1001/AB XXII. GP
Eingelangt am 23.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
Bundeskanzler
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Sima
und GenossInnen haben am 22. Ok-
tober 2003 unter der Nr. 943/J an mich eine schriftliche parlamentarische
Anfrage
betreffend inakzeptablen EURATOM-Vertrag und Österreichs Beitrag zur Förderung
der Nuklearindustrie gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Zu den Fragen 1,2,3,4 und 5:
Österreich hat gemeinsam mit Deutschland einen konkreten
Vorschlag („Ferrero-
Fischer-lnitiative") für eine Erklärung zur Einberufung einer
Revisionskonferenz zur
Änderung des Euratom-Vertrages in die Regierungskonferenz eingebracht der wie
folgt lautet:
„Österreich, Deutschland und... stellen fest, daß die
zentralen Bestimmungen des
EURATOM-Vertrags seit seinem Inkrafttreten in ihrer Substanz nicht geändert
worden
sind und aktualisiert werden müssen. Daher unterstützen sie den Gedanken einer
Konferenz der Regierungen der Mitgliedstaaten, die so rasch wie möglich
einberufen
werden sollte."
Der Erklärungsentwurf wurde allen anderen derzeitigen und
zukünftigen Mitgliedstaa-
ten zugeleitet und um entsprechende Unterstützung geworben.
Einige Staaten (Ungarn, Irland) haben
bereits eine Unterstützung des österreichischen
und deutschen Anliegens in Aussicht gestellt. Nachdem die Regierungskonferenz
an-
läßlich des Europäischen Rates am 12. und 13. Dezember bekanntlich nicht abge-
schlossenen werden konnte, wurde auch die deutsch-österreichische Erklärung
über
die Zukunft von EURATOM nicht weiter behandelt.
Zu den
Fragen 6, 9 und 10:
Zum jetzigen Zeitpunkt ist nicht absehbar, wann die
Arbeiten im Rahmen der Regie-
rungskonferenz wieder aufgenommen werden. Österreich wird sich jedenfalls auch
im
weiteren Verlauf der Regierungskonferenz mit Nachdruck für die Einberufung
einer
EURATOM-Revisionskonferenz einsetzen.
Zu Frage 7:
Die Diskussionen zur Regierungskonferenz im Rahmen des
angesprochenen Euro-
päischen Rates diente einerseits der Erörterung organisatorischer Fragen über
den
weiteren Verlauf der Arbeiten in der Regierungskonferenz, andererseits dem Aus-
tausch der Positionen der Mitgliedstaaten zu den institutionellen Fragen.
Zu
Frage 8:
Da ein Abschluß der in Brüssel am 12. und 13. Dezember
nicht abgeschlossenen
Regierungskonferenz zum jetzigen Zeitpunkt nicht absehbar ist, kann auch keine
Aussage über den Zeitpunkt der Einberufung einer allfälligen EURATOM-Revisions-
konferenz getroffen werden.
Zu
den Fragen 11 bis 14:
Durch den Vertrag von Maastricht, der am 1. November 1993
in Kraft getreten ist,
wurden die Beitrittsartikel der drei Gründungsverträge durch einen einzigen
Artikel
über den Beitritt zur Europäischen Union ersetzt. In diesem Sinne gibt es auch
nur
einen einzigen Beitrittsvertrag, der am 1.Jänner 1995 in Kraft getreten
ist. Ein
selektiver Austritt aus bestimmten Vertragsteilen erscheint angesichts dieser
Umstände nicht durchführbar.
Zu
den Fragen 15 und 16:
Es
ist mir nicht bekannt, daß irgendein Mitgliedstaat der Union derzeit einen
Austritt
aus
EURATOM erwägen würde.
Zu Frage 17:
Im Jahr 2002 belief sich der Nettobeitrag
Österreichs auf 272,2 Mio. €.
Zu
Frage 18:
Grundsätzlich
ist festzuhalten, daß es kein eigenständiges Euratom-Budget gibt, das
Gemeinschaftsbudget
aber einzelne Ansätze aufweist, die ihre Rechtsgrundlage bzw.
Begründung
teilweise oder zur Gänze im Euratom-Vertrag finden. Österreich leistet
jedoch
keine Beiträge zu einzelnen Haushaltslinien sondern einen Gesamtbeitrag zum
EU-Budget.
Die zur Durchführung der Programme benötigten
Finanzierungsmittel werden als so-
genannte "Eigenmittel" im Wege aller Mitgliedstaaten aufgebracht und
im Gesamt-
haushalt der Europäischen Union als Einnahmen veranschlagt. Für die einzelnen
Mitgliedstaaten ist somit zur Ermittlung ihrer anteiligen Kosten an bestimmten
Pro-
grammen das jeweilige Ausmaß ihres Finanzierungsanteiles am Gesamthaushalt
ausschlaggebend. Die Höhe dieses Ausmaßes - auch als Beitragsquote der einzel-
nen Mitgliedstaaten bezeichnet - kann aufgrund der im Eigenmittelbeschluß
vorge-
sehenen komplexen Berechnungen unter Heranziehung verschiedener Arten von Ein-
nahmenquellen von Jahr zu Jahr durchaus Änderungen unterworfen sein. Für 2002
bis 2004 (2004 geschätzt) belauft sich der Anteil Österreichs am jährlichen
Gesamt-
haushalt auf rund 2,3%.
Zu a:
2002
betrug der österreichische Anteil an Phare 25 Mio. € (2,3% von insgesamt
1.087,5 Mio. €) und an Tacis 9,1 Mio. € (2,3% von
insgesamt 395,1 Mio. €).
In diesem Zusammenhang wird darauf
hingewiesen, daß der Gesamthaushaltsplan
der Europäischen Union für das Haushaltsjahr 2003 im Amtsblatt L 54 vom 23.
Febru-
ar 2003 veröffentlicht ist.
PHARE-Mittel fallen
unter die Haushaltslinie B7-030 (Wirtschaftliche Hilfe für die asso-
ziierten Länder
Mittel- und Osteuropas). Dabei wurden beispielsweise im Rahmen des
"Programms der gemeinschaftlichen Unterstützung im Bereich der Nuklearen
Sicher-
heit" für das Jahr 2003 10,9 Mio. € beschlossen und im Rahmen der
"Phare-Sonder-
programme zur Unterstützung der Stillegung von Kernkraftwerken und Folgemaßnah-
men im Energiesektor für 2003" für Bulgarien 61,9 Mio. €, für Litauen 30
Mio. € und für
die Slowakei 25 Mio. € bereitgestellt.
TACIS-Mittel fallen unter die
Haushaltslinie B7-524 (Unterstützung im Nuklearbe-
reich), welche für das Jahr 2003 Verpflichtungen in der Höhe von insgesamt 85
Mio. €
vorsieht.
Zu b:
Das Instrument der Euratom-Anleihe basiert
auf Art. 172 Abs. 4 des Vertrages zur
Gründung der Europäischen Atomgemeinschaft (EAG-V). Dieser sieht vor, daß die
Kommission zur Finanzierung der Forschung oder von Investitionen Anleihen auf
den
Kapitalmärkten der Mitgliedstaaten aufnehmen kann, wozu sie durch den Beschluß
77/270/EURATOM ermächtigt wurde. Diese Gelder werden zu kommerziellen Bedin-
gungen an Unternehmen weitergegeben. Da das System selbstfinanzierend ist,
werden zu keinem Zeitpunkt Mittel aus dem EU-Budget verwendet. Seine
Attraktivität
besteht in den für die EU im Vergleich zu Einzelunternehmen günstigen
Refinanzie-
rungsbedingungen. Anzumerken ist, dass die Gemeinschaft eine letztinstanzliche
Ausfallshaftung für Euratom-Kredite übernimmt.
Der Gesamtrahmen beträgt gemäß Beschluß
90/212/EURATOM 4.000 Mio. ECU.
Zu c:
Abgesehen von der Unterstützung aus PHARE-
und TACIS-Mittel, welche teilweise
als Förderung klassifiziert werden können, gibt es keine Förderungen im
Nuklearbe-
reich im strengen Sinn aus dem Gemeinschaftsbudget.
Haushaltslinien, die auf dem
Euratom-Vertrag beruhen, sind beispielsweise die Eura-
tom-Sicherheitsüberwachung (B4-2) und das Euratom-Forschungsrahmenprogramm
(B6-63). Diesbezügliche Verwaltungsausgaben
betreffend das Forschungsrahmenpro-
gramm fallen unter die Haushaltslinie B6-60.
Auch wenn der gemeinschaftlichen Forschung fördernde
Absicht unterstellt werden
kann, so sind dennoch Verwaltungsausgaben nicht als Förderung zu werten.
Die Euratom-Sicherheitsüberwachung
(Sicherheitskontrolle) bedeutet die gemeinsa-
me Überwachung von spaltbaren Materialien, um einen Mißbrauch für militärische
Zwecke zu verhindern.
Hinsichtlich des
Euratom-Forschungsrahmenprogramms ist festzuhalten, daß Öster-
reich eine Orientierung der gemeinsamen Nuklearforschung in Richtung Strahlen-
schutz bewirken konnte.
Zu d:
Für das gesamte Rahmenprogramm (RPG) wurde eine Dotierung
von 17.500,0 Mio. €
von 2002 bis 2006 beschlossen. Davon sind 1.230,0 Mio. € für Euratom bestimmt
(750 Mio. € für Fusionsforschung, 90 Mio. € für Management von radioaktivem
Abfall,
50 Mio. € für Strahlenschutz, 290 Mio. € für die "Gemeinsame
Forschungsstelle" und
50 Mio. Euro für andere Aktivitäten).
Die Österreich jährlich entstehenden durchschnittlichen
Kosten sind unter Berücksich-
tigung der 5-jährigen Programmlaufzeit nachstehender Aufstellung zu entnehmen
(gesamt: 80,5 Mio. €, davon Euratom: 5,7
Mio. €):
jährl. RPG
(EG): 6.270,0
Mio. € : 5 Jahre = 3.254,0 Mio. € x 2,3% = 74,8 Mio. €
jährt. RPG (Euratom): 1.230,0 Mio. € : 5 Jahre = 246,0
Mio. € x 2,3% = 5,7 Mio. €
jährl. Gesamtkosten:
17.500,0 Mio. €
: 5 Jahre = 3.500,0 Mio. € x 2,3% = 80,5 Mio. €
Zu Frage 19:
Die Eigenmittelgutschriften Österreichs
betrugen 2002 rund 1,808 Mrd. €.
Davon entfielen auf:
• BSP-Eigenmittel 1,071
• Mehrwertsteuer-Eigenmittel 0,553
• United
Kingdom (UK)-Korrektur 0,034
• Traditionelle
Eigenmittel 0,150
Zu den Fragen 20, 21, 22 und 23:
Beim derzeitigen Stand der Dinge liegt die Priorität der
Österreichischen
Bundesregierung eindeutig auf der Frage der inhaltlichen Ausgestaltung des
neuen
rechtlichen Rahmens für die Europäische Union.
Inwieweit eine Volksabstimmung gemäß
österreichischem Bundesverfassungsrecht
geboten oder auch unterhalb dieser rechtlichen Schwelle politisch wünschenswert
ist,
kann erst nach Vorlage eines unterzeichnungsfähigen Textes abschließend
beurteilt
werden.