1851/AB XXII. GP

Eingelangt am 02.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft

 

Anfragebeantwortung

 

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen
und Kollegen vom 4. Juni 2004, Nr. 1862/J, betreffend Umsetzung der GAP-Reform in Öster-
reich II, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

Zu Frage 1:

Von dem für Österreich im Anhang VIII der VO (EG) Nr. 1782/2003 für 2005 vorgesehenen
Höchstbetrag von 613 Mio. € werden die für die gekoppelte Mutterkuhprämie und gekoppelte
Schlachtprämie (100% für Kälber und 40% für Großrinder) reservierten Höchstbeträge abge-
zogen, sodass rund 520 Mio. € für die einheitliche Betriebsprämie zur Verfügung stehen.

Zu Frage 2:

Die Höchstgrenzen für die nicht entkoppelten Prämienmaßnahmen werden im Rahmen des
Verwaltungsausschusses festgelegt werden. Sie werden (aller Voraussicht nach) wie der
Höchstbetrag nach Anhang VIII der VO (EG) Nr. 1782/2003 auf Grundlage des Durchschnitts
der Jahre 2000 bis 2002 errechnet werden. Der Prämiensatz je Tier bleibt unverändert.


Zu den Fragen 3 und 4:

Für die Sonder- und Härtefälle sind Mittel im erforderlichen Ausmaß zur Verfügung zu stellen,
womit auch eine entsprechende Kürzung anderer Zahlungsansprüche zur Schaffung einer
ausreichenden nationalen Reserve verbunden werden kann. Da zum derzeitigen Zeitpunkt
nicht bekannt ist, wie viele Betriebe im Jahr 2005 keinen Antrag stellen und um wie viele Här-
te- und Sonderfälle es sich handeln wird, kann zur Zeit die erforderliche Kürzung der Refe-
renzbeträge für die Dotierung der nationalen Reserve noch nicht festgelegt werden.

Für die Beurteilung, ob es sich um einen Sonderfall bzw. Härtefall handelt, ist an objektiven
Tatbestandsmerkmalen, die vor einem bestimmten Stichtag erfüllt sein müssen, anzuknüpfen.
Die Bemessung der zuzuteilenden Zahlungsansprüche erfolgt nach objektiven Kriterien. Bei
den Sonderfällen werden als objektives Kriterium in der Regel die Direktzahlungen der Jahre
2003 und 2004 herangezogen. Neben der Vorlage der erforderlichen Nachweise (z.B.: Kauf-
vertrag, Baubewilligung, etc.) ist das Erreichen bestimmter Schwellenwerte für die Anerken-
nung entscheidend.

Zu Frage 5:

Die Zuweisung der Zahlungsansprüche erfolgt in einem mehrphasigen Verfahren. Im Rahmen
des Ermittlungsverfahrens, das im Herbst 2004 stattfinden wird, führt die Agrarmarkt Austria
die Erstberechnung aufgrund der Daten über die Direktzahlungen im Referenzzeitraum 2000
bis 2002 durch. Die Landwirte können daraufhin Korrekturen vorbringen, das Vorliegen eines
Härte- oder Sonderfalls oder von Vorabübertragungen von Zahlungsansprüchen bekanntge-
ben oder sonstige Einwände geltend machen. Diese Vorbringen werden bei der Berechnung
zur vorläufigen Begründung der Zahlungsansprüche einbezogen. Gleichzeitig können mit der
Aktivierung und Beantragung der Zahlungsansprüche, die bis 15. Mai 2005 zu erfolgen haben,
weitere Einwände vorgebracht werden. Die endgültige Entscheidung über Anzahl, Art und
Wert der Zahlungsansprüche erfolgt zeitgleich mit der Entscheidung über die Auszahlung für
das Antragsjahr 2005. Gegen diesen Bescheid der Agrarmarkt Austria ist die Berufung an das
Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (BMLFUW)
möglich.


Zu den Fragen 6 bis 8:

Für Landwirte mit einem erheblichen Anteil an „Alternativkulturen" und für Biobetriebe ist bei
der Berechnung des Referenzbetrages im Rahmen eines nationalen Umstellungsprogramms
folgende Ausnahmeregelung vorgesehen:

Falls der Anteil an Alternativkulturen (Kürbis, Kleinalternativen) sowie Gemüse, Speisekartof-
feln und Beerenobst mehr als 25 % der Ackerfläche beträgt, werden für die über 25 % liegen-
de Fläche Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve zugeteilt. Biobetriebe mit einen
Anteil von mehr als 25 % Ackerfutterfläche und „Alternativkulturen" an der gesamten Ackerflä-
che und einem geringen RGVE-Besatz erhalten ebenfalls für die über 25 % liegende Fläche
Zahlungsansprüche aus der nationalen Reserve.

Zu den Fragen 9 und 10:

Ein Zahlungsanspruch führt nur gemeinsam mit einem Hektar an beihilfefähiger Fläche zur
Auszahlung der Prämie. Überzählige Zahlungsansprüche führen somit zu keiner höheren Aus-
zahlung. Für den Erhalt der Direktzahlungen in voller Höhe müssen in diesem Fall für die
überzähligen Zahlungsansprüche, sogenannte „freie Flächen" (Flächen ohne Zahlungsansprü-
che) gepachtet oder gekauft werden.

Durch die Möglichkeit der Vorabübertragung von Zahlungsansprüchen (vom ehemaligen Be-
wirtschafter auf den aktuellen Pächter/Käufer der Fläche) können die im Referenzzeitraum
erworbenen Zahlungsansprüche bereits im Vorfeld an den aktuellen Bewirtschafter der Flä-
chen weitergegeben werden. Darüber hinaus wird oftmals im Rahmen privatrechtlicher Ver-
einbarungen eine Verbindung der Zahlungsansprüche mit der Fläche festgelegt, sodass der
aktuelle Bewirtschafter die Zahlungsansprüche zwar nutzen, aber nicht ohne Fläche weiter
übertragen kann.

Durch die zusätzlichen Maßnahmen zur Hintanhaltung von Spekulationsgeschäften wird auch
der Anreiz genommen, Zahlungsansprüche zu aktivieren, um sie dann ehestmöglich ohne Flä-
che zu übertragen. Abgesehen davon, dass eine flächenlose Übertragung von Zahlungsan-


sprüchen erst möglich ist, wenn in einem Jahr 80 % der Zahlungsansprüche genutzt wurden,
erfolgt bei einer Übertragung von Zahlungsansprüchen ohne Fläche ein 50 %-Einbehalt. Damit
wurde der durch Art. 7 der Verordnung (EG) Nr. 795/2004 eingeräumte Spielraum voll ausge-
nutzt.

Zu Frage 11:

Bei den Grundanforderungen an die Betriebsführung handelt es sich um 19 Rechtsvorschriften
der EU in den Bereichen Gesundheit von Mensch, Tier und Pflanzen sowie Umwelt und Tier-
schutz. Gemäß Art. 4 der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 gelten diese Rechtsvorschriften in
ihrer jeweils aktuellen Fassung und im Falle von Richtlinien in der von den Mitgliedstaaten
umgesetzten Fassung.

Zu Frage 12:

Der Begriff der „guten landwirtschaftlichen Praxis im üblichen Sinn" entstammt den Artikeln 14
und 23 der Verordnung (EG) Nr. 1257/1999 des Rates vom 17. Mai 1999 über die Förderung
der Entwicklung des ländlichen Raums durch den Europäischen Ausrichtungs- und Garantie-
fonds für die Landwirtschaft und wurde daher nicht erst durch die GAP-Reform 2003 definiert.
Trotz teilweiser inhaltlicher Überschneidungen hinsichtlich der angesprochenen Rechtsnormen
sind Definition, Anwendung und Kontrolle der gemäß VO 1257/1999 durch die Mitgliedstaaten
(MS) im Rahmen ihrer Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums festzulegenden
Bestimmungen von jenen der „Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen" (Cross Compliance)
im Sinne von Titel II, Kapitel I der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 des Rates vom 29. Sep-
tember 2003 mit gemeinsamen Regeln für Direktzahlungen klar abgegrenzt.

Die gute landwirtschaftliche Praxis ist in Pkt. 9.3 des Österreichischen Programms für die Ent-
wicklung des ländlichen Raums ausführlich definiert, die Einhaltung wird entsprechend den
Bestimmungen von Pkt. 12 des genannten Programms kontrolliert.

Nach Art. 5 der VO (EG) Nr. 1782/2003 müssen die Mitgliedstaaten sicherstellen, dass alle
landwirtschaftlichen Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand erhalten


bleiben. Gemäß den in Anhang IV der oben zitierten Verordnung vorgegebenen Mindestanfor-
derungen müssen die MS dazu auf nationaler Ebene Detailvorschriften festlegen. Dabei sind
die besonderen Merkmale der Flächen, die Boden- und Klimaverhältnisse, Bewirtschaftungs-
systeme, Flächennutzung, Fruchtwechsel, Wirtschaftsweisen und Betriebsstrukturen zu be-
rücksichtigen. Unberührt von den Anforderungen an den guten landwirtschaftlichen und öko-
logischen Zustand bleiben die im Rahmen der VO (EG) 1257/1999 geltenden Standards für
die gute landwirtschaftliche Praxis und Agrarumweltmaßnahmen, die über das Richtmaß der
guten landwirtschaftlichen Praxis hinausgehen.

Für die Präzisierung der Ausgestaltung des guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zu-
stands gemäß Anhang IV der VO (EG) 1782/2003 wurde unter Leitung meines Ressorts eine
Arbeitsgruppe eingerichtet. Die dabei definierten Mindestanforderungen wurden in den Ver-
ordnungsentwurf des BMLFUW über die Einhaltung anderweitiger Verpflichtungen und über
das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem im Bereich der Direktzahlungen (Invekos-
Umsetzungsverordnung) aufgenommen, der dem allgemeinen Begutachtungsverfahren zuge-
leitet wurde.

Zu Frage 13:

Das System der landwirtschaftlichen Betriebsberatung ist bis 1.1.2007 einzurichten. Art. 13 der
Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 sieht die Durchführung durch Behörden oder private Stellen
vor. Da die notwendigen Durchführungsbestimmungen zu diesem Bereich noch fehlen, sind
solche Festlegungen derzeit noch nicht sinnvoll.

Zu Frage 14:

Zur nationalen Umsetzung der Cross-Compliance-Bestimmungen wurde gemeinsam mit den
Ländern, den Interessenvertretungen und meinem Ressort die Arbeitsgruppe der CC-
Koordinatoren bestellt, die über offene technisch-organisatorische Fragen beraten. Durch die-
se CC-Koordinatorengruppe soll eine einheitliche Vorgangsweise bei der Umsetzung gewähr-
leistet werden.


Darüber hinaus arbeiten derzeit Expertenfacharbeitsgruppen an der Festlegung einheitlicher
Prüfparameter für die 2005 relevanten Rechtsbestimmungen. Die ersten Ergebnisse dieser
Expertengruppen werden für Anfang Herbst dieses Jahres erwartet.

Zu den Fragen 15 und 16:

Die durch die Modulation einzubehaltenden Mittel werden nach Berechnung der auf die ein-
zelnen Mitgliedstaaten entfallenden Beträge voraussichtlich im jeweils darauf folgenden Jahr
im Rahmen der Programme für die Entwicklung des ländlichen Raums zur Verfügung stehen.
Die Betragshöhe wird sich aus den tatsächlich einbehaltenen Beträgen ergeben.

Sofern die Modulationsmittel des Jahres 2005 im Jahr 2006 zur Verfügung stehen, werden sie
vorrangig zur Unterstützung des Bildungs- und Investitionsschwerpunktes im Rahmen des mit
dem Jahr 2006 zu Ende gehenden Österreichischen Programms für die Entwicklung des länd-
lichen Raums eingesetzt werden.

Für die Jahre 2007 bis voraussichtlich 2013 wird die Erstellung eines neuen Programms auf-
grund der dann geltenden Regeln für die Förderung der Entwicklung des ländlichen Raums
erforderlich sein. Über die Mittelverwendung im Rahmen dieses Programms können daher
derzeit noch keine Angaben gemacht werden.

Zu Frage 17:

Betrachtet man die Einzelmaßnahme „Investitionen in landwirtschaftlichen Betrieben", so zeigt
sich, dass im vergangenen Jahr 2/3 der Gesamtmittel dieser Maßnahme für Stallbauinvestitio-
nen aufgewendet wurden. Der Anteil der Fördermittel für besonders tiergerechte Aufstallungs-
formen von 83 % der insgesamt für Stallbauten eingesetzten Mittel verdeutlicht sehr anschau-
lich die Schwerpunktsetzung in der Stallbauförderung. Als Anreiz zum Umstieg auf besonders
tiergerechte Aufstallungsformen werden die diesem höheren Standard entsprechenden Inves-
titionen mit einem - im Vergleich zum gesetzlichen Mindeststandard - höheren Investitionszu-
schuss gefördert. Als Förderungsvoraussetzung für besonders tiergerechte Stallungen sind
alternativ folgende Parameter einzuhalten:


Zusätzlich zu den für besonders tiergerechten Stallbau höheren Fördersätzen ist für Betriebe
mit biologischer Wirtschaftsweise bei Stallbauinvestitionen ein Biozuschlag von 5 % vorgese-
hen.

Zu Frage 18:

Gemäß der VO (EG) 1782/03 ist eine Anwendung der Faktoren Arbeit und Beschäftigung nicht
möglich.

Zu Frage 19:

In der Anfragenbeantwortung 1390/AB, XXII. GP, wurde bereits festgehalten, dass die nationa-
le Umsetzung der GAP-Reform möglichst wenig Umverteilung im landwirtschaftlichen Förder-
system bewirken soll. Österreich wendet das Einheitliche Betriebsprämienmodell auf Basis der
historischen Referenzperiode 2000 bis 2002 an. Dieses Modell nimmt bestmöglich auf die ös-
terreichischen Produktionsbedingungen vor allem im Pflanzenbau und im Rindersektor Rück-
sicht. Den besonderen Erfordernissen der benachteiligten Gebiete und der Berggebiete wird
im Rahmen der Ausgleichszulage und des österreichischen Umweltprogramms ÖPUL Rech-
nung getragen.

Zu Frage 20:

Biologisch wirtschaftende landwirtschaftliche Betriebe stellen ein bedeutendes Segment der
österreichischen Agrarwirtschaft dar. Dies findet sowohl im Rahmen der Maßnahmen des
Österreichischen Programms für die Entwicklung des ländlichen Raums als auch bei Maß-


nahmen nach dem Bioaktionsplan bedeutende finanzielle Berücksichtigung. So ist beispiels-
weise die Förderung der österreichischen Biobetriebe im Rahmen des ÖPUL europaweit ein-
zigartig. Rund 23 % der ÖPUL Mittel sind allein für Biobetriebe vorgesehen. Weiters möchte
ich nochmals auf die Förderung besonders tiergerechter Aufstallungsformen im Rahmen der
landwirtschaftlichen Investitionsförderung hinweisen.

Zur Vermeidung allfälliger Härten für Biobetriebe, die mehr als 25% ihrer Ackerflächen im Be-
zugszeitraum mit Alternativkulturen (Kürbis, Kleinalternativen) Gemüse-, Speisekartoffeln und
Beerenobst bzw. mit Feldfutter bei einem geringem Besatz an RGVE bebaut haben, ist eine
Ausnahmeregelung vorgesehen. Für die über 25% liegende Ackerfläche soll es eine Zuteilung
von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve geben.