1700/AB XXII. GP

Eingelangt am 05.07.2004
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

GZ 04 0502/110-I/4/04

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 2. Juli 2004

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1693/J vom 5. Mai 2004 der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Kollegen, betreffend "Gesetzlichen Vollzug von Dienstrechtsmaterien durch die Telekom Austria AG (Vorstand)", beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Vorerst möchte ich darauf hinweisen, dass sich die vorliegende Anfrage
überwiegend auf Angelegenheiten bezieht, die nicht Gegenstand der Voll-
ziehung durch das Bundesministerium für Finanzen sind. Von meinem Ressort werden neben den Zuständigkeiten nach § 17 Poststrukturgesetz und § 14 Abs. 8 Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 ausschließlich die Rechte der Republik Österreich als Alleineigentümerin der Österreichischen Industrieholding AG (ÖIAG) in der Hauptversammlung wahrgenommen.

 

Die vorliegenden Fragen betreffen im Wesentlichen Entscheidungen von Organen der ÖIAG bzw. der börsenotierten Telekom Austria AG und somit keine in die Zuständigkeit des Bundesministeriums für Finanzen fallenden Gegenstände der Vollziehung, insbesondere auch keine Angelegenheiten der Verwaltung des Bundes als Träger von Privatrechten und sind somit von dem im § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 determinierten Fragerecht nicht erfasst.

 

Ich ersuche daher  um Verständnis, dass ich ausschließlich zu den das Bundesministerium für Finanzen betreffenden Fragen 13, 28, 29, 32, 33, 40 sowie 43 bis 47 Stellung nehme, wobei ich mich im Hinblick auf das bereits dargelegte, im § 90 Geschäftsordnungsgesetz 1975 determinierte Fragerecht zu den Fragen 32, 33, 40 (teilweise), 44, 45 und 46 nur im Einverständnis mit der ÖIAG auf Grund einer von der Gesellschaft dem Bundesministerium für Finanzen erteilten Information äußern kann. Hinsichtlich der übrigen, nicht das Bundesministerium für Finanzen betreffenden Fragen verweise ich auf die Beantwortung der gleichlautenden Anfrage Nr. 1694/J durch den Herrn Bundeskanzler, in welcher die verfassungsrechtliche Rechtslage eingehend dargestellt ist.

 

Die das Bundesministerium für Finanzen betreffenden Fragen beantworte ich wie folgt:

 

Zu 13.:

Beim Vorstand der Telekom Austria AG ist ein Personalamt eingerichtet, dem die Funktion einer obersten Dienst- und Pensionsbehörde für die dem Unternehmen zugewiesenen Beamten zukommt, wobei der Vorsitzende des Vorstandes in seiner Funktion als Leiter dieser obersten Dienst- und Pensionsbehörde an keine Weisungen gebunden ist. Außerdem ist es dem Bundesministerium für Finanzen nicht möglich, in den Geschäftsablauf einzugreifen.

 

Auf Grund dieser Gegebenheiten ist es dem Bundesministerium für Finanzen auch nicht möglich zu beurteilen, ob im Zusammenhang mit den in der vorliegenden Anfrage angesprochenen Versetzungen und Abberufungen zufolge rechtswidriger und schuldhafter Untätigkeit der  obersten Dienst- und Pensionsbehörde Dienstnehmern tatsächlich ein Schaden entstanden ist.

 

Grundsätzlich ist aber festzuhalten, dass gemäß Amtshaftungsgesetz bei rechtswidriger und schuldhafter – leichte Fahrlässigkeit genügt – Untätigkeit der obersten Dienst- und Pensionsbehörde der Bund den Dienstnehmern für den daraus entstandenen Schaden haftet. Wären die Nachteile den Dienstnehmern jedoch auch bei pflichtgemäßem Handeln der Dienstbehörde entstanden, oder hätten allfällige Schäden durch ein Rechtsmittel abgewendet werden können, würde die Ersatzpflicht des Rechtsträgers entfallen. Ein Prozessrisiko des Bundes (des Bundesministeriums für Finanzen) im Amtshaftungsverfahren ist unter diesen Prämissen zu verneinen.

 

Zu 28. und 29.:

Bezüglich der dienstbehördlichen Kompetenzen bei der Telekom Austria AG und der in diesem Zusammenhang in der vorliegenden Anfrage angesprochenen möglichen Bedenken wegen offenkundiger Befangenheit auf Grund der Doppelfunktion als Gesellschaftsorgan und Leiter der Dienstbehörde, ist darauf hinzuweisen, dass derartige Bedenken vom Bundesministerium für Finanzen ebenso wenig geteilt werden wie die pauschale Aussage, dass durch diese Rechtslage auch keine fairen Verfahren sichergestellt sind.

 

Außerdem ist festzuhalten, dass § 17 Poststrukturgesetz bereits wiederholt Gegenstand von Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof war, der gegen die Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmung (Doppelfunktion) keine Bedenken hegte. Insbesondere wurde darin auch keine Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter gesehen. Ergänzend ist anzumerken, dass auch nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu § 1 Amtshaftungsgesetz die gleichzeitige Ausübung privatrechtlicher und hoheitlicher Aufgaben durch ein- und dieselbe Person nicht ausgeschlossen ist.

Zu 32.:

Nach Mitteilung der ÖIAG wurde der künftige Personalbedarf der Telekom Austria AG im Rahmen der Genehmigung des Budgets durch den Aufsichtsrat der Telekom Austria AG festgelegt.

 

Dem Aufsichtsrat der Telekom Austria AG gehören keine Eigentümervertreter des Bundes an; die beiden Vorstandsmitglieder der ÖIAG, die dem Aufsichtsrat der Telekom Austria AG angehören, sind in dieser Funktion keine Eigentümervertreter, sondern Organe der Telekom Austria AG.

 

In diesem Zusammenhang ersuche ich auch um Verständnis, dass über Interna aus dem Aufsichtsrat der Telekom Austria AG keine Auskunft erteilt werden kann.

 

Zu 33.:

Nach Auskunft der ÖIAG verfügte die Telekom Austria AG per
31. Dezember 2003 im Konzern über 10.234 Mitarbeiter und Mitarbeiter-
innen. Eine weitere Aufschlüsselung kann laut ÖIAG nicht erfolgen.

 

Zu 40.:

Über weitere konkrete Privatisierungsschritte kann keine Auskunft erteilt werden, da jedes Bekanntwerden solcher Absichten gravierende Folgen für den Börsekurs der Telekom Austria-Aktie hätte.

 

Gemäß § 7 (3) ÖIAG-Gesetz entscheidet die ÖIAG nach dem pflichtgemäßen Ermessen ihrer Organe, wann und in welchem Umfang Privatisierungen erfolgen. Für die am 18. Juni 2004 angesetzte Aufsichtsratssitzung der ÖIAG war laut Auskunft der ÖIAG kein Antrag bezüglich einer Privatisierung unter den Sperrminoritätsanteil geplant und es wurde auch kein Beschluss in dieser Hinsicht gefasst.


Zu 43.:

Gemäß Regierungsauftrag vom 1. April 2003 sollen die Privatisierungen zu einer möglichst hohen Wertsteigerung der Unternehmen führen und einen möglichst hohen Erlös für den Eigentümer erbringen.

 

Zusätzlich sind die österreichischen Interessen wie folgt zu wahren:

 

·        Schaffung bzw. Erhaltung sicherer Arbeitsplätze in Österreich

·        Nach Möglichkeit Aufrechterhaltung der Entscheidungszentralen der zu privatisierenden Unternehmen in Österreich durch Schaffung österreichischer Kernaktionärsstrukturen durch Syndikate mit industriellen Partnern, Banken, Versicherungen, Pensionskassen, Vorsorgekassen, Fonds etc.

·        Erhaltung und Ausbau der bestehenden Forschungs- und Entwicklungskapazitäten

·        Berücksichtigung des österreichischen Kapitalmarktes

 

Konkrete Erlöserwartungen können nicht bekannt gegeben werden, wobei diesbezüglich auch die bereits bei Punkt 40 angeführte Begründung gilt.

 

Zu 44. und 47.:

Zur Entwicklung des ATX-Kurses der Telekom Austria-Aktie am 26. Februar 2004 wird von der ÖIAG darauf hingewiesen, dass nach ihrem Informationsstand keine Kursmanipulation durch Manager der Telekom Austria AG erfolgt ist.

 

Zu 45.:

Nach Mitteilung der ÖIAG konnten die Aktienoptionen von den Vorstandsmitgliedern der Telekom Austria AG sowie im Wesentlichen von den Führungskräften des Telekom-Konzerns ausgeübt werden. Eine genaue Aufschlüsselung auf die einzelnen Manager ist dem Bundesministerium für Finanzen nicht bekannt.

 

Zu 46.:

Nach Auskunft der ÖIAG hatten die Aufsichtsratsmitglieder der Telekom Austria AG keinen Anspruch auf Aktienoptionen.

 

Mit freundlichen Grüßen