1636/AB XXII. GP

Eingelangt am 14.06.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

 

BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DER  BUNDESMINISTER

           FÜR  JUSTIZ

 

         BMJ-Pr7000/0004-Pr 1/2004

 

An den

Herrn Präsidenten des Nationalrates

W i e n

 

zur Zahl 1655/J-NR/2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Finanzstrafverfahren“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Einleitend halte ich fest, dass ich die Fragen anhand der mir übermittelten Berichte der Oberstaatsanwaltschaften bzw. Staatsanwaltschaften (beruhend auf vom Bundesrechenzentrum zur Verfügung gestellten ADV-Registerauswertungen) und – in Ansehung der einschlägigen gegen den Bund erhobenen Forderungen – des Berichtes der Finanzprokuratur beantworte, wobei mir in Teilbereichen für die vollständige bzw. detaillierte Beantwortung der Fragen kein entsprechendes Zahlenmaterial zur Verfügung steht. Die Ermittlung der exakten Zahlen mit vertretbarem Aufwand war angesichts der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit ausgeschlossen. Ich ersuche daher um Verständnis, dass die Ausführungen zu den Anfragepunkten 1, 2 und 5 bis einschließlich 14 keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben können.

Auf Grund der Umstellung des elektronischen Registers der Staatsanwaltschaft Wien Ende des Jahres 2001 und mangels Abfragemöglichkeit der zuvor angefallenen Verfahren (auch) nach dem Finanzstrafgesetz können für den Zeitraum vor Ende 2001 keine aussagekräftigen Zahlen mitgeteilt werden.

Der Staatsanwaltschaft Wels lag für das Jahr 2000 kein Datenmaterial vor, sodass diesbezüglich keine Zahlen zur Verfügung gestellt werden können.

Vereinzelt haben die Staatsanwaltschaften darauf hingewiesen, dass bezüglich der Fragen 7 und 9 (Erlassung eines Haftbefehles bzw. Verhängung der Untersuchungshaft) nicht berücksichtigt werden konnte, ob dies überwiegend wegen Finanzvergehen oder wegen anderer Delikte erfolgte.

Zu 1:

Von der Finanzmarktaufsicht erstattete Anzeigen sind mir nicht bekannt geworden.

 

Oberstaatsanwaltschaft Wien

 

Staatsanwaltschaft Wien

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

 

---

 

---

 

156 (3)

 

155 (0)

Die in Klammer gesetzten Zahlen beziehen sich auf die ehemalige Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien. In wie vielen Fällen sich eine Zuständigkeit der Gerichte ergab, konnte mangels Kennung im Register nicht ermittelt werden.

 

Staatsanwaltschaft Wiener Neustadt

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

18

18

17

16

Zuständigkeit des Landesgerichtes

15

18

12

16

 

Staatsanwaltschaft St. Pölten

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

12

9

10

11

Die Frage der Gerichtszuständigkeit kann mangels Kennung im Register nicht beantwortet werden.

 

Staatsanwaltschaft
Eisenstadt

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

36

44

46

22

Zuständigkeit des Landesgerichtes

33

35

44

19

 


 

Staatsanwaltschaft
Korneuburg

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

1

16

20

15

Zuständigkeit des Landesgerichtes

1

15

18

14

 

Staatsanwaltschaft Krems an der Donau

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

6

5

7

5

Bei der Staatsanwaltschaft Krems ergab sich lediglich in einem Fall die Unzuständigkeit des Gerichtes.

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Linz

Die Staatsanwaltschaften Salzburg und Wels gaben die Gesamtzahl der in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden Anzeigen bekannt. Diese wurden in der Spalte 2003 als Gesamtzahl vermerkt.

 

Staatsanwaltschaft
Linz

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

27

17

8

28

Lediglich bei 3 Anzeigen wurde die gerichtliche Zuständigkeit verneint.

 

Staatsanwaltschaft
Salzburg

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

22

14

19

30

Zuständigkeit des Landesgerichtes

 

 

 

insgesamt

65

 


 


Staatsanwaltschaft
Wels

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

 

10

12

23

Zuständigkeit des Landesgerichtes

 

 

 

insgesamt

41

 

Staatsanwaltschaft
Steyr

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

9

3

2

4

Zuständigkeit des Landesgerichtes

9

3

2

4

 

Staatsanwaltschaft
Ried im Innkreis

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

3

4

7

3

Zuständigkeit des Landesgerichtes

2

4

7

3

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Graz

 

Staatsanwaltschaft
Graz

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

13

33

22

24

Zuständigkeit des Landesgerichtes

13

33

22

24

 


 

Staatsanwaltschaft
Klagenfurt

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

21

9

11

4

Zuständigkeit des Landesgerichtes

17

8

9

4

 

 

Staatsanwaltschaft
Leoben

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die  Staatsanwaltschaft

9

14

11

23

Zuständigkeit des Landesgerichtes

9

14

10

22

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck

 

Staatsanwaltschaft

Innsbruck

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

33

33

42

31

Zuständigkeit des Landesgerichtes

33

33

42

31

 

 

Staatsanwaltschaft
Feldkirch

2000

2001

2002

2003

Anzeigen an die Staatsanwaltschaft

18

9

13

12

Zuständigkeit des Landesgerichtes

16

8

13

11

 


 

Zu 2:

Nur wenige Staatsanwaltschaften haben in ihren Berichten eine Differenzierung der Einstellungen nach der StPO bzw. dem FinStrG vorgenommen:

 

Oberstaatsanwaltschaft Wien

 

Staatsanwaltschaft
Wien

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

---

----

24 (1)

49 (0)

 

Staatsanwaltschaft
Wiener Neustadt

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

4

5

4

0

 

Staatsanwaltschaft
St. Pölten

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

0

1

1

2

 

Staatsanwaltschaft
Eisenstadt

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

2

7

5

3

 

Staatsanwaltschaft
Korneuburg

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

0

2

11

4

 

Staatsanwaltschaft
Krems an der Donau

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

3

3

1

3

 


 

Oberstaatsanwaltschaft Linz:

 

Staatsanwaltschaft
Linz

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

4

4

1

3

 

Staatsanwaltschaft
Salzburg

2000

2001

2002

2003

Einstellungen gemäß §§ 90, 109 StPO

2

3

2

3

Einstellung nach Finanzstrafgesetz

0

1

4

3

 

Staatsanwaltschaft
Wels

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

 

3

2

0

 

Staatsanwaltschaft
Steyr

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

0

0

0

0

Eine im Jahre 2002 erstattete Anzeige wurde nicht in dem angefragten Zeitraum, sondern erst im Jahre 2004 eingestellt.

 

Staatsanwaltschaft
Ried im Innkreis

2000

2001

2002

2003

Einstellungen gemäß §§ 90, 109 StPO

0

0

1

0

Einstellung nach Finanzstrafgesetz

1

0

0

0

Die Einstellung im Jahre 2000 erfolgte infolge Feststellung gemäß § 202 FinStrG.

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Graz

 

Staatsanwaltschaft
Graz

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

3

5

4

2

 

Staatsanwaltschaft
Klagenfurt

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

5

2

2

0

 

Staatsanwaltschaft
Leoben

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

1

3

1

4

 

 

Oberstaatsanwaltschaft Innsbruck:

 

Staatsanwaltschaft
Innsbruck

2000

2001

2002

2003

Einstellungen

11

11

16

13

 

Staatsanwaltschaft
Feldkirch

2000

2001

2002

2003

Einstellungen gemäß §§ 90, 109 StPO

5

0

2

1

Einstellung nach Finanzstrafgesetz

1

1

0

0

 

Zu 3 und 4:

Der nachstehenden Tabelle sind die Zahlen der rechtskräftigen gerichtlichen Verurteilungen wegen Abgabenhinterziehung nach § 33 FinStrG in den Jahren 2000 bis 2003 sowie die Art der jeweils verhängten Strafen (Geld- oder Freiheitsstrafen) zu entnehmen.

Jahr

VERURTEILUNGEN

§ 33 FinStrG

Geldstrafen

Freiheitsstrafen

2000

141

138

3

2001

149

140

9

2002

137

130

7

2003

120

119

1

 


 

Zu 5 und 6:

Diversionelle Maßnahmen sind gemäß § 90a Abs. 2 Z. 1 StPO für strafbare Handlungen, die in die Zuständigkeit der Schöffengerichte fallen, somit für alle Finanzvergehen (§ 196a FinStrG) ausgeschlossen. Diversionen wurden weder im bezirksgerichtlichen Bereich (§§ 248, 250 FinStrG) noch bei Jugendstraftaten (§ 7 Abs. 1 JGG) angewendet.

Zu 7:

Die Anzahl der Festnahmen wurde jeweils in Klammer gesetzt

Staatsanwaltschaft   

2000

2001

2002

2003

Wien

-

-

8

3

Wiener Neustadt

8 (4)

7 (13)

0 (1)

2 (8)

St. Pölten

keine Fälle
bekannt

keine Fälle bekannt

keine Fälle bekannt

keine Fälle bekannt

Eisenstadt

9

12

7

7

Korneuburg

0 (0)

1 (1)

0 (5)

3 (4)

Krems an der Donau

0

0

0

0

Linz

0

0

0

3

Salzburg

1 (1)

0 (0)

0 (0)

0 (0)

Wels

 

4 (2)

1 (1)

4 (4)

Steyr

0 (0)

0 (0)

0 (0)

0 (0)

Ried im Innkreis

0

0

0

0

Graz

(2)

(6)

(6)

(0)

Klagenfurt

1 (1)

1 (0)

3 (3)

0 (0)

Leoben

0 (0)

0 (0)

0 (0)

3 (3)

Innsbruck

0

0

12 (12)

0

Feldkirch

0

0

 2 (2)

0

 

Die Staatsanwaltschaft Wien konnte aus dem elektronischen Register der Staatsanwaltschaft Wien bzw. der Staatsanwaltschaft beim Jugendgerichtshof Wien die Zahl der erlassenen Haftbefehle und die Zahl der Festnahmen nur ansatzweise - auf Grund der Registerkennung "azv" (Ausschreibung zur Verhaftung) - auswerten. Dieser Schritt wird im Register nur ausnahmsweise gesetzt. Es ist davon auszugehen, dass eine deutlich höhere Anzahl von Haftbefehlen erlassen wurde.

Die Staatsanwaltschaft Graz ordnete die erlassenen Haftbefehle und die Festnahmen - unabhängig vom Zeitpunkt des Vollzuges - dem Jahr der Anzeigenerstattung zu.

Zu 8:

Die Staatsanwaltschaften Korneuburg und Wels  gaben die Gesamtzahl der offenen Haftbefehle bekannt. Diese wurden in der Spalte 2003 vermerkt.

Staatsanwaltschaft   

2000

2001

2002

2003

Wien

nicht bekannt

nicht bekannt

nicht bekannt

nicht bekannt

Wiener Neustadt

2

4

0

1

St. Pölten

0

0

0

0

Eisenstadt

nicht bekannt

nicht bekannt

nicht bekannt

nicht bekannt

Korneuburg

 

 

 

insgesamt 4

ua wegen Abgabenhinterziehung und Schmuggel

Krems an der Donau

0

0

0

0

Linz

0

0

0

0

Salzburg

0

0

0

0

Wels

 

 

 

insgesamt 3
wegen Abgabenhinterhinterziehung und Schmuggel

Steyr

0

0

0

0

Ried im Innkreis

0

0

0

0

Graz

0

0

1
wegen Schmuggel

0

Klagenfurt

0

1
wegen Schmuggel

0

0

Leoben

0

0

0

0

Innsbruck

0

0

0

0

Feldkirch

1

0

1

0

 

Zu 9:

Die Staatsanwaltschaften Korneuburg, Linz und Wels gaben die Gesamtzahl der verhängten Untersuchungshaften bekannt. Diese wurden in der Spalte 2003 vermerkt.

Staatsanwaltschaft   

2000

2001

2002

2003

Wien

0 (0)

0 (0)

9 (0)

14 (0)

Wiener Neustadt

4

16

1

9

St. Pölten

0

0

0

0

Eisenstadt

21

22

15

12

Korneuburg

 

 

 

insgesamt 13

Krems an der Donau

0

0

0

0

Linz

 

 

 

insgesamt 3

Salzburg

0

0

0

0

Wels

 

 

 

insgesamt 6

Steyr

0

0

0

0

Ried im Innkreis

0

0

0

0

Graz

0

5

5

0

Klagenfurt

1

0

3

0

Leoben

0

0

0

3

Innsbruck

0

0

12

0

Feldkirch

0

0

1

0

 

Zu 10:

Die Staatsanwaltschaft Wels gab die Gesamtzahl der vollzogenen Haus- und Personendurchsuchungen bekannt. Diese wurde in der Spalte 2003 vermerkt. Die Staatsanwaltschaften Wien, St. Pölten, Eisenstadt, Linz, Graz und Innsbruck konnten die Anzahl der vollzogenen Haus- und Personendurchsuchungen nicht ermitteln.

Staatsanwaltschaft   

2000

2001

2002

2003

Wien

-

-

-

-

Wiener Neustadt

11

3

1

1

St. Pölten

-

-

-

-

Eisenstadt

-

-

-

-

Korneuburg

0

10

9

5

Krems an der Donau

0

0

2

0

Linz

-

-

-

-

Salzburg

0

0

0

0

Wels

 

 

 

insgesamt 2

Steyr

0

0

2

0

Ried im Innkreis

0

1

0

1

Graz

-

-

-

-

Klagenfurt

0

0

4

0

Leoben

0

0

0

1

Innsbruck

-

-

-

-

Feldkirch

0

2

4

2

 

Zu 11:

Aus den vorliegenden Amtshaftungsstatistiken lassen sich die Fälle von Amtshaftungsansprüchen aus Finanzstrafverfahren nicht ermitteln. Es ist jedoch davon auszugehen, dass in den Jahren 2000 bis 2003 maximal zwei bis drei Amthaftungsansprüche geltend gemacht wurden, denen (auch) ein gerichtliches Finanzstrafverfahren zu Grunde lag.

Zu 12 bis 14:

Die erwähnten Fälle wurden außergerichtlich bereits abgeschlossen. Die Ansprüche haben sich als nicht berechtigt erwiesen und wurden von den Ersatzwerbern nicht gerichtlich geltend gemacht.

Zu 15:

Die von mir eingesetzte und unter dem Vorsitz der Vizepräsidentin des VfGH, Dr. Brigitte BIERLEIN, stehende „Expertenkommission zur Prüfung der staatlichen Reaktionen auf strafbares Verhalten in Österreich“ hat im März 2004 ihren Bericht vorgelegt. Darin vertritt die Kommission u.a. die Auffassung, dass der kriminelle Unwert betrügerischen Missbrauchs des Abgabensystems (insbesondere im Zusammenhang mit dem Vorsteuerabzug bei der Umsatzsteuer) durch die Tatbestände des Finanzstrafgesetzes oft nicht adäquat erfasst und entsprechend der hohen kriminellen Energie sanktioniert werden kann. Die Kommission empfiehlt, in diesem speziellen Bereich die Subsidiarität des Betrugstatbestandes des StGB gegenüber den Fiskaldelikten (§ 22 Abs. 2 FinStrG) einzuschränken.

Die Expertenkommission regt in diesem Zusammenhang auch eine grundsätzliche Überprüfung der Unterschiedlichkeiten der Sanktionssysteme des StGB und des FinStrG an, um vor allem eine sachgerechte Differenzierung zwischen besonders strafwürdigen Erscheinungsformen qualifizierter Abgabenhinterziehung oder Schmuggels (mit nachhaltiger Schädigung des Gemeinwesens) und weniger schwerwiegenden Fällen zu ermöglichen.

Ich teile diese Auffassung der Kommission grundsätzlich und weise ferner auf die in der Regierungsvorlage eines Steuerreformgesetzes, 451 der Beilagen XXII. GP, enthaltenen Strafschärfungen hin (Artikel VI Z 4 und 6).

Zu 16:

Zunächst wäre darauf hinzuweisen, dass nach geltendem Recht gemäß § 28 FinStrG eine Haftung juristischer Personen und Vermögensmassen oder Personenvereinigungen, die keine Rechtspersönlichkeit besitzen, aber abgabepflichtig sind, für Geldstrafen und Wertersätze, die gegen natürliche Personen verhängt wurden, vorgesehen ist.

Die Arbeiten meines Ressorts an einem Entwurf für ein Bundesgesetz über die Verantwortlichkeit von Verbänden für mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlungen stehen vor der Fertigstellung. Unter den Begriff „Verbände“ sollen dabei nicht nur juristische Personen zu subsumieren sein, sondern auch bestimmte Gesellschaften (insbesondere Personenhandelsgesellschaften), die in ihrer Rechtsqualität juristischen Personen nahe kommen. Das geplante Bundesgesetz soll materiellrechtliche Bestimmungen insbesondere zu den Voraussetzungen, unter denen ein Verband für mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlungen verantwortlich werden kann und zu den Sanktionen enthalten. Subsidiär sollen die Bestimmungen des Strafgesetzbuches anwendbar sein. Ferner soll der Gesetzesentwurf Sonderbestimmungen für das Verfahren gegen Verbände enthalten, wobei auch hier subsidiär die Strafprozessordnung anwendbar sein soll. Verbände sollen unter bestimmten Voraussetzungen in einem gerichtlichen Strafverfahren verurteilt werden können, wenn im Rahmen der Tätigkeit des Verbandes von Personen, die für den Verband handeln, eine mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung begangen wurde.

Ausdrücklich hinweisen möchte ich darauf, dass Verwaltungsübertretungen außerhalb des Anwendungsbereiches dieses Gesetzes (und außerhalb des Zuständigkeitsbereiches des Justizressorts) stehen.

Durch die geplante Fassung dieses Gesetzes soll die Verantwortlichkeit von Verbänden zwar grundsätzlich in Bezug auf jeden gerichtlichen Straftatbestand eintreten können, unabhängig davon, ob er im StGB oder in einem Nebengesetz geregelt ist.

Das FinStrG nimmt jedoch eine Sonderstellung ein, weil dessen Straftatbestände nach bestimmten Kriterien, insbesondere nach den im § 53 FinStrG festgelegten Wertgrenzen, entweder der Zuständigkeit des Gerichts oder jener der Finanzstrafbehörde zugewiesen werden. Abgesehen von den bereits oben erwähnten Möglichkeiten nach § 28 FinStrG, die sowohl im gerichtlichen als auch im verwaltungsbehördlichen Strafverfahren Anwendung finden, ist dem Verwaltungsstrafrecht eine eigenständige Verantwortlichkeit von Verbänden bisher fremd. Unter Bedachtnahme auf den besonderen, engen Zusammenhang zwischen dem Verwaltungsstrafrecht und dem gerichtlichen Strafrecht innerhalb des FinStrG wird über die Frage einer Anpassung des Finanzstrafrechts noch zu diskutieren sein.

 

. Juni 2004

 

(Dr. Dieter Böhmdorfer)