftigung
und des Einkommens und der Einkommenssituation ist dem Bundesministerium für
Justiz nicht möglich, weil diese Daten gar nicht oder nicht in statistisch
auswertbarer
Form erfasst werden. Die bekannt gegebenen Daten stammen - mit Ausnahme je-
ner zur Frage 6 - aus der Verfahrensautomation Justiz. Diese Daten unterliegen
ab-
hängig vom Verfahrensverlauf Veränderungen (etwa bei Abtretungen) und können
daher von Auswertungen aus der Ediktsdatei abweichen.
Zu 1 und 2:
Abgesehen von jenen Personen, über die
wegen ihrer Zahlungsunfähigkeit ein In-
solvenzverfahren eröffnet oder mangels kostendeckenden Vermögens nicht eröffnet
wird, sind zahlungsunfähige Personen nicht statistisch erfasst.
Die Anzahl der beantragten (angefallenen)
und der eröffneten Schuldenregulie-
rungsverfahren bei den Bezirksgerichten ist, aufgegliedert nach Bundesländern
und
den Jahren 2000 bis 2002 sowie dem ersten Halbjahr 2003 in den beiden nachfol-
genden Tabellen dargestellt.
Tabelle B: eröffnete Schuldenregulierungsverfahren: |
Tabelle A: angefallene Schuldenregulierungsverfahren:
Zu 3:
Die in den abgefragten Zeiträumen angefallenen Fahrnis- und Forderungs-
exekutionsverfahren können den unten
stehenden Tabellen C und D entnommen
werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in vielen Fällen Forderungs- und
Fahr-
nisexekution zugleich bewilligt werden. In einem angefallenen
Exekutionsverfahren
kann es naturgemäß zu mehreren Vollstreckungsversuchen kommen.
Die Anzahl der von den Gerichten an den
Hauptverband der Sozial-
versicherungsträger gerichteten Drittschuldneranfragen kann aus technischen
Grün-
den
nur bundesweit und nur für 2000, 2001 und 2003 ermittelt werden. Diese Daten
sind in der Tabelle E dargestellt.
Tabelle C: angefallene Fahrnisexekutionsverfahren:
Tabelle D: angefallene Forderungsexekutionsverfahren:
Tabelle E: Drittschuldneranfragen der Gerichte beim
Hauptverband der Sozial-
versicherungsträger:
Zu 4 und 5:
Das Bundesministerium für Justiz verfügt
über keine Daten, aus denen sich bei den Sozialversicherungsanstalten oder
anderen Stellen, die Sozial- oder Sozial-
versicherungsleistungen ausbezahlen, zur Exekutionsantragstellung vorgemerkte
Fälle oder Fälle, in denen ein Exekutionsantrag von einer dieser Institutionen
regist-
riert wurde, ergeben.
Zu 6:
Das Bundesministerium erfasst keine Daten
über die Anzahl der Erstkontakte und Beratungen bei Schuldnerberatungsstellen.
Nach Mitteilung der ASB Schuldnerbera-
tungen GmbH ergibt sich jedoch folgendes Bild:
Aufschlüsselung nach Bundesländern: |
Nachfrage in den Schuldnerberatungen
Folgender Anteil betraf Schuldnerinnen:
2000: 42,95 %
2001: 40,83 % (auf Erstgespräche bezogen, erhoben in 6 Schuldnerberatungen)
2002: 40,88 % (auf Erstgespräche bezogen, erhoben in 9 Schuldnerberatungen)
Der
Anteil der Arbeitslosen an den Schuldnern und Schuldnerinnen betrug:
2000: 23,68%
2001: 26,74%
2002: 29,64%
Zu 7:
In der Tabelle F wird die Anzahl der im
jeweiligen Zeitraum abgegebenen Vermö-
gensverzeichnisse nach Bundesländern
gegliedert aufgeschlüsselt:
Tabelle F: abgegebene Vermögensverzeichnisse:
Zu 8 und 9:
Die Tabelle G gibt Aufschluss über den
Anfall an Exekutionsverfahren, in denen eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung
beantragt wurde. Zur Ergänzung sind in der
Tabelle H jene Fälle, in denen eine Zwangsversteigerung und in der Tabelle l
jene,
in denen eine Zwangsverwaltung beantragt wurde, angeführt. Aus dem Umstand,
dass ein Exekutionsverfahren eingeleitet wird, können keine Schlüsse über eine
all-
fällige Zahlungsunfähigkeit des Verpflichteten gezogen werden.
Tabelle H: beantragte Zwangsversteigerungen: |
Tabelle G: beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründungen:
Tabelle I: beantragte Zwangsverwaltungen: |
Die Anzahl der tatsächlich vollzogenen
zwangsweisen Räumungen kann nicht ermit-
telt werden, weil eine entsprechende statistische Auswertung nicht zur
Verfügung
steht. Die Anzahl der angefallenen Räumungsverfahren ergibt sich aus
nachstehen-
der Tabelle.
Tabelle J: angefallene Räumungsverfahren:
Zu 10:
Untersuchungen zu diesem Thema liegen dem Bundesministerium für Justiz nicht
vor.
Zu 11:
Die
Privatkonkursregelungen,
die mit der
Konkursordnungs-Novelle 1993 mit
1.Jänner 1995
eingeführt wurden, waren eine bedeutende Maßnahme, um ver-
schuldeten Privatpersonen einen Ausweg aus der Schuldenspirale zu bieten.
Derar-
tige Verfahren werden von Jahr zu Jahr mehr in Anspruch genommen. Die Anzahl
der eröffneten Privatkonkursverfahren überstieg zuletzt die
Unternehmensinsolven-
zen. Darüber hinaus wurde das Privatkonkursrecht weiter entwickelt, zuletzt mit
der
Insolvenzrechts-Novelle 2002. Mit dieser
wurde die Chance zu einer Lösung nahezu
allen Schuldnern ermöglicht, weil die Zugangssperre bei Fehlen eines kostende-
ckenden Vermögens fast zur Gänze beseitigt wurde. Auch die Möglichkeit einer
Lö-
sung durch einen Zahlungsplan wurde erweitert, indem nach dessen Ablehnung dem
Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren eine Erholungsphase von bis zu zwei
Jahren eingeräumt werden kann, innerhalb der dem Schuldner der Versuch eines
zweiten Zahlungsplans offen steht. Nicht zuletzt wird bei Einleitung des
Abschöp-
fungsverfahrens nun nicht mehr geprüft, ob eine Restschuldbefreiung zu erwarten
ist.
Ich werde auch weiterhin die Entwicklung
des Privatkonkursrechts in der Praxis beo-
bachten, um bei Bedarf weitere Verbesserungen durch gesetzliche Maßnahmen
initi-
ieren zu können.
Die Ver- und Überschuldung der Verbraucher betrifft aber
auch andere zivilrechtliche
Belange. Das Bundesministerium für Justiz bemüht sich seit langem, durch
entspre-
chende zivil- und verbraucherrechtliche Regelungen diesem Phänomen in entspre-
chend ausgewogener Art und Weise zu begegnen. Ich darf hier nur an die Bemü-
hungen zur Eindämmung der Überschuldung Minderjähriger durch die Einführung
eines neuen § 154 Abs. 4 ABGB (im Rahmen des Kindschaftsrechts-Änderungs-
gesetzes 2001) und an die Bestimmungen zum Schutz der Verbraucher als Kredit-
nehmer und Interzedenten (§§ 25 a ff. Konsumentenschutzgesetz in der Fassung
der Novelle BGBI. l 1997/6) erinnern. Der in der Anfrage angesprochenen
Problema-
tik wird das Bundesministerium für Justiz auch weiterhin entsprechendes
Augenmerk
widmen. Das betrifft etwa die aktuellen Beratungen im Europäischen Rat über den
Vorschlag für eine neue Verbraucherkredit-Richtlinie; auch wenn die eine oder
ande-
re Bestimmung dieses Richtlinienvorschlags kritisch gesehen werden kann, unter-
stütze ich doch im Prinzip das Bemühen dieses Entwurfs, durch entsprechende
Vor-
kehrungen zu einer verantwortungsvollen Kreditvergabe beizutragen.
Innerstaatlich
sei hier auf Überlegungen verwiesen, wonach Kreditrückzahlungen von Verbrau-
chern, die sich im Terminsverlust befinden, künftig primär auf das Kapital und
dann
erst auf die Zinsen angerechnet werden sollen. Ein Gesetzesvorschlag zu einer
ent-
sprechenden Änderung des Konsumentenschutzgesetzes wird im Rahmen der ge-
planten Handelsrechtsreform zur allgemeinen
Begutachtung versandt.
Zu 12:
Das Bundesministerium für Justiz unterstützt finanziell die
ARGE Schuldnerberatun-
gen:
Im Jahr 2003 hat das Justizressort der
ARGE Schuldnerberatungen eine Förderung
von 71.000 Euro zugesagt, 19.000 Euro hievon sind bereits ausbezahlt, dies zu
Las-
ten der Voranschlagspost 1/30006-7660.902.
Im BVA-E 2004 ist für eine Förderung der ARGE
Schuldnerberatungen unter Voran-
schlagspost 1/30006-7662 mit 55.000 Euro vorgesorgt. Eine weitere Förderung
wird
voraussichtlich vom Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und
Konsumentenschutz erfolgen, an das im Zuge der Verlagerung der Agenden des
Konsumentenschutzes entsprechende Budgetmittel übertragen worden sind.