887/AB XXII. GP
Eingelangt am 09.12.2003
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BM für
Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ 040502/198-I/4/03
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Parlament
1017 Wien
Sehr
geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 880/J vom 9. Oktober 2003 der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel und
Kollegen, betreffend Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch
Klein- und Mittelbetriebe durch die Bundesbeschaffung-Gesellschaft m.b.H., beehre
ich mich Folgendes mitzuteilen:
Zu 1.:
Das Bundesgesetz über die Errichtung
einer Bundesbeschaffung GmbH, BGBl I Nr. 39/2001 (BB-GmbH-Gesetz), enthält zwei
zentrale Bestimmungen betreffend die Berücksichtigung von Klein- und
Mittelbetrieben: Gemäß § 3 Abs. 1 leg. cit. können besonders umfangreiche
Leistungen örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art geteilt vergeben werden.
Gemäß § 3 Abs. 2 leg. cit. ist bei der Bestimmung der Güter und
Dienstleistungen, die nach dem BB-GmbH-Gesetz zu beschaffen sind, auf die
regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze
und Wertschöpfung Bedacht zu nehmen.
Aus den Erläuterungen zu den
Verordnungen BGBl II Nr. 208/2001 sowie Nr. 312/2002 (Verordnungen des
Bundesministers für Finanzen zur Bestimmung jener Güter und Dienstleistungen,
die nach dem BB-GmbH-Gesetz zu beschaffen sind) geht hervor, dass eines der
Ziele dieser Verordnungen - entsprechend § 3 Abs. 2 BB-GmbH-Gesetz – die
Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und
Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung ist. Weiters wird in den
Erläuterungen darauf hingewiesen, dass sich Klein- und Mittelbetriebe zu
Arbeitsgemeinschaften zusammenschließen können, wodurch ein Eindringen in
bisher für Klein- und Mittelbetriebe unerschlossene Märkte und damit eine
allgemeine Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dieses Wirtschaftssektors
ermöglicht wird, was auch der Wertschöpfung und der Sicherung von
Arbeitsplätzen insgesamt zugute kommt. Überdies findet sich auch dort der
Hinweis, dass besonders umfangreiche Leistungen örtlich, zeitlich oder nach
Menge und Art geteilt vergeben werden können. Nicht zuletzt wird das Fehlen der
Regelung des § 3 Abs. 2 BB-GmbH-Gesetz im Verordnungstext auch damit begründet,
dass gemäß RL 4 der legistischen Richtlinien 1990 die bloße Wiederholung des
Gesetzestextes in einer Verordnung zu unterlassen ist, weshalb lediglich in den
Erläuterungen nochmals auf die Einhaltung dieser Grundsätze hingewiesen wurde.
Zu 2. und 3.:
Wie zu 1. bereits ausgeführt, hat bei
ihren Ausschreibungen die Bundesbeschaffung GmbH (BBG) die im BB-GmbH-Gesetz
und die in den Erläuterungen der Verordnungen BGBl II Nr. 208/2001 sowie Nr.
312/2002 verankerten Gründsätze betreffend die Berücksichtigung von Klein- und
Mittelbetrieben zu beachten. Gemäß § 2 Abs. 1 BB-GmbH-Gesetz zählt zum
Unternehmensgegenstand der Gesellschaft die Wahrnehmung von Aufgaben auf dem
Gebiet des Beschaffungswesens mit dem Ziel einer ökonomisch sinnvollen
Volumens- und Bedarfsbündelung zur Optimierung der Einkaufsbedingungen des
Bundes nach wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien.
Entsprechend den gesetzlich
vorgegebenen Rahmenbedingungen legt die BBG in der Praxis einerseits bei ihren
Ausschreibungen die Teillose und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für die
Teilnahme an den Ausschreibungen so fest, dass auch Klein- und Mittelbetriebe
teilnehmen können und diese eine reale Chance auf Zuschlagserteilung haben;
andererseits sind die Ausschreibungen so zu gestalten, dass im Ergebnis für den
Bund möglichst vorteilhafte Einkaufsbedingungen resultieren. Weiters werden in
den Ausschreibungen der BBG stets Subunternehmer und Bietergemeinschaften
zugelassen, wodurch Klein- und Mittelbetrieben der Zugang zu größeren Aufträgen
ermöglicht wird. In Branchengesprächen zwischen der BBG und der
Wirtschaftskammer wird auch immer wieder zur Bildung von Arbeits- und
Bietergemeinschaften motiviert. In diesem Zusammenhang muss allerdings auch auf
das vergaberechtliche Diskriminierungsverbot hingewiesen werden, weshalb
beispielsweise eine Benachteiligung von größeren Unternehmungen bei
Ausschreibungen unzulässig wäre.
Zu 4.:
Wie bereits ausgeführt, ist die BBG
bestrebt, soweit vergaberechtlich zulässig und wirtschaftlich vertretbar
Aufträge geteilt auszuschreiben. Neben einer zeitlich oder nach Menge und Art
geteilten findet daher auch eine örtlich (d.h. regional) geteilte Vergabe
statt. Dementsprechend wurde in der Vergangenheit die weit überwiegende Anzahl
von BBG-Verträgen innerhalb der selben Beschaffungsgruppe mit mehreren
Vertragspartnern abgeschlossen. Der Begriff „regional“ umfasst dabei – je nach
Beschaffungsgruppe unterschiedlich - nach wirtschaftlich und qualitativ
sinnvollen Kriterien abgegrenzte Bereiche innerhalb Österreichs. Dies kann sich
einerseits an gängigen Regionsbezeichnungen (z.B. „Waldviertel“ oder
„Westösterreich“), andererseits nach der NUTS-Systematik von Eurostat
orientieren.
Zu 5.:
Die Definition des Begriffes „Klein-
und Mittelbetriebe“ richtet sich nach der Empfehlung der Europäischen
Kommission vom 6. Mai 2003 (Brüssel, 6.5.2003, K(2003)1422) betreffend die
Definition der Kleinstunternehmen sowie der kleinen und mittleren Unternehmen
(KMU). Demnach werden KMU‘s im Wesentlichen definiert als Unternehmen, die
weniger als 250 Personen beschäftigen und die entweder einen Jahresumsatz
von höchstens 50 Mio. € erzielen oder deren Jahresbilanzsumme sich auf
höchstens 43 Mio. € beläuft.
Zu 6.:
Derzeit hat die BBG
insgesamt 203 inländische Vertragspartner. Nach dem in Beantwortung zu Frage 5
angeführten Klassifizierungsschema entfallen davon 135 Vertragspartner auf den
Bereich Klein- und Mittelbetriebe.
Die volumenmäßige Zuordnung der
Lieferanten auf Klein- und Mittelbetriebe ergibt folgendes Bild:
Im Jahr 2003 (Stichtag 30. 9. 2003)
wurde von öffentlichen Auftraggebern insgesamt (Bund, Länder, andere
öffentliche Auftraggeber) ein Volumen von rd. 276 Mio. € (davon rd. 264 Mio. €
nur Bundesdienststellen) aus den von der BBG abgeschlossenen Rahmenverträgen
abgerufen, wovon rd. 267 Mio. € nach den oben angeführten
KMU-Kriterien zuordenbar sind. Davon entfallen 98,8 Mio. € oder 37% auf Klein-
und Mittelbetriebe, der Rest (168,6 Mio € bzw. 63%) auf Großunternehmen. Bei
dem auf Großunternehmen entfallenden Anteil ist jedoch zu beachten, dass hievon
33,3 Mio. € auf ein Unternehmen im IT-Bereich, 19,4 Mio. € auf den
Telekombereich, 5 Mio. € auf Bahntransporte sowie 37 Mio. € auf
Postdienstleistungen entfallen. Wenn man diese Bereiche, die nicht von Klein-
und Mittelbetrieben abgedeckt werden können, in Abzug bringt, reduziert sich
der Anteil der Großunternehmen auf rd. 74 Mio € oder 27,6%.
Zu 7.:
Von den bereits in
Beantwortung der Frage 6 angeführten 203 inländischen Vertragspartnern
entfallen auf
·
Wien
115,
·
Vorarlberg
6,
·
Tirol
9,
·
Steiermark
15,
·
Salzburg
8,
·
Oberösterreich
18,
·
Niederösterreich
23,
·
Kärnten
8,
·
Burgenland
1.
Vier Vertragspartner befinden sich in
Deutschland.
Zu 8. bis 11.:
Diesbezüglich liegen keine
Datenbestände vor, wobei eine detaillierte Aufschlüsselung der jährlichen
Beschaffungsvolumina nach Bundesländern, Bezirken, Bundesinstitutionen und
Lieferanten seit 1998 in einem wirtschaftlich vertretbaren Verwaltungsaufwand
nicht abrufbar ist.
Zu 12. bis 15.:
Die BBG hat den operativen Betrieb
Mitte 2001 aufgenommen, daher erfolgten infolge der vergaberechtlich bedingten
Vorlaufzeit im Jahr 2001 kaum Abrufe. Bis Ende 2002 wurde aus
BBG-Rahmenverträgen von öffentlichen Auftraggebern (Bund, Länder, andere
öffentliche Auftraggeber) ein Volumen von rd. 295 Mio. € (davon von
Bundesdienststellen rd. 290 Mio. €) abgerufen.
Im Jahr 2003 (Stichtag 30. 9. 2003)
wurde von öffentlichen Auftraggebern (Bund, Länder, andere öffentliche
Auftraggeber) insgesamt ein Volumen von rd. 276 Mio. € (davon rd. 264 Mio. €
nur Bundesdienststellen) abgerufen, sodass bisher insgesamt ein Volumen von
etwa 571 Mio. € (davon rd. 554 Mio. € nur Bundesdienststellen) aus den von
der BBG abgeschlossenen Rahmenverträgen abgerufen wurde.
Eine Aufschlüsselung der Abrufe auf
Bundesländer und Bezirke ist für 2002 mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht
durchführbar, da im Jahr 2002 entsprechendes Datenmaterial noch nicht verfügbar
war.
Von dem auf 2003 entfallenden
Abrufvolumen (rd. 276 Mio. €) ist derzeit lediglich ein Anteil von rd. 121 Mio.
€ bundesländer- bzw. bezirksweise zuordenbar, da die Bereiche Post und Energie
unterjährig nicht periodengerecht abgerechnet werden können.
Die Aufschlüsselung der Abrufe von
Lieferanten in den einzelnen Bundesländern bzw. Bezirken ergibt folgendes Bild
(ausgenommen Post und Energie):
|
|
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|
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|
Abrufwert
pro Bundesland und Bezirk |
|
|
|
|
Bundesland |
Bezirk |
Summe |
|
|
Wien |
1.
Bezirk |
4.210.085 |
|
|
|
2.
Bezirk |
38.548.473 |
|
|
|
3.
Bezirk |
619.684 |
|
|
|
4.
Bezirk |
13.907.831 |
|
|
|
5.
Bezirk |
539.507 |
|
|
|
6.
Bezirk |
194.713 |
|
|
|
7.
Bezirk |
156.360 |
|
|
|
9.
Bezirk |
389.122 |
|
|
|
10.
Bezirk |
649.415 |
|
|
|
12.
Bezirk |
3.234.114 |
|
|
|
13.
Bezirk |
820.063 |
|
|
|
15.
Bezirk |
33.298.001 |
|
|
|
18.
Bezirk |
71.805 |
|
|
|
19.
Bezirk |
1.112.057 |
|
|
|
20.
Bezirk |
1.089.581 |
|
|
|
21.
Bezirk |
2.134.321 |
|
|
|
22.
Bezirk |
8.885.619 |
|
|
|
23.
Bezirk |
4.639.373 |
|
|
Wien
Summe |
|
114.500.122 |
|
|
Vorarlberg |
Feldkirch |
160.477 |
|
|
Vorarlberg
Summe |
|
160.477 |
|
|
Tirol |
Landeck |
512.615 |
|
|
|
Lienz |
58.428 |
|
|
|
Schwaz |
232.554 |
|
|
Tirol Summe |
|
803.596 |
|
|
Steiermark |
Graz |
664.181 |
|
|
Steiermark
Summe |
|
664.181 |
|
|
Salzburg |
Salzburg |
21.186 |
|
|
|
Salzburg
Umgebung |
50.077 |
|
|
Salzburg
Summe |
|
71.263 |
|
|
Oberösterreich |
Gmunden |
277.399 |
|
|
|
Linz |
2.611.836 |
|
|
|
Schärding |
57.623 |
|
|
Oberösterreich
Summe |
|
2.946.857 |
|
|
Niederösterreich |
Baden |
231.292 |
|
|
|
Korneuburg |
108.818 |
|
|
|
Mödling |
1.144.392 |
|
|
|
Schwechat |
53.977 |
|
|
|
St.
Pölten |
105.605 |
|
|
Niederösterreich
Summe |
|
1.644.085 |
|
|
Deutschland |
Deutschland |
175.764 |
|
|
Deutschland
Summe |
|
175.764 |
|
|
Gesamtergebnis |
|
120.966.345 |
|
Eine Aufschlüsselung der Abrufe nach
Bundesdienststellen in den einzelnen Bundesländern bzw. Bezirken ist mit
vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht durchführbar.
Zu 16.:
Mit Verordnung des Bundesministers für
Finanzen BGBl II Nr. 398/2003, in Kraft getreten am 1. 10. 2003, wurde für die
BBG ein Beschaffungscontrolling eingeführt. Im Rahmen der
Controlling-Berichterstattung wird auch der KMU-Anteil der von der BBG
abgeschlossenen Rahmenverträge dokumentiert.
Zu 17.:
Grundsätzlich ist nochmals darauf
hinzuweisen, dass die BBG bereits in ihrem bisherigen Ausschreibungsverhalten
auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe Bedacht
genommen hat. Zusätzliche Effekte können sich dadurch ergeben, dass durch
künftige gemeinsame Auftragsvergaben für Bundes- wie auch (auf freiwilliger
Basis) für Landesdienststellen neue – verstärkt regionale - Bündelungseffekte
entstehen, wodurch Aufträge vermehrt in den jeweiligen Regionen verbleiben
könnten.
Zu 18.:
Zu der in dieser Frage angesprochenen
schwierigen Administrierbarkeit der zentralen Bundesbeschaffung ist anzumerken,
dass durch das BB-GmbH-Gesetz keine zusätzlichen Schritte im Beschaffungsablauf
der Bundesdienststellen erforderlich sind. Die BBG führt das Vergabeverfahren
durch und errichtet mit dem jeweiligen Bestbieter einen Rahmenvertrag. Durch
die zentrale Abwicklung des Vergabeverfahrens werden redundante
Vergabeverfahren in den Bundesdienststellen vermieden, was gerade bei kleineren
Dienststellen zu einer erheblichen Verwaltungsvereinfachung führt. Die Abrufe
(Bestellungen) aus diesen Rahmenverträgen werden durch die jeweilige
Bundesdienststelle selbständig durchgeführt.
Dennoch ist die BBG weiterhin bestrebt,
für mehr Flexibilität gerade auch für kleinere Dienststellen und für kleinere
Aufträge durch Einführung neuer Beschaffungsmethoden zu sorgen. So soll etwa
durch eine Shop & Kataloglösung in Hinkunft ermöglicht werden, dass
Dienststellen die von ihnen benötigten Güter und Dienstleistungen über eine
Internetplattform rasch und unkompliziert abrufen können. Durch Ausschreibung
von „Warenkörben“ soll die Versorgung mit täglichen Verbrauchsgütern auf
breiter Basis sichergestellt werden. Durch vermehrten Abschluss von
Rahmenvereinbarungen mit mehreren Bietern (soweit dies nach EU-Vergaberecht zulässig
ist) sollen weitere Flexibilisierungsmaßnahmen ergriffen werden. Angesichts
dieser von der BBG noch auszubauender Möglichkeiten ist eine Änderung des
BB-GmbH-Gesetzes derzeit nicht in Aussicht genommen.
Zu 19.:
Zum Stichtag 30. 9. 2003 sind für Betrieb
und Ausstattung der BBG Kosten in Höhe von insgesamt 5,956 Mio. € angelaufen.
(2001: 1,458 Mio. €, 2002: 2,6 Mio. €, vom 1.1.2003 bis 30.9.2003: 1,898 Mio.
€).
In diesem Zusammenhang sei auch darauf
hingewiesen, dass diesen Kosten allein im Jahr 2002 ein Einsparungspotential in
Höhe von rund 29 Mio. € bei den Einkaufspreisen gegenübersteht und damit
beträchtliche Nettoeinsparungen im Bundesbudget 2002 zu verzeichnen waren.
Mit freundlichen Grüßen
Karl-Heinz Grasser eh.