1836/AB XXII. GP
Eingelangt am 27.07.2004
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BM
für Finanzen
Anfragebeantwortung
GZ
04 0502/135-I/4/04
Herrn Präsidenten
des Nationalrates
Parlament
1017 Wien
Wien,
27. Juli 2004
Sehr geehrter Herr
Präsident!
Auf die schriftliche parlamentarische
Anfrage Nr. 1832/J vom 27. Mai 2004 der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel und
Kollegen, betreffend Schädigung der Gemeindefinanzen durch Rückstände bei der
Ausstellung von Einheitswert- und Grundsteuermeßbescheiden durch Finanzämter,
beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:
Einleitend möchte ich bezüglich der
Neuorganisation der Finanzämter darauf hinweisen, dass es sich dabei nicht um
punktuelle Maßnahmen wie bei bisherigen Veränderungsmaßnahmen handelt, sondern
um eine Gesamtreform, die auf einer klaren Diagnose aufbaut und Entwicklungsrichtungen
und Optimierungsansätze aufzeigt. Das Bundesministerium für Finanzen hat es
sich dabei zum Ziel gesetzt, eine serviceorientierte, kostengünstige, flexible
und effiziente Organisation zu schaffen, die die Aufgabe der
Aufkommenssicherung optimal erfüllt und den sich ändernden Anforderungen der
Zukunft gewachsen ist. Zu diesem Zweck wurde ein Team eingesetzt, um mit
internem und externem Know-how eine Sollorganisation zu entwickeln und die
flächendeckende Umsetzung zu gewährleisten. In diesem Zusammenhang möchte ich
auch auf die weiteren Ausführungen unter den Punkten 1. bis 12. verweisen.
Bezüglich der externen Berater möchte
ich den bereits öfter dargelegten grundsätzlichen Standpunkt wiederholen, dass
es bei komplexen, umfangreichen Aufgabenstellungen sinnvoll sein kann, die
Meinung und den fachkundigen Rat der jeweils geeignetsten Fachleute zu
fokussieren. In diesem Sinne kann die hervorragende Expertise meines Ressorts
um verschiedene Anregungen und Ideen, mitunter auch aus anderen Blickwinkeln,
ergänzt und damit bereichert und verbessert werden. Die Begleitung eines
organisatorischen Veränderungsprozesses, der mehr als 7.000 MitarbeiterInnen
umfasst, bedarf zudem einer auf solche Changeprojekte spezialisierten
Unterstützung. Alle gesetzten Maßnahmen haben im "Endausbau" ein
Einsparungs- und Mehrergebnispotential von 250 Millionen Euro.
Zu 1. bis 12.:
Gemäß §§ 27 ff Grundsteuergesetz 1955 idgF erfolgt die
Festsetzung, Vorschreibung und Einhebung der Grundsteuer im eigenen
Wirkungsbereich durch die Gemeinden. Die Fragen nach den Rückständen bei der
Erlassung von Grundsteuerbescheiden und daraus resultierenden Grundsteuerrückständen
können daher nur von den Gemeinden beantwortet werden.
Zur Erläuterung möchte ich die bestehende Gesetzeslage jedoch kurz
darstellen:
Die Finanzämter sind nach dem Bewertungsgesetz 1955 für die
Feststellung der Einheitswerte und nach dem Grundsteuergesetz 1955 für die vom
Einheitswert abgeleiteten Grundsteuermessbetragsbescheide zuständig.
Neu festgestellte Grundsteuermessbescheide werden gemäß § 194 Abs.
4 Bundesabgabenordnung den Gemeinden quartalsweise mitgeteilt.
Die Gemeinden haben in Vollziehung der §§ 27 und 28
Grundsteuergesetz durch Anwendung des von ihnen festgesetzten Hebesatzes
(höchstens 500% gem. § 16 Abs. 1 Finanzausgleichsgesetz 2001) auf den
Grundsteuermessbetrag die Grundsteuer zu errechnen, mittels Bescheid festzusetzen
und auch selbst einzuheben (§§ 29 ff).
Weiters sind die zeitlichen Grundsteuerbefreiungen (z.B. für neu
errichtete Wohngebäude) ebenfalls von den Gemeinden zu vollziehen.
Wie bereits in der Einleitung dargelegt, erfolgt eine
Reorganisation der Finanz- und Zollverwaltung mit dem Ziel, eine Verbesserung
des Verwaltungshandelns und eine Effizienzsteigerung zu erreichen. Durch
Einführung von neuen Managementinstrumenten sowie der Integrierung von
Qualitätsstandards, Controllinginstrumenten und internen Kontrollmechanismen,
wird das Ziel einer kundenorientierten Verwaltung erreicht. Da diese
Umstrukturierungsmaßnahmen die gesamte Finanzverwaltung betreffen und in
Etappen durchgeführt werden, wird um Verständnis ersucht, dass bis zur
vollständigen Implementierung der Finanzreform in manchen Bereichen bzw.
Einzelfällen vorübergehend Probleme auftreten können.
Die Reform führte bisher zu einer wesentlichen Reduzierung der
Dienststellen (von 80 auf derzeit 42 Finanzämter bzw. mit 1. Jänner 2005 auf
41). Die interne Organsiationsreform bringt mehr Kundenorientierung durch die
Einrichtung von Infocenter für alle Anliegen, schnellere Erledigungszeiten,
eine höhere Qualität der Rechtsanwendung, eine bessere Risikoorientierung und
vieles mehr. Die flächendeckende Umsetzung erfolgt in Etappen und wird Mitte
2005 abgeschlossen sein.
Im Zuge der Reform erfolgen besondere Ausbildungsmaßnahmen für
alle Mitarbeiter, wie z.B. Teambildung, Aufbau von Wissenslandkarten, Roll out
mit Umsetzung der Aufgaben der Leiter sowie der Fachbereiche, etc. Im Rahmen
dieser Ausbildung nehmen die Einheitswertfeststellungen und die Zusammenarbeit
mit z.B. den Gemeinden einen gebotenen Stellenwert ein.
Die Finanzverwaltung ist auch weiterhin um eine gute
Zusammenarbeit mit den Gemeinden bemüht. Es darf aber auch darauf hingewiesen
werden, dass für eine zeitnahe Feststellung der Grundlagenbescheide,
Einheitswerte und Grundsteuermessbetragsbescheide auch die Mitwirkung der
Gemeinden unbedingt notwendig ist, weil sie als Baubehörde erster Instanz über
erforderliche bewertungsrelevante Daten und Informationen betreffend das lokale
Baugeschehen verfügen.
Zu 13.:
Wie ebenfalls bereits in der Einleitung
dargelegt, werden externe Fachleute beigezogen, wenn es im Sinne eines
effizienten, umfassenden und lösungsorientierten Ergebnisses sinnvoll und
notwendig ist. Auch der Rechnungshof stellt in einem seiner Prüfungsberichte
fest, dass der Einsatz von Beratern in bestimmten Fällen durchaus zweckmäßig
ist. Der Einsatz von Beratern zur Entwicklung und Durchführung von
Veränderungs- und Innovationsprojekten ist weltweit gängige Praxis und zwar
nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern auch in der Privatwirtschaft. Es
zeigt sich, dass Restrukturierungsprojekte, die ausschließlich von internen
Kräften entwickelt und geplant werden, in der Regel nicht erfolgreich sind.
Kosten, die für externe Berater im
Zusammenhang mit der Neuorganisation der Finanzämter angefallen sind, wurden
bereits bei der Beantwortung der parlamentarischen Anfragen 2469/J vom
11. Mai 2001 (Mc Kinsey – Punkte 1, 10 und 11) und 603/J vom
8. Juli 2003 (Punkte 19 bis 27) dargelegt. Ergänzend dazu wird darauf
hingewiesen, dass bei der Gesellschaft INFORA der aktuelle Stand (Stichtag
30. Juni 2004) der bisher angefallenen Kosten 739.165,05 € zuzüglich
Umsatzsteuer beträgt.
Demgegenüber steht ab 2005 langfristig
ein Einsparungs- und Mehrergebnispotential von 250 Mio. €. Als einige
Vorteile der Reform werden mehr Nähe zum Kunden (Infocenter),
Kompetenzverlagerung zu den Wirtschaftsraum-Finanzämtern, größere
Organisationseinheiten durch Zusammenführung von Finanzämtern, etc. angeführt.
Zu 14.:
Die
den Beratungsverträgen als integrierender Bestandteil angeschlossenen
"Allgemeinen Vertragsbedingungen" enthalten Haftungsbestimmungen über
allfällige Mängel bezüglich der Vertragserfüllung.
Im
Einzelnen sind diese Bestimmungen jenen des Allgemeinen Bürgerlichen
Gesetzbuches nachgebildet und
umfassen je nach Lage des Falles Möglichkeiten der Mängelbehebung durch den
Auftragnehmer selbst oder durch einen Dritten gegen Kostenersatz bis hin zur
Entgeltminderung, bei Unbrauchbarkeit des Werkes auch die Leistungsfreiheit.
Verträge
über einen längeren Zeitraum räumen dem Auftraggeber eine sofortige Kündigung
aus wichtigem Grund ein, wenn eine vereinbarte Teilleistung trotz Einräumung
einer Nachfrist nicht erbracht wird und eine Fortführung des Vertrages dem
Auftraggeber nicht mehr zumutbar ist.
Mit freundlichen Grüßen