1853/AB XXII. GP
Eingelangt am 02.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Land- Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft
Anfragebeantwortung
Auf die schriftliche
Anfrage der Abgeordneten Mag. Ulrike Sima, Kolleginnen und Kollegen
vom 16. Juni 2004, Nr. 1895/J, betreffend Österreichische Position zu
REACH, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:
Zu Frage 1:
Die Zuständigkeit des Bundesministeriums
für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Was-
serwirtschaft (BMLFUW) für
Chemikalienangelegenheiten ergibt sich primär aus der Anlage zu
§ 2 des Bundesministeriengesetzes 1986
idgF, Abschnitt I, Z. 16 und 22 in Verbindung mit
§ 78 des Chemikaliengesetzes 1996,
idgF. Laut dem genannten Bundesministeriengesetz
(siehe Anlage zu § 2, Abschnitt L)
ist eine gewisse Mitzuständigkeit des Bundesministeriums
für Wirtschaft und Arbeit (BMWA), etwa wenn durch „REACH" Fragen
der Wettbewerbsfähig-
keit berührt werden, nicht auszuschließen.
Daher koordiniert das BMLFUW gemäß der Anlage
zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 idgF, Abschnitt I, Z. 16 seine
Position zu REACH,
soweit dies fachlich notwendig ist, mit dem BMWA.
Zu Frage 2:
Es ist seit Langem
gängige Praxis der Bundesministerien, dass das federführende Ressort
seine Position in EU-Verhandlungen mit den anderen beteiligten Ressorts
koordiniert. Dies
wird vom BMLFUW
auch in den Verhandlungen zu REACH praktiziert und entspricht den zur
Frage 1 erwähnten Bestimmungen des
Bundesministeriengesetzes.
Zu Frage 3:
Der Kommissionsvorschlag zu REACH und
viele der bisher von den Mitgliedstaaten einge-
brachten Diskussionsvorschläge, wie z.B. die
Festlegung einer generellen Sorgfaltspflicht in
der REACH-Verordnung, werden von Österreich als sehr positiv bewertet
und unterstützt und
auch der detaillierten Ausarbeitung des Prinzips 1 Stoff - 1 Registrierung wird
mit Interesse
entgegengesehen. Aus österreichischer Sicht sind entscheidende Verbesserungen
an einzel-
nen Formulierungen des Entwurfes notwendig,
um das angestrebte Schutzniveau zu erreichen
sowie die Praxistauglichkeit des REACH-Systems herbeizuführen. Der
administrative Aufwand
sollte gering gehalten werden indem festgelegte, standardisierte
Expositionskategorien einge-
führt werden und das Sicherheitsdatenblatt als Hauptdokument zur
Informationsweitergabe
genützt wird. Darüber hinaus befürwortet
Österreich eine stärkere Rolle der zukünftigen Euro-
päischen Chemikalienagentur.
Die im REACH-Vorschlag der Europäischen
Kommission enthaltenen Bestimmungen für die
Zulassung (Titel VII, Artikel 52 ff.) erscheinen noch nicht ganz ausgereift, da
mit diesen Rege-
lungen eine einfache, rasche und wirksame
Zulassung der besonders bedenklichen Stoffe
nicht erreicht werden kann. Vielmehr lassen die Regelungen befürchten,
dass das REACH-
Systemelement „Zulassung" in der Praxis
nicht ausreichend wirksam werden kann, sondern
die genauere Bewertung der besonders
besorgniserregenden Stoffe zeitlich hinausgeschoben
wird. Dieser Themenbereich des REACH-Vorschlages muss daher wesentlich
überarbeitet
werden, um praxistauglich, effizient und den
Schutzzielen dienend gestaltet zu werden. Es
sollte auch hier ein einfacheres Verfahren unter Heranziehung von
Verwendungskategorien
vorgesehen und rasch auf alle besonders
besorgniserregenden Stoffe angewandt werden.
Das im REACH-Vorschlag der Europäischen Kommission an
einigen Stellen implizit zum Aus-
druck kommende Substitutionsprinzip ist für einen vorsorglichen Schutz vor
Risiken durch den
Umgang mit
gefährlichen Stoffen sehr wichtig. Wenn das REACH-System mit wesentlichen
Schwächen behaftet wäre - etwa wenn das Zulassungsverfahren in der Praxis erst
mit langer
Verzögerung und nur in Einzelfällen angewandt werden würde, so hätte dies auch
eine we-
sentliche Beeinträchtigung der Substitutionswirkungen zur Folge.
In den weiteren Beratungen des
REACH-Vorschlages muss besonders darauf geachtet wer-
den, dass alle Systemelemente (Registrierung, Evaluierung, Zulassung, Verbote
und Be-
schränkungen) effektiv und effizient funktionieren und so zusammenspielen, dass
sich die
Substitution von bedenklichen Stoffen durch bessere Alternativen eindeutig
lohnt. Dass das
REACH-System diesen Anreiz für die
Entwicklung und den Einsatz sicherer und umwelt-
freundlicher Alternativen fördern soll, steht für Österreich außer Frage
und es wird bei den
Beratungen darauf zu achten sein, dass dies
sowohl im Text als auch in der praktischen An-
wendung erkennbar wird.
Zu Frage 4:
Ja, siehe dazu auch die Beantwortung der Frage 3.
Zu Frage 5:
Diese Position wurde
zuletzt anlässlich der letzten Ratssitzung der Umweltminister Ende Juni
2004 auf allen Ebenen des BMLFUW und des BMWA abgestimmt.
Zu den Fragen 6 und 7:
Nein, die Position wurde nicht veröffentlicht.
Zu Frage 8:
Der Vorschlag der
Europäischen Kommission KOM (2003) 644 endgültig, für eine Verordnung
des Europäischen
Parlaments und des Rates zur Registrierung, Bewertung, Zulassung und
Beschränkung chemischer Stoffe (REACH), zur Schaffung einer Europäischen
Agentur für
chemische Stoffe sowie zur Änderung der
Richtlinie 1999/45 EG und der Verordnung (EG)
über persistente organische Schadstoffe wird in einer eigenen
Ad-hoc-Ratsarbeitsgruppe zur
Zeit (seit Ende 2003) im Detail besprochen, diese Besprechungen werden voraussichtlich
zu-
mindest bis ins Jahr 2005 reichen. Da sich an der grundsätzlichen koordinierten
Position des
BMLFUW zu dem Regelungsvorhaben, die im Internet veröffentlicht ist, nichts
geändert hat,
auch am Vorschlag noch keine Änderung
beschlossen worden ist und die Positionen zu
REACH bei vielen öffentlichen
Veranstaltungen zur Sprache gekommen sind und laufend dis-
kutiert werden, ist derzeit keine Notwendigkeit zu weiteren
Veröffentlichungen gegeben. Aus-
künfte zur koordinierten Position des BMLFUW werden jederzeit und gerne von der
Abt. V/2
meines Ressorts erteilt (Tel. 01 51522
2330).
Zu Frage 9:
Bisher haben auf
Ebene der Räte für „Wettbewerbsfähigkeit" und für „Umwelt" noch keine
kon-
kreten Verhandlungen stattgefunden, sondern lediglich „Orientierungsdebatten".
Die dazu von
österreichischen
Vertretern abgegebenen Äußerungen werden von den beteiligten Ressorts
vorab abgestimmt, wobei das BMLFUW hiebei
seine fachliche Koordinationsfunktion gemäß
der Anlage zu § 2 des Bundesministeriengesetzes 1986 idgF, Abschnitt I,
Z. 16, wahrnimmt.
Zu den Fragen 10 bis 12:
Wie bereits in der
Vergangenheit wird mein Ressort auch in Zukunft regelmäßig in der Zeit-
schrift "Chem News" über den Verlauf der Verhandlungen sowie
entsprechende österreichi-
sche Initiativen
und Positionierungen berichten. Diese Zeitschrift kann auch über die Internet-
Seite meines Ressorts (http://www.lebensministerium.at) eingesehen werden. Die
nächste
Ausgabe ist für Herbst 2004 geplant.
Selbstverständlich steht die Abteilung V/2 für Chemiepoli-
tik in meinem Haus jederzeit für aktuelle Detailauskünfte zur Verfügung.
Zu Frage 13:
Grundsätzlich ja, wobei die Position
koordiniert sein muss. Bezüglich der Zuständigkeit des
BMLFUW für Chemikalienangelegenheiten darf ich auf die Beantwortung der Frage 1
verwei-
sen.
Zu Frage 14:
Die mediale Berichterstattung über REACH
sollte nicht mit tatsächlichen Sachverhalten ver-
wechselt werden. Die einheitliche
Positionierung Österreichs ist durch die bereits erwähnte
fachliche Koordinierungsfunktion des Bundesministers für Land- und
Forstwirtschaft, Umwelt
und Wasserwirtschaft in dieser
Angelegenheit sichergestellt.
Zu den Fragen 15 bis 17:
Ich darf diesbezüglich
auf die Beantwortung der Frage 3 verweisen. Die Maßnahmen werden
in den laufenden Verhandlungen gesetzt.
Zu Frage 18:
Die österreichischen Vertreter bemühen
sich regelmäßig darum, die Verhandlungspositionen
auch mit den Experten anderer Mitgliedstaaten
abzustimmen.
Zu Frage 19:
Die Frage, welcher Ministerrat auf
Gemeinschaftsebene die endgültige politische Einigung zu
REACH beschließen wird, kann aus heutiger Sicht noch nicht beantwortet werden.
Dass die
Umweltminister dabei eine wesentliche Rolle
spielen sollten, steht außer Frage. Ich möchte
darauf hinweisen, dass es den
Mitgliedstaaten unbenommen bleibt, welcher Fachminister am
entsprechenden Rat teilnimmt.
Zu den Fragen 20 bis 22 sowie 24 bis 26:
Das BMLFUW geht davon
aus, dass der REACH-Vorschlag der Europäischen Kommission
noch signifikant
geändert werden wird, bevor die Regelungen in Kraft treten können. Kosten-
abschätzungen zum jetzigen Zeitpunkt wird
daher nur beschränkte Aussagekraft zugemessen.
Das BMLFUW hat aber zusammen mit dem BMWA geplant, eine grobe
Abschätzung der
Auswirkungen von REACH auf die
österreichische Volkwirtschaft - soweit damit Struktureffekte
abgeschätzt werden können -
durchführen zu lassen. Diese Studie soll noch im Jahre 2004
begonnen werden.
Für eine fachlich
fundierte Analyse, die konkrete Berechnungen ermöglichen würde, fehlen
nach Ansicht des BMLFUW derzeit noch zu viele Eckdaten.
Zu Frage 23:
Bezüglich der koordinierten aktuellen
Position darf ich auf die Beantwortung der Frage 3 ver-
weisen.