1704/AB XXII. GP

Eingelangt am 05.07.2004
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 

Anfragebeantwortung

GZ 10.000/100-III/4a/04

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.- Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 5. Juli 2004

 

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1707/J-NR/2004 betreffend Sicherung des Weiterbestandes des Dr. Karl Renner-Museums in Gloggnitz, die die Abgeordneten Peter Marizzi, Kolleginnen und Kollegen am 5. Mai 2004 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1. und 2.:

Auf Grund der stetig steigenden Zahl von Förderwerbern wurden im Jahr 2001 Förderungsrichtlinien für den Bereich der Museumsförderung erarbeitet, wobei im Wesentlichen  folgende Grundsätze beachtet werden:

Förderungen für den Betriebsaufwand widersprechen dem Grundsatz der nachhaltigen ökonomischen Eigenständigkeit. Aus diesem Grund wurde der jährliche Förderbeitrag für den Personal- und Sachaufwand der „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ im Jahr 2001 auf  € 13.807,84 reduziert.

 

 

 

Ad 3.:

Sämtliche Subventionen sind aus dem jährlichen Kulturbericht des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur ersichtlich. Beispielsweise wurde für das Leopold Figl-Museum in Michelhausen im Jahr 2001 eine Förderung im Ausmaß von € 1.453,46 zur Verfügung gestellt.

 

Ad 4.:

Laut Bundesverfassung fallen ausschließlich die Bundesmuseen und Sammlungen des Bundes in den Kompetenzbereich des Bundes. Die Angelegenheiten der übrigen Museen sind Sache der Länder bzw. der Gemeinden oder anderer Rechtsträger. Um jedoch die kulturelle Zusammenarbeit des Bundes mit den Bundesländern zu sichern, fördert der Bund Landes- und Gemeindemuseen sowie Museen anderer Institutionen, soweit ihnen überregionale Bedeutung zukommt. Mitgliedschaften in Träger- oder Fördervereinen solcher Museen stehen der notwendigen Flexibilität im Bereich der Museumsförderung entgegen und erlauben keine Zweckbindung des Förderbeitrages (wie z.B. Erhalt des Kulturerbes durch Förderung von Restaurierungs- und Konservierungsarbeiten).

 

Ad 5.:

Auf Grund der zunehmenden Anzahl von Förderwerbern ist es nicht möglich, einzelne Museen als Dauersubventionsnehmer zu fördern. Es bleibt den Institutionen jedoch unbenommen, um die Förderung von Investitionen in den Erhalt und die Sicherung musealer Objekte und um die Förderung herausragender Projekte anzusuchen. Unter diesem Titel erhält der Verein „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ eine Förderung von insgesamt € 45.000,-- für den Zeitraum 2003-2005, um das Projekt „Karl Renner und der österreichische Staatsvertrag“ vorbereiten und durchführen zu können.

 

Ad 6.:

Eine Begutachtung der „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ in Gloggnitz erfolgte am 23. April 2004 durch die zuständige Leiterin der Kultursektion des Ressorts, Sektionschefin Dr. Brigitte Böck, und durch den Leiter der für die Museumsförderung zuständigen Abteilung IV/4 (Kulturpolitik),
Dr. Reinhold Hohengartner. Das Ergebnis dieser Begutachtung war wenig erfreulich: Die „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ ist nur zu einem sehr geringen Teil, relativ zusammenhanglos, dem Leben und Wirken Dr. Karl Renners gewidmet.

 

Daneben wird wesentlich ausführlicher eine Dauerausstellung zum Ende des Zweiten Weltkrieges im Rax- und Semmeringgebiet gezeigt, die eher einer Kuriositätensammlung, als einer historischen Ausstellung gleicht. Neben SS- und SA-Dolchen, verschiedensten Uniformen (darunter auch eine
deutsche Marineuniform!) und Waffen, werden auch zwei menschliche Skelette in entwürdigender Art gezeigt. Ein didaktisches Konzept oder eine nach auch nur geringsten museologischen Grundsätzen präsentierte Ausstellung werden gänzlich vermisst.

 

Darüber hinaus wird in einem Teil der Baulichkeiten der „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ eine inhaltlich extrem komprimierte Ausstellung unter dem Titel „Von der Monarchie zur Republik“ gezeigt. Auch hier sind gröbste Mängel im wissenschaftlichen Konzept und in der entsprechenden Ausstellungsgestaltung festgestellt worden. So wird beispielsweise „der Schuss von Sarajewo“ (auch akustisch) als Ausgangspunkt eines weltweiten Krieges präsentiert. Dass am 28. Juni 1914 sowohl der österreichische Thronfolger als auch dessen Gattin durch „die Schüsse von Sarajewo“ ermordet wurden, fällt völlig unter den Tisch. Auch die Präsentation der „aus dem Osten heranstürmenden Völkerschaften“, teilweise durch entsetzliche Fratzen visualisiert, sollte – spätestens im Jahr des EU-Beitritts zahlreicher mittel- und osteuropäischer Staaten – überdacht und neu konzipiert werden.

 

Schließlich ist auch darauf hinzuweisen, dass an einem Computer-Terminal mit mehreren Geräten, das vorzugsweise „wegen seiner Aktualität“ (wie seitens des Vereinsobmannes erklärt wurde) von Schulklassen genutzt wird, angeblich sämtliche Regierungen seit der provisorischen Staatsregierung Karl Renner dargestellt wären. Eine Überprüfung ergab, dass die Inhalte zeitlich im Jahr 1999 enden. Eine baldige Aktualisierung wurde allerdings in Aussicht gestellt.

 

Ad 7.:

Von einem Förderstopp des Bundesministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur kann in keiner Weise gesprochen werden (siehe Beantwortung der Frage 5).

 

Ad 8.:

Ich bin der Ansicht, dass die „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ in eine ihrem Namen gerecht werdende Institution mit einer entsprechenden inhaltlichen Neukonzeption umfunktionalisiert werden sollte. Museum bedeutet immer auch Selektion; eine solche ist in der „Dr. Karl Renner-Gedenkstätte“ nicht im Ansatz zu erkennen. Deshalb ist auch nicht von einem Museum zu sprechen. Vielmehr werden unterschiedlichste Kleinausstellungen zu einem didaktisch völlig unzusammenhängenden Konglomerat zusammengefügt. Gerade nach dem 1. Mai 2004 besteht hier dringender Handlungsbedarf für die Betreiber der Gedenkstätte.

 

 

Ad 9.:

Das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur ist nicht für die Aufrechterhaltung des Betriebes eines Vereinsmuseums verantwortlich. Die Unterstützung konkreter Projekte hat Vorrang vor jährlich wiederkehrenden Subventionen für den Betriebsaufwand. Für eine entsprechend nachhaltige wirtschaftliche Eigenständigkeit hat der Betreiber zu sorgen. Im Rahmen der gegebenen Möglichkeiten werde ich jedoch, wie bereits bisher, weiterhin bemüht sein, den Bestand des Museumsstandorts durch projektbezogene Förderungen im begründeten Anlassfall sichern zu helfen.

 

 

 

Die Bundesministerin:

 

E. Gehrer eh.