689/AB XXII. GP
Eingelangt am 09.09.2003
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möglich.
BM FÜR
LAND- UND FORSTWIRTSCHAFT, UMWELT UND WASSERWIRTSCHAFT
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann
Maier, Kolleginnen und Kollegen
vom 11. Juli 2003, Nr. 719/J, betreffend Habitat Schutzgebiete in Österreich
kontra Wege-
freiheit, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Eingangs ist festzuhalten, dass die
Schaffung und Erhaltung der Lebensräume von Tieren
auch im Interesse des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Was-
serwirtschaft liegt. In der Forstgesetz-Novelle, BGBI. l Nr. 59/2002, wurde
u.a. der Zusam-
menhang von Tier und Wald verstärkt zum Ausdruck gebracht. In § 1 Abs. 1
Forstgesetz
1975 wird festgehalten, dass der Wald mit seinen Wirkungen auf den Lebensraum
für Men-
schen, Tiere und Pflanzen eine wesentliche Grundlage für die ökologische,
ökonomische
und soziale Entwicklung Österreichs ist. Dies bedeutet, dass zwischen den
vielfältigen Inte-
ressen am Wald, wie u.a. der touristischen Nutzung als auch der
Wildbewirtschaftung ein
Ausgleich im Sinne eines integralen Waldmanagements gefunden werden muss.
Die Regelung von jagdrechtlichen Habitatschutzgebieten
liegt gemäß Bundes-Verfassungs-
gesetz in Gesetzgebung und Vollziehung in der Zuständigkeit der Länder und wird
daher
nicht vom Interpellationsrecht erfasst.
Die Länder haben bei der Gestaltung dieser Vorschriften auf
die Kompetenzen des Bundes -
und damit auch auf das forstgesetzliche Betretungsrecht - Rücksicht zu nehmen.
Ebenso
wäre es dem Forstgesetzgeber verwehrt, jagdrechtliche Sperrmöglichkeiten der
Länder zu
verhindern. Das Forstgesetz 1975 schließt aber in verfassungskonformer Weise
Sperren
aufgrund anderer Materiengesetze (Jagdgesetze, Naturschutzgesetze) nicht aus.
Habitatschutzgebiete (wie auch Wildschutzgebiete) dienen
aus Sicht der Wildökologie als
Ruhe- und Rückzugszonen des Wildes. Bereiche, in denen Schalenwild nicht
fortlaufend
beunruhigt wird, tragen zur Vermeidung von Wildschäden am Waldbestand,
insbesondere
auch der sensiblen Schutzwälder, bei.
Es sind auch die Erholungssuchenden
gefordert, dafür Verständnis zu haben, dass nicht alle
Waldflächen jederzeit betreten werden können, weil bestimmte, fachlich
begründete, jagd-
oder auch forstwirtschaftliche Beschränkungen existieren. Bei der zunehmenden
Nutzung
des Waldes für Erholungszwecke ist zu bedenken, dass dessen Wirkungen auf den
Lebens-
raum von Tieren und Pflanzen gewahrt werden muss und daher eine
„Kanalisierung" der
Erholungssuchenden im Sinne einer „sanften" Tourismuswirtschaft notwendig
ist.
Das allgemeine Betretungs- und Aufenthaltsrecht für
Erholungszwecke im Sinne des
§ 33 Forstgesetz 1975 wird z.B. durch die gegenwärtige Regelung des Salzburger
Jagdge-
setzes 1993, LGBI. Nr. 100, idF LGBI. Nr. 70/2002, hinsichtlich des
Betretungsrechtes von
Habitatschutzgebieten nicht als beeinträchtigt gesehen. In diesem Zusammenhang
ist auch
darauf hinzuweisen, dass die forstrechtlichen Belange bereits beim Entstehen
der Verord-
nung durch die dem „Wildökologischen Fachbeirat" nach § 155 Sbg JagdG 1993
angehören-
den Vertreter der Landesforstdirektion und des Forsttechnischen Dienstes für
Wildbach- und
Lawinenverbauung, Sektion Salzburg, vertreten werden. Dieses Gremium ist unter
anderem
vor der Erlassung von Habitatsschutzgebiets-Verordnungen zu hören.
Es wird aber davon ausgegangen, dass das
Betretungsrecht des Waldes durch derartige
Verordnungen nur erforderlichenfalls in einem für den Schutzzweck
unumgänglichen - und
damit gesetz- und verfassungskonformen - Ausmaß eingeschränkt wird.
Grundsätzlich wird
bei beabsichtigten Habitatsschutzgebiets-Verordnungen der Länder seitens des
Bundesmi-
nisteriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft in den
Begutach-
tungsverfahren auf die weitest mögliche Aufrechterhaltung
der freien Betretbarkeit des Wal-
des geachtet.
Zu den Fragen 1 und 3:
Jagdrechtliche Habitatschutzgebiete sind derzeit nur im
Salzburger Jagdgesetz 1993 vorge-
sehen.
Nach dem Wissenstand des
Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und
Wasserwirtschaft gibt es noch kein verordnetes Habitatschutzgebiet gemäß § 107
Salzbur-
ger Jagdgesetz 1993.
Im September 2002 wurde vom Bundesministerium für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft zum „Beschlussreifen Entwurf der
Habitatsschutzgebietsverordnung
Rauchwald/Ödenkaar" Stellung genommen. Zu den Schutzbestimmungen des § 2
wurde
festgehalten, dass davon ausgegangen wird, dass die in der Verordnung
vorgesehenen Ein-
schränkungen des im Forstgesetz verankerten Betretungsrechtes im Rahmen des
Schutz-
zweckes einer Habitatschutzverordnung liegen und unumgänglich sind.
Zu den Fragen 2 und 4:
Im Zuständigkeitsbereich der Österreichischen Bundesforste
AG wurde bislang kein einziges
Habitatschutzgebiet mit Verordnung ausgewiesen (weder ein ganzjähriges noch ein
saiso-
nales Wegegebot).
Eine der Aufgaben der Österreichischen Bundesforste AG ist,
ein friedliches Nebeneinander
von Wanderern, Tourengehern, Mountainbikern, Forstleuten, Weideberechtigten,
Eingefors-
teten und Jägern für ihren Bereich zu ermöglichen. Die jagdgesetzlichen
Rahmenbedingun-
gen in Salzburg stellen eine wertvolle Hilfestellung dar, wenngleich die
Neubezeichnung
„Betretungsverbot" zu Missverständnissen führen kann. Die Befürchtungen der
alpinen Ver-
eine, dass es dadurch zu einem Missbrauch zugunsten jagdwirtschaftlicher
Interessen kom-
men wird, scheinen unbegründet. Weiters können diese Vereine selbst im Rahmen
ihrer An-
hörungsrechte mitwirken und so gegensteuern. Die befürchtete „Beseitigung der
Wegefrei-
heit durch Einrichtung von Sperrzonen" wird durch die Praxis widerlegt.
Das Flächenausmaß
an „Sperrgebieten" für militärische Zwecke und aus
Naturschutzgründen ist deutlich höher
als der Flächenanteil mit Wegeverbot zum Zwecke des Lebensraumschutzes nach den
ös-
terreichischen Landesjagdgesetzen.
Bei der eigenen wirtschaftlichen Nutzung der Lebensräume
sowie bei der Bejagung des Wil-
des wird seitens der Österreichischen Bundesforste AG auf die Lebensbedürfnisse
des Wil-
des und auf die Geringhaltung des Jagddruckes Rücksicht genommen. Dies ist vor
allem bei
der Schalenwildbejagung auf Freiflächen (z.B. Wiesen, Almen) im Umfeld von
Schutz- und
Bannwäldern geboten, weil es ansonsten zu einer verstärkten Konzentration des
Schalen-
wildes in steilen und ruhigen (weil schwer bejagbaren) Schutzwäldern kommen und
dadurch
das Risiko für untragbare Wildschäden erhöht würde. Aus diesem Grund kommt im
gesam-
ten Alpenraum mit seinem hohen Schutzwaldanteil einer problemorientierten
Raumplanung
hoher Stellenwert zu. Ein wesentlicher Beitrag zur Vorbeugung gegen Wildschäden
in Berg-
gebieten ist, dem heimischen Schalenwild eine möglichst ungestörte
Nahrungsaufnahme
außerhalb des Waldes auch tagsüber zu ermöglichen. Dies erfordert unter anderem
auch
gezielten Habitatschutz.
Zu Frage 5:
Es darf auf die einleitenden Bemerkungen verwiesen werden.