758/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM FÜR GESUNDHEIT UND FRAUEN

 

Anfragebeantwortung

 

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
760/J der Abgeordneten Weinzinger, Freundinnen und Freunde, wie

folgt:

Frage 1:

Im Zuge der Pensionsreform wurden die geplanten Maßnahmen auch auf ihre
geschlechtsspezifischen Auswirkungen untersucht und analysiert, wie sich eine
Erhöhung der Durchrechnungszeitraumes auf die von Frauen bezogenen
Pensionen auswirken wird. Aus diesem Grunde wurden auch die oben
widergegebenen Abfederungen sowie die Deckelung vorgenommen, die eine
nicht unbeträchtliche Verbesserung des Pensionsbezuges von Frauen zur Folge
haben. Soweit unter 35jährige von dieser Pensionsreform betroffen sind, ist
der noch zur Verfügung stehende Zeitraum ausreichend, die entstehende
„Pensionslücke" mittels Eigenvorsorge zu schließen beziehungsweise zu
verringern. Des weiteren werde ich demnächst einen Leitfaden erarbeiten
lassen und allen Legist
Innen zur Verfügung stellen, der ein Instrumentarium
enthalten wird, um gesetzliche Vorhaben auf die Gleichstellungsperspektive hin
zu durchleuchten, um zu erreichen, dass Fraueninteressen im
Gesetzwerdungsprozess verstärkt berücksichtigt werden.

Frage 2:

Zutreffend ist, dass Frauenpensionen im Durchschnitt nach wie vor unterhalb
den von Männern bezogenen Pensionen zu liegen kommen, doch handelt es
sich dabei um eine Folge der in der Aktivzeit von Frauen vereinnahmten
geringeren Entgelte sowie unterbrochener Erwerbsbiographien, die sich so
mittelbar auf ihre Pensionshöhe auswirken. Mit der Einführung des
Kinderbetreuungsgeldes ab 1. Jänner 2002 ist aber auch dem
frauenpolitischen Anliegen auf deutliche Besserstellung der Frauen Rechnung
getragen worden. Es wird den Frauen nun ermöglicht, den oft sehr schwierigen
Spagat zwischen Familie und Beruf besser bewältigen zu können. Der


betreuende Elternteil, der zu achtzig Prozent noch immer die Frau ist, hat nun
die Wahl, ob er sich ausschließlich der wichtigen Aufgabe der Kindererziehung
widmen oder zusätzlich nebenbei erwerbstätig sein möchte. Mit Einführung des
Kinderbetreuungsgeldes wurde die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch
weiter verbessert. Durch die großzügige Zuverdienstgrenze von 14.600 Euro
brutto im Jahr wird es Eltern nun ermöglicht, auch während einer Karenz den
Kontakt zum Betrieb aufrecht zu erhalten, was den beruflichen Wiedereinstieg
nach einer Babypause erheblich erleichtert. Ziel dieser Maßnahme ist mithin
auch, die Zahl unterbrochener Erwerbsbiografien auf diesem Weg zu
verringern und mittel- sowie langfristig Frauen ein besseres Fortkommen im
Beruf und höhere Einkommen zu ermöglichen, sodass es so auch zu einer
Annäherung weiblicher und männlicher Erwerbsverläufe und Einkommen sowie
Pensionen kommt.

Frage 3:

Eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes liegt deshalb nicht vor, weil es
nicht Regelungsinhalt des Art. 7 B-VG ist, eine bestimmte
Mindestpensionshöhe bzw. wirtschaftliche Gleichbehandlung zwischen den
Geschlechtern zu gewährleisten.

Frage 4:

Dass Frauen um fünf Jahre früher in Pension gehen können als Männer, basiert
auf dem Bundesverfassungsgesetz betreffend unterschiedliche Altersgrenzen
von männlichen und weiblichen Sozialversicherten (NR: GP
XVIII RV 737 AB
837 S. 90. BR: AB 4384 S. 562.) aus dem Jahre 1992 (BGBl. Nr. 832). Eine
Änderung dieser gesetzlichen Regelung bedürfte einer Verfassungsmehrheit
und wird von mir weder angestrebt noch befürwortet.

Frage 5:

Sinn und Zweck des sog. Gleichbehandlungspaketes aus dem Jahr 1992 war
und ist es, sicherzustellen, dass die beruflichen Benachteiligungen von Frauen
bis zur gesetzlichen Angleichung des Pensionsanfallalters ein Ende gefunden
haben werden. Dieses Bündel an Gesetzesänderungen hat sich in den bereits
mehr als 10 Jahren seiner bisherigen Geltung etabliert und bewährt und wurde
auch laufend verbessert. Ich verweise in diesem Zusammenhang nebst meiner
Antwort zu obiger Frage 4.) auf die Novellierungen des
Gleichbehandlungsgesetzes, zB Nov. BGBl. Nr. 44/1998 (Regionalisierung der
Anwaltschaft für Gleichbehandlungsfragen) sowie des Bundes-
Gleichbehandlungsgesetzes, zB Nov. BGBl. Nr. 87/2001 (§ 42: Vorrangige
Aufnahme in den Bundesdienst, § 43: Vorrang beim beruflichen Aufstieg, § 44:
Vorrang bei der Aus- und Weiterbildung) sowie Nov. BGBl. Nr. 132/1999 (zB §
47: Diskriminierung im Zusammenhang mit einem Studium).

Des weiteren hat sich der Bund gemäß BGBl. 837/1992 zum schrittweisen Abbau
von bestehenden gesellschaftlichen, familiären und wirtschaftlichen
Benachteiligungen von Frauen bekannt und es hat zu diesem Zweck die
Bundesregierung dem Nationalrat jedes zweite Kalenderjahr die im
Berichtszeitraum gesetzten Maßnahmen zum Abbau der bezeichneten
Benachteiligungen zu berichten. Durch den Bericht soll der Nationalrat in die
Lage versetzt werden, den jeweiligen Stand der Verwirklichung des Abbaues der
bezeichneten Benachteiligungen festzustellen. Besagter Bericht wurde im August


im Ministerrat behandelt und wird in der erforderlichen Anzahl von 300
Exemplaren derzeit dem Nationalrat übermittelt. Er zeigt detailliert eine Vielzahl
von Maßnahmen auf, die zum Ziel haben, die bestehenden Ungleichheiten zu
reduzieren und letztendlich bis zum Jahre 2033 (Außerkrafttreten des BGBl. Nr.
832/1992) zu beseitigen und da diese Maßnahmen selbstverständlich
weitergeführt werden, bin ich überzeugt, dass dieses Ziel mit vereinten Kräften
auch erreicht werden kann.

Frage 6:

Wie im Regierungsprogramm für die XXII. GP unter 9. („Pensionen")
dargelegt, ist es unser Ziel, die Voraussetzungen für ein freiwilliges
Pensionssplitting in aufrechter Ehe bzw. Lebensgemeinschaft sowie eine
verpflichtende Existenzabsicherung nach einer Scheidung zu schaffen.

Frage 7:

Es ist mir durchaus bekannt, dass nach versicherungsmathematischen
Grundsätzen berechnet sich aus der höheren Lebenserwartung von Frauen
höhere Beitragszahlungen ergeben können. Darin liegt jedoch - siehe Frage 3
- kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz, sondern es werden im
Gegenteil unterschiedliche Sachverhalte (längere Lebenserwartung) einer
wirtschaftlich zwangsläufig unterschiedlichen Behandlung zugeführt (oder mit
anderen Worten: dieselben versicherungsmathematischen Grundsätze werden
in derselben Weise auf unterschiedliche Sachverhalte angewandt, was
zwangsläufig zu unterschiedlichen Ergebnissen führen muss). Darin kann ich
als Frauenministerin auch keinen unmittelbaren Grund zum Handeln erkennen,
wäre doch zur Beseitigung dieser vermeintlichen Ungerechtigkeit ja ein -
verfassungsrechtlich höchst problematischer - Eingriff in den geschützten
Bereich der vertraglichen Privatautonomie notwendig. Dass hierfür -
angesichts der obigen Ausführungen - eine verfassungsrechtliche
Rechtfertigung gefunden werden kann, darf bezweifelt werden. Dass dies im
staatlichen Bereich anders gehandhabt werden kann und wird, ist eine Frage
der Umverteilung zwischen den Geschlechtern, welche der Privatwirtschaft
nicht verpflichtend vorgeschrieben werden kann. An eine Übertragung dieses
Modells auf Nichtraucher, Autofahrer, .. wird im staatlichen Bereich nicht
gedacht, wiewohl Versicherungsunternehmen eine Differenzierung nach dem
Muster eines Bonus-Malus-Systems selbstredend nicht verwehrt werden kann.

Frage 8:

Selbst bei einem monatlichen Fraueneinkommen von 1365 E brutto und
darunter ist es möglich, eine gewisse - wenn auch nicht übermäßig hohe -
Eigenvorsorge zu betreiben. Bei einer über mehrere Jahrzehnte laufenden,
kontinuierlichen Ansparphase ergeben selbst relativ geringe Beträge einen
nicht unbeträchtlichen Endbetrag, der dann durch die Verringerung oder
Schließung der sog. „Pensionslücke" zur Beibehaltung des im Berufsleben
erreichten Lebensstandard beitragen kann. Aus diesem Grund ist es mir als
Frauenministerin auch ein großes Anliegen, diesen Ratschlag einer möglichst
großen Zahl an Frauen näher zu bringen, denn mit der Eigenvorsorge kann
man nicht zu früh beginnen. Bei weiterem kontinuierlichem Anstieg der
Erwerbseinkommen weiblicher Beschäftigter, wozu ich auf meine
Beantwortung der diesbezüglichen Fragestellungen verweise, sowie
Beherzigung dieses Ratschlages bestehen keine Bedenken, dass die soziale


Absicherung von Frauen im Alter in einem zumindest annähernd gleichen
Ausmaß wie bei Männern gegeben sein wird. Des weiteren verweise ich auf
meine Antwort zu Frage 7.

Frage 9:

In der Tat ist ein Grundpensionsmodell mit den ergänzenden Säulen der
betrieblichen und persönlichen Eigenvorsorge ein denkbarer Weg der
zukünftigen Altersvorsorge, dem ich durchaus aufgeschlossen gegenüberstehe.
Das Ziel der Vereinheitlichung aller Pensionssysteme ist ebenso wie die
Einführung des Kinderbetreuungsgeldes, das ja nicht mehr nach dem
ursprünglichen Versicherungsprinzip, sondern nunmehr nach dem
Versorgungsprinzip allen Kinderbetreuenden zukommt, ein Schritt in diese
Richtung der Garantie eines staatlichen Mindestmaßes an sozialer Absicherung,
welche noch durch eine gewisse Eigenvorsorge erhöht werden kann. Aus
diesem Grund werden private und betriebliche Pensionsansparmodelle ja auch
steuerlich begünstigt.

Frage 10:

Vorauszuschicken ist, dass auf Grund des im Pensionsbereich zur Anwendung
kommenden Versicherungsprinzips geringe Pensionen die Folge geringer(er)
Beitragszahlungen sind, die sich aus einem niedrige(re)n Einkommensniveau
während der Aktivzeit als Folgewirkung zwangsläufig ergeben. Wer während
ihrer/seiner Aktivzeit ein gutes Einkommen erzielt, kann - solange das
Versicherungsprinzip noch weitestgehend gilt (siehe Frage 9.) - auch im Alter
mit einem überdurchschnittlichen Pensionsbezug rechnen. Daraus folgt, dass
beim Aktiveinkommen anzusetzen ist. Steigen die Aktiveinkommen weiblicher
Beschäftigter, so steigen auch deren Pensionen. Dass hiezu bereits eine
Vielzahl von Maßnahmen ergriffen wurden und weiterhin werden, ersuche ich,
der diesbezüglichen Fragebeantwortung zu entnehmen (siehe
parlamentarische Anfrage Nr. 764/J, Frage 8). Insbesondere möchte ich auf
meine Maßnahmen im Bereich der sog. neuen technologischen Berufe
hinweisen, da in diesen Bereichen sowohl Einkommens- als auch
Aufstiegschancen überdurchschnittlich sind (zum österreichischen
Frauentechnologieprojekt siehe auch http://www.frauen-
technologie.at/dynapaae.prip'K
sowie auf meine in Planung befindliche
Mentoringoffensive zwecks Förderung des beruflichen Fortkommens von
Frauen. Des weiteren wird eine verstärkte Eigenvorsorge ebenso angeregt
(siehe oben Frage 8) wie die Aufrechterhaltung des Kontaktes mit dem
Unternehmen sowie die Nutzung der Zuverdienstmöglichkeit während der
Karenzzeit (siehe parlamentarische Anfrage Nr. 762/J, Frage 1). Alle diese
Maßnahmen zusammengenommen werden zu einer Verringerung der
Einkommensunterschiede zwischen Männern und Frauen nicht nur während
der Aktivzeit, sondern auch als Folgewirkung zu einer Verringerung und
letztendlichen Schließung der Pensionsschere führen.