815/AB XXII. GP

Eingelangt am 20.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 831/J-NR/2003 betreffend Position im EU-Rat zur TEN-
Revision, insbesondere hinsichtlich Alemagna und Nordautobahn, die die Abgeordneten
Lichtenberger, Freundinnen und Freunde am 24. September 2003 an mich gerichtet haben, beehre
ich mich wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Welche Position werden Sie im Rat hinsichtlich der Liste prioritärer Projekte in den TEN-T einneh-
men?

Antwort:

Die Liste der prioritären Projekte, wie sie von der Kommission nun in ihrem Vorschlag vom
1. Oktober 2003 vorgeschlagen wird, baut größtenteils auf den Ergebnissen der Van-Miert Gruppe
(Liste 1) auf, in der Österreich ein ausgezeichnetes Ergebnis erzielt hat. Der vorliegende Vorschlag
der Kommission enthält 29 Vorhaben. Von diesen 29 Vorhaben ist Österreich als relatives kleines
Land an 6 Hauptachsen beteiligt, wobei hiervon 4 die Schiene, eine die Straße und eine die Bin-
nenwasserstraße betreffen. Angesichts dieser für Österreich positiven Bilanz, die im Hinblick auf
die Verteilung der Hauptachsen auf die beteiligten Verkehrsträger auch mit dem Ziel einer nachhal-
tigen Verkehrsentwicklung im Einklang steht, werde ich die 29 Vorhaben im Rat unterstützen.

Frage 2:

Werden Sie sich im Rat für die Streichung der Transitautobahn Wien-Brno aus der Liste prioritärer
Projekte einsetzen, wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Die Mitteilung an die Kommission, wonach das bmvit im Hinblick auf die EU-Osterweiterung eine
Ergänzung der
TEN unter anderem durch die Aufnahme einer Straßenverbindung zwischen Wien
und Brno befürwortet, erfolgte auf Beamtenebene bereits im Oktober 2000 unter dem damaligen
Verkehrsminister Dipl.-lng. Michael Schmid.

Bei der Entscheidung über neue TEN-Straßen zur Verbindung mit den Beitrittsländern wurden eine
Reihe von Faktoren berücksichtigt und abgewogen, so unter anderem die Interessen der Wohnbe-
völkerung und des Umweltschutzes, der Verkehrssicherheit und eine nachhaltige Mobilität einer-
seits sowie die Interessen der Wirtschaft und der Auto fahrenden Bevölkerung andererseits. Für
die Relation Wien-Brunn waren von Herrn Bundesminister Dipl.-lng. Schmid im Zusammenhang
mit dem Bundesverkehrswegeplan auch weitere Untersuchungen angeordnet worden. Erst nach-
dem der im bmvit eingerichteten Arbeitsgruppe Bundesverkehrswegeplan im Sommer des Jahres


2000 die Bestätigung der Gutachter vorlag, dass die neuen TEN-Straßenverbindungen anbaufrei
sein werden, hat diese Arbeitsgruppe die Aufnahme dieser Straßenzüge zu welchen auch die A 5
Nordautobahn gehört in das TEN-Straßennetz empfohlen und erst auf dieser Grundlage konnte
dann im Oktober 2000 die entsprechende Mitteilung an die Europäische Kommission erfolgen.

Die Europäische Kommission hat dann im Oktober 2001 einen Vorschlag zur Änderung der Ent-
scheidung Nr. 1692/96/EG (TEN-Leitlinien) vorgelegt. Bereits in diesem Vorschlag war unter
anderem auch die in der Anfrage angesprochene, neue Straßenverbindung zwischen Wien und
Brno als Teil des transeuropäischen Verkehrsnetzes enthalten.

Nun schlägt die Europäische Kommission in ihrem Vorschlag vom 1. Oktober 2003 unter Zugrun-
delegung der Ergebnisse der Van Miert Gruppe die Autobahnverbindung Wien - Brno als Teil des
prioritären Vorhabens Nr. 25 Autobahnverbindung Danzig-Brno/Bratislava-Wien vor.

Ich sehe derzeit keinen Grund von der Festlegung meiner Vorgänger abzugehen und werde mich
für die Beibehaltung der Autobahn Wien - Brno in der Liste der prioritären Vorhaben einsetzen.

Fragen 3 und 4:

Werden Sie sich im Rat für die Nichtaufnahme der sogenannten "Alemagna"/Venezia-Alpi" in die
TEN-T einsetzen, wenn nein, warum nicht?

Was haben Sie zur Verhinderung der Aufnahme der sogenannten "Alemagna"/Venezia-Alpi" in die
TEN-T bzw. in die Liste der prioritären Projekte wann im einzelnen unternommen?

Antwort:

Die von Ihnen angesprochene Alemagna ist weder Bestandteil der geltenden TEN-Leitlinien noch
Teil des derzeit gültigen Vorschlags der Kommission (Vorschlag vom Oktober 2001, der durch den
Vorschlag vom 1. Oktober 2003 geändert wurde). Auf Basis des derzeit gültigen Kommissionsvor-
schlages steht die Alemagna-Autobahn im Zusammenhang mit dem transeuropäischen Verkehrs-
netz daher nicht zur Debatte.

Außerdem darf ich darauf hinweisen, dass sich die Frage einer Aufnahme der Alemagna in die
Liste der prioritären Vorhaben nicht stellt. Die Alemagna wurde in der Van Miert Gruppe weder
diskutiert noch von italienischer Seite vorgeschlagen. Im Kommissionsvorschlag vom Oktober
2003 ist die Alemagna nicht enthalten.

Sollte die von Ihnen angesprochene Straßenverbindung Alemagna nach Osttirol aber von italieni-
scher Seite im Zusammenhang mit den TEN-Leitlinien vorgeschlagen bzw. forciert werden, dann
werde ich mich selbstverständlich für die Nichtaufnahme dieser Straßenverbindung in die TEN
einsetzen.

Wie Ihnen bekannt ist, hat sich die österreichische Bundesregierung auch in der Vergangenheit
gegen einen Weiterbau der Alemagna ausgesprochen. Dem wurde auch im Generalverkehrsplan
2002 Rechnung getragen, in dem kein Projekt für einen hochrangigen Straßenanschluss an eine
eventuelle Almagna-Autobahn vorgesehen ist. Ich werde diese Linie konsequent fortsetzen.

Die Implementierung der Alemagna-Autobahn sowie ihre Aufnahme in die TEN-Leitlinien würde
zudem den völkerrechtlichen Verpflichtungen der Alpenkonvention widersprechen. Wie Sie wissen
hat Österreich die Rahmenkonvention der Alpenkonvention und sämtliche Protokolle unterzeichnet


und die Protokolle der Alpenkonvention sind am 18. Dezember 2002 in Kraft getreten. Eine Fort-
setzung der Alemagna auf österreichischem Gebiet ist daher ausgeschlossen.

Frage 5:

Auf Grundlage welcher Untersuchungen hinsichtlich der a) verkehrlichen und b) ökologischen
Folgewirkungen, der c) volkswirtschaftlichen Prioritäten sowie d) der potentiellen Konflikte im
Europarecht haben die Vertreter Österreichs in der Van-Miert-Gruppe die Aufnahme bzw. Nicht-
aufnahme von Projekten argumentiert?

Antwort:

Österreich hat derzeit mit der Brennerachse (Schiene) nur ein Vorhaben in den derzeit geltenden
vorrangigen TEN-Vorhaben. Von österreichischer Seite wurde in der Van Miert Gruppe daher zu-
sätzlich zur Brennerachse die Donauachse München/Nürnberg-Wien-Budapest/Bratislava sowie
die Achse Warschau/Prag-Wien-Graz-Venedig/Triest/Maribor vorgeschlagen und in die Diskussion
eingebracht.

Die Einbringung erfolgte auf Basis des Generalverkehrsplans, dem umfangreiche Untersuchungen
und Vorarbeiten hinsichtlich der verkehrlichen, ökologischen und volkswirtschaftlichen Folgewir-
kungen vorangingen und zugrunde lagen.

Im Zusammenhang mit der Autobahn Wien - Brno verweise ich auf die Antwort zu Fragepunkt 2.

Frage 6:

Werden Sie die nachträgliche Aufnahme der Nord-Süd-Bahnverbindung Tschechien-Österreich-
Italien/Slowenien in die Liste der prioritären TEN-T-Projekte betreiben, wenn nein, warum nicht?

Antwort:

Hierzu darf ich nochmals daran erinnern, dass von österreichischer Seite in der Van Miert Gruppe
bereits eine entsprechende Hauptachse Warschau/Prag-Wien-Graz-Venedig/Triest/Maribor in die
Diskussion eingebracht wurde. Die österreichische Einschätzung, dass diese Achse von großer
Bedeutung gerade für den Zusammenhalt des künftigen Europas ist, wurde zwar vom Vorsitzen-
den Van Miert und den Vertretern der Europäischen Kommission zur Kenntnis genommen, im Hin-
blick auf die Restriktionen war aber eine Aufnahme in die Liste der vorrangigen Vorhaben nicht
möglich. Diese Nichtaufnahme ist weder mir noch meinen Experten anzulasten. Im Gegenteil
wurde bis zur letzen Sitzung von österreichischer Seite auf die hohe Bedeutung dieser Achse ver-
wiesen. Dass die von Ihnen genannte Achse nicht in die Liste der vorrangigen Vorhaben aufge-
nommen wurde, lag an der Einschätzung der Van Miert Gruppe. Die Nichtaufnahme dieser Achse
wurde vom Vorsitzenden Van Miert, den Kommissionsexperten und insbesondere von den Vertre-
tern der Nachbarstaaten Italien, Slowenien und Ungarn übereinstimmend damit begründet, dass
der Eisenbahn Korridor V eine höhere transnationale Funktion hat als die teilweise parallel dazu
verlaufende Achse in Österreich. Insbesondere war auch die Planungsunsicherheit beim
Semmering-Basistunnel in diesem Zusammenhang nicht förderlich für die österreichische Argu-
mentation.

Der nunmehr vorliegende mit Oktober 2003 geänderte Kommissionsvorschlag sieht die von Ihnen
angesprochene Schienenachse Tschechien-
Österreich-ltalien/Slowenien in dieser Form nicht vor,
da er sich weitgehend an der Liste 1 der Van Miert Gruppe orientiert.


Nach meinem Dafürhalten sind die Chancen, erfolgreich weitere Vorhaben in die prioritären TEN-
Vorhaben hineinzureklamieren, sehr gering, da die Kommission die vorhandenen Mittel auf eine
überschaubare und finanzierbare Anzahl von Vorhaben konzentrieren will und anstatt der ur-
sprünglich anvisierten 20 Vorhaben bereits 29 Vorhaben vorgeschlagen hat.

Durch eine Nichtaufnahme der von Ihnen genannten Achse in die Liste der prioritären TEN-
Vorhaben würde sich aber nichts an der hohen innerstaatlichen Priorität, die im Generalverkehrs-
plan dieser Achse beigemessen wird, ändern.

Frage 7:

Welche Relevanz hat die Aufnahme von Projekten in Van Mierts "Liste 3", ist damit insbesondere
eine Kofinanzierung durch EU-Einrichtungen verbunden?

Antwort:

Die Liste 3 des Van Miert-Berichts trägt die Überschrift "Andere wichtige Vorhaben für den territo-
rialen Zusammenhalt" und umfasst einerseits Vorhaben, die die Zugänglichkeit und die Inter-
konnexion von Netzen verbessern sollen (Liste 3 Teil 1) und andererseits grenzüberschreitende
Verbindungen (Liste 3 Teil 2).

Im Van Miert -Bericht wird zu Liste 3 gesagt, dass das transeuropäische Verkehrsnetz zum Ziel
des wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhangs beiträgt und dass viele Regionen, insbesonde-
re auch jene in den zukünftigen neuen Mitglied
staaten, einen guten Zugang zu den Europäischen
Hauptachsen und insbesondere grenzüberschreitende Verbindungen brauchen um sich entspre-
chend wirtschaftlich entwickeln zu können.

Eine automatische Kofinanzierung durch EU-Einrichtungen ist durch die Aufnahme von Projekten
in die Liste 3 des Van Miert Berichts nicht verbunden.

Welche Verkehrsvorhaben durch Gemeinschaftsfinanzierungsinstrumente förderfähig sind, ergibt
sich aus den jeweiligen Regelungen im Zusammenhang mit den Strukturfonds, Kohäsionsfonds
und der TEN-Finanzierungsverordnung (Verordnung Nr. 2236/95). Aufgrund der TEN-Finanzie-
rungsverordnung sind Vorhaben von gemeinsamem Interesse zuschussfähig. Die TEN-Finanzie-
rungsverordnung definiert diesen Begriff nicht selbst sondern verweist in diesem Zusammenhang
auf die TEN-Leitlinien (Entscheidung Nr. 1692/96/EG) die darunter in erster Linie jene Vorhaben
verstehen, die in Anhang I der TEN-Leitlinien (Karten) enthalten sind.

Dass Vorhaben, die Bestandteil der Liste 3 sind, nicht automatisch eine EU-Finanzierung erhalten,
ergibt sich auch aus dem Van Miert Bericht selbst. Im Van Miert Bericht wird nämlich deutlich ge-
sagt, dass ohne den Bereich der Gemeinschaftsfinanzierungsinstrumente zu präjudizieren nach
2006 unter Anwendung der durch die Van Miert Gruppe entwickelten Auswahlkriterien nur die
wichtigsten Vorhaben ausgewählt werden können.

Frage 8:

Werden Sie die Durchführung einer Strategischen Umweltprüfung für die revidierten TEN-T-
Projektlisten zum baldmöglichsten Zeitpunkt einfordern, wenn nein, warum nicht?


Antwort:

In Artikel 8 der bestehenden TEN-Leitlinien ist ein Auftrag an die Europäische Kommission enthal-
ten, geeignete Analysemethoden für eine strategische Umweltprüfung für das gesamte transeuro-
päische Netz zu entwickeln.

In ihrem Vorschlag vom Oktober 2001, der nach wie vor auf dem Tisch von Rat und Europäischem
Parlament liegt, hat die Kommission bereits einen neuen Artikel 8 vorgeschlagen, der zum Ziel hat,
bei der nächsten Erweiterung des Netzes eine strategische Umweltprüfung durchzuführen.

Nicht geklärt ist bislang noch das Verhältnis zwischen der Richtlinie 2001/42/EG vom 27. Juni
2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme ("SUP-
Richtlinie"), die von den Mitgliedstaaten bis 21. Juli 2004 umzusetzen ist und den Bestimmungen
über die strategische Umweltprüfung, die aufgrund des Kommissionsvorschlages vom Oktober
2001 in die TEN-Leitlinien aufgenommen werden sollen.