1572/AB XXII. GP
Eingelangt am 14.05.2004
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BM für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ 04 0502/73-I/4/04
Herrn
Präsidenten
des Nationalrates
Dr. Andreas Khol
Parlament
Sehr
geehrter Herr Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 1570/J vom 16. März 2004 der Abgeordneten Theresia Haidlmayr und
Kollegen, betreffend Steuerreform 2004/2005 – wurde bewusst auf Menschen mit
Behinderung vergessen? beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich festhalten, dass
der Bundesregierung die Anliegen von Menschen mit Behinderung sehr wichtig sind
und daher diesbezüglich umfassende Maßnahmen gesetzt wurden. In diesem
Zusammenhang ist vorerst darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der Steuerreform 2005
der Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung bereits ab 2003 mit
zusätzlichen Mitteln von 10 Mio. € dotiert wurde. Außerdem steigen die
Auszahlungen im Rahmen der Behindertenmilliarde (der Begriff stammt aus der
Schillingzeit) stetig an. Im Jahr 2001 wurden 52 Mio. €, im
Jahr 2002 62 Mio. € und 2003 72 Mio. € ausbezahlt. Dies ist ein
Anstieg um 10 Mio. € oder 19 % zwischen 2001 und 2002 und weiteren 10
Mio. € oder 16 % zwischen 2002 und 2003. Insgesamt also ein Anstieg
um 20 Mio. oder 38 % zwischen 2001 und 2003. Außerdem wurde die
Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder bereits ab 1. Jänner 2003
um 7,3 € pro Monat angehoben und beträgt monatlich 138,3 €
(zusätzlich zur Familienbeihilfe).
Hinsichtlich der Steuerreform ist
grundsätzlich festzuhalten, dass durch die in zwei Etappen angelegte
Tarifreform alle Steuerpflichtigen entlastet werden, wenn man die
Steuerbelastung der Jahre 2003 und 2005 vergleicht. Der Schwerpunkt der
Entlastung liegt bei den kleineren und mittleren Einkommen, sodass Menschen mit
Behinderung sicherlich zu der Gruppe zählen, denen die Steuerreform
überdurchschnittlich zu Gute kommt. Durch die erste Etappe 2004 wurden bereits
200.000 Personen zusätzlich steuerfrei gestellt. Durch die zweite Etappe werden
weitere 150.000 Personen steuerfrei gestellt, sodass von 5,9 Millionen
Erwerbstätigen ab 1. Jänner 2005 2,55 Millionen Personen – das sind 43 % –
keine Lohn- bzw.- Einkommensteuer bezahlen.
Zu 1.:
Grundsätzlich ist darauf hinzuweisen,
dass die Kürzung der gem. §§ 34 und 35 Einkommensteuergesetz (EStG) zustehenden
Freibeträge um die erhaltenen pflegebedingten Geldleistungen (Pflegegeld,
Pflegezulage oder Blindenzulage) systemkonsequent ist, da es sonst zu einer
zweimaligen Berücksichtigung derselben ‑ auf Grund von Behinderung
entstandenen ‑ Aufwendungen käme.
In diesem Zusammenhang ist aber auch
festzuhalten, dass
- jener Teil der Mehraufwendungen, der die
pflegebedingten Geldleistungen übersteigt, nach den allgemeinen Bestimmungen
des § 34 EStG ohne Berücksichtigung eines Selbstbehalts geltend gemacht werden
kann und
- gewisse Mehraufwendungen nach den §§ 2 bis 4
der Verordnung (VO) "Außergewöhnliche Belastungen" (BGBl. 1996/303)
ohne Kürzung um pflegebedingte Geldleistungen und Freibeträge angesetzt werden
können.
Im Übrigen möchte ich auf meine
Ausführungen in der Einleitung zur vorliegenden Anfragebeantwortung hinweisen.
Zu 2.:
Von der Anhebung der "großen
Pendlerpauschale" profitieren auch die Gehbehinderten, da bei
Gehbehinderung die Unzumutbarkeit nach § 16
Abs 1 Z 6 lit. c EStG (Benützung eines
Massenverkehrsmittels nicht zumutbar) vorliegt [vgl. Lohnsteuerrichtlinien
(LStR) 2002 Rz. 254] und der nur für Körper- bzw. Gehbehinderte vorgesehene
Freibetrag nach § 3 der Verordnung "Außergewöhnliche Belastungen"
(BGBl 1996/303) entfernungsunabhängig und mit 153 € monatlich vergleichsweise
sehr hoch ist.
Zu 3.:
Der Bundesregierung war es ein
Anliegen, auch Personen mit einem Einkommen bis zu 10.000 € zu entlasten,
obwohl es bei einer Steuerreform primär um steuerliche Entlastungen und nicht
um Sozialtransfers für Nichtsteuerzahler gehen muss. Diese Personengruppe wird
über die so genannte Negativsteuer mit zusätzlich 35 Mio. € entlastet
bzw. bekommt die Unterstützung in bar (quasi als Sozialtransfer) ausbezahlt.
Im Sinne einer der Zielsetzungen
(Einkommensstärkungen von Familien) dieser Steuerreform wird nämlich für
armutsgefährdete Familien die Negativsteuer durch die Kinderzuschläge zum
Alleinverdiener- und Alleinerzieherabsetzbetrag erhöht (130 € ‑ 1. Kind /
175 € ‑ 2. Kind / 220 € ‑ jedes weitere
Kind), was bei drei Kindern immerhin eine Negativsteuer von 525 € jährlich
ausmacht. Weiters wurde die Zuverdienstgrenze beim Alleinverdienerabsetzbetrag
von 4.400 € auf 6.000 € erhöht. Durch diese ab 2004 geltenden Maßnahmen
wurde die Negativsteuer um 35 Mio. (von 60 Mio. € auf
95 Mio. €) erhöht.
Auch in diesem Zusammenhang möchte ich
ergänzend auf meine Ausführungen in der Einleitung zur vorliegenden
Anfragebeantwortung hinweisen.
Zu 4.:
Wie bereits in der Einleitung
dargelegt, liegt bei der in zwei Etappen angelegten Tarifreform der Schwerpunkt
der Entlastung bei den kleineren und mittleren Einkommen, sodass Menschen mit
Behinderung sicherlich zu der Gruppe zählen, denen die Steuerreform
überdurchschnittlich zu Gute kommt.
Durch die Steuerreform werden die
einzelnen Einkommensgruppen in folgender Höhe entlastet:
2.250.000 Personen mit einem Einkommen
von 10.000 € bis 25.000 € werden mit insgesamt 1.070 Mio. €
entlastet, 900.000 Personen mit einem Einkommen zwischen 25.000 € und
51.000 € werden mit insgesamt 220 Mio. € entlastet und 200.000
Personen mit Einkommen über der 51.000 € Grenze werden mit
55 Mio. € entlastet. Das bedeutet, dass 3.350.000 Lohn/Einkommensteuerzahler
mit insgesamt 1.345 Mio. € entlastet werden.
Bereits mit der ersten Etappe der
Steuerreform, die seit 1. Jänner 2004 in Kraft ist, wurden die unteren und
mittleren Einkommen durch Erhöhung der Steuerfreigrenze im Bereich der
Einkommen- und Lohnsteuer entlastet (Bruttojahreseinkommen von 14.550 €
bei Arbeitnehmern, 12.500 € bei Pensionisten und 8.888 € bei
Selbständigen sind steuerfrei. Ab 1. Jänner 2005 erhöhen sich diese Beträge auf
15.770 € bei Arbeitnehmern, 13.500 € bei Pensionisten und 10.000 €
bei Selbständigen).
Im unteren Einkommensbereich ergeben
sich somit im Vergleich zu 2003 zusätzliche Entlastungen von bis zu 600 €
jährlich.
Diese Maßnahmen zeigen, dass gerade
auch Menschen mit niedrigem Einkommen und Behinderung durch die Steuerreform
finanziell deutlich besser gestellt werden.
Mit
freundlichen Grüßen