1829/AB XXII. GP

Eingelangt am 26.07.2004
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BM für Justiz

 

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN
           FÜR  JUSTIZ

BMJ-Pr7000/0023-Pr 1/2004

 

An den

                                      Herrn Präsidenten des Nationalrates

                                                                                                                           W i e n

 

 

zur Zahl 1853/J-NR/2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Bettina Stadlbauer, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend „Gemeinsame Obsorge“ gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

 

Zu 1 bis 7:

Einleitend möchte ich darauf hinweisen, dass – entgegen den Ausführungen in der Einleitung der Anfrage - der österreichische Gesetzgeber mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 keine „gemeinsame Obsorge“ eingeführt hat. Eine solche gibt es auch nicht für Eltern, die nicht getrennt leben. Das österreichische Konzept folgt dem Grundsatz einer „Obsorge beider Eltern“. Das bedeutet, dass die Eltern zwar im Innenverhältnis zur Einigkeit verpflichtet sind, dass aber nach außen – grundsätzlich – jeder Elternteil allein berechtigt ist, das Kind gesetzlich zu vertreten, sofern es sich nicht um außerordentlich wichtige Angelegenheiten handelt, die in § 154 Abs. 2 oder 3 ABGB angeführt sind. Dieses Konzept unterscheidet sich dadurch in sehr pragmatischer Weise von verschiedenen ausländischen Regelungen, die das Konzept der „gemeinsamen Obsorge“ umsetzen.

Der Nationalrat hat am 22.11.2000 mit der Entschließung 41/E 21. GP den Bundesminister für Justiz aufgefordert, „dem Nationalrat bis Ende 2005 einen Bericht über die Auswirkungen der Neuregelungen des Kindschaftsrechts, insbesondere was die Akzeptanz der Obsorge- und Besuchsrechtsregelungen, die Wirkungen auf das Kindeswohl und was die Form der Konfliktaustragung anlangt, vorzulegen.“

Das Bundesministerium für Justiz plant, zur Vorbereitung des vom Nationalrat aufgetragenen Berichtes ein Forschungsprojekt durchzuführen und erst auf dieser Grundlage weitere Überlegungen zu einem allfälligen Bedürfnis legislativer Schritte anzustellen. Dabei gehe ich wie der Nationalrat davon aus, dass die Auswirkungen des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001 grundsätzlich erst nach einer längerfristigen Einführungsphase verlässlich beurteilt werden können.

Zu 8:

Nach den bisherigen Erfahrungen mit dem Kindschaftsrechts-Änderungsgesetz 2001 haben sich bloß Anpassungen im Recht der Feststellung der Abstammung von Kindern, die nach der Scheidung der Ehe ihrer Eltern geboren worden sind, und im Recht der gerichtlichen Kontrolle der Vermögensverwaltung durch gesetzliche Vertreter als nötig erwiesen. Die erforderlichen Anpassungen wurden bereits mit dem neuen Außerstreitgesetz und dem Familien- und Erbrechts-Änderungsgesetz 2004 vorgenommen. Ein darüber hinausgehender Änderungsbedarf ist bisher noch nicht festgestellt worden.

Zu 9:

Nach den Reaktionen, die bisher an das Bundesministerium für Justiz herangetragen worden sind, bestehen mit der Obsorge beider Eltern keine Schwierigkeiten, und zwar auch nicht solche, die Gesetzesänderungen im Sinn der in der Anfrage angeführten Äußerungen eines Richters oder eines Rechtsanwalts nahe legen.

Zu 10 bis 22:

Die Gewinnung von Zahlenmaterial sowie dessen Evaluierung wird Aufgabe des erwähnten Forschungsprojektes sein. Derzeit steht zur Beantwortung dieser Fragen kein geeignetes Zahlenmaterial zur Verfügung.

. Juli 2004

 

(Maga. Karin Miklautsch)