1778/AB XXII. GP
Eingelangt am 21.07.2004
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möglich.
BM für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Herrn
Präsidenten des Nationalrates (5-fach)
Parlament
1017 Wien
GZ: 11.001/65-I/A/3/04 Wien, 20. Juli 2004
Sehr geehrter Herr Präsident!
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1776/J der Abgeordneten Lackner und GenossInnen wie folgt:
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Frage 1:
Der Abgang in der Sozialen Krankenversicherung betrug laut den endgültigen Erfolgsrechnungen für das Jahr 2003 € 133.530.058.
Frage 2:
Laut aktualisiertem Voranschlag für das Jahr 2004 wird in der Sozialen Krankenversicherung ein Bilanzverlust in der Höhe von € 329.803.660 erwartet (Erstellungsmonat Mai 2004).
Laut Gebarungsvorschaurechnungen für die Jahre 2005 und 2006 werden Bilanzverluste in der Höhe von € 520.556.026 bzw. € 664.149.525 prognostiziert (jeweils Erstellungsmonat Mai 2004).
Frage 3:
Die finanzielle Mehrbelastung der Angestellten durch die Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge beläuft sich im Jahr 2004 auf 171 Mio. €.
Die Mehreinnahmen aus der Harmonisierung Arbeiter/Angestellte betragen im Jahr 2004 94 Mio. € sowie im Jahr 2005 98 Mio. €.
Frage 4:
Durch den Beitrag Freizeitunfallversicherung fließen der Sozialen Krankenversicherung Einnahmen in der Höhe von 109,5 Mio. € (2004) sowie 113 Mio. € (2005) zu.
Frage 5:
Diese Frage kann mit Null beantwortet werden. Das Pflegegeld unterliegt nicht der Beitragspflicht zur Krankenversicherung.
Frage 6:
Durch die Beitragssatzerhöhung Pensionisten kommen der Sozialen Krankenversicherung Mehreinnahmen in der Höhe von 127,5 Mio. € (2004) sowie 249 Mio. € (2005) zu.
Frage 7:
Mit dem Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, wurde § 31 Abs. 5a ASVG geschaffen, wonach der Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger für die Versicherungsträger nach ASVG (mit Ausnahme der Versicherungsanstalt der österreichischen Eisenbahnen) jährlich eine Verordnung zu erlassen hat, in der festgestellt wird, ob und in welcher Höhe ein Kostenbeitrag bei Inanspruchnahme ärztlicher Hilfe, Zahnbehandlung und Behandlung in einer Spitalsambulanz im nächstfolgenden Kalenderjahr zu entrichten ist. Er hat hiebei insbesondere auf die im Ausgleichsfonds der Krankenversicherungsträger vorhandenen Mittel sowie auf die wirtschaftlichen Verhältnisse der Versicherten Bedacht zu nehmen. Der Kostenbeitrag ist für die genannten Versicherungsträger einheitlich unter Zugrundelegung der von ihnen im Durchschnitt des vorangegangenen Kalenderjahres erbrachten tariflichen Leistungen festzusetzen. Diese Verordnung bedarf der Genehmigung der Bundesministerin für Gesundheit und Frauen. Gemäß § 606 Abs. 3 ASVG ist die Verordnung nach § 31 Abs. 5a frühestens mit 1. Jänner 2005 in Kraft zu setzen.
Frage 8:
Der Abbau bzw. die Umwidmung von Akutbetten in Betten für medizinische Pflege wurde im Rahmen der Revisionen zum ÖKAP/GGP stets thematisiert und war auch schon mehrmals Thema in den Sitzungen der Strukturkommission. Auf Grund der äußerst unterschiedlichen Versorgungssituation in den einzelnen Bundesländern ist es erforderlich, bei der Bedarfsschätzung die Ergebnisse des aktuellen „Follow up“ der Bedarfs- und Entwicklungspläne der Länder, die auf der Vereinbarung gemäß Art. 15a B-VG über gemeinsame Maßnahmen des Bundes und der Länder für pflegebedürftige Personen, BGBl.Nr. 866/1993, beruhen, mit einzubeziehen. Ich habe auch die Länder bereits aufgefordert zu prüfen, an welchen Standorten in welchem Umfang derartige Umwidmungen zweckmäßigerweise zu realisieren wären, um zukünftig eine den demographischen Entwicklungen entsprechende Versorgung der Bevölkerung mit Angeboten an medizinischen Pflegebetten sicherzustellen.
Die in Zukunft notwendigen strukturellen Umwidmungen im Akutbettenbereich werden Gegenstand der bevorstehenden Verhandlungen mit den Ländern über eine neue Vereinbarung zum Gesundheitswesen gemäß Art. 15a B-VG sein.
Fragen 9, 10 und 19:
Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel hat am 27. Oktober 2003 im Rahmen eines Runden Tisches unter Beiziehung von Vertreterinnen und Vertretern der politischen Parteien, der Sozialpartner und der beruflichen Interessenvertretungen den Gesundheitsreformdialog in Gang gesetzt. Im Rahmen dieses Treffens wurde auf die fünf geplanten Themenschwerpunkte der Gesundheitsreform verwiesen:
- Gesundheitsförderung,
- Innovationen,
- Qualitätssicherung,
- Strukturen und
- Finanzen.
Neben den laufenden Vorbereitungsarbeiten des Ressorts zur Gesundheitsreform wird der Dialog mit externen Expertinnen und Experten durch die Abhaltung von Konferenzen/Gesundheitsdialogen gefördert. Gesundheitsdialoge, zu denen die interessierte Öffentlichkeit eingeladen wurde, sind bislang zu folgenden Themen durchgeführt worden:
- Arzneimittelmanagement,
- Public Health – Lebensmittelsicherheit,
- Aktionsprogramm Hospiz,
- Gesundheitsberufe,
- Gesundheitsförderung,
- Freiheit versus Sucht,
- Kindergesundheitsplan,
- Qualitätssicherung,
- Gesundheitsversicherungen,
- Gesundheitsagenturen,
- Digitalisierung im Gesundheitswesen,
- Geschlechterspezifische Gesundheit,
- Rolle des Hausarztes/der Hausärztin.
Informationsunterlagen zu diesen Gesundheitsdialogen sind über die Homepage des Bundesministeriums für Gesundheit und Frauen unter www.bmgf.gv.at
abrufbar.
Eine drängende Herausforderung für die Gesundheitspolitik ist die rasche Umsetzung eines integrierten Gesundheitssystems. Sofern es gelingt, die derzeit vielfach getrennten Planungs-, Steuerungs- und Finanzierungsmechanismen des stationären und des ambulanten Gesundheitsbereichs besser abzustimmen, können große Effizienzpotenziale genutzt werden. Der Schlüssel zur Lösung dieser Probleme liegt in der Einrichtung von Gesundheitsagenturen auf Bundes– und auf Landesebene. Dabei geht es in erster Linie nicht um die Schaffung zusätzlicher Institutionen, sondern um eine sinnvolle Koppelung bestehender Einrichtungen. Ziel ist es, mit einer klaren Struktur die derzeit vorhandenen Reibungsverluste im System zu minimieren. Die Idee der Gesundheitsagenturen soll gewährleisten, dass künftig alle Akteure des Gesundheitswesens ihre Aktivitäten im Sinne der Patientinnen und Patienten koordinieren müssen.
Im Rahmen des Auftaktes der Verhandlungen zwischen dem Bund und den Ländern zum Finanzausgleich wird der Bund seine Positionen im Hinblick auf die Gesundheitsreform einbringen.
Fragen 11 und 12:
Die Umsetzung der Maßnahmen zur Einführung der e-card ist dem Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger übertragen. Es wurde daher die Stellungnahme des Hauptverbandes eingeholt, die wie folgt lautet:
„Frage 11:
Die einleitenden Ausführungen der Anfrage, es gäbe ein „jahrelanges Hin und Her“ etc. sind unzutreffend:
Die bisher aufgetretenen Verzögerungen können nicht der Sozialversicherung angelastet werden, sie sind durch Verzögerungen auf Auftragnehmerseite bedingt. Derzeit sind – nach Ausscheiden eines Anbieters des ersten Vergabedurchgangs – die wesentlichen Teilpakete bereits wiederum vergeben und große Vergabeverfahren erfolgreich durchgeführt. Das Bundesvergabeamt hat z. B. im Verfahren über die Vergabe der Chipkartenproduktion den Standpunkt des Hauptverbandes bestätigt.
Die Herstellung der Chipkarten befindet sich im Plan, auch die Verbindungen zwischen Bürgerkarte (§ 4 E-Government-Gesetz) und e-card, wie sie im Sozialversicherungs-Änderungsgesetz 2004, BGBl. I Nr. 18/2004 (ausgegeben 23. März 2004), vorgesehen wurden, sind entsprechend in Arbeit.
Die österreichischen Teilnehmer an den Olympischen Spielen 2004 in Athen werden mit Chipkarten ausgestattet, welche auf der Technik der e-card und der grafischen Gestaltung der Europäischen Krankenversicherungskarte beruhen.
Die Ausstattung dieser Personengruppe ist der erste öffentlich spürbare Ausstattungsschritt für die neue e-card-Technik.
Weiters ist der Entwurf für die Durchführungsregeln über die Verwendung der e-card und deren Verknüpfung mit der Bürgerkarte und der Europäischen Krankenversicherungskarte vorbereitet und wird in den nächsten Wochen zur Begutachtung an die zuständigen Ministerien, die Versicherungsträger und andere Stellen versendet.
Nicht nur die Technik, sondern auch die Rechtsgrundlagen der e-card sind somit mit positiven Aussichten in Arbeit. Die Fortschritte daraus werden wie geplant Anfang 2005 spürbar werden.
Die e-card ist allerdings nicht bloß „Krankenscheinersatz“. Wesentlicher Anwendungsbereich, in welchem große Einsparungspotenziale durch den Entfall von Papierschriftverkehr liegen, wird die elektronische Abwicklung von Abläufen auf Basis des § 31a ASVG (elektronisches Verwaltungssystem ELSY) sein.
Allgemein darf in diesem Zusammenhang darauf aufmerksam gemacht werden, dass diese Einsparungen durch das Projekt (auch) einschlägige Maßnahmen im Vollziehungsbereich des Bundes voraussetzen:
So hat das BMGF die Projektleitung laut dem Masterplan „e-Government“ des Bundes für das Projektvorhaben „Rezept elektronisch ausgestellt“ (GH-REZ).
Durch das SVÄG 2004 wurde weiters zu § 31 Abs. 4 Z 1 ASVG eine Verknüpfung von Versicherungsnummer und bereichsspezifischem Personenkennzeichen - bPK (§ 9 E‑Government-Gesetz) vorgeschrieben: Dies setzt die Übermittlung (bzw. Erarbeitung) dieser Kennzeichen durch das Bundeskanzleramt (Datenschutzkommisson mit Datenverarbeitungsregister als Stammzahlenregisterbehörde bzw. Innenministerium als Dienstleister) voraus. Die in diesem Zusammenhang vorgesehene Verordnung (§ 7 Abs. 2 E-GovG) ist noch nicht kundgemacht.
Die Speicherung der Bürgerkarte auf der e-card, wie dies nun durch das SVÄG 2004 durch § 31a Abs. 2 ASVG vorgesehen ist, setzt für eine erfolgreiche Einführung weiters einschlägige Arbeiten an der Bürgerkartenumgebung (Amtssignatur usw.) voraus, um der Bürgerkarte an sich öffentliche Anwendbarkeit zu sichern. Mit der Fertigstellung der Grundlagen für die Beschaffung der Amtssignatur ist in den nächsten Tagen zu rechnen.
Diese Bemerkungen dürfen nicht dahin ausgelegt werden, dass sich die Sozialversicherung nicht auch für sich allein mit voller Kraft dem Projekt widmen würde; manche Rahmenbedingungen, welche der e-card und dem E-Government Erfolg sichern, sind allerdings auf Grund der Rechtslage nach wie vor allein durch den Bund zu treffen.
Im Großen und Ganzen kann festgehalten werden, dass sich das Projekt gut entwickelt.
Frage 12:
Nach heutigem Planungsstand beginnt der Probebetrieb mit Jänner 2005.
Der Hauptverband wird nach wie vor bestrebt sein, diese Termine einzuhalten und wird für den Fall, dass sich unakzeptable Verzögerungen oder sonstige Nachteile zeigen, rasch eindeutige Maßnahmen zur erfolgreichen Projektverwirklichung setzen.“
Frage 13:
Mit dem in der Anfrage genannten Begriff der „e-Cardgebühr“ soll offenbar das durch die 60. Novelle zum ASVG, BGBl. I Nr. 140/2002, als Ersatz für die Krankenscheingebühr nach Einführung der e-card geschaffene Service-Engelt von € 10 pro Jahr bei der jeweils erstmaligen Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung angesprochen werden. In Anbetracht der finanziellen Lage der Krankenversicherungsträger sind diese den Wegfall der Krankenscheingebühr kompensierenden Einnahmen unverzichtbar.
Fragen 14 und 15:
Nach der im Budgetbegleitgesetz 2003, BGBl. I Nr. 71/2003, festgelegten Verteilung der Kompetenzen zwischen dem Bundesministerium für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz und dem Bundesministerium für Gesundheit und Frauen obliegt die federführende Zuständigkeit für den Hauptverband dem Herrn Bundesminister für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz. Mein Ressort ist aber gerne bereit, an den diesbezüglichen Arbeiten bereits in der Konzeptionsphase mitzuwirken.
Fragen 16 und 17:
Ich verweise auf die jüngst vom Nationalrat gefassten Gesetzesbeschlüsse.
Frage 18:
Zunächst darf kurz der Umfang und Inhalt der am Heilmittelsektor getroffenen Maßnahmen in Erinnerung gerufen werden:
Das „Medikamenteneinsparungspaket“ ist das Ergebnis des Arzneimitteldialoges mit Vertretern des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger, Apothekern, Großhandel und Pharmaindustrie und besteht aus
Ein neuer Erstattungskodex ersetzt das bisherige Heilmittelverzeichnis, womit der Sozialversicherung ein wirtschaftliches Handeln ermöglicht wird;
Verlagerung der sogenannten „Chefarztpflicht“ von den Patienten und Patientinnen auf die Ärzteschaft;
Generikaförderung (z.B. gesetzliche Ermächtigung für den Hauptverband, geringere Rezeptgebühren vorzusehen)
und
Senkung der Großhandelsspanne;
Senkung des Apothekeneinkaufspreises und des Apothekenaufschlages sowie ein Sondernachlass der Apotheker;
gleichwertige Maßnahmen bei Hausapotheken;
Industrierabatt und Gebühr für den Erstattungskodex.
Das Ziel ist, die bisherige jährliche Ausgabensteigerung im Arzneimittelbereich von bis zu 9% in den Jahren 2004 bis 2006 auf 3% bis 4% zu stabilisieren. Dadurch werden die Ausgaben der Sozialversicherungen für Arzneimittel im Jahr 2006 nicht 3 Mrd. Euro betragen, sondern nur auf rund 2,5 Mrd. Euro ansteigen. Allein im Jahr 2004 soll dabei die Ausgabensteigerung bereits um über 120 Mio. Euro gedämpft werden.
Mit der 61. ASVG-Novelle, BGBl. I Nr. 145/2003, wurde als ein Teil des Arzneimittelpaketes der Ersatz des früheren „Heilmittelverzeichnises“ (Liste der frei verschreibbaren Arzneispezialitäten) schrittweise ab 1. Jänner 2004 durch einen „Erstattungskodex“ beschlossen. Der Erstattungskodex ist eine Positivliste der in Österreich zugelassenen, erstattungsfähigen und gesichert lieferbaren Arzneispezialitäten und bereinigt die bisherigen Fehlsteuerungen im Zusammenhang mit dem Heilmittelverzeichnis (z.B.: therapeutische Innovationen werden bereits mit Antragstellung des Pharmaunternehmens erstattungsfähig, d.h. sie stehen sofort für die Versorgung der Patienten und Patientinnen zur Verfügung).
Wenn in der Präambel der Anfrage nunmehr die Verfassungswidrigkeit des „Medikamenteneinsparpakets“ behauptet wird, erfolgt dies unter Bezugnahme auf ein Privatgutachten von Prof. Dr. Mayer zur Preisbestimmung für Arzneispezialitäten im roten Bereich (= Übergangsbereich) des Erstattungskodex.
Dazu ist anzumerken, dass dieses Privatgutachten im Auftrag und für die Vereinigung pharmazeutischer Unternehmen („Pharmig“) erstellt wurde und im Ergebnis einen allfälligen Rückforderungsanspruch der Sozialversicherung gegen die Pharmaunternehmen wegen „überhöhter“ Arzneimittelpreise im Zeitraum von Jänner bis Anfang März 2004 verneint.
Das Bundesministerium für Gesundheit und Frauen kann die Argumentation von Prof. Dr. Mayer zwar nachvollziehen, teilt sie jedoch nicht und sieht daher auch keine Veranlassung für Änderungen.
Frage 20:
Wer ernsthafte Reformen vor allem auch in den Strukturen anstrebt, wird auch Widerstände von Betroffenen, die jede Änderung ablehnen, nicht immer vermeiden können. Letztlich besteht aber doch die Hoffnung, dass sich in den bewährten demokratischen Prozessen der Meinungsbildung und endgültigen Entscheidung die besseren Argumente durchsetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Die Bundesministerin:
Maria Rauch-Kallat