836/AB XXII. GP
Eingelangt am 24.11.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundesministerium
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche Anfrage der
Abgeordneten Steier, Kolleginnen und Kollegen vom
24. September 2003, Nr. 816/J, betreffend das geplante Lignit- und
Kraftwerksprojekt im
ungarisch-burgenländischen Grenzraum bei Szombathely, beehre ich mich Folgendes
mitzuteilen:
Zu den Fragen 1. 2. 3 und 6:
Die Pläne zur Errichtung eines Lignitabbau- und
Kraftwerksprojekts im ungarisch-
burgenländischen Grenzraum bei Szombathely sind mir - u.a. aus Pressemeldungen
-
bekannt. Ich kann hiezu Folgendes berichten:
In Westungarn liegt ein großes, bisher ungenutztes
Lignitvorkommen (minderwertige Braun-
kohle). Die Firma Nogradszen kft. hat nahe der österreichischen Grenze eine
Forschungs-
erlaubnis für Probebohrungen bei der ungarischen Bergwerksbehörde beantragt.
Laut
Medienberichten ist ein großer Tagbau einschließlich eines die geförderte
Braunkohle
verfeuerndes Wärmekraftwerk geplant. Die Bergwerksbehörde hat unter
Berücksichtigung
mehrerer negativer Stellungnahmen von betroffenen Gemeinden (Argumente: hohe
Umwelt-
qualität des Gebietes, keine Erlaubnis auf Grund des Gebietsordnungsplans) die
Forschungserlaubnis nicht bewilligt. Die Firma hat dagegen Einspruch erhoben,
der in
2. Instanz wiederum abgewiesen wurde. Sodann hat die Firma gegen diese
Entscheidung
beim Komitatsgericht Veszprem Klage erhoben. Die letzte
Verhandlung hierzu fand am
4.9.2003 statt und verlief laut einer Beobachterin der Österreichischen
Botschaft ohne
entscheidende Ergebnisse (es wurde vornehmlich über die Parteistellung der
Gemeinden
entschieden) und wurde schließlich vertagt.
Mein Ressort steht bereits seit Sommer diesen Jahres in
Verbindung mit der Öster-
reichischen Botschaft in Ungarn und hat diese um Informationen ersucht. Die
Öster-
reichische Botschaft selbst hat bereits im Juli das ungarische Wirtschafts- und
Verkehrs-
ministerium zum Stand des Projektes kontaktiert und u.a. erfahren, dass dieses
Projekt nicht
Teil des energetischen Strategieplan Ungarns ist. Weiters hat die Botschaft bei
der zu-
ständigen nationalen Gebietsordnungsbehörde (Büro des Ministerpräsidenten)
betreffend
den relevanten Gebietsordnungsplan um Auskunft ersucht und am 17.9.2003 ein
Antwort-
schreiben erhalten, in dem dargelegt wird, dass die Errichtung eines Bergwerkes
nur dann
möglich ist, wenn dies im Flächenwidmungsplan der betroffenen Gemeinde
festgelegt wird.
Das Thema wurde auch bei einem Treffen von Bundeskanzler
Dr. Schüssel mit dem
ungarischen Ministerpräsidenten angesprochen und ich selbst habe anläßlich
eines bilatera-
len Treffens am 30.9.2003 mit dem ungarischen Umweltminister die Besorgnisse
der öster-
reichischen Bevölkerung gegenüber diesem Projekt hervorgehoben und mit ihm
vereinbart,
dass Österreich über alle Entwicklungen informiert wird. Sollte wirklich ein
derartiges Projekt
beantragt werden, wurde mir versichert, dass Österreich im Rahmen einer Umwelt-
verträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen nach der
Espoo-Konvention
jedenfalls am Verfahren beteiligt wird und Einsicht in die Unterlagen zum
Projekt sowie
Gelegenheit zur Stellungnahme haben wird.
Da keinerlei Informationen zur geplanten
Größe und Leistung des Kraftwerkes sowie zur
Zusammensetzung des Lignits vorliegen, können die Umweltauswirkungen nicht
bewertet
werden. Aus Sicht des Klimaschutzes und der Luftreinhaltung ist jedoch ein
derartiges
Projekt negativ zu bewerten, da es voraussichtlich zu hohen Abluftemissionen
(CO2, SO2,
Partikel, NOX) durch die Verbrennung von Lignit kommen wird.
Anzumerken ist jedoch, dass
ein derartiges Kraftwerk mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit der
UVP- und der
IPPC- Richtlinie sowie jedenfalls der revidierten
Großfeuerungsanlagen-Richtlinie unterliegt.
Ein neues Kraftwerk muss also auch in Ungarn die in letztgenannter Richtlinie
festgelegten
Emissionsgrenzwerte einhalten bzw. im Sinne von IPPC die
besten verfügbaren Techniken
anwenden.
Zu Frage 4:
Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft hat
gemäß der österreichischen Bundesverfassung in EU-Naturschutzangelegenheiten
keine
Kompetenzen.
Falls die ungarischen Behörden nach dem
EU-Beitritt Ungarns am 1. Mai 2004 das
betroffene Gebiet nach der Vogelschutz-RL 79/409/EWG oder der FFH-RL 92/43/EWG
als
Natura 2000 Gebiet ausweisen wollen, muss nach EU-rechtlichen Bestimmungen das
geplante Projekt einer Naturverträglichkeitsprüfung nach Artikel 6 der FFH-RL
unterzogen
werden. Diese Prüfung ist von den ungarischen Behörden durchzuführen. Sollten
Auswirkungen auf Natura 2000 Gebiete im benachbarten Burgenland nicht
ausgeschlossen
werden können, muss auch das Land Burgenland in diese Prüfung einbezogen
werden.
Zu Frage 5:
Zwischen meinem Ressort und Ungarn besteht seit Jahren eine
hervorragende
Zusammenarbeit, insbesondere auch im Bereich der Erneuerbaren Energieträger.
Im Mai 2003 habe ich zusammen mit meinem ungarischen
Amtskollegen Miklos Persanyi ein
„Memorandum of Understanding" betreffend die bilaterale Zusammenarbeit
zwischen
Österreich und Ungarn bei der Reduktion der Treibhausgasemissionen und der
Umsetzung
des Kyotoprotokolls mit Schwerpunkt „Joint Implementation" unterzeichnet.
Das Memorandum umfasst folgende Projekttypen:
- Kraft-Wärmekoppelungsanlagen,
- Umstieg auf Erneuerbare und CO2-ärmere Energieträger,
- Installation von Stromerzeugungsanlagen auf Basis Erneuerbarer Energieträger,
- Deponiegasnutzung,
- Projekte zur Reduktion der abfallbedingten Treibhausgasemissionen,
- Projekte zur Energieeinsparung in den
Bereichen Haushalte, Dienstleistungsgebäude und
Industrie.
Insgesamt bietet das Memorandum demnach
eine gute Basis zur Unterstützung von Projek-
ten, die als Alternative zum geplanten Wärmekraftwerk mit dem Brennstoff Lignit
dienen
können. Durch die im ersten Halbjahr 2003 vorgenommene Verankerung des
Joint-lmple-
mentation im Umweltfördergesetz und die Bestellung der Kommunalkredit Austria
AG als
JI/CDM-Abwicklungsstelle sind mittlerweile auch die organisatorischen und
finanziellen
Vorkehrungen zur Umsetzung des Memorandums gegeben, sodass eine Intensivierung
der
Zusammenarbeit mit Ungarn zur Umsetzung von Projekten im Bereich
Energieeffizienz und
Erneuerbare Energieträger erfolgen kann.
Im Rahmen der Umweltförderung im Ausland wurden bereits
bisher zahlreiche Projekte zur
Nutzung Erneuerbarer Energieträger, insbesondere von Biomasse, finanziert. Die
Kooperation in der Umweltförderung im Ausland erhielt durch die
Förderungsrichtlinien 2003
neue Qualität und wird vermutlich in einer noch engeren Zusammenarbeit der
Finanzierungsinstrumente Ungarns und Österreichs zum Ausdruck kommen.
Derzeit laufen bereits Verhandlungen über
gemeinsam geplante und zu finanzierende
Förderungsprogramme im Bereich Biomasse. Auch bei meinem letzten Besuch in
Ungarn
am 30. September 2003 war diese intensivere Kooperation Thema der Gespräche.
Neben dieser Intensivierung der Kontakte und
Förderungsmöglichkeiten im Bereich der
Erneuerbaren Energieträger durch die Umweltförderung im Ausland ist mein
Ressort auch in
anderen Bereichen eng mit den ungarischen Aktivitäten verbunden. Beispielsweise
haben
österreichische Experten an einem Konzept für die Neugestaltung des Ungarischen
Umweltfonds mitgearbeitet. Weiters sind österreichische Experten auch in die
Auswahl der
PHARE-Cross Border Cooperation (CBC) Projekte involviert. Auch bei diesen
Projekten hat
Österreich eine Verlagerung des Förderungsschwerpunktes zu Gunsten der
Erneuerbaren
Energieträger erwirkt. So werden auch im Grenzgebiet durch EU-Gelder
zusätzliche Impulse
für die Erneuerbaren Energieträger ausgelöst.