723/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.09.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 735/J-NR/2003 betreffend Hausbrieffachanlagen - § 14
Postgesetz, die die Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen am 12.8.2003 an mich gerichtet
haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Zum Motiventeil:

In der Einleitung der Anfrage wird ein Judikat des Obersten Gerichtshofes auszugsweise und ver-
kürzt zitiert. Die Rechtsmeinung des OGH muss im Zusammenhang mit dem Klagsbegehren ge-
sehen werden. Mit einer sog. Unterlassungsklage sollte die österreichische Post AG verpflichtet
werden, in die Fächer der Hausbriefkästen nur Sendungen des Monopolbereiches (persönlich ad-
ressierte Brief- und Werbesendungen bis 350g, seit 1.1.2003 bis 100g) einzulegen, während sie
alle anderen Postsendungen nicht einlegen dürfte, sondern an der Wohnungstüre des Empfängers
abzugeben hätte, wie dies auch alternative Dienstleister machen. Dieses Klagsbegehren hat der
OGH abgewiesen und dazu ausgeführt, dass es der österreichischen Post AG (natürlich) gestattet
ist, ihre Infrastruktur auch für andere Produkte als nur für die Briefsendungen zu nutzen. Darin er-
kennt der OGH keinen Wettbewerbsvorteil.

Unabhängig davon stellt sich aber die Frage des Zugangs alternativer Postdienstanbieter zum
Endkunden. Eine Fragestellung, die sich auch in den Bereichen Telekom, Strom, Gas gleichartig
stellt.

Um hier Wettbewerb zu ermöglichen, müssen neue Anbieter die Möglichkeit erhalten, ihre Produk-
te zum Endkunden zu bringen. Die in Österreich - als Einzigem der 15 EU-Mitgliedsstaaten - ver-
wendeten Hausbriefanlagen schließen einen solchen Zugang aber aus, da nur der Zusteller der
Post über den Schlüssel verfügt, mit dem die Fächer zu öffnen sind. Hier ist daher Handlungsbe-
darf gegeben. Dies auch vor dem Hintergrund einer bei der EU-Kommission anhängigen Wettbe-
werbsbeschwerde gegen die Republik Österreich. Ich kann daher der in der Einleitung zur Anfrage
getroffenen Feststellung, dass die Rechtssprechung des OGH durch die Novelle des Postgesetzes
korrigiert wurde, nicht nachvollziehen.

Fragen 1 und 2:

Wie soll § 14 des neuen Postgesetzes für Gebäude umgesetzt werden, die unter Denkmalschutz

stehen und deren Eingangstüre meist versperrt sind?

Auf welche andere Weise ist dann der Zugang für alle Anbieter von Postdienstleistungen sicher

zustellen?


Wie soll § 14 des neuen Postgesetzes für Gebäude umgesetzt werden, die unter dem Schutz

eines Landesgesetzes stehen (z.B. Salzburger Altstadterhaltungsgesetz)?

Auf welche andere Weise ist dann der Zugang für alle Anbieter von Postdienstleistungen sicher

zustellen?

Antwort:

Die Postgesetznovelle regelt nicht den Zugang zu den Häusern; sie regelt nur die Anbringung und
die Ausgestaltung der Brieffachanlagen. Ich gehe davon aus, dass auch derzeit schon in denkmal-
geschützten Gebäuden Hausbrieffachanlagen bestehen und eine Umrüstung bzw. ein Austausch
in neue Anlagen keine besonderen Probleme bereiten sollte. Noch dazu, wo Österreich ja den in
Europa üblichen Standard übernimmt und damit eine Vielfalt von Modellen zur Auswahl stehen.

Frage 3:

Wie viele Haushalte sind von dieser Umrüstung betroffen (Aufschlüsselung auf Bundesländer)?

Antwort:

Laut Mitteilung der österreichischen Post AG gibt es derzeit rund 1,7 Millionen Hausbrieffachan-
lagen, davon sind rd. 1,1 Millionen im Eigentum der österreichischen Post AG. Eine Aufgliederung
nach Bundesländern steht mir leider nicht zur Verfügung.

Frage 4:

Mit welchen Kosten wird damit seitens ihres Ministeriums gerechnet?

Antwort:

Laut Mitteilung des größten Herstellers solcher Brieffachanlagen belaufen sich die Kosten auf rd.
25-30 € pro Fach. Es ist aber davon auszugehen, dass diese Kosten bei der Bestellung einer ent-
sprechend großen Stückanzahl niedriger sein werden. Unabhängig davon wird auch die Möglich-
keit der Umrüstung der bestehenden Anlagen durch Austausch der Fronttüren geprüft, wodurch
wesentlich niedrigere Kosten entstehen würden.

Frage 5:

Wurde durch die Regelung im § 14 Postgesetz nicht in die Baurechtskompetenz der Länder einge-
griffen? Gibt es dazu ein Gutachten des Verfassungsdienstes?

Antwort:

Das Postgesetz schreibt nicht zwingend vor, dass die Brieffachanlage im Haus oder am Haus an-
gebracht sein muss; sie kann etwa auch vor dem Haus stehen. Insofern sehe ich hier keinen Ein-
griff in die Baurechtskompetenz der Länder. Ein Gutachten des Verfassungsdienstes wurde dazu
nicht eingeholt.

Frage 6:

Werden Sie die ÖNORM EN 13724 in einer Verordnung nach § 14 Abs. 6 Postgesetz über-
nehmen? Wenn nein, warum nicht?


Antwort:

Brieffachanlagen, die der ÖNORM EN 13724 entsprechen, erfüllen jedenfalls alle vom Postgesetz
geforderten Voraussetzungen. Die genannte ÖNORM stellt daher eine taugliche Grundlage für die
Gestaltung neuer Brieffachanlagen dar.