1094/AB XXII. GP

Eingelangt am 15.01.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

 

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulli Sima, Kolleginnen und Kollegen vom
18. November 2003, Nr. 1098/J, betreffend Zerschlagung der ÖBB und die negativen
Auswirkungen auf die Umwelt/Klimaschutz, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu den Fragen 1 und 2:

Der Verkehrssektor emittiert etwa 27 % der gesamten CO2-Emissionen in Österreich (im
Jahr 2001 - 18,9 Mio. t von insgesamt 69,1 Mio. t), wobei in der Periode 1990 bis 2001 ein
Anstieg von 6,2 Mio. t bzw. 48 % (von 12,7 Mio. t auf 18,9 Mio. t) zu verzeichnen war.

Zu den Fragen 3 bis 5:

Der LKW-Verkehr hat etwa einen Anteil von 27 % (SNF 19 % + LNF 8 %), der PKW-Verkehr
67 % und der Schienenverkehr weist knapp 1 % der gesamten CO2-Emissionen des
Verkehrs in Österreich auf.


Zu Frage 6:

Der Personenkilometer mit dem PKW kann mit einem erhöhten CO2-Ausstoß von etwa
150 g/km gegenüber der Bahn abgeschätzt werden (zum Vergleich Abschätzung der
durchschnittlichen CO2-Emissionen: Personenkilometer PKW - ca. 175 g/km,
Personenkilometer Bahn - ca. 25 g/km inklusive der CO2-Emissionen für Herstellung,
Betrieb und Entsorgung von Infrastruktur sowie Herstellung, Betrieb, Wartung und
Entsorgung der Fahrzeuge).

Zu den Fragen 7 und 8:

Die NOx-Emissionen können beim Benzin-PKW (mit Katalysator) um etwa 0,26 g/Personen-
kilometer und beim Diesel-PKW um etwa 0,36 g/Personenkilometer höher als bei der Bahn
abgeschätzt werden (zum Vergleich Abschätzung der durchschnittlichen NOx-Emissionen:
Personenkilometer Benzin-PKW mit Katalysator - ca. 0,40 g/km, Personenkilometer Diesel-
PKW - ca. 0,50 g/km, Personenkilometer Bahn - ca. 0,14 g/km inklusive der NOx-
Emissionen für Herstellung, Betrieb und Entsorgung von Infrastruktur sowie Herstellung,
Betrieb, Wartung und Entsorgung der Fahrzeuge).

Zu Frage 9:

Die CO2-Emissionen können beim Güterverkehr per Bahn mit rund 20 g CO2/Tonnen-
kilometer abgeschätzt werden (inklusive der CO2-Emissionen für Herstellung, Betrieb und
Entsorgung von Infrastruktur sowie Herstellung, Betrieb, Wartung und Entsorgung der
Fahrzeuge).

Zu Frage 10:

Die NOx-Emissionen können beim Güterverkehr per Bahn mit rund 0,12 g NOx/Tonnen-
kilometer abgeschätzt werden (inklusive der NOx-Emissionen für Herstellung, Betrieb und
Entsorgung von Infrastruktur sowie Herstellung, Betrieb, Wartung und Entsorgung der
Fahrzeuge).


Zu Frage 11:

Der Verkehr ist mit einem Anteil von 51 % (im Jahr 2001) an den gesamten NOx-Emissionen
der mit Abstand größte Emittent Österreichs (101,5 kt von insgesamt 199,4 kt).

Zu den Fragen 12 bis 14:

Die Bahn verursacht knapp 2 % der gesamten NOx-Emissionen des Verkehrssektors. Der
LKW-Verkehr ca. 53 % (SNF 48 % + LNF 5 %) und der PKW-Verkehr rund 42 % der
gesamten NOx-Emissionen des Verkehrssektors.

Zu Frage 15:

Zur Umsetzung der österreichischen Klimastrategie wurde ein umfangreiches
Maßnahmenbündel in einer gemeinsamen Arbeitsgruppe des Bundesministeriums für
Verkehr, Innovation und Technologie (BMVIT) und des Bundesministeriums für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW) -Kyotoinitiative BMVIT/BMLFUW
- erstellt. Zwei von fünf prioritären Schwerpunkten fallen dabei in die Zuständigkeit des
BMLFUW. Derzeit wird seitens der Verkehrsabteilung des BMLFUW an einem Aktions-
programm zur breiten Implementierung der beiden nachfolgend angeführten Schwerpunkte
gearbeitet, wobei viele der Maßnahmen auf sehr erfolgreichen Pilotprojekten und
Modellvorhaben aufbauen, bei denen ein enormes mögliches Einsparungspotential an CO2-
Emissionen bewiesen werden konnte.

1.   Umweltverträgliche Antriebe, Kraftstoffe und Fahrweisen mit folgenden möglichen
Schwerpunkten:

-    Legistische Initiativen im eigenen Wirkungsbereich;

-    Politische und freiwillige Vereinbarungen und Motivation von Maßnahmen in anderen
Bereichen;

-    Aktions-/Förderprogramme (Umrüstung auf emissionsfreie und verbrauchsgünstige
Antriebe);


- Public Awareness Kampagnen (z.B. Ökodrive - Wettbewerb zum ökonomisch-
ökologisch effizienten Fahren als Gegenpol zu ineffizienten, geschwindigkeits-
orientierten Fahrstilen).

2.   Mobilitätsmanagement und Mobilitätszentralen mit folgenden  möglichen Schwer-
punkten:

-          Förderprogramm Kommunales Mobilitätsmanagement - „Verkehrspargemeinden";

-          Förderprogramm Regionales Mobilitätsmanagement und Mobilitätszentralen;

-          Förderprogramm Ökomobilität in Tourismus und Freizeitverkehr;

-          Ausbau des laufenden Förderprogramms Betriebliches Mobilitätsmanagement durch
verstärkte Beratungs- und Motivationskampagne für Betriebe zur Fördereinreichung;

-          Beratungs-  und  Förderprogramm  für Verkehrsparende  Siedlungen,   Betriebsauf-
schließungen etc.;

-          Beratungs- und Förderprogramm für Nahversorgung - Einkaufsmobilität;

-          Beratungs- und Förderprogramm für Schulisches Mobilitätsmanagement;

-          Beratungsprogramm für Mobilitätsmanagement der öffentlichen Verwaltung.

Dieses Aktionsprogramm befindet sich in der Vorbereitungsphase und soll im Jahr 2004
(unter Fortsetzung der Arbeitsgruppe mit dem BMVIT hinsichtlich der drei weiteren Schwer-
punkte der Kyotoinitiative BMVIT / BMLFUW) mit ersten Aktivitäten beginnen.

In meinem Ressort laufen derzeit folgende Modellvorhaben bzw. Initiativen in den
unterschiedlichen Bereichen:

Modellvorhaben und Initiativen im Bereich nachhaltig umweltfreundlicher Verkehr:

-    Modellvorhaben Sanfte Mobilität - Autofreier Tourismus (Kooperation BMLFUW,
BMVIT, BMWA, Land Salzburg);

-    Großveranstaltungen umweltfreundlich und ohne Stau (BMLFUW);

-     Betriebliches Mobilitätsmanagement (Kooperation BMLFUW, WKÖ);

-    Verkehr in Sensiblen Gebieten.


Bewusstseinsbildende Maßnahmen:

-          Autofreier Tag (Kooperation BMLFUW, Klimabündnis);

-          Konsumenteninformation (Kooperation BMLFUW, Fachverband Fahrzeughandel);

-          Modellprojekt  Verkehrsparen   Langenlois   (Kooperation   BMLFUW,   Land   Nieder-
österreich).

EU-Richtlinien und nationale Umsetzung im Bereich Verkehr und Umwelt:

-            Weiterentwicklung der Abgasgrenzwerte für Pkw, leichte und schwere Nutzfahrzeuge
auf europäischer Ebene;

-            Richtlinie über Lärm- und Schadstoffemissionen von Sportbooten;

-            Änderung der Richtlinie über die Emissionen mobiler Maschinen und Geräte;

-            Richtlinie zur Förderung von Biokraftstoffen;

-            Umsetzung der Monitoringverpflichtung bezüglich der Verbrauchswerte und der CO2-
Emissionen neu zugelassener Pkw.

Initiativen für nachhaltigen Verkehr auf internationaler Ebene:

-            Unterstützung der OECD-Initiative zu EST(Environmentally Sustainable Transport);

-            Beitrag zum WHO/UNECE Transport, Health, Environment Pan-European-Project
(THE PEP);

-            Alpenkonvention Verkehrsprotokoll.

Zu Frage 16:

Angemessene Investitionen in die Bahn (bzw. in den gesamten öffentlichen Verkehr) im
Hinblick auf erhöhte Qualität für Fahrgäste und Kunden des Güterverkehrs sind für den
Erfolg in diesem Bereich Vorraussetzung.

Zu Frage 17:

Es ist anzunehmen, dass die Fahrpreisgestaltung der ÖBB weiterhin selbstverständlich auch
unter dem Gesichtspunkt der Attraktivität für die Bahnkunden gestaltet wird.


Zu Frage 18:

Investitionen in das Schienennetz sollten sich neben den Hauptstrecken auch auf die
Attraktivitätssteigerung der Nebenbahnen konzentrieren. Insbesondere die optimale
fahrgastfreundliche Verkehrsabwicklung zwischen Bahn, Bus und Einbettung ins
innerstädtische Verkehrssystem sollte prioritär sein.

Zu den Fragen 19 bis 21:

Die Anbieter-Struktur des Schweizer Bahnsystems unterscheidet sich in wesentlichen
Punkten von der Situation in Österreich. Das Schweizer Bahnmodell mit einer starken
privaten Komponente zeichnet sich durch ein sehr dichtes Bahnnetz, einheitliche
Taktfahrpläne von Bahnen und Bussen mit kurzen Intervallen und Anschlusssicherung sowie
moderne und komfortable Waggons aus. Die verschiedenen Bahnen, Bahnunternehmen
sowie Bahn- und Busbetreiber - deren Fahrplanabstimmungen zentral vorgenommen
werden - sind zur Zusammenarbeit bereit und verpflichtet.

Zu Frage 22:

Die künftige Entwicklung des Verkehrssektors ist von einer Vielzahl an Faktoren (z. B.
wirtschaftliche Entwicklung, Änderung der Wohn- und Freizeitbedürfnisse, Erweiterung der
EU, neue Antriebssysteme, Infrastrukturausbau etc.) abhängig. Deshalb weisen alle
vorliegenden Studien und Expertisen auf einen weiteren Anstieg der Verkehrsnachfrage im
Trendszenario hin. Die Klimastrategie zielt daher im Verkehrsbereich auf eine Eindämmung
und langfristige Trendumkehr dieser Entwicklung ab.

Zu den Fragen 23 und 24:

Die Herausforderung im Verkehrssektor besteht darin, durch eine langfristig angelegte
Gesamtstrategie eine Trendumkehr zu erreichen und im Zentrum dieser Anstrengungen
sollte eine Entkoppelung von Wirtschaftswachstum und Verkehrswachstum angestrebt
werden. Zu diesem Thema unterstützt mein Ressort die Initiative der OECD. Viele
Maßnahmen wie Bewusstseinsbildung und Umorientierung von Raumordnung und


Infrastrukturentwicklung ermöglichen ein großes CO2-Einsparungspotenzial, bedürfen aber
eines langen Umsetzungszeitraums.

Langfristig von großer Bedeutung sind auch Reduktionspotenziale durch die Entwicklung
neuer Antriebstechnologien (Brennstoffzelle, Hybridantriebe etc.), welche entsprechend
genutzt werden können.

Zu Frage 25:

In diesem Zusammenhang darf ich auf die Ergebnisse der Wegekostenrechnung (Herry) hin-
weisen, in der die externen Umweltkosten (darunter fallen Lärmkosten, Gesundheitskosten,
Schadstoffkosten Gebäude, sonstige Schadstoffkosten (Vegetationsschadstoffkosten) und
Klimakosten (CO2)) für das Jahr 2000 für das gesamte Straßennetz Österreichs (Autobahn
und Schnellstraßen, Bundesstraßen, Landes- und Gemeindestraßen) mit etwa 4,36 Mio.

abgeschätzt wurden. Die externen Unfallkosten sind darin nicht enthalten.

Zu Frage 26:

Aus umweltpolitischer Sicht erscheint eine Bewertung des Generalverkehrsplans auf
Klimaverträglichkeit grundsätzlich sinnvoll.

Zu Frage 27:

Von einer Zerschlagung der ÖBB kann im Zusammenhang mit den geplanten
Reformmaßnahmen keinesfalls gesprochen werden. Um das eigentliche Ziel einer
Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber LKW und PKW zu erreichen, muss die
Qualität für Fahrgäste und Kunden des Güterverkehrs verbessert werden.