1065/AB XXII. GP
Eingelangt am 12.01.2004
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möglich.
Bundesministerium für Bildung , Wissenschaft und Kultur
Anfragebeantwortung
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
1049/J-NR/2003 betreffend behindertenbenachteili-
gende
Bestimmungen, die die Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen
am
12. November 2003 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:
Ad l.bis 6.:
Das
Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat im Vorjahr in der
schriftlichen
Beantwortung
4316/AB (XXI. GP) der parlamentarischen Anfrage Nr.
4376/J-NR/2002 vom
19.
September 2002 betreffend Umsetzung der Verfassungsbestimmungen zur
Gleichstellung be-
hinderter
Menschen detailliert zu den den Ressortbereich betreffenden Punkten des
Gesamtberichts
der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der österreichischen Rechtsordnung
hinsichtlich behinderten-
benachteiligender
Bestimmungen Stellung genommen. Auf die in dieser Beantwortung angeführten
Maßnahmen
wird daher verwiesen (Beilage).
Ergänzend ist
Folgendes anzuführen:
A. Bereich Bildung:
§ 8b des
Berufsausbildungsgesetzes (Vorlehre) wurde durch einen neuen § 8b ersetzt, der
die „Inte-
grative
Berufsausbildung" regelt. Diese Bestimmung ermöglicht Jugendlichen mit
Benachteiligun-
gen einerseits in einer verlängerten Lehrzeit zum Lehrabschluss oder
andererseits zu einer Teilqua-
lifikation
in einem Lehrberuf zu gelangen. Gleichzeitig ist eine Änderung des
Schulpflichtgesetzes
1985
dahingehend beschlossen worden, dass die Jugendlichen in der Integrativen
Berufsausbildung
gemäß
§ 8b Abs. 2 des Berufsausbildungsgesetzes nach Maßgabe der Festlegungen gemäß §
8b
Abs. 8 des
Berufsausbildungsgesetzes verpflichtet bzw. berechtigt sind, die Berufsschule
zu besu-
chen.
Die beabsichtigten
Novellen zum Schulorganisationsgesetz bzw. zum Schulpflichtgesetz [siehe Sei-
te
3 der Beantwortung 4316/AB (XXI. GP)] konnten
in Folge der Auflösung des Nationalrates kei-
ner parlamentarischen Behandlung zugeführt
werden.
B. Bereich
Wissenschaft:
Die
Verordnungsermächtigung in § 19 Abs. 4 des Studienförderungsgesetzes wurde mit Bundesge-
setz
BGBl. I Nr. 75/2003 neuerlich geändert und sieht
nunmehr vor, dass mit Verordnung die An-
spruchsdauer
unter Berücksichtigung von spezifisch den Studienfortgang betreffenden
Behinderun-
gen
um bis zu 50% der vorgesehenen Studienzeit verlängert
werden kann. Diese Bestimmung trat
mit l. September 2003 in Kraft. Das
Gesetz nimmt daher nunmehr in verbesserter Weise Rücksicht
auf den Umstand von Behinderungen und toleriert in einem hohen Ausmaß die
Überschreitung der
gesetzlichen Studiendauer. Zur
Umsetzung des mit dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 75/2003 geän-
derten
§ 19 Abs. 4 StudFG wird für das kommende Studienjahr eine Verordnung erarbeitet
werden.
Nicht hingegen
wurden jene Bestimmungen geändert, die die Erbringung eines Mindeststudiener-
folges nach zwei Semestern erfordern, da unter dem Gesichtspunkt der
Studienförderung ein Min-
destmaß an Studienleistung zu
erbringen ist. Würde man von Studienleistungen als Voraussetzung
für die Studienförderung gänzlich
absehen, könnte nicht mehr von einer Maßnahme der Studienför-
derung gesprochen werden, sondern von einer Förderungsmaßnahme für Behinderte.
Die im
Bericht kritisierte Bestimmung, dass Erhöhungszuschläge für behinderte
Studierende nicht
gebühren, wenn diese ein
Auslandsstudium betreiben ist unzutreffend. Erhöhungszuschläge für be-
hinderte Studierende, die im Rahmen
der Studienbeihilfe gewährt werden, können selbstverständ-
lich auch für ein Studium, welches im
Ausland betrieben wird, für die Dauer von vier Semestern
„mitgenommen" werden. Zusätzlich
gebührt eine Beihilfe für das Auslandsstudium, mit der zusätz-
liche Aufwendungen, die sich aus dem Studium im Ausland ergeben,
bestritten werden können.
DAS ZUKUNFTSMINISTERIUM bm:bwk
Bundesministerium
für
Bildung,
Wissenschaft
und
Kultur
GZ 10.000/128-Parl/2002
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Minoritenplatz 5
1014
Wien
Univ. Prof. Dr. Heinz Fischer
Parlament
1017 WienA-
Wien,14..
November 2002
Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr.
4376/J-NR/2002 betreffend Umsetzung der Verfas-
sungsbestimmungen zur Gleichstellung behinderter Menschen, die die Abgeordneten
Theresia
Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen am 19. September 2002 an mich richteten,
wird wie folgt
beantwortet:
Der Gesamtbericht der Arbeitsgruppe zur Durchforstung der
österreichischen Rechtsordnung hin-
sichtlich behindertenbenachteiligender Bestimmungen wurde seitens der
Bundesregierung in der
Sitzung vom 9. März 1999 zur Kenntnis genommen und dem Nationalrat zur
geschäftsordnungs-
mäßigen Behandlung übermittelt. Der Bericht wurde am 1. Juli 1999 im
Verfassungsausschuss be--
handelt (vgl. AB 2033 BlgNR XX.GP) und am 13. Juli 1999 im Plenum zur Kenntnis
genommen.
Aus Anlass der Behandlung des Gesamtberichtes im Verfassungsausschuss wurde -
basierend auf
dem Initiativantrag 1173/A der Abgeordneten Kostelka, Khol und Genossen - der
Antrag auf Zu-
stimmung zu einem Bundesgesetz, mit dem in einigen Gesetzen
behindertendiskriminierende Be-
stimmungen beseitigt werden sollten, gestellt (AB 2034 BlgNR XX.GP). Dieser
Antrag wurde vom
Plenum des Nationalrates in seiner Sitzung vom 13. Juli 1999 einstimmig
angenommen, das Gesetz
wurde mit BGBl. I Nr. 164/1999 kundgemacht. Wie sich den Erläuternden
Bemerkungen zum Aus-
schussbericht (AB 2034 BlgNR XX.GP) entnehmen lässt, lag dem Antrag der seitens
der Bundes-
regierung vorgelegte Gesamtbericht zugrunde. Ziel des Gesetzesvorschlags war
die Änderung eines
Teils der in diesem Bericht aufgelisteten Bestimmungen. Es wäre dem Nationalrat
freigestanden,
die Abänderung weiterer im Gesamtbericht aufgeführter Bestimmungen in das
Gesetzesvorhaben
mit einzubeziehen.
Ungeachtet dessen wurden auch seitens
der einzelnen Bundesministerien - so auch vom Bundesmi-
nisterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur - Maßnahmen zur Behebung verschiedener
im Ge-
samtbericht
aufgeführter Benachteiligungen gesetzt.
Ad l.:
Die den Ressortbereich betreffenden Punkte sind unter
Punkt D des Gesamtberichtes auf den Seiten
96 bis 113 angeführt und betreffen folgende gesetzliche
Regelungen:
-
Schulpflichtgesetz, BGBl. Nr. 76/1985 idF BGBl. Nr. 768/1996,
-
Schulunterrichtsgesetz, BGBl. Nr. 472/1986 idf BGBl. I Nr. 22/1998 bzw. Schulunterrichts-
gesetz
für Berufstätige, BGBl. I Nr. 33/1997,
-
Schulorganisationsgesetz, BGBl. Nr. 242/1962 idF BGBl. I Nr. 20/1998,
-
Pflichtschulerhaltungsgrundsatzgesetz, BGBl. Nr. 163/1955 idF BGBl. Nr.
771/1996,
-
Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, BGBl. Nr. 302/1984 idF BGBl. Nr.
138/1997,
- Schulorganisationsgesetz,
BGBl. Nr. 242/1962 idF BGBl. I Nr. 20/1998,
Aufnahms- und
Eignungsprüfungsverordnung, BGBl. Nr. 291/1975 idF BGBl. II Nr. 110/1997 in Verbin-
dung
mit Beamtendienstrechtsgesetz, BGBl. Nr. 333/1979 und Vertragsbedienstetengesetz,
BGBl. Nr. 86/1948,
-
Studienförderungsgesetz 1992, BGBl. Nr. 305/1992 idF BGBl. I Nr. 23/1999.
Ad 2.:
A. Bereich
Bildung.
Zum Thema „Aufnahme als ordentlicher
Schüler", „körperliche Eignung", „Aufnahms- und Eig-
nungsprüfungsVO" sowie „§ 121 SchOG" ist festzuhalten, dass durch die
Novelle zum Schulor-
ganisationsgesetz,
BGBl. Nr. 766/1996, die gesetzlichen Grundlagen für die Betreuung von kör-
per-
und sinnesbehinderten Kindern im gesamten Bereich der allgemein bildenden und
berufsbil-
denden
Schulen geschaffen wurden: Gemäß §§ 16 Abs. 5, 29 Abs. 2, 39 Abs. 3, 55a Abs. 2
und
68a
Abs. 2 hat die Schulbehörde erster Instanz unter Bedachtnahme auf die
Behinderung und die
Förderungsmöglichkeiten
sowie die grundsätzliche Aufgabe der jeweiligen Schulart Abweichun-
gen
vom Lehrplan festzulegen.
Im Bereich der Akademien nach
Akademien-Studiengesetz 1999 (BGBl. I Nr. 94/1999)
können
die
Studienkommissionen im Rahmen ihrer durch das AStG erhaltenen Autonomie
Studienpläne
erlassen,
die auf Behinderungen Bedacht nehmen (vgl. dazu §§ 6 bzw. 7 AStG). Damit ist
das
Aufnahmeerfordernis der körperlichen
Eignung im Hinblick auf die dennoch mögliche Erfüllung
der
Bildungsziele der entsprechenden Ausbildung relativiert zu sehen.
Zum Themenbereich „Bildungsangebot für
behinderte Kinder nach der Schulpflicht" wurde in der
Novelle zum Berufsschullehrplan, BGBl. II Nr. 339/2002, die Möglichkeit geschaffen, für körper-
und
sinnesbehinderte Schüler Lehrplanabweichungen zu treffen, um ihnen auf diesem
Weg den
erfolgreichen
Abschluss der jeweiligen Berufsschulausbildung zu ermöglichen. Ferner ist im
Be-
reich
der dualen Berufsausbildung auch auf die Vorlehre (vgl. § 8b des
Berufsausbildungsgeset-
zes, erstmals in BGBl. I 1998/100 idF
BGBl. I 2000/83) hinzuweisen, die eine zeitliche
Ausdeh-
nung der Lehrzeit für benachteiligte Jugendliche (Jugendliche mit
Lernschwierigkeiten bzw. Ju-
gendliche,
die auf Grund ihrer Persönlichkeitsstruktur schwer ins Berufsleben integrierbar
sind)
ermöglicht.
Ergänzend zum
Bericht der Bundesregierung ist festzustellen, dass in den Verfahrensbestimmun-
gen
des Schulunterrichtgesetzes durch die Novelle BGBl. I Nr. 78/2001 Benachteiligungen, die
sich
für Behinderte ergeben könnten, beseitigt wurden (§ 70 Abs. 2a). Darüber hinaus
erfolgte eine
Öffnung
in Hinblick auf mögliche elektronische (automatisationsunterstützte)
Einbringungsarten.
Weiters
ist auf die Schulorganisationsgesetz-Novelle BGBl. I Nr. 132/1998 hinzuweisen, die die
Möglichkeit eröffnete, an Sonderschulen ab dem Schuljahr 2001/02 ein
Berufsvorbereitungsjahr
zu
fuhren. Die lehrplanmäßige Umsetzung erfolgte mit BGBl. II Nr. 290/2001. Der Lehrplan des
Berufsvorbereitungsjahres an Sonderschulen beinhaltet in Anlehnung an den
Lehrplan der Poly-
technischen
Schule (BGBl. II Nr. 236/1997)
berufsbezogene Aspekte, die zur Vorbereitung auf
das
Arbeitsleben dienen sollen. Im Lehrplan erfolgt eine Gliederung des
Bildungsangebotes in ei-
nen
allgemein bildenden und einen berufspraktischen Bereich, um möglichst
individuell auf unter-
schiedliche
Begabungen reagieren zu können. Durch die beabsichtigten Novellen zum
Schulorga-
nisationsgesetz
bzw. zum Schulpflichtgesetz soll nunmehr im gesamten allgemein bildenden
Pflichtschulbereich
die Integration im Regel Schulwesen ermöglicht werden (Überführung der
Schulversuche
im Bereich der Integration an Polytechnischen Schulen). Die beabsichtigten
Rege-
lungen
sollen größtmögliche Flexibilität der Organisation des Schulbesuches für Kinder
mit son-
derpädagogischem
Förderbedarf an der Förderschule - durch die in diesem Gesetzesvorhaben be-
absichtigte
Umbenennung der „Sonderschule" in „Förderschule" sollen auch
sprachliche Barrieren
abgebaut
werden -, Hauptschule und Polytechnischen Schule schaffen. Zudem soll dadurch
si-
chergestellt werden, dass jedes Kind am Ende der allgemeinen Schulpflicht in
den Genuss von
berufsvorbereitenden
und berufsorientierenden Inhalten gelangt und somit optimal auf den Eintritt
in
das Arbeitsleben vorbereitet wird.
B.
Bereich Wissenschaft:
Durch die Änderungen der §§ 19 Abs. 3
und 4, 26 Abs. l, 29 sowie 68 des Studienförderungsge-
setzes 1992 durch die Bundesgesetze BGBl. I Nr. 23/1999 und 76/2000 sowie durch
die Verord-
nung BGBl. II Nr. 262/1999 wurde eine Rechtslage geschaffen, die die
Studiermöglichkeiten für
Behinderte verbessert. Danach können behinderte Studierende je nach ihrer
spezifischen Behinde--
rung um bis zu drei Semester je Studienabschnitt länger Studienbeihilfe
beziehen und bis zu
€ 400,-- monatlich höhere Studienbeihilfen erhalten als nicht behinderte
Studierende. Auch die
speziell für Behinderte sinnvolle Förderung von Fernstudien ist sowohl durch
Studienbeihilfen als
auch durch Studienunterstützung möglich.
Ad 3.:
Aus Sicht des Bundesministeriums für
Bildung, Wissenschaft und Kultur sind alle erforderlichen
gesetzlichen Umsetzungen vorgenommen worden. Im Bereich des Schulrechts konnte
allerdings-
wie auch aus dem vorliegenden Bericht ersichtlich - in einigen Themenbereichen
keine Annähe-
rung der Standpunkte erzielt werden. Es handelt sich dabei um folgende
Bereiche:
Schulpflichtgesetz:
Themenbereiche „Sonderpädagogischer Förderbedarf" und
„Schulunfähigkeit"
aus den im Bericht angeführten Gründen.
Schulorganisationsgesetz: Der Entfall
der angesprochenen Bestimmung wäre nicht im Sinne der
betroffenen Schüler.
Die Anregungen zum
Pflichtschulerhaltungsgrundsatzgesetz wurden zur Kenntnis genommen,
doch ist in diesem Fall die Landesgesetzgebung der zuständige Ansprechpartner.
Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz:
Da nach Ansicht des Ressorts § 43 Abs. 6 verfassungskonform
ist und die Bestimmung eine Schutzfunktion für Kinder mit sozialpädagogischem
Förderbedarf
beinhaltet, ist darin keine Diskriminierung behinderter Schülerinnen zu
erblicken.
Die Bundesministerin: