1011/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.12.2003
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Gabriele Binder, Kolleginnen und Kollegen
vom 23. Oktober 2003, Nr. 1003/J, betreffend Situation der Frauen im ländlichen Raum, be-
ehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft hat im-
mer danach gestrebt, die Leistungen der Frauen im ländlichen Raum und im Speziellen die
unverzichtbare Mitarbeit am land- und forstwirtschaftlichen Betrieb im Grünen Bericht zu do-
kumentieren. Das erste Kapitel über die Situation der Bäuerinnen wurde im Grünen Bericht
1988 veröffentlicht. In den nächsten Jahren wurde der § 7-Kommission immer wieder über
die Situation der Bäuerinnen berichtet bzw. wurden aktuelle Studien über die Frauen in der
Landwirtschaft im Grünen Bericht veröffentlicht. Seit dem Grünen Bericht 1996 wurde im
Konsens mit der § 7-Kommission festgelegt, alle zwei Jahre ein Kapitel über Bäuerinnen in
den Grünen Bericht aufzunehmen. Ein zweijähriger Turnus wurde deshalb gewählt, da eine
jährliche Veröffentlichung die Gefahr in sich birgt, Wiederholungen zu veröffentlichen, wie
dies zu Beginn der Fall war. Anlässlich der Debatte zum Grünen Bericht 1991 wurde dies
vom Nationalrat kritisiert.


Seit diesem Übereinkommen der § 7-Kommission wird im Grünen Bericht regelmäßig ein
Kapitel über die Frauen im ländlichen Raum aufgenommen. Diese Kapitel wurden in den
Grünen Bericht 1996, den Grünen Bericht 1998, den Grünen Bericht 2000 und den Grünen
Bericht 2002 aufgenommen.

Im Grünen Bericht 2002 wurden unter dem Kapitel „Frauen in der Landwirtschaft" (Seite
166 f) Ergebnisse unterschiedlicher Studien und statischer Auswertungen bezüglich der Tä-
tigkeit von Frauen in der Landwirtschaft und ihrer Eingebundenheit in die regionale/ländliche
Entwicklung vorgestellt. In einer Studie des Fessel-GfK-lnstitutes wurden als positive Aspek-
te des Berufes „Bäuerin" von den Befragten vor allem die „Lebensmittelerzeugung" und die
„Vereinbarkeit von Haushalt, Familie und Beruf genannt. Als negativ am Beruf Bäuerin wer-
den die hohe Arbeitsbelastung, die geringe Freizeit und der Generationenkonflikt in den bäu-
erlichen Haushalten gesehen. Die weiteren Ausführungen beziehen sich auf die „Bäuerin als
Betriebsführerin". Die Auswertungen von INVEKOS-Daten 2002 wurden jeweils nach Frau-
en- und Männerbetrieben hinsichtlich der Altersverteilung, der Betriebsgrößenverteilung und
der Verteilung nach Bundesländern vorgenommen. Weiters finden sich Diskussionsbeiträge
hinsichtlich der Einbindung von Frauen im regionalen/ländlichen Entwicklungsprozess am
Beispiel der Gl LEADER+ und der Studie „Grundlagen für eine gleichstellungsorientierte Re-
gionalentwicklung (Oedl-Wieser 2003,169f).

Zu Frage 1:

Im Grünen Bericht 2001 wurde aufgrund der Vereinbarung in der § 7-Kommission, alle
zwei Jahre über die Frauen im ländlichen Raum zu berichten, kein Kapitel publiziert (siehe
auch Einleitung).

Zu den Fragen 2 bis 4:

Die österreichischen Regionen sind weitgehend von ländlichen Siedlungsstrukturen geprägt.
Dieses Ergebnis findet sich in den verschiedensten einschlägigen Arbeiten: Sowohl die Be-
rechnung städtischer Siedlungsstrukturen (über die zusammenhängende Siedlungsfläche)
bzw. Abgrenzung von städtischen Gebieten (v.a. durch die Einteilung des ÖSTAT), über die
international vergleichenden Arbeiten der OECD seit Beginn der 1990-iger Jahre (OECD
1994 und OECD 1996), bis hin zu verschiedenen Typologien, die im Rahmen des ESPON-


Programms (European Spatial Planning Observatory Network) im letzten Jahr durchgeführt
wurden (Bengs et al. 2003), verweisen auf den hohen Grad ländlicher Gebiete in Österreich
(Dax 2003).

Nach der OECD-Typologisierung werden drei Kategorien von Regionen unterschieden
OECD (1994: 23): (i) überwiegend ländliche Gebiete, (ii) maßgeblich ländlich geprägte Ge-
biete und (iii) überwiegend urbane Gebiete.

2003 wurde diese OECD-Typologisierung mit den Volkszählungsdaten 2001 in einer Studie
(Dax, Thomas, Regionstypisierung Österreichs nach der OECD-Methode. Expertise der Mid-
term Review des „Programms für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Österreich,
Wien) mit folgenden Hauptergebnissen neu berechnet:

Auf lokaler Ebene, also für die Gemeindedaten, bedeutet dies, dass


43,72 %
42,47%
41,89%


1981:
1991:
2001:


 


der Gemeinden als ländlich (d.h. mit einer Bevölkerungsdichte unter 150 Einwohner/km2)
eingestuft wurden. Dieser leicht rückläufige Trend ist durch das Bevölkerungswachstum in
den beiden Beobachtungsperioden, sowie eine fortgesetzte Tendenz zur Siedlung in Klein-
und Mittelzentren bzw. peri-urbanen Gebieten bedingt.

Auf regionaler Ebene bedeutet dies folgende Verteilung bzw. Entwicklung der Anteile der
drei Regionstypen (in %):

                                         1981            1991                2001

PR-
überwiegend ländlich
strukturierte Regio-
nen

 

47,6

 

46,3

 

46,7

 

IN-
integrierte Regionen
(maßgeblich ländlich)

 

29,1

 

30,8

 

30,7

 

PU-
überwiegend städ-
tisch strukturierte
Regionen

 

23,3

 

23,0

 

22,6

 


Auch hier sind im letzten Jahrzehnt nur geringe Veränderungen erkennbar; wesentliche Ver-
schiebungen hat es in den 1980-iger Jahren in Richtung der Übergangsgebiete (IN) gege-
ben. Zum Teil dürften diese Ergebnisse durch die nunmehr stark ausgedehnten Einzugsbe-
reiche der größeren Städte hervorgerufen werden, die weit bis in die überwiegend ländlich
strukturierten Gebiete hineinreichen und zuletzt auch dort zu deutlich verstärkter Siedlungs-
und Bevölkerungsentwicklung geführt haben. Diese Entwicklungen sind jedoch nicht für alle
Regionen bzw. Teilgebiete der Regionen in gleicher Weise maßgeblich.

Weitere Trends, die aus den Regionsergebnissen ablesbar sind:

   Der Teil ländlicher Gemeinden innerhalb der Regionen verändert sich nur allmählich, das
 bedeutet, dass die Siedlungsstruktur Österreichs sehr stabil ist. Einzig in den Wiener Um-
 landgebieten (Nord und Süd), im Kärntner Zentralraum, im Traunviertel sowie in der Um-
 gebung Salzburgs sind maßgebliche Verstädterungstendenzen mit diesen Werten zu er-
 kennen. Im Gebiet der östlichen Obersteiermark ist durch den deutlichen Bevölkerungs-
 rückgang in den letzten Jahrzehnten sogar eine Zunahme „ländlicher" Gebietstypen fest-
 stellbar.

  Die Ausweitung der Einzugsbereiche der größeren Städte Österreichs betrifft nunmehr
 nicht so sehr allein den unmittelbaren städtischen Bereich oder das Umland sondern
 vielmehr die ländlichen Gebiete (auch PR). Insbesondere ist dies aus den gestiegenen
 Dichtewerten der überwiegend ländlichen Gebiete zu erkennen.

  Auch die Bevölkerungsentwicklung unterstreicht die Tatsache, dass in den 1990-iger
 Jahren der stärkste Bevölkerungszuwachs in den überwiegend ländlichen Gebieten ver-
 zeichnet wurde.

   Diese relativ positiven Entwicklungswerte für die ländlichen Gebiete schlagen sich in den
 Werten der Arbeitsplatzstatistik nur teilweise nieder. Trotz einer Zunahme der Arbeits-
 plätze auch in den ländlichen Regionen blieb das Arbeitsplatzdefizit (zumindest bis 1996)
 weitgehend unverändert hoch. Da die Werte aus der Volkszählung 2001 für die Beschäf-
tigtensituation und -Struktur noch nicht vorliegen, können keine weiteren Aussagen dazu
gemacht werden.


Zu Frage 6:

Die Agrarquote (Anteil der landwirtschaftlichen Beschäftigten an allen Beschäftigten in der
Region) für die überwiegend ländlichen Gebiete entwickelte sich

von      1981    -     17,9 %,

über    1991    -     12,5 %,

auf      2001    -       9,1  %.

Das bedeutet, dass auch in den überwiegend ländlichen Gebieten im Durchschnitt die Ag-
rarquote unter 10 % liegt.

(Quelle: Dax, Thomas (2003): Regionstypisierung Österreichs nach der OECD-Methode. Expertise im
Rahmen der Mid-term Review des „Programms für die Entwicklung des ländlichen Raumes in Öster-
reich". Wien)

Zu den Fragen 5, 7 und 15:

In Österreich sind Frauen bereits bei mehr als einem Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe
(natürliche Personen) Betriebsführerin. Die erhebliche Zahl der Betriebsleiterinnen schlägt
sich auch in den Anträgen zu diversen Maßnahmen für land- und forstwirtschaftliche Förde-
rung bzw. Direktzahlungen nieder. In den nachstehenden Graphiken werden Frauen- und
Männerbetriebe nach Alter, nach Bundesländern und Betriebsgrößen auf Basis der INVE-
KOS-Daten dargestellt.



Anteil von Frauen- und Männerbetrieben
nach Alter

insgesamt 121.286 (= 100%; davon 59% Männerbetriebe
und 41% Frauenbetriebe)


nach Betriebsgrößen


• weiblich       männlich
Quelle: BMLFUW            Gra
fik: G. Fronaschitz, BMLFUW

Die zahlenmäßige Angabe der Bäuerinnen in Österreich gestaltet sich schwierig, da in der
Agrarstrukturerhebung 1999 (Statistik Austria 2003) unter die Rubrik „Land- und forstwirt-
schaftliche Arbeitskräfte - davon im Betrieb beschäftigte weibliche Familienangehörige" alle
weiblichen Familienangehörige wie hauptberuflich in der Landwirtschaft tätige Frauen und
weibliche Kinder (einschließlich Wahl-, Pflege- und Adoptivkinder) ab dem 15. Lebensjahr
fallen.

(Quellen: Grüner Bericht 2002. Bericht über die Lage der österreichischen Landwirtschaft 2002, Wien;
Statistik Austria (2003). Agrarstrukturerhebung 1999, Wien)


Zu Frage 8:

Diese Frage kann nicht beantwortet werden, da es dazu keine wissenschaftlichen Untersu-
chungen gibt und diese Fragestellung quantitativ auch sehr schwer zu erheben ist.

Zu den Fragen 9 und 10:

Diese Fragen können nicht beantwortet werden, da es dazu keine statistischen Erhebungen
und wissenschaftlichen Untersuchungen gibt.

Zu Frage 11:

Alle.

Zu den Fragen 12 und 13:

Zu diesen Fragen gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen und diese Fragen kön-
nen quantitativ kaum erhoben werden.

Zu Frage 14:

Zu dieser Frage gibt es keine wissenschaftlichen Untersuchungen.

Zu den Fragen 16 und 17:

Im Jahr 2001 fanden österreichweit 16.763 Bildungsveranstaltungen mit 571.320 Teilneh-
mern statt. Diese Gesamtsumme umfasst sowohl das Bildungsangebot der Ländlichen Fort-
bildungsinstitute als auch der Landwirtschaftskammern. Im Jahr 2002 wurden im Veranstal-
tungsprogramm der Ländlichen Fortbildungsinstitute nur mehr die LFI-Veranstaltungen ge-
zählt. In Summe waren das 10.692 Bildungsveranstaltungen mit 253.197 Teilnehmern, da-
von 100.113 Frauen. Die Gesamtanzahl der Bildungsveranstaltungen der LFI's und der
Landwirtschaftskammern zusammen wird auch im Jahr 2002 rd. 17.000 Veranstaltungen mit
mehr als 600.000 Teilnehmern umfassen.


Für das Jahr 2003 ist wiederum eine ähnlich hohe Anzahl an Veranstaltungen und Teilneh-
mern zu erwarten. Seitens der LFI's bzw. Landwirtschaftskammern werden aber in den Bil-
dungsprogrammen um rund 50 % mehr Veranstaltungen angeboten.
Detailliertere Unterlagen liegen nicht vor.

Zu Frage 18:

Im Jahr 2001 wurden 3.871 Zertifikate, davon 2.298 an Frauen verliehen. Die Übersicht der
Zertifikatslehrgänge 2001 bzw. eine Zertifikatslehrgang-Gesamtstatistik liegt bei.

Zu den Fragen 19 und 20:

Diese Fragen sind nicht der Vollziehung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft,
Umwelt und Wasserwirtschaft zuzuordnen und unterliegen daher nicht dem Interpellations-
recht.

Zu Frage 21:

Im Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft sind 18
Frauen mit der Funktion einer Abteilungsleiterin betraut.

Zu Frage 22:

Grundsätzlich ist auszuführen, dass durch die land- und forstwirtschaftliche Förderung im
Hinblick darauf, dass ein hoher Anteil der Frauen auch gleichzeitig Betriebsführerinnen sind,
(siehe auch zu Frage 15) die Situation der Frauen im ländlichen Raum verbessert wird. Ins-
besondere werden unter der Maßnahme „Berufsbildung", im Rahmen des Programms für
ländliche Entwicklung, für Frauen interessante Themen angeboten. Wie die Auswertung im
Grünen Bericht 2002 zeigt, sind auch bei dieser Sparte die Teilnehmerzahlen der Frauen
sehr hoch, was beweist, dass diese Bildungsangebote sehr gut angenommen werden.