681/AB XXII. GP
Eingelangt am 08.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BUNDESMINISTER
FÜR FINANZEN
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 606/J vom
8. Juli 2003
der Abgeordneten Karl Öllinger und Kollegen, betreffend Privatisierung des
Österreichischen Bundesverlages (ÖBV),
beehre ich mich Folgendes
mitzuteilen:
Zu den in der Einleitung enthaltenen Ausführungen stelle
ich klar, dass ich
mich zu einzelnen Medienberichten, die noch
dazu im vorliegenden
Zusammenhang unrichtige Zahlenangaben wiedergeben, grundsätzlich nicht
äußere. Darüber hinaus sind auch die Schlussfolgerungen hinsichtlich des
Kaufpreises des österreichischen Bundesverlages und der Sicherung
österreichischer Interessen bezüglich des Kulturauftrages unzutreffend.
Zu 1.:
In der Sitzung des Ministerrates am 29. Mai 2001 wurde
nicht die
Privatisierung des
Österreichischen Bundesverlages beschlossen. Vielmehr
wurde dem Ministerrat am 29. Mai 2001 der Entwurf eines Bundesgesetzes,
mit dem das Bundesgesetz betreffend die Veräußerung der Anteile des
Bundes an der "Österreichischer
Bundesverlag Gesellschaft mit
beschränkter
Haftung" erlassen und das Bundesgesetz über die Neuregelung
der Rechtsstellung des Österreichischen
Bundesverlages geändert wird,
nach Durchführung des Begutachtungsverfahrens zur Beschlussfassung
vorgelegt. Mit diesem Gesetzentwurf wurde
der Bundesminister für Finanzen
ermächtigt, den Geschäftsanteil des Bundes an der "Österreichischer
Bundesverlag Gesellschaft mit
beschränkter Haftung" im Nominale von
70 Mio. S bestmöglich zu veräußern.
Nach den Erläuterungen des Gesetzentwurfes
ist der bestmögliche Verkauf
dieser Bundesbeteiligung unter Beachtung der Bestimmungen des Artikel I
des
Bundesgesetzes über die Veräußerung von Bundesvermögen
(Privatisierungsgesetz),
BGB1. I Nr. 97/1997, sowie der von der Kommission
von der Europäischen
Gemeinschaften verlautbarten Rahmenbedingungen
über die Privatisierung öffentlicher
Unternehmen beabsichtigt.
Gemäß den von der EU-Kommission im
Zusammenhang mit Art. 87 ff EGV
(staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen) entwickelten
Grundsätzen für die Privatisierung öffentlicher Unternehmen sind bestimmte
Bedingungen
einzuhalten, damit ohne weitere Prüfung davon ausgegangen
werden kann, dass kein Beihilfenelement
enthalten ist.
Diese Bedingungen lauten:
·
Der Verkauf erfolgt durch ein offenes bedingungsfreies
Ausschreibungsverfahren
gemäß nichtdiskriminierenden transparenten
Modalitäten
und Bedingungen.
· Das Unternehmen wird an den Meistbietenden verkauft.
· Die Beteiligten verfügen über eine
ausreichende Frist, um ihr Angebot
vorzubereiten und erhalten alle erforderlichen Informationen, um eine
korrekte Bewertung vornehmen zu
können.
In der Sitzung des Ministerrates vom 29. Mai 2001 wurde
antragsgemäß
beschlossen, den genannten Gesetzentwurf
samt Vorblatt und
Erläuterungen dem Nationalrat zur
verfassungsmäßigen Behandlung
vorzulegen.
Die gemäß Art. I § 4 Privatisierungsgesetz 1997
erforderliche Zustimmung
der Bundesregierung zum Abschluss eines Kauf- und Abtretungsvertrages
samt Treuhandvereinbarung mit der
Klett-Gruppe über die Veräußerung der
Anteile des Bundes an der Österreichischer Bundesverlag GmbH erfolgte in
der Sitzung des Ministerrates am 20.
Dezember 2002.
Zu 2a.:
Das Vergabeverfahren wurde als Verhandlungsverfahren nach
vorheriger
öffentlicher Bekanntmachung gemäß § 81 Abs.
2 Ziffer 3 BVergG 1997
durchgeführt, wobei die Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt
der EG vom 20. September 2001 (2001/S
181-124623) und im Amtsblatt der
Wiener Zeitung erfolgte.
Zu2b.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat kein Anbot gelegt bzw. keinen
Auftrag erteilt, sondern im genannten Vergabeverfahren die Interessenten
eingeladen, den Ausschreibungsbedingungen entsprechende Angebote zu
legen.
Zu 2c.:
Insgesamt haben 10 Interessenten Teilnahmeanträge gestellt,
aus denen
gemäß den. in der Bekanntmachung veröffentlichten Auswahlkriterien fünf
Unternehmen ausgewählt und zur
Angebotslegung eingeladen wurden.
Diese fünf Unternehmen waren:
• CDI Beteiligungsberatung GmbH
• Deloitte & Touche GmbH
• KPMG Corporate Finance
GmbH
• PriceWaterhouseCoopers
Corporate Finance Beratungs GmbH
• Raiffeisen Investment AG.
Alle vorgenannten Unternehmen - mit Ausnahme von Deloitte
85 Touche
GmbH - haben sich in der Folge durch Legung
von Angeboten am Verfahren
beteiligt und zwar zu den den Ausschreibungsbedingungen entsprechenden
Konditionen.
Zu 2d.:
Das Bundesministerium für Finanzen hat kein Anbot gelegt und auch keine
Preisvorstellungen genannt.
Zu 2e.:
KPMG Corporate Finance GmbH hat deshalb
den Zuschlag erhalten, da das
Beratungsunternehmen gemäß den in den Ausschreibungsunterlagen
bekannt gemachten Zuschlagskriterien eindeutig Bestbieter war. KPMG hat
den Auftrag zu jenen Konditionen erhalten, welche dieses Angebot gemäß
den bekannt gemachten Zuschlagskriterien als bestes Angebot auswiesen,
sohin zu den angebotenen Konditionen in ihrer letztlich ausverhandelten
und der Endbewertung nach den bekannt gemachten Zuschlagskriterien
unterzogenen Fassung.
Zu 3.:
Aus Gründen der Verhandlungsstrategie wurden seitens des
Bundesministeriums für Finanzen zu keinem Zeitpunkt Aussagen über die
Höhe eines möglichen Verkaufserlöses getroffen; in diesem Zusammenhang
verweise ich auf die Beantwortung der parlamentarischen Anfrage
Nr. 269l/J vom 6. Juli 2001.
Von der KPMG Corporate Finance GmbH wurde eine
Unternehmensbewertung der ÖBV-Gruppe mit einer Wertbandbreite von
24,9 Mio. Euro bis 27,5 Mio. Euro vorgenommen - allerdings ohne
Berücksichtigung einer Wertminderung durch bestehende Vorkaufsrechte,
insbesondere beim Schulbuchverlag öbv & hpt.
Zu
4.:
Zitate aus unrichtigen Medienberichten kommentiere ich
nicht. Wie bereits
zu 3: ausgeführt, wurden seitens des Bundesministeriums für Finanzen zu
keinem Zeitpunkt Aussagen über die Höhe eines möglichen Verkaufserlöses
getroffen.
Zu
4a. und b.:
Im Kauf- und Abtretungsvertrag zwischen
Republik Österreich und der
Klett-Gruppe vom 30. Jänner 2003 ist der Kauf- und Abtretungspreis für
sämtliche Geschäftsanteile des Bundes an der ÖBV-GmbH mit 24 Mio. Euro
vertraglich festgelegt. Ein Teilbetrag von 1,3 Mio. Euro wurde vom Käufer
vertragskonform am 22. April 2003 an den Bund gezahlt, weitere Teilbeträge
von je 1,2 Mio. Euro sind am 30. November 2003 und am 30. November
2004 sowie ein Teilbetrag von 20,3 Mio. Euro am 31. Jänner 2006 an den
Bund zu bezahlen. Die Klett-Gruppe war mit dem Kaufpreis von
24 Mio. Euro und den angeführten Zahlungskonditionen Bestbieter; eine
fiktive Kaufpreisberechnung auf einen anderen Zahlungsstichtag ist daher
nicht zweckmäßig und zielführend.
Zu 4c.:
Die Treuhandvereinbarung zwischen der
Republik Österreich als Treugeber
und der Klett-Gruppe als Treuhänder regelt die Rechtsbeziehungen der
beiden Vertragspartner bis zur Fälligkeit
der letzten Kaufpreisrate per
31. Jänner 2006. Dadurch sollen die Interessen der Republik Österreich
zwischen Vertragsabschluss bis zur vollständigen Zahlung des Kauf- und
Abtretungspreises gewahrt werden.
Zu 5.:
Wie in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage der
Abgeordneten
Dr. Kräutler, Bures und Kollegen vom 30. April 2003, Nr. 359/J ausgeführt,
belaufen sich die Aufwendungen für erbrachte
Leistungen der KPMG
Corporate Finance GmbH im Zusammenhang mit der Veräußerung des
Österreichischen Bundesverlages auf rund €
788.000,--.
Zu 5b.:
Bei der Veräußerung
des Österreichischen Bundesverlages war ein
hochspezialisiertes
Know How gefordert, welches in Verbindung mit einem
enormen Arbeitsaufwand des
Beratungsunternehmens - inklusive
Vertragsverhandlungen und Vertragsausfertigungen durch eine
Rechtsanwaltskanzlei - unabdingbar
war: daraus resultiert auch eine
gerechtfertigte prozentuelle
Abweichung gegenüber sonst bei
Privatisierungsvorhaben üblichen Beratungskosten. Das äußerst komplexe
Privatisierungsverfahren des "Österreichischen Bundesverlag' wurde nach
Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen
von KPMG Corporate Finance
GmbH in überaus professioneller
Weise abgewickelt.
Zu 6.:
Zu
Medienberichten,
welche
darüber hinaus andere Mitglieder der
Bundesregierung betreffen, nehme ich grundsätzlich nicht
Stellung.
Zu 6a.:
Im Zuge der Privatisierung des
Österreichischen Bundesverlages wurde die
Sicherung österreichischer Interessen in den Bereichen Schulbuch und
Kultur auch unter geänderten Eigentumsverhältnissen angestrebt. Dieses
Ziel konnte durch die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Käufer in
bestmöglicher Weise erreicht werden, sodass auch in Hinkunft
anspruchsvolle Projekte realisiert werden können.
Zu 6b., 6d. und 6j.:
Der Käufer (Klett-Gruppe) sichert
vertraglich zu, dass der bestehende
Schulbuch- und
Kulturauftrag bis Ende 2007 erfüllt wird und dass auch
nach Ablauf dieser Periode von der ÖBV-GmbH
und deren
Beteiligungsgesellschaften
spezifisch österreichischen Interessen im Hinblick
auf den Schulbuch- und Kulturauftrag
entsprochen wird, sofern und soweit
dem nicht zwingende wirtschaftliche
Gründe entgegen stehen. Der Käufer
sichert in Konkretisierung dessen
insbesondere auch zu, dass er die
Publikumsverlage Residenz, Deuticke
und Christian Brandstätter bis Ende
2007 so weiter führen wird, dass eine Mindestzahl österreichischer Titel
publiziert und die im Verlag bereits
erschienenen österreichischen Titel
gepflegt und erhalten werden, ein
geeigneter Zugang zum deutschen
Sprachraum sichergestellt wird, der
Standort Österreich unter Beibehaltung
einer verlagsspezifischen
Mindestinfrastruktur beibehalten wird sowie die
österreichischen Autorenrechte bei
den österreichischen Publikumsverlagen
verbleiben werden.
Die österreichischen Interessen im
Schulbuchwesen bleiben auch bei
geänderter
Eigentümerschaft gesichert, da die Zulassung der Schulbücher
weiterhin ausschließlich auf der Grundlage der österreichischen Lehrpläne
erfolgt.
Zu 6c.:
Mit der Klett-Gruppe wurde vertraglich vereinbart, dass bis
Ende 2007
mindestens fünf österreichische Titel pro Jahr pro Publikumsverlag
publiziert werden und die im Verlag bereits erschienenen österreichischen
Titel gepflegt und erhalten werden. Als
österreichische Titel gelten
grundsätzlich Bücher von österreichischen Urhebern (Autoren und
Übersetzer) sowie Sachbücher bzw. Bildbände, die österreichische Kunst,
Kultur, Philosophie, Geschichte etc. zum
Thema haben.
Zu 6e.:
Die mit dem Käufer bis Ende 2007
vertraglich vereinbarte Beibehaltung
einer verlagsspezifischen
Mindestinfrastruktur betrifft die
Verlagsräumlichkeiten in Österreich,
österreichisches Lektorat,
österreichische Programmverantwortlichkeit, Betreuung des
österreichischen
Sortimentsbuchhandels sowie der Medien von Österreich aus. Auch nach
Ablauf dieser Periode ist die Beibehaltung
einer verlagsspezifischen
Mindestinfrastruktur in Österreich vereinbart, sofern und soweit dem
nicht
zwingende wirtschaftliche Gründe entgegen stehen.
Zu 6f.:
Mit dem Käufer wurde vertraglich
vereinbart, dass die drei Publikumsverlage
bis Ende 2007 so weiter geführt werden, dass ein geeigneter, d.h.
branchenüblicher
Zugang zum deutschen Sprachraum (Vertriebsstärke)
sichergestellt wird.
Ab Ende 2007 gilt diese vertragliche Regelung, sofern
und soweit dem nicht zwingende
wirtschaftliche Gründe entgegen stehen.
Zu 6g.:
Die Republik Österreich war in die Aufstockung der
Eigentumsanteile der
Familie Glöckler am Schulbuch-Verlag öbv 85
hpt nicht eingebunden.
Inwieweit eine Einbindung des
Beratungsunternehmens KPMG erfolgt ist, ist
mir nicht bekannt.
Zu 6h.:
Vertragliche Vereinbarungen hinsichtlich Buchhandlungen und
Verlagsauslieferungen des ÖBV wurden mit dem Käufer nicht getroffen.
Zu 6i.:
Mit dem Käufer ist vertraglich
vereinbart, dass für den Fall eines
Weiterverkaufes
von einem oder mehrerer Publikumsverlage an einen Dritten
der
Kulturauftrag zumindest bis Ende 2007 weiter überbunden wird.