1722/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.07.2004
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

 

GZ 04 0502/114-I/4/04

 Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1720/J vom 6. Mai 2004 der Abgeordneten Mag. Ulrike Lunacek und Kollegen, betreffend Diskriminierungen von gleichgeschlechtlichen LebensgefährtInnen bei der Schenkungssteuer, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Zu 1. und 3.:

Die in einem Abgabeverfahren festgestellten, einen Abgabepflichtigen be-
treffenden Umstände und Verhältnisse dürfen auf Grund der abgabenrechtlichen Geheimhaltungspflicht gem. § 48a Bundesabgabenordnung nicht bekannt gegeben werden.
Im Hinblick darauf ersuche ich um Verständnis, dass ich zum konkreten Sachverhalt nicht Stellung nehmen kann.

 

Allgemein ist bezüglich der Schenkungssteuer auf Folgendes hinzuweisen:

Wird ein Unterhalt oder eine Ausbildung aufgrund gesetzlicher Unterhaltsverpflichtung (zu beurteilen nach den zivilrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches - ABGB) gewährt, so ist der Tatbestand der freigebigen Zuwendung nicht erfüllt und eine Schenkungssteuerpflicht von vornherein ausgeschlossen.

 

Werden von einer nicht gesetzlich unterhaltsverpflichteten Person Zuwendungen zum Zweck des Unterhalts oder zur Ausbildung gemacht, so sind sie gemäß § 15 Abs. 1 Z 9 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) steuerfrei, sofern sie angemessen sind. Darüber hinausgehende Beträge unterliegen der Schenkungssteuer. Was als angemessener Unterhalt anzusehen ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Aspekten.

 

Die Steuerfreiheit des § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG kommt nur in Betracht, wenn der Bedachte der Zuwendung zum Zwecke des angemessenen Unterhaltes bedarf. Die Befreiungsbestimmung ist daher nicht anzuwenden, wenn der Bedachte seinen Lebensunterhalt aus seinem eigenen Vermögen bestreiten kann.

 

Damit das Finanzamt die Steuerbefreiung des § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG gewähren kann, müssen alle Voraussetzungen vorliegen. Das heißt, es müssen alle Angaben gemacht werden, die für das Finanzamt erforderlich sind, um die Frage der Angemessenheit und des Bedarfs beurteilen zu können. Die Befreiung kann daher ohne nähere Angaben nicht von Amts wegen gewährt werden.

 

Zu 2.:

Bei der Frage der Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit Ehen handelt es sich um eine primär gesellschaftspolitische Thematik, wobei darauf hinzuweisen ist, dass im Erbschafts- und Schen-kungssteuerrecht nicht einmal heterosexuelle Lebensgemeinschaften den Ehegemeinschaften gleichgestellt sind. In Österreich ist derzeit ein gesellschaftlicher Umdenkprozess im Gange, dessen Ergebnis aber nicht vom Steuerrecht vorweggenommen werden kann.  Nach Ansicht des Bundesministeriums für Finanzen müssten eventuelle diesbezügliche Änderungen  vorerst im Bereich des Zivilrechts erfolgen und einer Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Schenkungs- und Erbschafts-steuerrecht vorangehen.

 

Zu 4.:

Da den Finanzämtern die Befreiungsbestimmung des § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG bekannt ist und sie auch die ständige Rechtsprechung des VwGH beachten (vorausgesetzt natürlich, dass die Abgabepflichtigen die für die Anwendbarkeit der Befreiung erforderlichen Umstände – Angemessenheit und Bedarf –dokumentieren), wird eine derartige Anweisung vom Bundesministerium für Finanzen als entbehrlich erachtet.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.