1879/AB XXII. GP
Eingelangt am 10.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Verkehr, Innovation und Technologie
Anfragebeantwortung
Die schriftliche
parlamentarische Anfrage Nr. 1877/J-NR/2004 betreffend Postbusprivatisierung,
die
die Abgeordneten Schopf und GenossInnen am 16. Juni 2004 an mich gerichtet
haben, beehre ich
mich wie folgt zu beantworten.
Vorweg
muss von Seiten des bmvit grundsätzlich festgestellt werden, dass das
Unternehmen ÖBB
mit dem Bundesbahngesetz (BBG) ab 1.1.1993 hinsichtlich seines Absatzbereiches,
also des Per-
sonen- und Güterverkehres, in die
wirtschaftliche Unabhängigkeit entlassen worden ist. Aufgrund
der zwingenden gesetzlichen Bestimmungen des § 1 BBG obliegt daher die
Tarifgestaltung im
Personen- und Güterverkehr sowie die Führung oder Nicht-Führung von Zügen der
ausschließli-
chen Entscheidung des Managements der ÖBB (kaufmännischer Bereich).
Einflussnahmen
durch den Verkehrsminister sind daher nicht möglich. Das ehemals weit gefasste
Weisungsrecht des Bundesministers ist gemäß
§ 12 BBG auf allgemeine verkehrspolitische
Grundsatzweisungen und auf Anweisungen im Katastrophenfall eingeschränkt
worden. Durch das
Bundesbahnstrukturgesetz 2003 und die
nunmehrige ÖBB-Holding AG mit ihren operativen
Töchtern Personenverkehrs AG und Railcargo AG ändert sich daran nichts. Im Gegenteil,
dieser
Regelungsmechanismus wird durch diese Art der Konstruktion sogar verstärkt.
Ebenso unterliegt die Wahl von Geschäftsfeldern oder
Marktstrategien der freien Entscheidung
des Managements
der ÖBB (Vorstand) und wird nur durch die Grenzen der Geschäftsordnung des
Vorstandes eingeschränkt, die bestimmte
Tätigkeiten und Maßnahmen von der Zustimmung des
Aufsichtsrates abhängig machen kann.
Ausnahmen
sind - wie oben erwähnt - nur in den sehr eingeschränkten Fällen des § 12 BBG
(Ver-
kehrspolitische Weisung und Weisung im Falle
von Naturkatastrophen) möglich. Solche
Weisungen sind jedoch auch durch den Weisungsgeber (=Bund) in jedem Einzelfall
anzuordnen
und auch gesondert an die ÖBB zu bezahlen.
Zu Frage 6
„Wird es für die neuen Linienbetreiber Auflagen wie zum Beispiel eine Betriebspflicht geben?"
darf
ich einleitend auf die Bestimmung des § 20 Kraftfahrliniengesetz (BGBl. I
1999/203 idF
2003/62) verweisen, die wie folgt lautet:
"§ 20. Die Berechtigung verpflichtet deren Inhaber:
1. die Kraftfahrlinie während der gesamten Berechtigungsdauer den gesetzlichen Vorschriften, den
Vorschreibungen der Berechtigung und dem Fahrplan entsprechend ununterbrochen zu
betreiben (Betriebspflicht)."
Daraus ergibt sich, dass die Betriebspflicht ex lege als
Pflicht des Konzessions-
(Berechtigungs-)inhabers
normiert ist, das heißt, dass eine derartige "Auflage" nicht
erforderlich ist.
Die aktuell gültige Laufzeit der Konzessionen bleibt unberührt.
Mit den übrigen Fragen habe ich die Österreichischen Bundesbahnen
befasst, die diese wie
folgt beantwortet haben:
Frage 1:
Grob
gesagt ist ein Drittel der Post-Bahn-Bus-Linien gewinnbringend, ein Drittel
ausgeglichen und
ein Drittel ist nicht ohne Abgang zu betreiben.
Können Sie garantieren, dass dem Unternehmen
nicht dadurch desaströse wirtschaftliche Konsequenzen drohen, dass vor
allem die erstgenannten
lukrativen Linien bzw. Dienststellen an die
privaten Interessenten veräußert werden?
Antwort:
Der Verkauf betrifft ein faires Drittel, gefährdet aber
nicht die Substanz des Unternehmens.
Mindergewinne aus
dem Verkauf positiv wirtschaftender Linien sind der Verzinsung der Veräuße-
rungserlöse gegenüber zu stellen.
Frage 2:
Wie
beurteilen Sie die geplante (auch in diversen Medien bereits so kolportierte)
Vorgangsweise,
diese Teilprivatisierung nur mit österreichischen Busunternehmen und ohne
Ausschreibung abzu-
wickeln, vom (europa-)rechtlichen
Standpunkt?
Antwort:
Die
potentiellen Vertragspartner werden durch eine Interessentenmeldung gefunden.
Seitens der
Investmentbank wurden alle bisher bekannten
Interessenten, auch ausländische Unternehmen,
eingeladen, sich am Privatisierungsprozess zu beteiligen. Die entsprechende
mediale Aufmerk-
samkeit führte zu weiteren Interessentenmeldungen. Schließlich erfolgte eine
offizielle Bekannt-
machung in der Wiener Zeitung vom 9. Juni 2004.
Frage 3:
Stimmt es, dass für den Fall, dass es aufgrund der in
Frage 2) geschilderten Vorgangsweise
irgendwelche
Schwierigkeiten geben sollte, die Postbus AG bzw. deren Vorstand haftungsfrei
ge-
stellt wird.
Antwort:
Eine Haftungsfreistellung durch den Eigentümer bzw. die Konzernmutter liegt
nicht vor.
Frage 4:
Werden die Verträge mit den erwerbenden Firmen unter der
Bedingung abgeschlossen, dass
diese die
Konzession für das zugehörige Gebiet erhalten und wenn ja, wie wird die
Rückabwick-
lung geregelt, wenn diese Konzessionen nicht
erteilt werden?
Antwort:
Die
Privatisierung wird für jedes Privatisierungspaket in Form der
Gesamtrechtsnachfolge vor sich
gehen. Dabei werden Töchter-Gesellschaften mbH ausgegründet und in einem
weiteren Schritt die
Anteile an diesen Firmen an die privaten
Interessenten übertragen.
Die Verträge werden derartige Bedingungen
nicht enthalten, da bei der vorgesehenen Gesamt-
rechtsnachfolge die Konzessionen ex lege auf den Erwerber übergehen. Aufgrund
des ex lege-
Übergangs sind keine vertraglichen Vereinbarungen zu diesem Thema erforderlich.
Frage 5:
Wurde das Unternehmen bzw. jene
Unternehmensteile, die veräußert werden sollen, bewertet?
Wenn ja: von wem wurde die Bewertung durchgeführt und welche Ergebnisse hat sie
gebracht?
Antwort:
Die für eine Veräußerung vorgesehenen Unternehmensteile
wurden intern bei ÖBB und Postbus
AG vorab bewertet. Die CA-IB, die den Auftrag zur Begleitung des
Verkaufsprozesses erhielt,
plausibilisierte diese internen Bewertungen. Interne Ergebnisse der Bewertung
sind aufgrund der
strengen Vorgaben
des Vergabeprozesses zur Diskussion in der Öffentlichkeit nicht geeignet. Der
tatsächlich erzielbare Wert ergibt sich
letztlich aus den Angeboten der Interessenten/Bieter.
Die endgültige Bewertung der Unternehmensteile geschieht EU-konform im
Laufe des Verkaufpro-
zesses unter Verantwortung der
Investmentbank. Die Preisbildung wird dabei durch zwei unab-
hängige Gutachter überprüft, wobei der Preis nicht unter dem Wert des
Gutachtens liegen darf.
Durch den konkret vorgesehenen Verkaufsprozess ist auszuschließen, dass
zu einem zu geringen
Preis verkauft wird. Die Einholung von zwei
Gutachten gewährleistet, dass keine verdeckte
Beihilfenleistung vorliegen kann.