1808/AB XXII. GP

Eingelangt am 23.07.2004
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BM für Bildung, Wissenschaft und Kultur

 

Anfragebeantwortung

GZ 10.000/125-III/4a/04

 

 

Herrn

Präsidenten des Nationalrates

Univ.- Prof. Dr. Andreas Khol

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 23. Juli 2004

 

 

 

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1806/J-NR/2004 betreffend Ethik-Unterricht, die die Abgeordneten Dieter Brosz, Kolleginnen und Kollegen am 26. Mai 2004 an mich richteten, wird wie folgt beantwortet:

 

 

Ad 1.:

Im Schuljahr 2003/2004 gibt es 107 Schulversuchsstandorte.

 

Ad 2.:

Zahl der Schulversuchsstandorte in jedem Schuljahr seit dem Beginn des Schulversuchs:

 

 

B

K

O

S

St

T

V

W

Summe

1997/1998

 

 

 

 

 

4

2

2

8

1998/1999

 

1

7

7

1

4

5

2

27

1999/2000

 

1

17

12

2

7

5

5

49

2000/2001

2

2

21

17

3

15

5

11

76

2001/2002

5

2

21

19

7

24

5

10

93

2002/2003

8

2

21

20

7

26

5

12

101

2003/2004

10

2

22

20

7

25

6

15

107

2004/2005

15

2

23

20

9

26

7

17

119

 

Auf der Sekundarstufe II wurden alle eingelangten Schulversuchsanträge genehmigt. Grundlage für die Durchführung des Schulversuchs an einem Standort war der Antrag der Schule. Die Anträge wurden dem Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur im Wege der Landesschulräte vorgelegt. Ein Antrag einer Hauptschule in Tirol wurde mit der Begründung abgelehnt, dass der Schulversuch gemäß seinem pädagogischen Konzept ausschließlich für die Sekundarstufe II (9. bis 12. bzw. 13. Schulstufe) vorgesehen ist.

 

Ad 3.:

Die genauen Schülerzahlen wurden in den Schuljahren 1999/2000 und 2000/2001 ermittelt:

 

 

B

K

O

S

St

T

V

W

Summe

1999/2000

 

18

479

380

14

314

272

249

1826

2000/2001

11

22

849

545

48

529

430

587

3021

 

Für das Schuljahr 2003/2004 sind die auf Grund der Bildungsdokumentation erhobenen Daten über den Besuch des Ethikunterrichts im Herbst dieses Jahres verfügbar.

 

Ad 4.:

Das Grundrecht auf Religionsfreiheit bedeutet auch das Recht eines Menschen keine religiöse
Überzeugung zu haben. Dieses Grundrecht umfasst jedoch nicht das Recht auf eine „Freistunde“ an Stelle des Religionsunterrichts. Es ist aus grundrechtlicher Sicht zulässig, für Schülerinnen und Schüler, die keinen schulischen Religionsunterricht besuchen, weil sie entweder keiner gesetzlich anerkannten Kirche oder Religionsgemeinschaft angehören oder sich vom Religionsunterricht abgemeldet haben, einen verpflichtenden Ethikunterricht einzurichten. Auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen über die Durchführung von Schulversuchen (§ 7 des Schulorganisationsgesetzes) kann ein derartiger Unterricht in Form eines Schulversuchs eingerichtet werden.

 

Ad 5.:

In Niederösterreich wurde der Schulversuch Ethikunterricht bisher nicht geführt.

 

Ad 6.:

Der Ethikunterricht wird nach den von den einzelnen Versuchsschulen vorgelegten Lehrplänen erteilt.

 

Ad 7.:

Die Lehreraus- und -fortbildung für den Unterrichts­gegenstand Ethik erfolgt durch die Pädagogischen Institute in den betroffenen Bundesländern, die entsprechende Veranstal­tungen im Einvernehmen mit der Schulbehörde erster Instanz organisieren.

 

Ad 8.:

Werteerziehung ist eine Aufgabe der österreichischen Schule (§ 2 des Schulorganisationsgesetzes). Diese findet im besonderen Maß im Religionsunterricht, darüber hinaus aber in allen Unterrichtsgegenständen, statt. In der Sekundarstufe II kommt zu den Schülerinnen und Schülern ohne Bekenntnis noch der Anteil der vom Religionsunterricht Abgemeldeten, der wesentlich höherer als in der Sekundarstufe I oder der Grundschule ist. Daher besteht

am meisten Bedarf an einem Unterrichtsgegenstand, der vornehmlich Inhalte anbietet, die es ermöglichen, Werte zu erkennen, Sinnfragen zu erörtern und das Handeln daran reflektorisch zu orientieren. Weiters erfordern in den derzeitigen Schulversuchslehrplänen viele der im Ethikunterricht angesprochenen Fragestellungen und Lehrinhalte eine Reflexionsfähigkeit und geistige Reife, die auf der Sekundarstufe II in erhöhtem Ausmaß gegeben ist. Die Entwicklung der Zahl der Schülerinnen und Schülern, die ohne Bekenntnis sind, wird in den kommenden Jahren zu analysieren sein und aufgrund dieser Ergebnisse wird die Frage einer Werteerziehung zur Vermittlung einer umfassenden Bildung breit diskutiert werden müssen.

 

Ad 9.:

Im Schulversuch finden sich derzeit von den Schulen selbst entwickelte Lehrpläne im Einsatz, die teilweise in Struktur und Schwerpunktsetzung der Bildungsinhalte stark unterschiedlich aufgebaut sind. Es gilt hier mit den unterschiedlichen Modellen zunächst noch ausreichende Erfahrungen zu gewinnen bevor eine Entscheidung über die Übernahme ins Regelschulwesen getroffen werden kann.

 

Ad 10.:

Die Arbeitsgruppe Ethikunterricht hat zuletzt am 8. Mai 2001 getagt. Die Tagungsprotokolle sind interne Unterlagen und daher nicht öffentlich zugänglich.

 

Ad 11.:

 Die Antwort findet sich im Ihnen bekannten Artikel selbst, insbesondere in folgendem Absatz:

„Die Antworten des Religionsunterrichts geben Orientierung. Aus ihnen erwachsen Modelle und Motive für ein gläubiges und zugleich humanes Leben. Der Religionsunterricht schafft Angebote für Bewältigungsmuster des Lebens. Er befähigt weiter zu persönlichen Entscheidungen in der Auseinandersetzung mit Konfessionen und Religionen, mit Weltanschauungen und Ideologien und fördert das Verständnis und die Toleranz gegenüber Andersdenkenden.

 

 

Die Bundesministerin:

 

E. Gehrer eh.