1075/AB XXII. GP

Eingelangt am 12.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1061/J-NR/2003 betreffend Vernichtung von Steuergeld,
die die Abgeordneten Haidlmayr, Freundinnen und Freunde am 12.11.2003 an mich gerichtet haben,
beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Fragen 1.1 bis 1.7:

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass die Richtlinie 96/48/EG bis April 1999
umzusetzen gewesen wäre, das heißt, die Umsetzungsfrist wurde um Jahre überschritten?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass sie im Fall der Richtlinie 96/48/EG wieder
nicht imstande waren, eine kurze und einfache Richtlinie innerhalb von 2 1/2 Jahren umzusetzen?
Welche Begründungen mussten Sie sich zu dieser Nichtbewältigung des EU-Rechts sowie der
Fristüberschreitung um Jahre anhören?

Wurden Sie von Ihrem Beamten darüber informiert, dass die Kommission in diesem Fall bereits
Schritte gegen die Republik eingeleitet hatte?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass möglicherweise versucht wurde, die
Umsetzung der Richtlinie 96/48/EG hinauszuzögern, oder welche anderen Motive gibt es dafür, so
langsam zu arbeiten?

Können Sie ausschließen, dass auch im Fall der Richtlinie 96/48/EG die Missachtung des
Gemeinschaftsrechts auf eine Weisung eines Ihrer Vorgänger zurückgeht? Können Sie auch
ausschließen, dass eine Eigenmächtigkeit Ihres Beamtenapparates vorliegt?

Welche Erklärung haben Ihre Beamten dafür, dass sie im Fall der Richtlinie 96/48/EG wieder nicht
imstande waren, eine wichtige Richtlinie innerhalb mehrerer Jahre in österreichisches Recht
umzusetzen? An der ANZAHL der Beamten kann es wohl nicht liegen, da sich das BMVIT selbst in
Sicherheitsdingen seiner ureigensten Aufgaben entzieht und einen Großteil seiner bisherigen
Zuständigkeiten an die Länder abgegeben hat!

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der jahrelangen Nicht-Umsetzung der Richtlinie 96/48/EG?

Antwort:

Bei der sogenannten Interoperabiltät handelt es sich um ein neues gemeinschaftsrechtliches
Regelungsmodell, um schrittweise die aus einer jahrzehntelangen Tradition gewachsenen


betrieblichen und technischen Unterschiede in den Eisenbahnsystemen der Mitgliedstaaten mit
ihren daraus resultierenden Problemen für grenzüberschreitende Eisenbahnverkehrsdienste zu
überwinden. Die Ausgangssituation für eine Harmonisierung ist hier von der Sache her
komplizierter als bei den anderen Verkehrsträgern.

Weder zur ersten Richtlinie 96/48/EG bezüglich des Hochgeschwindigkeitsbahnsystems noch zur
zweiten 2001/16/EG bezüglich des konventionellen Verkehrs gab und gibt es eine Weisung von
den jeweils Ressortverantwortlichen oder einen Versuch von Beamten, die Vorbereitungsarbeiten
zur gesetzlichen Umsetzung zu verzögern. Bei der gegebenen Ausgangssituation kommen die
Arbeiten auf Gemeinschaftsebene einfach nicht so zügig voran wie gewünscht, gerade weil es sich
um eine - wie alle involvierten Fachleute bestätigen - ganz und gar nicht einfach umzusetzende
Materie handelt. Die Gemeinschaft beschränkt sich in der jeweiligen Richtlinie zunächst auch nur
auf prozedurale Grundsätze. Die Ausarbeitung der eigentlichen, die Interoperabilität bewirkenden
technischen Spezifikationen hinkt nach, aber nicht seitens der Mitgliedstaaten, sondern der EG-
Kommission. In dem eigens eingerichteten begleitenden Ausschuss der Europäischen Kommisson
sind eine Vielzahl von Fragen erst anhand der Umsetzung zu klären. Der Ausschuss hat seither
nicht weniger als 28 Tagungen benötigt, und noch immer sind einige Punkte offen (z. B.: Definition
des interoperablen Hochgeschwindigkeitszuges).

Bei dieser Sachlage ist es nicht verwunderlich, dass die Mitgliedstaaten Schwierigkeiten hatten,
die komplizierte neue Materie als Richtliniengerüst umzusetzen, ohne dass die zugehörigen
Spezifikationen oder zumindest die zu erwartenden Texte von der Kommission rechtzeitig
vorgelegt wurden. Nur darin liegen die eine späte Umsetzung auslösenden Umstände, und das ist
nicht nur österreichischerseits dokumentiert.

Was die Richtlinie 96/48/EG anlangt, erfolgte parallel zur Klärung von Umsetzungsfragen und zur
Vorbereitung der den Spezifikationen zugrundeliegenden Entwürfen auch die Vorbereitung und
Einbringung einer diesbezüglichen Novellierung des Eisenbahngesetzes, die am 26.4.2002
kundgemacht wurde. Die Spezifikationen für das Hochgeschwindigkeitsbahnsystem wurden als
Entscheidung der Europäischen Kommission erst danach, nämlich am 30.5.2002 erlassen und erst
nach einer Anwendungsfrist von 6 Monaten wirksam. Als Konsequenz aus den Erfahrungen mit
der ersten Richtlinie wurde und wird im Zusammenhang mit der nun vorbereiteten gesetzlichen
Umsetzung der Richtlinie 2001/16/EG, der zweiten Richtlinie zur Interoperabilität, die Kommission
im entsprechenden Ausschuss um eine raschere und parallele Klärung von Umsetzungsfragen
und Vorbereitung der zugehörigen Spezifikationsentwürfe ersucht, und auch dies nicht nur
österreichischerseits.

Fragen 2.1 bis 2.8:

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass die Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG,
2001/14/EG bis 15.3.2003 umzusetzen gewesen wären, es aber noch immer nicht sind. Die weit
über 2 Jahre hätten - so wie in anderen Ministerien - trotz des Regierungswechsels ausreichen
müssen, noch dazu da es keinen nennenswerten politischen Gestaltungspielraum gibt.

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass sie im Fall der Richtlinien 2001/12/EG,
2001/13/EG, 2001/14/EG wieder nicht imstande waren, kurze und einfache Richtlinien innerhalb
von über 2 Jahren umzusetzen?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass der Entwurf für eine Novellierung des
Eisenbahngesetzes, mit dem das BMVIT versucht, die Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG,


2001/14/EG umzusetzen, erst NACH ENDE DER UMSETZUNGSFRIST zur Begutachtung
ausgesandt wurde?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass offenbar versucht wird, die Umsetzung
der Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG hinauszuzögern, oder welche anderen
Motive gibt es dafür, so langsam zu arbeiten?

Können Sie ausschließen, dass auch im Fall der Richtlinien 2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG
die Missachtung des Gemeinschaftsrechts auf eine Weisung eines Ihrer Vorgänger oder von Ihnen
zurückgeht? Können Sie auch ausschließen, dass eine Eigenmächtigkeit ihres Beamtenapparates
vorliegt?

Welche Erklärung haben Ihre Beamten dafür, dass sie im Fall der Richtlinien 2001/12/EG,
2001/13/EG, 2001/14/EG nicht imstande waren, eine wichtige Richtlinie innerhalb mehrerer Jahre
in österreichisches Recht umzusetzen? An der ANZAHL der Beamten kann es wohl nicht liegen,
da sich das BMVIT selbst in Sicherheitsdingen seiner ureigensten Aufgaben entzieht und einen
Großteil seiner bisherigen Zuständigkeiten an die Länder abgegeben hat!

Welche Konseqzenzen ziehen Sie aus der bisherigen Nicht-Umsetzung der Richtlinien
2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG?

Wie lange müssen wir noch zusehen, wie Ihr Beamtenapparat an der Umsetzung der Richtlinien

2001/12/EG, 2001/13/EG, 2001/14/EG werkt? Ab wie vielen Monaten Fristverletzung werden Sie

eingreifen?

Welcher Termin ist für die Kundmachung der Eisenbahngesetznovelle zur Umsetzung dieser

Richtlinien geplant, wie viele Monate Fristüberschreitung werden es dann sein?

Antwort:

Während die Regelungen zur Interoperabilität flankierend die technischen und betrieblichen
Rahmenbedingungen verbessern sollen, sieht das gemeinschaftsrechtliche Konzept zur Öffnung
des Marktzuganges selbst mehrere in jeweils wenigen Jahren aufeinander folgende
Regulierungsschritte vor. Jeder dieser auf Gemeinschaftsebene ausverhandelte Schritt stellt einen
Kompromiss unter den Mitgliedstaaten dar, um die Marktöffnung etappenweise und für die
bestehenden Eisenbahnunternehmen und ihre Bediensteten verträglich zu gestalten. Diese
gebotene Rücksichtnahme auf eine sozial verträgliche Öffnung traditioneller Strukturen bringt es
mit sich, dass die Umgestaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen, die jeweils einer Umsetzung
jedes dieser Regelungsschritte bedarf, insgesamt eher langsam und kompliziert vorangeht. In
Österreich wird diese Umsetzung noch durch das strikte Legalitätsprinzip erschwert, weil die EU-
Richtlinien in diesem Lichte öfter Defizite aufweisen.

Hier lassen beispielsweise die auf Gemeinschaftsebene ausverhandelten Kompromissregelungen
eine Fülle von Detailfragen bei der Umsetzung offen, und auch hiezu bedarf es zahlreicher
Sitzungen von Kommission und Experten der Mitgliedstaaten, um die Richtlinien - die eben
Leitliniencharakter für die Umsetzung und noch nicht Gesetzescharakter haben - konkret
implementieren zu können. Es besteht auch hiezu ein begleitendes Komitee, und noch dazu eine
Reihe von Arbeitsgruppen.

Der inhaltliche Handlungspielraum ist dabei bei manchen Regelungen wie solchen mit
Verfahrenscharakter relativ eng, bei manchen anderen hingegen wird er ausdrücklich den


Mitgliedstaaten eröffnet, wie insbesondere bei den organisatorischen Vorgaben für die
Bahnreform. Diese nutzten schon bisher die Mitgliedstaaten in verschiedenen Modellen, und dies
ist auch aktuell der Fall, wie Bahnreformbestrebungen in mehreren Staaten zeigen. Für die ÖBB
als dem weitaus größten in Österreich betroffenenen Eisenbahnunternehmen bedurfte es einer
über die eher rudimentär formulierten Vorgaben aus den zitierten Richtlinien selbst
hinausgehenden Vorbereitung einer umfassenden Bahnreform, deren Eckpunkte ich bereits in
Beantwortung der parlamentarischen Anfrage Nr. 862/J-NR/2003 auch in Bezug auf die
angesprochenen EG-Richtlinien ausführte, und die jüngst als Bundesbahnstrukturgesetz 2003 im
Nationalrat behandelt wurde. Damit sind für den Bereich der ÖBB als dem weitaus größten
österreichischen Eisenbahnunternehmen die Voraussetzungen für einen fairen Marktzugang als
der Kerngedanke der den Richtlinien zugrundeliegenden Marktordnung erfüllt worden.

Parallel dazu und parallel zu den Klärungen in den erwähnten EG-Gremien erfolgte auch die
Vorbereitung einer weiteren Anpassung des Eisenbahngesetzes als Grundlage für die
Regulierungsbestimmungen für alle innerstaatlich betroffenen Eisenbahnunternehmen. Nach dem
den jeweiligen Richtlinien-Etappen folgenden umfangreichen Anpassungen des Eisenbahn-
gesetzes im Eisenbahnrechtsanpassungsgesetz 1997 und im Schienenverkehrsmarktregulierungs-
gesetz 1999, in welchem in Österreich bereits viele Elemente wie ein erweiterter Zugang im
Güterverkehr oder die Einrichtung eines Regulators vorweggenommen wurden, die dann in den
Richtlinien 2001/12 bis 14/EG auch ins Gemeinschaftsrecht übernommen wurden, soll nun noch
eine weitere Anpassung des Eisenbahngesetzes folgen, deren Vorlage bereits dem Parlament
zugeleitet wurde.

Auch in diesem Regelungsbereich liegt die zeitliche Verzögerung im jeweiligen Umfang und im
ganz und gar nicht einfachen Inhalt und der nötigen gemeinschaftsrechtlichen Abstimmung
begründet. Was die Zahl der mit der legistischen Umsetzung betrauten Beamten anlangt, ergibt
sich in Österreich eine kapazitative Begrenzung durch die anhaltenden Personalsparmaßnahmen.
Bei einem solchen geballten Zusammentreffen von europäischen und innerstaatlichen Gesetzen
im Eisenbahnbereich bedeutet das einen Arbeitsumfang, der auch aus Kapazitätsgründen an
Grenzen stößt. Der von Abgeordneten des Nationalrates eingebrachte Initiativantrag zum
„Deregulierungsgesetz" hat im Gegensatz zu den in Ihrer Frage aufgeworfenen Behauptung wenig
Entlastung der Behörde in Richtung Länder gebracht.

Fragen 3.1 bis 3.5:

Wurden Sie von Ihren Beamten über die Entscheidung der Kommission vom 2. April 2003,
gesetzliche Verfahren gegen Österreich anlaufen zulassen, da die Republik Österreich "die
Kommission von jeder Umsetzung des Eisenbahninfrastrukturpakets nicht benachrichtigt hat"
entsprechend informiert?

Der Termin für die Umsetzung des Eisenbahninfrastrukturpakets (Richtlinien 2001/12/EG,
2001/13/EG und 2001/14/EG) in einzelstaatliches Recht war der 15. März 2003.

Weshalb hat das BMVIT in dieser weiteren Frist keine Umsetzung vorgenommen und lieber die
Einleitung rechtlicher Schritte durch die Kommission herbeigeführt?

Können Sie verbindlich ausschließen, dass Fristüberschreitungen vom Apparat des BMVIT
absichtlich herbeigeführt wurde? Neben der Länge der Fristüberschreitungen, die ja nicht so
auffallend wäre, sticht doch die Anzahl der nicht umgesetzten Richtlinien heraus!
Wurden Sie darüber informiert, dass die Kommission aufgrund der unveränderten Untätigkeit Ihres
Ressorts anschließend am 9. Juli 2003 ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik


Österreich eingeleitet hat, da das BMVIT der Kommission noch immer keine Maßnahmen zur
Umsetzung des Eisenbahninfrastrukturpakets zur Liberalisierung des internationalen
Güterverkehrsmarktes mitgeteilt hat?

Der Termin für die Umsetzung des Eisenbahninfrastrukturpakets (Richtlinien 2001/12/EG,
2001/13/EG und 2001/14/EG) in einzelstaatliches Recht war der 15. März 2003.

Artikel 226 und 227 EGV sehen für die Klageerhebung keine fixe Frist vor. Nach Ablauf der in der
Stellungnahme der Kommission vorgesehenen Frist kann jedoch sofort Anklage erhoben werden
was die Republik wiederum viel Geld kosten wird. Werden Sie Ihr Ressort dazu anhalten,
wenigstens die im Mahnschreiben vom 9. Juli eingeräumte Frist zu wahren, oder lassen Ihre
Beamten eine Anklageerhebung vor dem EUGH zu?

Antwort:

Im Schriftverkehr mit der Kommission zur Umsetzung der Richtlinien wurde sowohl in der
offiziellen Stellungnahme Österreichs an die Kommission vom 28. 5. 2003 als auch in der zweiten
Stellungnahme Österreichs vom 12. 9. 2003 in Beantwortung der begründeten Stellungnahme der
Kommission festgehalten, dass einerseits wesentliche Teile der zitierten Richtlinien bereits
geltendes österreichisches Recht darstellen und andererseits andere Bereiche bis zur formellen
Umsetzung direkt aus der Richtlinie angewendet werden, und dass darüberhinaus weitere
gesetzliche Regelungen bevorstehen. Dass die Kommission das Verfahren weiterführte, liegt also
nicht etwa daran, dass österreichischerseits keine Umsetzungsmaßnahmen getroffen und
mitgeteilt worden wären, sondern an der üblichen Vorgangsweise der Europäischen Kommission,
dieses Verfahren bis zur Notifikation von aus Sicht der Kommission lückenlosen Umsetzungs-
regelungen laufen zu lassen. Darauf, dass die Umsetzung dieser Richtlinien zweckmäßigerweise
mit einer größeren Bahnreform verknüpft wird, wird - auch wenn dies der den Richtlinien
zugrundeliegenden weiteren Konzeption der Kommission entsprechen mag - in diesem eher
formalistischem Ablauf nicht Rücksicht genommen. So kommt es nicht von ungefähr, dass vorerst
neben Österreich acht weitere Mitgliedstaaten geklagt werden, nämlich Deutschland, Griechen-
land, Irland, Luxemburg, Portugal, Spanien, Schweden sowie das Vereinigte Königreich. Dessen
ungeachtet sei nochmals angemerkt, dass die Europäische Kommission bis jetzt noch keine
einzige technische Spezifikation für die Interoperabilität im konventionellen Eisenbahnverkehr
erlassen hat, ohne die die Richtlinie 2001/16/EG nur ein inhaltsleeres Verfahrensgerüst ist.

Österreichischerseits wird selbstverständlich nach der nunmehr erfolgten Verabschiedung des
Bundesbahnstrukturgesetzes 2003 als auch nach der Verabschiedung der bereits dem Parlament
zugeleiteten Novellierung des Eisenbahngesetzes die Vollständigkeit der gesetzlichen
Umsetzungsmaßnahmen der zitierten Richtlinien notifiziert werden.

Fragen 4.1 bis 4.8:

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass auch im Falle der bis 20. April 2003
umzusetzenden Richtlinie 2001/16/EG ein Vertragsverletzungsverfahren herbeigeführt wird?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass die Richtlinie 2001/16/EG bis 15.3.2003
umzusetzen gewesen wäre, es aber noch immer nicht ist? Die weit über 2 Jahre hätten - so wie in
anderen Ministerien - trotz des Regierungswechsels ausreichen müssen, noch dazu, da es keinen
nennenwerten politischen Gestaltungsspielraum gibt.


Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass der Entwurf für eine Novellierung des
Eisenbahngesetzes, mit dem das BMVIT versucht, die Richtlinie 2001/16/EG umzusetzen, erst
nach NACH ENDE DER UMSETZUNGSFRIST zur Begutachtung ausgesandt wurde?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass offenbar versucht wird, die Umsetzung
der Richtlinie 2001/16/EG hinauszuzögern, oder welche anderen Motive gibt es dafür, so langsam
zu arbeiten? Bei der Anzahl der nicht umgesetzten Richtlinien drängt sich der Verdacht auf, dass
etwas grundsätzlich nicht in Ordung ist!

Können Sie ausschließen, dass auch im Fall der Richtlinien 2001/16/EG die Missachtung des
Gemeinschaftsrechts auf eine Weisung eines Ihrer Vorgänger oder von Ihnen zurückgeht? Können
Sie auch ausschließen, dass eine Eigenmächtigkeit Ihres Beamtenapparates vorliegt?

Welche Erklärung haben Ihre Beamten dafür, dass sie im Fall der Richtlinie 2001/16/EG wieder
nicht imstande waren, eine wichtige Richtlinie innerhalb mehrerer Jahre in österreichisches Recht
umzusetzen? An der ANZAHL der Beamten kann es wohl nicht liegen, da sich das BMVIT selbst in
Sicherheitsdingen seiner ureigensten Aufgaben entzieht und einen Großteil seiner bisherigen
Zuständigkeiten an die Länder abgegeben hat!

Welche Konsequenzen ziehen Sie aus der Nicht-Umsetzung der Richtlinien 2001/16/EG?

Wie lange müssen wir noch zusehen, wie Ihr Beamtenapparat an der Umsetzung der Richtlinie
2001/16/EG herumwerkt? Ab wie vielen Monaten Fristverletzung werden Sie eingreifen?
Welcher Termin ist für die Kundmachung geplant, wie viele Monate Fristüberschreitung werden es
dann sein?

Antwort:

Was die Vorgangsweise zur gesetzlichen Umsetzung der Richtlinie 2001/16/EG anlangt, darf ich
im Zusammenhang mit der Interoperabilität auf die Ausführungen zu Fragen 1.1. bis 1.7, und
hinsichtlich der Umsetzung im Eisenbahngesetz auf die Ausführungen zu Fragen 3.1. bis 3.5.
verweisen.

Zum Unterschied vom Hochgeschwindigkeitsbahnsystem liegen für das konventionelle
Eisenbahnsystem noch keine technischen Spezifikationen vor, sondern die Vorbereitungen laufen
aktuell im begleitenden Ausschuss. In dieser Übergangsphase hat Österreich der Kommission
richtliniengemäß eine vollständige Liste über die derzeit noch anzuwendenden innerstaatlichen
Normen übermittelt. Über diesen ersten Umsetzungsschritt hinaus wird auch zu dieser Richtlinie
sofort nach Verabschiedung der Novellierung des Eisenbahngesetzes die vollständige Umsetzung
notifiziert.

Fragen 5.1 bis 5.7:

Welche Richtlinien der EU im Eisenbahnbereich, die innerhalb der letzten 4 Jahre durch das
Verkehrsressort umzusetzen gewesen wären, sind innerhalb der von der Gemeinschaft gesetzten
Frist durch das BMVIT umgesetzt worden?

Werden Sie Ihre Beamten anweisen, hinkünftig das Gemeinschaftsrecht einzuhalten, auch wenn
die Umsetzung der entsprechenden Richtlinien keine mächtige Wirtschaftslobby, sondern "nur" die
Rechte und Anliegen von Menschen mit Behinderungen fördert?


Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass die Einhaltung von Richtlinien der
Gemeinschaft eine Grundvoraussetzung für die Gewährung von Fördermitteln bildet, und durch
den vom BMVIT zur Genüge gezeigten Umgang mit EU-Richtlinien auch die Gefahr besteht,
Fördermittel in großem Umfang zu verlieren?

Wurden Sie von Ihren Beamten darüber informiert, dass Österreich bei der Umsetzung von EU-
Richtlinien im Eisenbahnbereich seit einigen Jahren durchgehend zu den Schlußlichtern zählt?

Welche Konsequenzen werden Sie ziehen, falls sich der Umgang der Eisenbahnbehörde mit dem
Gemeinschaftsrecht nicht endlich bessern sollte?

Können Sie ausschließen, dass für die Nicht-Einhaltung des Gemeinschaftsrechts verantwortliche
Beamte oder Beamte, die in diesem Zusammenhang ihrer persönlichen Aufsichtspflicht nicht im
erforderlichen Ausmaß nachgekommen sind, für diese Säumigkeiten nicht auch durch
Zuwendungen in Form von "Staatskommissärs"-Apanagen belohnt wurden?

Antwort:

Die erste Richtlinie zur Interoperabilität wurde wie eingangs ausgeführt 2002 im Eisenbahngesetz
verankert, und für die übrigen vier vorzitierten Richtlinien ist die Umsetzung wie dargestellt vor dem
Abschluss, wobei die zugrundeliegenden sachlichen Umstände für den zeitlichen Ablauf bereits
vorhin ausgeführt wurden.

Das Gemeinschaftsrecht wird eingehalten. Wenn es nötig sein sollte, werden Bestimmungen auch
unmittelbar angewendet, gerade auch um jedenfalls den Erhalt aller möglichen Förderungen
sicherzustellen - und das ist bisher auch gelungen.

Im Übrigen zählt Österreich keineswegs zu den Schlusslichtem bei der Umsetzung, wie dies die
vorliegenden Berichte zu früheren Richtlinien-Etappen zeigen, und auch diesmal ist die Umsetzung
der Bahnstrukturreform in Österreich weiter als in manchem anderen Mitgliedstaat.

Zu den Fragen 5.8 bis 6.3 ist grundsätzlich zunächst zu bemerken, dass es sich bei den in diesen
Punkten angeführten eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsverfahren um die Verfahren Lainzer
Tunnel, Abschnitte
II, (Anbindung Donauländebahn), IM (Verbindungstunnel) und IV (Verknüpfung
Westbahn) sowie um das Verfahren Klagenfurt-Althofen/Drau handelt. In diesen Verfahren hat der
Verwaltungs-gerichtshof den Beschwerden diverser Verfahrensparteien Folge gegeben und die
ho. Baugenehmigungsbescheide wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrens-
vorschriften bzw. im Falle von Klagenfurt-Althofen/Drau wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes
aufgehoben. Die Aufhebung dieser Bescheide durch den Verwaltungsgerichtshof erfolgte jedoch
nicht wegen „Missachtung des EU-Rechts", wie in der vorliegenden parlamentarischen Anfrage
ausgeführt wurde. In den Fällen des Lainzer Tunnels erfolgte die Aufhebung der ho. Bau-
bescheide, weil die Begründungen der Bescheide keine ausreichenden Feststellungen dahin-
gehend enthalten haben, ob eine „de facto Umweltverträglichkeitsprüfung" im Sinne der Richtlinie
85/337/EWG in der Fassung 97/11/EG durchgeführt wurde, wobei das nach der Aufhebung
fortgesetzte Ermittlungsverfahren ergeben hat, dass eine allen Anforderungen der zitierten
Richtlinie entsprechende Umweltverträglichkeitsprüfung durchgeführt wurde. Zu bemerken ist
jedoch, dass die Projekte „Lainzer Tunnel" im Zuge des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens dem
Stand der Technik anzupassen waren, wobei in der Zwischenzeit für den in Bau befindlichen
Abschnitt
IV (Verknüpfung Westbahn) mit ho. Bescheid vom 10.6.2002 ein neuerlicher
Baugenehmigungsbescheid erlassen werden konnte. Die Bescheide für die Abschnitte
II


(Anbindung Donauländebahn) und III (Verbindungstunnel) befinden sich zurzeit in Ausarbeitung
wobei diese Abschnitte sich noch nicht in Bau befinden.

Zum Verfahren Klagenfurt-Althofen ist zu bemerken, dass die Aufhebung dieses Bescheides durch
den Verwaltungsgerichtshof deshalb erfolgte, weil der Bescheid keine ausreichenden
Feststellungen enthalten hat, ob es sich bei der verfahrensgegenständlichen Strecke um eine
Eisenbahn-Fe
rnverkehrsstrecke handelt. Im Zuge des fortgesetzten Ermittlungsverfahrens konnte
diese Frage geklärt werden und ist daher ein neuerlicher Bescheid am 10.4.2003 erlassen worden.
Hiezu ist zu bemerken, dass dieser Bescheid in Rechtskraft erwachsen ist.

Zuammenfassend ist somit festzustellen, dass Verstöße gegen das Gemeinschaftsrecht nicht
ersichtlich sind.

Zu den Fragen darf ich im einzelnen folgendes ausführen:

Frage 5.8:

Missachtung des EU-Rechts durch das BMVIT hat den Steuerzahler schon bisher viel Geld
gekostet. Am 7. Juli 2003 musste man im Kurier dazu lesen: "Bezüglich des von Anrainern
beeinspruchten Lainzer Tunnels steht nun fest dass der vorübergehende Baustopp beim
halbfertigen Westbahnknoten im Wiental exakt 13 Millionen Euro verschlungen hat.
Diese Summe kostete die siebenmonatige Einmottung der Baustelle."
Diese Zahlen stammen angeblich von der HL AG!

Wie hoch sind diese durch Verfahrensfehler des BMVIT (Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht)
verursachten Kosten bis jetzt, einen Monat später? (Gemäß § 7/1 Hochleistungsstreckengesetz
sind die Organe der HL AG zur Auskunftserteilung an den Minister zu verpflichten.)

Antwort:

Wie mir die HL-AG dazu mitteilte, mussten aufgrund der Aufhebung der Baugenehmigungs-
bescheide für den 2. Abschnitt („Anbindung Donauländebahn") und den 4. Abschnitt („Verknüpfung
Westbahn") des Lainzer Tunnels die Arbeiten im 4. Abschnitt eingestellt werden, mit Ausnahme
der Arbeiten die aufgrund zweier Mandatsbescheide und eines Einzelgenehmigungsbescheides
der Behörde weitergeführt werden konnten. Im 1. Abschnitt „Einbindung Südbahn" war zum
Zeitpunkt der Bescheidaufhebung ein Teil des 2. Abschnittes mit in Ausführung und die
diesbezüglichen Arbeiten mussten ebenfalls eingestellt werden.

Die Kosten für die Einstellung der Bauarbeiten bis zur Wiederaufnahme nach Vorliegen des
diesbezüglichen neuen eisenbahnrechtlichen Baugenehmigungsbescheides (für den 4. Abschnitt
10.6.2002 und der Teilgenehmigung für den 4. Abschnitt 18.3.2002) wurden seitens der HL-AG mit
ca. 13 Mio. € ermittelt. Dieser Ermittlung lagen die bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Kosten für
die zusätzlichen Planungsaufträge für die Durchführung der zusätzlichen eisenbahnrechtlichen
Verfahren, die vorliegenden und geprüften Zusatzforderungen der Bauunte
rnehmen sowie die
Abschätzungen über die noch nicht abgeschlossenen Zusatzforderungen zu Grunde. Nach
heutiger Einschätzung treffen die vorgenommenen Abschätzungen zu, sodass die Kosten für die
Baueinstellung weiterhin mit ca. 13 Mio. € beziffert werden.

Frage 5.9:

Bei Anwendung des EU-Rechts durch das BMVIT hätte dem Steuerzahler auch an anderer Stelle
viel Geld gespart werden können. Folgende Bescheide des BMVIT für Großverfahren wurden vom
VwGH wegen Rechtswidrigkeit (Verstoß gegen das Gemeinschaftsrecht aufgehoben:


 

 

 

 

Spalte 3

 

Spalte 4

 

Spalte 5

 

GZd. VwGH

 

Entscheidungsdatum

 

Verfahrens- und
Planungskosten für HL
AG seit
Bescheidaufhebung

 

Verfahrenskosten für
BMVIT seit
Bescheidaufhebung

 

Stillstandskosten
(Baustelle) und
sonstige Kosten für HL
AG durch

Bescheidaufhebungen

 

 

99/03/0424

 

20010906

 

 

 

 

 

 

 

2000/03/0161

 

20011024

 

 

 

 

 

 

 

99/03/0112

 

20011010

 

 

 

 

 

 

 

2000/03/0136

 

20020625

 

 

 

 

 

 

 

Sie werden um die Ergänzung dieser Tabelle mit den jeweiligen Zahlen ersucht, ergänzt um

folgende Summen:

Summe Spalte 3:

Summe Spalte 4:

Summe Spalte 5:

Summe über Spalten 3-5 (=Gesamtschaden)

Antwort:

 

 

 

 

Spalte 3

 

Spalte 4

 

Spalte 5

 

GZ d. VwGH

 

Entscheidungsdatum

 

Verfahrens- und
Planungskosten für HL
AG seit
Bescheidaufhebung

 

Verfahrenskosten für
BMVIT seit
Bescheidaufhebung

 

Stillstandskosten
(Baustelle) und
sonstige Kosten für HL
AG durch
Bescheidaufhebungen

 

99/03/0424
"Anbindung
Donauländebahn"

 

20010906

 

 \

  |

  |

 

  \

   |

   |

 

 

     \

     |

     |

2000/03/0161
"Verbindungstunnel"

 

20011024

 

  >      1,5 Mio €

  |

   |

   >

 

 

      > 11,5 Mio €

     |

99/03/0112
"Verknüpfung
Westbahn"

 

20011010

 

  |

 /

 

   |

    |     Ist in dieser Form
    /     nicht quantifizierbar

 

     |

     /

 

2000/03/0136
"Koralmbahn"
Althofen - Klagenfurt

 

20020625

 

   0,7 Mio €

 

 

 

 

         __________

 

 

Fragen 6.1. bis 6.3:

Wurden Sie von Ihren Beamten auch über die in den Fragen 5.8 und 5.9 aufgezeigten Missstände

informiert?

Wenn ja, welche Maßnahmen haben Sie angeordnet?

Hat die HL AG vor, das BMVIT im Wege der Amtshaftung für die aufgrund der Verfahrensfehler
entstandenen Kosten haftbar zu machen?

Wie viele Liftanlagen mit einer Hubhöhe von 6 m hätte man um die in den Fragen 5.8 und 5.9
aufgeschlüsselten Schadenssummen sowie die Summe der Staatskommissärs-Apanagen
errichten können?


Antwort:

Mir liegen sowohl seitens der HL-AG als auch seitens meiner Beamten die nötigen Informationen
vor. Eine Haftbarmachung der Behörde liegt seitens der HL-AG nicht vor.

Es handelt sich hier nicht um Missstände, sondern um die bei solchen Großvorhaben nicht
unüblichen rechtlichen Auseinandersetzungen im Verfahren, bei denen die Projektgegner alle nur
möglichen Mittel ergreifen, um das Projekt zu verhindern, und die dadurch bedingten
Bauverzögerungen. Meinerseits dringe ich darauf, dass in der Eisenbahnbehörde die noch offenen
Verfahrensschritte rasch abgeschlossen werden.