1056/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Gesundheit und Frauen

 

Anfragebeantwortung

Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr. 1051/J der Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde
wie

folgt:

Fragen 1 bis 6:

Zu den in Abschnitt C des Berichts aufgelisteten Punkten, die den Wirkungsbereich meines
Ressorts betreffen, ist Folgendes zu bemerken:

Zu Punkt II/4 - Allgemeines Sozialversicherungsgesetz:

Freizeitunfall/Arbeitsunfall:

Im Sozialversicherungsbereich obliegt es den Krankenversicherungsträgern,
Maßnahmen zur Verhütung von Unfällen im Freizeit- und Haushaltsbereich zu
setzen, wobei hier insbesondere auf deren diesbezügliche Aufgaben im Rahmen
der Gesundheitsförderung hinzuweisen ist.

Hinsichtlich der Differenzierung zwischen Freizeit- und Arbeitsunfällen ist eine
Änderung derzeit nicht geplant. Die diesbezüglich im gegenständlichen Bericht
enthaltene Begründung ist nach wie vor gültig.

Daran vermag auch der mit Wirksamkeit ab 1. Jänner 2004 im Rahmen des
Budgetbegleitgesetzes 2003 eingeführte Ergänzungsbeitrag zum Krankenver-
sicherungsbeitrag der Dienstnehmer(innen), der selbständig Erwerbstätigen, der
Pensionist(inn)en, der Bezieher(innen) von Übergangsgeld und der Ruhegenuss-
bezieher(innen) sowie der Personen, die eine Form der freiwilligen Versicherung
in der Krankenversicherung eingegangen sind, im Ausmaß von 0,1 % der
allgemeinen Beitragsgrundlage (der Pension bzw. des Ruhegenusses) nichts zu
ändern.


Rehabilitation:

Was die Maßnahmen der Rehabilitation anlangt, ist noch Folgendes auszuführen:

Die Kranken- und die Unfallversicherung verfolgen unterschiedliche Ziele. Die
Unfallversicherung bezieht sich auf Arbeitsunfälle und zielt daher auf die
Wiedereingliederung des (der) Verunfallten in das Arbeitsleben und die möglichst
vollständige Wiederherstellung seiner (ihrer) ursprünglichen Arbeitsfähigkeit ab.
Neben der medizinischen ist daher auch die berufliche und soziale Rehabilitation
vorgesehen.

Ziel der Krankenbehandlung im Rahmen der Krankenversicherung ist hingegen,
die Gesundheit, die Arbeitsfähigkeit und die Fähigkeit, für die lebenswichtigen
persönlichen Bedürfnisse zu sorgen, nach Möglichkeit wiederherzustellen. Die
Krankenbehandlung muss dabei ausreichend und zweckmäßig sein, darf jedoch
das Maß des Notwendigen nicht überschreiten. Auf die medizinische Rehabilita-
tion im Rahmen der Krankenversicherung besteht kein individueller Rechtsan-
spruch, sie wird vielmehr nach pflichtgemäßem Ermessen gewährt.

Über den Antrag auf Zuerkennung einer Leistung aus der Krankenversicherung
oder auf Gewährung von Unfallheilbehandlung, von Familien-, Tag-, Versehrten-
und Übergangsgeld oder von Körperersatzstücken, orthopädischen Behelfen und
anderen Hilfsmitteln aus der Unfallversicherung, ferner bei amtswegiger Fest-
stellung der angeführten Leistungen der Unfallversicherung ist ein Bescheid zu
erlassen, wenn der Versicherungsträger von sich aus ohne Einwilligung des (der)
Erkrankten (Versehrten) Anstaltspflege oder Wiederaufnahme der Heilbehand-
lung verfügt, oder wenn die beantragte Leistung ganz oder teilweise abgelehnt
wird und der (die) Anspruchswerber(in) ausdrücklich einen Bescheid verlangt. Ein
Bescheid ist jedenfalls auch zu erlassen über den Antrag auf Zuerkennung oder
über die amtswegige Feststellung einer sonstigen Leistung aus der Unfallver-
sicherung, ausgenommen eine Leistung nach § 173 Z
1 lit. c ASVG (berufliche
und soziale Maßnahmen der Rehabilitation), sowie die Feststellung, dass eine
Gesundheitsstörung Folge eines Arbeitsunfalles bzw. einer Berufskrankheit ist
(vgl. § 367 ASVG).

Eine Ausdehnung der diesbezüglichen Bescheiderlassungspflicht ist derzeit eben-
falls nicht in Aussicht genommen.

Zu Punkt II/5 - Ärztegesetz;

An der bisherigen ablehnenden Haltung zu einer Änderung des ÄrzteG 1998
dahingehend, dass für Ordinationsstätten verpflichtend ein barrierefreier Zugang
vorgesehen wird, hat sich nichts geändert.

Die generelle Vorgabe im ÄrzteG 1998 ließe außer Acht, dass allein bereits die
Möglichkeiten für einen barrierefreien Zugang maßgeblich von den baulichen
Möglichkeiten bestimmt werden. Damit würde etwa in zahlreichen Teilen Wiens
mit alter und sehr alter Bausubstanz der Betrieb ärztlicher Ordinationsstätten
unmöglich gemacht werden. Überdies muss auch dort, wo ein Umbau rein
technisch möglich ist, die Finanzierbarkeit im Auge behalten werden. Schließlich
sind umfangreiche Umbauarbeiten auch an die Zustimmung des
Hauseigentümers bzw. der Wohnungseigentümer gebunden und damit nicht
(allein) in der Entscheidungsgewalt des/der betreffenden Arztes/Ärztin.


Schließlich würde die Umsetzung des Anliegens im ÄrzteG 1998 auch bedeuten,
dass sämtliche Ärzte/Ärztinnen - auch solche ohne Kassenvertrag bzw
Kassenverträge, die allenfalls auch als ausschließlich privat tätige Ärzte
Patienten/Patientinnen, die einen barrierefreien Zugang benötigen, nicht
betreuen - zu derartigen Ordinationsstätten verpflichtet wären.

An die bisherigen Hinweise einer kompetenzrechtlichen Zuordnung des
Themenkreises barrierefreier Zugänge in die Zuständigkeit der Länder auf Grund
deren Zuständigkeit auf dem Gebiet des Bauwesens sei schließlich erinnert.

Aus der Sicht des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen ist daher
vielmehr der nunmehr eingeschlagene Weg einer Umsetzung des Anliegens
barrierefreier Zugänge zu Arztordinationen auf der Ebene des
Sozialversicherungsrechts zu bevorzugen. So sieht § 342 Abs.
1 Z 9 ASVG idF
BGBI.
I 2001/99 vor, dass bei Vertrags-Gruppenpraxen die Voraussetzung eines
behindertengerechten Zugangs bereits Inhalt des Gesamtvertrages zu sein hat.
Überdies ist auch § 2 Abs.
1 Z 4 der Verordnung BGBI. II 2002/487 über sog.
„Reihungskriterien" bei der Vergabe von Einzelverträgen mit
Kassenversicherungsträgern zu nennen, nach dem die Zusage, einen
barrierefreien Zugang zu schaffen, ein wesentliches Kriterium für die Reihung der
Bewerber/innen ist. Schließlich darf auf die Berichte zu der eben erzielten
Einigung zwischen der Wiener GKK und der Ärztekammer für Wien verwiesen
werden, wonach u.a. bei der Schaffung neuer Planstellen ein barrierefreier
Zugang vorgesehen ist. Zusätzlich haben sich die Vertragspartner vorgenommen,
in den nächsten fünf Jahren unter Berücksichtigung der Bausubstanz in Wien
12% der Wiener Arztordinationen mit GKK-Verträgen barrierefrei zu gestalten.

Zu Punkt II/6: Verordnung über vordringliche Maßnahmen zur
Erhaltung der Volks
gesundheit ( BGBI.Nr. 274/1981)

Die bisherige Argumentation bleibt aufrecht, der Vorwurf, der Begriff
„Volksgesundheit" wäre eine aus der NS-Zeit stammende Ausdrucksweise, ist
schärfstens zurückzuweisen. Es handelt sich bei der Verwendung dieses Begriffes
in der Rechtsprechung des VfGH vielmehr um die Auslegung des
Kompetenztatbestandes „Gesundheitswesen" gem. Art. 10 Abs.
1 Z. 12 B-VG als
Obsorge für den allgemeinen Gesundheitszustand der Bevölkerung (vgl. z.B.
bereits VfSIg 3650), im Gegensatz zu zahlreichen anderen Regelungen zum
Schutz der Gesundheit, die allerdings typisch für eine bestimmte Materie und
daher in deren Zusammenhang zu regeln sind (vgl. dem Gesundheitsschutz
dienende Bestimmungen im Gewerbe- und im Kraftfahrwesen). Rechtshistorisch
ist die Behauptung der Verwendung einer NS-Diktion schlicht mit dem Hinweis
auf die Kundmachung RGBI 1918/297, durch die ein „Ministerium für
Volksgesundheit" errichtet wurde, zu widerlegen.