973/AB XXII. GP
Eingelangt am 22.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für
Generationen und Konsumentenschutz
Anfragebeantwortung
Ich
beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
974/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser,
Kolleginnen und Kollegen wie
folgt:
Frage 1:
Das
BMSG ist gemäß Bundesministeriengesetz (BGBI l Nr. 17/2003) für die
Angelegenheiten der Konsumentenpolitik einschließlich des Konsumentenschutzes
zuständig, soweit dieser nicht in den Wirkungsbereich des BMJ fällt. Dem BMSG
kommt dabei eine allgemeine Koordinierungsfunktion zu. Insbesondere gehören
dazu auch die Beschwerdebehandlung, die Förderung von Verbrauchervertretungen,
insbesondere zur Sicherstellung der Beratung, Information und
Rechtsdurchsetzung,
die Evaluierung der Konsumentenpolitik, Verbraucherforschung,
Verbraucherbildung
und Verbraucherinformation sowie
Angelegenheiten der allgemeinen
Produktsicherheit.
Konsumentenpolitik
ist somit eine klassische Querschnittsmaterie, die in alle
konsumentenpolitisch relevanten Bereiche die Konsumenteninteressen einzubringen
hat. Schwerpunktmäßig gehören dazu die Vertretung der wirtschaftlichen
Interessen
sowohl in zivilrechtlichen Materien (KSchG, Wohnrecht, Insolvenzrecht, Banken-
und
Versicherungsrecht, UWG uvm) als auch im Verwaltungsrecht (Gewerberecht,
liberalisierte Dienstleistungen, Preisauszeichnungsrecht uvm), weiters die
Vertretung
der gesundheitlichen Interessen (Produktsicherheit, Lebensmittelrecht, Ärzte-
und
Krankenanstaltenrecht), die Verbraucherbildung und -information sowie der
Zugang
zum Recht und die Rechtsdurchsetzung.
Frage 2:
Für
die Konsumentenpolitik maßgeblich sind vor allem jene EU-Richtlinien und
Verordnungen, welche in der Ratsarbeitsgruppe "Schutz und Information der
Verbraucher" diskutiert werden. Dies sind derzeit die Vorschläge für eine
Richtlinie
über den Verbraucherkredit, für einen Beschluss über einen allgemeinen Rahmen
für
die Finanzierung von Gemeinschaftsmaßnahmen zur Unterstützung der
Verbraucherpolitik im Zeitraum 2004-2007 (kurz vor Beschlussfassung), für eine
Verordnung über grenzüberschreitende Behördenkooperation und für eine
Richtlinie
über unlautere Geschäftspraktiken. Allerdings sind auf Grund des
Querschnittscharakters der Konsumentenpolitik auch Dossiers, die in anderen
Gremien diskutiert werden, von grossem Interesse wie z.B. Rechte für
Flugpassagiere, das europäische Vertragsrecht oder Gesundheitsbehauptungen bei
Lebensmitteln.
Frage 3:
Die
EG-Richtlinien im Bereich Verbraucherschutz sind großteils bereits umgesetzt.
Umgesetzt werden noch die RL über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen
(Umsetzungsfrist: Oktober 2004), die RL über Versicherungsvermittlung
(Umsetzungsfrist: 15.1.2005), sowie die RL Produktsicherheit (Umsetzungsfrist
1.1.2004). Die Zuständigkeit für die Umsetzung liegt (in der Reihenfolge der
Nennung) beim BMJ, BMWA sowie dem BMSG.
Frage 4:
Wenngleich
zahlreiche Verbraucherschutzrichtlinien auf EU-Ebene bestehen, gibt es
doch nach wie vor einen breiten Spielraum für nationale Regelungen, zumal die
überwiegende Anzahl von Verbraucherschutzrichtlinien Mindestrichtlinien sind
und
somit strengere nationale Vorschriften - freilich im Rahmen des
primärrechtlichen
Gemeinschaftsrechts, also vor allem der vier Grundfreiheiten - zulässig sind.
Inhaltlich decken die verbraucherrechtlichen Richtlinien vielfach nur vertikale
Bereiche (Verbraucherkredit, Timeshare, Pauschalreise, Werbung) oder
vertriebsbezogene Aspekte (FernabsatzRL, HaustürgeschäfteRL) ab. Die
Europäische Kommission will aber in Zukunft einen horizontaleren Ansatz
verfolgen
(erstes Beispiel: Richtlinienvorschlag über unlautere Geschäftspraktiken), um
das
Verbraucherrecht systematisch zu gestalten und der Fragmentierung
entgegenzuwirken.
Nationale
konsumentenrechtliche Regelungen „jenseits" des EG-Rechts gibt es
zahlreiche, wie etwa die Regelungen über den Privatkonkurs, die
heimvertragsrechtlichen Regelungen, das Auskunftsrecht für klagsbefugte
Verbände,
um im Fall eines berechtigten Interesses von Unternehmen deren allenfalls
rechtswidrige AGB zu erlangen, eine Regelung zur Hintanhaltung irreführender
Gewinnspielpraktiken (§ 5j KSchG) u.ä. mehr.
Auch
im gesamten wohnrechtlichen Regelungsbereich gibt es keinerlei Vorgaben der
EU über das primärrechtliche Gemeinschaftsrecht hinaus. Als weiteres Beispiel
können die gewerberechtlichen Regelungen zum Piercen und Tätowieren angeführt
werden, denen keine EU-Regelung zugrunde liegt.
Frage 5:
Nachdem
die Regelungsintensität - wenn auch vielfach mit dem Ziel der
Liberalisierung weiter Bereiche - insgesamt, aber auch im Verbraucherschutz
zugenommen hat, wird die Marktüberwachung und Evaluierung der
Konsumentenpolitik in Zukunft eine entscheidende Rolle spielen. Insbesondere in
Bereichen der Informationsgesellschaft
(Internetkauf), der Finanzdienstleistungen,
der unseriösen Marktpraktiken und der liberalisierten Dienstleistungen
bestehen nicht
nur national, sondern gerade europäisch große Herausforderungen, die zu
bewältigen
sind. Diese Bereiche sind auch im Rahmen der zunehmenden
Verschuldung bedeutsam, weshalb sie einer besonderen Aufmerksamkeit bedürfen.
Ich habe deshalb auch 2 Studien in Auftrag gegeben, die die bisherigen
Erfahrungen
mit dem Privatkonkurs und den Umgang der VerbraucherInnen mit dem Problem der
Verschuldung untersuchen werden, damit weitere Maßnahmen zur Vermeidung der
Verschuldung gesetzt werden können.
Weiters
wird die Sicherstellung unabhängiger Verbrauchervertretungen eine wichtige
Aufgabe sein, die den KonsumentInnen Beratung und Informationsleistungen zur
Verfügung stellen, aber auch eine wichtige Rolle im Bereich der
Rechtsdurchsetzung
spielen. Auch hier kommt mir eine wichtige Koordinierungsfunktion zu. Zum Thema
Verbraucherbildung wurde von mir eine interinstitutionelle Arbeitsgruppe
eingerichtet,
um die vorhandenen Kräfte zu bündeln und neue Initiativen zu setzen. Eine
effektive
Rechtsdurchsetzung unterstütze ich im Rahmen einer regelmäßigen und gezielten
Kooperation mit dem VKI. Hier werden Schwerpunkte jedenfalls in den Bereichen
Gewährleistung, E-Commerce, Reisen, Finanzdienstleistungen, liberalisierte
Dienstleistungen und unlauterer Wettbewerb
(einschließlich Gewinnspiele) liegen.
Schließlich werde ich demnächst eine Studie in Auftrag geben, die die
grundsätzliche
Organisationsform des Konsumentenschutzes in Österreich in Auftrag geben, um
die
konsumentenpolitischen Akteure und deren Handlungsweisen in Österreich - mit
einem Blick auf die europäische Konsumentenpolitik - umfassend zu untersuchen
und sinnvolle Alternativen für mögliche neue Wege zu entwerfen.
Frage 6:
Die
EK hat einen aus verbraucherpolitischer Sicht äußerst engagierten Vorschlag für
eine umfassende Verbraucherkreditrichtlinie vorgelegt. Derzeit gibt es aber
Verzögerungen im europäischen Parlament. Ich werde alles daran setzen, um die
Fortsetzung der Verhandlungen zu erreichen. Dies ist auch angesichts der
Entwicklungen der zunehmenden Verschuldung eine prioritäre Angelegenheit.
Weiters ist es ein großes Anliegen, den von der EK vorgelegten RL-Vorschlag
über
unlautere Geschäftspraktiken, für den die federführende Zuständigkeit beim BMWA
liegt, voranzutreiben und im Sinne der KonsumentInnen zu gestalten. Schließlich
wird die europäische Initiative zur Verbesserung der Behördenkooperation
unterstützt,
um insbesondere in grenzüberschreitenden Fällen die Durchsetzung des
Verbraucherrechts gewährleisten zu können.
Schließlich
bin ich an alle VerbraucherschutzministerInnen der EU-Mitgliedstaaten
herangetreten und habe sie um Unterstützung im Rahmen der Regierungskonferenz
ersucht, Art. 153 EG-Vertrag (Verbraucherschutz) so zu gestalten, dass er eine
geeignete Rechtsgrundlage von Verbraucherschutzrechtsakten bilden kann. Weiters
habe ich mich dafür eingesetzt, dass auf Ratsebene alle
Verbraucherschutzdossiers
auf einem Rat konzentriert werden, damit eine effektive Verbraucherpolitik der
zuständigen MinisterInnen erleichtert wird.