1244/AB XXII. GP

Eingelangt am 12.02.2004
Dieser Text wurde per E-Mail übermittelt. Die inhaltliche Verantwortung liegt beim Versender.

Bundesministerium für Finanzen

 

Anfragebeantwortung

 

 

GZ 04 0502/269-I/4/03

 Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1242/J vom 12. Dezember 2003 der Abgeordneten Franz Riepl und Kollegen, betreffend die Entwicklung des öffentlichen Gesamtschuldenstandes, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1.:

Der Anstieg des Gesamtschuldenstandes in den letzten Jahren ist insbesondere auf zwei Entscheidungen des Statistischen Amtes der Europäischen Gemeinschaften (Eurostat) zurückzuführen. Die eine Entscheidung betrifft die Behandlung der Rechtsträgerfinanzierung bei der Berechnung der öffentlichen Schulden, die andere den Verkauf der Wohnbaudarlehen vom Land Niederösterreich. Darüber hinaus ist neben sonstigen Eurostat-Vorschriften zu berücksichtigen, dass von der öffentlichen Hand gewährte Darlehen (z.B. Wohnbaudarlehen der Länder) nach den Maastricht-Regeln von Eurostat nicht zu den Ausgaben zu zählen sind und somit keinen Einfluss auf den Maastricht-Saldo haben, diese jedoch wie alle anderen

Ausgaben finanziert werden müssen und somit die Höhe des Brutto-Schuldenstandes beeinflussen.

 

Die Rechtsträgerfinanzierung:

Seit 1998 dürfen Unternehmungen des Bundes, die zu 100% im Eigentum des Bundes stehen, (wie z.B. ASFINAG; ÖBB; SCHIG) ihren Fremdkapitalbedarf über Bundesfinanzierungen abdecken. Dabei finanziert die Republik Österreich vorerst im eigenen Namen und gibt einen Teil der Finanzierung an die Bundesunternehmungen weiter. Bei der Wertpapieremission wird unter Verweis auf die Rechtsgrundlage (§ 65c Bundeshaushaltsgesetz ‑ BHG) klargestellt, dass es sich um eine Mitfinanzierung für Unternehmungen des Bundes handelt. Jeder Käufer dieser Papiere weiß somit, dass ein Teil der Emission an Unternehmungen des Bundes weitergegeben wird. Der besondere Status dieser Schulden ist für Schuldner und Gläubiger transparent. Die Rechtsträger bezahlen die Zinsen- und die Tilgungsbeträge an die Republik Österreich. Die Republik Österreich erfüllt die entsprechenden Zins- und Tilgungsverpflichtungen gegenüber den Gläubigern.

 

Eurostat hat allerdings Anfang 2003 entschieden, dass bei derartigen Rechtsträgerfinanzierungen das strenge Bruttoprinzip anzuwenden ist. Dies bedeutet, dass vom Bund in diesem Zusammenhang eingegangene Ver-
pflichtungen sowie seine aus der Weitergabe dieser Mittel resultierenden Forderungen in gleicher Höhe rückwirkend jeweils brutto (somit nicht als Saldo aus Schulden und Forderungen) auszuweisen sind. Obwohl sich der Schuldenstand des Bundes auf Grund derartiger Transaktionen netto nicht veränderte, bewirkte die Entscheidung von Eurostat somit folgende Er-
höhungen des Brutto-Schuldenstandes, der an Eurostat zu melden und auch im Stabilitätsprogramm darzustellen ist.


Die Eurostat-Entscheidung bewirkte somit eine rückwirkende Erhöhung des Brutto-Schuldenstandes für die Jahre 1998 – 2002 (Beträge in Mrd. €):

 

1998  2,2

1999  5,5

2000  8,0

2001  9,5

2002 11,7

 

Trotz dieser durch die Eurostat-Entscheidung bewirkten Erhöhung des öffentlichen Schuldenstandes konnte dieser - wie sich aus der nachfolgenden Aufstellung auf Grund der neuesten Datenlage ergibt - seit 2000 mit einer geringfügigen Ausnahme im Jahr 2001 zurückgeführt werden, was für die meisten Jahre davor nicht gilt.  In den Jahren 1970 bis 1999 betrug nämlich die jährliche Steigerung des öffentlichen Schuldenstandes gemessen am Schuldenstand des Vorjahres durchschnittlich 4,7%, während in den Jahren 2000 bis 2003 der Schuldenstand im Durchschnitt pro Jahr um 0,4% abgesenkt werden konnte und dies trotz der rückwirkenden Entscheidung von Eurostat:

 

 

Bruttoinlands-produkt (BIP)

Öffentlicher Schuldenstand

 

 

 

 

in Mio €

in Mio €

in % des BIP

 

Veränderung

 

 

 

 

 

 

gegenüber Vorjahr

 

 

gemäß ESVG 1995

gemäß EU-Rats-VO Nr. 475/2000

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

1970

27.317

5.299

19,4

 

 

 

1971

30.495

5.550

18,2

 

-6,19%

 

1972

34.850

6.099

17,5

 

-3,85%

 

1973

39.495

6.912

17,5

 

0,00%

 

1974

44.953

7.912

17,6

 

0,57%

 

1975

47.682

11.396

23,9

 

35,80%

 

1976

54.343

14.890

27,4

 

14,64%

 

1977

60.061

18.078

30,1

 

9,85%

 

1978

63.522

21.534

33,9

 

12,62%

 

1979

69.541

25.035

36,0

 

6,19%

 

1980

74.723

26.997

36,1

 

0,28%

 

1981

79.622

30.152

37,9

 

4,99%

 

1982

85.452

34.403

40,3

 

6,33%

 

1983

90.914

40.567

44,6

 

10,67%

 

1984

95.503

44.926

47,0

 

5,38%

 

1985

100.772

49.567

49,2

 

4,68%

 

1986

105.861

57.092

53,9

 

9,55%

 

1987

109.914

63.939

58,2

 

7,98%

 

1988

115.119

68.242

59,3

 

1,89%

 

1989

123.476

71.682

58,1

 

-2,02%

 

1990

133.603

76.481

57,2

 

-1,55%

 

1991

143.229

82.293

57,5

 

0,52%

 

1992

151.831

86.772

57,2

 

-0,52%

 

1993

156.939

97.001

61,8

 

8,04%

 

1994

165.411

107.045

64,7

 

4,69%

 

1995

172.287

119.207

69,2

 

6,96%

 

1996

178.045

123.022

69,1

 

-0,14%

 

1997

182.486

118.139

64,7

 

-6,37%

 

1998

190.628

123.626

64,9

 

0,31%

 

1999

197.154

133.048

67,5

 

4,01%

 

2000

207.037

138.394

67,0

 

-0,74%

 

2001

212.510

142.659

67,1

 

0,15%

 

2002

218.330

145.677

66,7

 

-0,60%

 

2003

223.870

148.650

66,4

 

-0,45%

 

 

 

 

 

 

 

 

Quellen:

Statistik Austria (Öffentlicher Schuldenstand 1980-2002; BIP 1976-2000)

 

 

BMF (Öffentlicher Schuldenstand 2003; öff. Schuldenstand 1970-1979 admin. Darstellung)

 

WIFO (BIP 2001-2003; laut Dez. 2003-Prognose)

 

 

 

 

Verkauf der Wohnbaudarlehen vom Land Niederösterreich:

Am 3. Juli 2002 hat Eurostat die Entscheidung getroffen, dass bei Gewährung von Garantien des Staates gegenüber einer Mantelgesellschaft (SPV) oder einer anderen Einheit kein richtiger Verkauf stattgefunden hat und dass daher damit zusammenhängende Verbriefungsgeschäfte so zu verbuchen sind, dass diese Gesellschaft im Staatssektor bleibt oder dass das Verbriefungsgeschäft als ein Kredit der Gesellschaft an den Staat zu verbuchen ist. Gleichzeitig hat Eurostat der Statistik Austria mitgeteilt, dass diese Bedingungen im Falle der Verkaufs der Wohnbaudarlehen des Landes Niederösterreich an die Blue Danube Funding GesmbH vorliegen und daher die Blue Danube Funding GesmbH in den Staat zu reklassifizieren sei und die öffentlichen Schulden in Österreich im Jahr 2001 um rund 2,6 Mrd. € oder 1,2% des BIP anzuheben seien.

Diese Entscheidung hat die gleichen Effekte auf die Budgetindikatoren wie die Entscheidung betreffend Rechtsträgerfinanzierung: Keine Auswirkungen auf die Finanzierungssalden; Erhöhung des öffentlichen Bruttoschuldenstandes gemäß EG-Verordnung 3605/93 (Maastricht-Schulden), die im Stabilitätsprogramm ausgewiesen werden, und keine Auswirkungen auf den Nettoschuldenstand des Staates.

 

Zu 2.:

Der Anstieg des Bruttoschuldenstandes 2001 gegenüber dem Vorjahr um rund 4,3 Mrd. € ist auf folgende Faktoren zurückzuführen:

 

Zu 3. und 4.:

Ausgaben für die Anschaffung der Eurofighter werden erst im Jahr 2007 im Bundesbudget vorgesehen.

 

Es wird das Ziel der Budgeterstellung 2007 sein müssen, die entsprechenden Ausgaben für das Jahr 2007 in dem für das Jahr 2007 im Stabilitätsprogramm vorgesehenen Defizit zu bedecken.

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.