768/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.10.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 756/J-NR/2003 betreffend das Nichtanhalten von
Reisezügen in der Landeshauptstadt St. Pölten, die die Abgeordneten Anton Heinz
l und GenossInnen
am 12. August 2003 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Zum Motiventeil:

In Beantwortung der gegenständlichen schriftlichen parlamentarischen Anfrage muss von Seiten
des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie grundsätzlich festgestellt wer-
den, dass das Unternehmen ÖBB mit dem Bundesbahngesetz (BBG 92) ab 1.1.1993 hinsichtlich
seines Absatzbereiches, also des Personen- und Güterverkehres, in die wirtschaftliche Unab-
hängigkeit entlassen worden ist. Aufgrund der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1
BBG 92 obliegt daher die Tarifgestaltung im Personen- und Güterverkehr sowie die Führung oder
Nicht-Führung von Zügen der ausschließlichen Entscheidung des Managements der ÖBB (kauf-
männischer Bereich).

Einflussnahmen durch den Verkehrsminister sind daher nicht möglich. Das ehemals weit gefasste
Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß § 12 BBG 92 auf allgemeine verkehrspolitische
Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt worden.

Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder Marktstrategien der freien Entscheidung
des Managements der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die Grenzen der Geschäftsordnung des
Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des
Aufsichtsrates abhängig machen kann. Ausnahmen sind - wie oben er wähnt - nur in den sehr ein-
geschränkten Fällen des § 12 BBG (Verkehrspolitische Weisung und Weisung im Falle von Natur-
katastrophen) möglich. Solche Weisungen sind jedoch auch durch den Weisungsgeber (= Bund) in
jedem Einzelfall anzuordnen und auch gesondert an die ÖBB zu bezahlen.

Fragen 1, 2 und 5:

Ist es richtig, dass seit der Einführung des neuen Fahrplans auf den genannten Strecken täglich
200 bis 350 Fahrgäste weniger die Dienste der
ÖBB in Anspruch genommen haben?

Ist diese Verlagerung des Personenverkehrs von der Schiene auf die Straßen in ihrem Sinne?

Woran liegt Ihrer Ansicht nach die Ursache für das Versagen des Fernverkehrskonzepts von
Generaldirektor vorm Walde?


Antwort:

Wie mir die österreichischen Bundesbahnen mitteilen, ist es nicht richtig, dass seit Einführung des
neuen Fahrplanes auf den genannten Strecken täglich 200 bis 350 Fahrgäste weniger die Dienste
der
ÖBB in Anspruch nehmen.

Die Beschleunigung ausgewählter Züge wurde von einer Reihe von Zusatzmaßnahmen begleitet.
So wird zum Beispiel als Ersatz für den ÖBB-EC 562 zwischen St. Pölten und Linz der Eilzug 1810
ohne Fahrzeitverlust gegenüber dem bisherigen Angebot geführt. In anderen Zeitlagen wird eben-
so ein vollwertiger Ersatz, wie etwa durch Zusatzhalte von Nachtzügen, geboten.
Damit wurde nicht nur die Absicherung der bisherigen Frequenzen erreicht, sondern schon nach
wenigen Tagen die Zusatzakquisition von Kunden realisiert.

Mit den getroffenen Maßnahmen tragen die ÖBB maßgeblich zu einer Verlagerung des Personen-
verkehrs von der Straße auf die Schiene bei.

Die ÖBB haben im Fernverkehr die Fahrpläne optimiert und in die Ausstattung der Züge investiert.
Eine Aufwertung erfolgte sowohl durch mehr als 100 völlig neue
IC- und Schnellzugverbindungen
zu den östlichen Nachbarn als auch durch eine Qualitätsverbesserung mittels völlig neu ge-
stalteter Waggons in den neuen ÖBB EuroCity.

Frage 3:

Wie hoch ist der entstandene Schaden?

Antwort:

Durch die gesetzten Schritte entstand kein Schaden für das Unternehmen ÖBB.

Frage 4:

Plant der Vorstand der ÖBB die vorgenommenen Fahrplanänderungen zurückzunehmen?

Antwort:

Nach Aussage der ÖBB ist eine Rücknahme der vorgenommenen Fahrplanänderungen nicht ge-
plant, da die gesetzten Maßnahmen erfolgreich sind und eine Rücknahme aus diesem Grunde
nicht sinnvoll wäre.

Frage 6:

Durch die zusätzliche Führung von Zügen wird der Schienenverkehr über den Hauptbahnhof
St. Pölten weiter erhöht. Werden Sie deshalb den Weiterbau der Güterzugumfahrung St. Pölten
sowie Umbau und Attraktivierung des Hauptbahnhofes St. Pölten forcieren?

Antwort:

Güterzugumfahrung St. Pölten

Das Projekt "Güterzugumfahrung St. Pölten" beinhaltet die Errichtung einer Hochleistungsstrecke
zwischen den Knoten Wagram und Rohr als Entlastung der Stadt St. Pölten und des Bahnhofes
St. Pölten vom durchgehenden Güterverkehr.

Die Trassenverordnung wurde im Jahr 1997 nach Durchführung einer Umweltverträglich-
keitsprüfung erlassen; die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung wurde im Jahr 2000 erteilt. Die
Planungen wurden der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG mit der 2. HL-Ü-VO mit einem


Investitionsvolumen von rund 80 Mio. € übertragen; die Errichtung wurde der Eisenbahn-
Hochleistungsstrecken AG mit der 6. HL-Ü-VO mit einem Investitionsvolumen von rund 500 Mio. €
übertragen.

Unter Zugrundelegung einer Studie von Basler & Partner wurde im Jahr 2000 vom seinerzeitigen
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Techologie, Dipl.-lng. Michael Schmid, die Realisie-
rung des Mittelteiles - ausgenommen Grundeinlösen und vorbereitende Baumaßnahmen - zurück-
gestellt und die Investitionsmittel auf rund 189 Mio. € reduziert. Die freigewordenen Investitionsmit-
tel wurden im Wesentlichen zu Gunsten des Westbahnabschnittes zwischen Asten-St. Florian und
Linz Kleinmünchen sowie des Koralmabschnittes zwischen Graz Hauptbahnhof und Graz
Puntigam umgeschichtet.

Im Jahr 2002 fanden zwischen meinem Ressort, der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG und
den österreichischen Bundesbahnen Gespräche über Vor- und Nachteile der Güterzugumfahrung
St. Pölten, über mögliche Alternativen sowie über weitere Kostenminimierungen statt. Im Rahmen
dieser Gespräche wurde vereinbart, die Abhängigkeiten möglicher Errichtungs- bzw. Ausbau-
phasen der Güterzugumfahrung St. Pölten mit dem geplanten Umbau des Bahnhofes St. Pölten
darzustellen und zu bewerten.

St. Pölten Hauptbahnhof

Für die Modernisierung des Hauptbahnhofes St. Pölten sind im Wesentlichen zwei Projekte vorge-
sehen. Das Projekt „Umbau Bahnhof St. Pölten Hauptbahnhof umfasst die grundlegende Neuge-
staltung der Gleis- und Weichenanlagen insbesondere im Zusammenhang mit geplanten Errich-
tung der Neubaustrecke Wien - St. Pölten bzw. mit dem viergleisigen Ausbau der Westbahn-
strecke zwischen St.Pölten und Attnang-Puchheim. Das Projekt „Bahnhofsoffensive St. Pölten
Hauptbahnhof beinhaltet die Schaffung einer modernen Verkehrsstation, die den zu erwartenden
Frequenzsteigerungen gerecht werden soll.

Umbau Bahnhof St. Pölten Hauptbahnhof

Das Projekt „Umbau Bahnhof St. Pölten Hauptbahnhof wurde den österreichischen Bundesbah-
nen mit der 4. ÖBB-Ü-VO bisher nur zur Planung übertragen. Eine Bauübertragung ist derzeit noch
nicht erfolgt, da das gegenständliche Projekt erst im Infrastrukturpaket 1b des Generalverkehrs-
planes enthalten ist, wofür zum gegenwärtigen Zeitpunkt keine Finanzierung gegeben ist.

Im Falle einer vorgezogenen Realisierung könnte eine Finanzierung durch eine Umschichtung von
Investitionsmittel aus dem im Infrastrukturpaket 1a enthaltenen Projekt „Güterzugumfahrung
St. Pölten Stufe 2" ermöglicht werden.

Für den vorgezogenen Umbau des Bahnhofes St. Pölten Hauptbahnhof bei gleichzeitigem Ver-
zicht auf die Realisierung des Mittelteiles der Güterzugumfahrung St. Pölten werden derzeit
zwischen der Eisenbahn-Hochleistungsstrecken AG und den österreichischen Bundesbahnen
konkrete Projektsspezifikationen - einschließlich Kostenschätzungen und Zeitpläne - erarbeitet.
Der Baubeginn für das Projekt „Umbau Bahnhof St. Pölten Hauptbahnhof könnte im Jahr 2005
erfolgen.

Bahnhofsoffensive St. Pölten Hauptbahnhof

Das Projekt „Bahnhofsoffensive St. Pölten Hauptbahnhof, Phase 1" wurde den österreichischen
Bundesbahnen mit der 5. ÖBB-Ü-VO zur Planung und zum Bau mit einem Investitionsvolumen von
rund 2,2 Mio. € übertragen.


Die Phase 1 umfasst im Wesentlichen

    die Durchführung einer genehmigungsfähigen Einreichplanung

    die Vorlage einer wirtschaftlichen Bewertung

    die Durchführung vorbereitender Maßnahmen bzw. Bauprovisorien.

Das Projekt „Bahnhofsoffensive St. Pölten Hauptbahnhof, Phase 2" wurde den österreichischen
Bundesbahnen mit der von mir am 26. August 2003 unterzeichneten 11. ÖBB-Ü-VO zur Planung
und zum Bau mit einem Investitionsvolumen von rund 13,3 Mio. € übertragen.

Die Phase 2 umfasst im Wesentlichen die Errichtung einer zentralen Bahnhofspassage,
die Neugestaltung der Kundenbereiche (behindertengerechte Ausgestaltung),
den Umbau bestehender bzw. die Errichtung neuer Bahnsteigzugänge einschließlich erforderlicher
Aufstiegshilfen, die Errichtung eines neuen Personendurchganges im Bereich der Kremserstraße,
die Adaptierung des Bahnhofvorplatzes mit gleichzeitiger Neuordnung des öffentlichen Verkehrs
sowie des Individualverkehrs einschließlich der Errichtung einer neuen Straßenunterführung west-
lich des Aufnahmsgebäudes.

Es ist geplant, mit dem Bau nach Abschluss der Planungen und Durchführung der erforderlichen
Genehmigungsverfahren im März 2005 zu beginnen. Die Fertigstellung ist für August 2007 ge-
plant, wobei jedoch unmittelbare Abhängigkeiten zum Projekt „Umbau Bahnhof St. Pölten Haupt-
bahnhof (z. B. Neubau der Bahnsteige) bestehen.