1885/AB XXII. GP
Eingelangt am 11.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für Gesundheit und Frauen
Anfragebeantwortung
Ich beantworte die an mich gerichtete schriftliche parlamentarische Anfrage
Nr.
1911/J
der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen, wie
folgt:
Frage 1:
„Universelle" Prävention wird in Österreich in der Regel als
„Primärprävention"
bezeichnet. Das
ho. Ressort fördert seit einigen Jahren die in den Bundesländern
eingerichteten
„Fachstellen für Suchtprävention", deren Tätigkeit traditionell in
erster Linie im
Bereich der Primärprävention liegt - also Maßnahmen betrifft, die
sich an
Personengruppen wenden, die (noch) keine Risikogruppe darstellen bzw.
bei denen noch
keine Suchtproblematik aufgetreten ist. Es handelt sich dabei,
basierend auf
dem WHO-Konzept der Gesundheitsförderung, um Maßnahmen zur
Persönlichkeitsentfaltung.
Primärprävention richtet sich daher in erster Linie an
Kinder und
Jugendliche, beinhaltet aber auch Bildungsangebote für Eltern,
JugendarbeiterInnen etc. Sie ist auch nicht ausschließlich auf Settings, die
sich
mit Kindern bzw. Jugendlichen beschäftigen (Kindergarten, Schule etc.)
beschränkt
(z.B. Suchtprävention am Arbeitsplatz).
Neben der universellen Prävention (Primärprävention) haben die
Fachstellen in
den letzten
Jahren zunehmend auch Aktivitäten im Bereich der
Sekundärprävention
(Alkohol-, Drogenprävention etc.) entfaltet, also spezifische
Maßnahmen im
Hinblick auf Risikogruppen gesetzt.
Zu den Maßnahmen meines Ressorts im Bereich der Primärprävention zählt
insbesondere
die Förderung der Fachstellen für Suchtprävention, wobei deren
Tätigkeit eben
nicht mehr ausschließlich auf Primärprävention ausgerichtet ist
und nicht nur auf Kinder und Jugendliche abzielt.
Eine Differenzierung der Förderungen für die Fachstellen dahin, welche
Mittel in
die Primär-
oder Sekundärprävention einerseits bzw. in primärpräventive
Maßnahmen für
Kinder und Jugendliche oder Erwachsene fließen, existiert nicht.
Fragen 2 und 4:
Bei der vom ho. Ressort geförderten § 15-SMG-Einrichtungen und
Präventionsstellen kann keine Unterscheidung von universeller und selektiver
Prävention getroffen werden, da in diesen Bereichen, (mit zwei Ausnahmen,
Projekt ChEck
iT des Vereines Wiener Sozialprojekte und Mobile Drogenarbeit des
Jugendzentrums
Z 6 in Innsbruck) beides abgedeckt wird.
Die Subventionsmittel des ho. Ressorts
betrugen in den Jahren
2000
öS 23.109.000,00
2001
€ 1.677.205,41
2002
€ 1.816.999,84
2003
€ 1.990.530,00.
Für das Jahr 2004 stehen € 1.958.074,00 zur Verfügung.
Frage 3:
Selektive Prävention wiederum wird in Österreich im Allgemeinen als
„Sekundärprävention"
oder z.B. Drogenprävention" (bzw. Alkoholprävention"
etc.)
bezeichnet. Es handelt sich dabei um Präventionsmaßnahmen, die sich an
Risikogruppen bzw. Personen richten, bei denen sich bereits ein Suchtproblem
abzeichnet,
das aber noch nicht voll ausgeprägt ist.
Soweit die Fachstellen für Suchtprävention Maßnahmen im Bereich der
Sekundärprävention setzten, fließen - allerdings undifferenziert (siehe zu
Frage
1) auch Fördermittel meines Ressorts in diese Tätigkeit.
Frage 5:
Im Bereich des Drogenkonsums allgemein ist derzeit die Implementierung
der
von der
Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht
definierten
fünf epidemiologischen Schlüsselindikatoren mit dem Ziel EU-weit
vergleichbarer Daten zur Beurteilung der Sucht- bzw. Drogenproblematik ein
wesentlicher
Aufgabenschwerpunkt. Ziel ist die Verbesserung der Datenlage zu
Drogenkonsum
und drogenkonsumbedingten Gesundheitsrisiken als
Voraussetzung
für gezielte sucht- und drogenpolitische Maßnahmen. So wurde
vom ho. Ressort
etwa vor Kurzem die erste österreichweite repräsentive
Konsumerhebung
zu Drogen und Drogenkonsummustern in Auftrag gegeben.
Spezifisch auf gefährdete Jugendliche bezogen hat sich Österreich,
finanziert
durch mein Ressort, 2003 erstmals an der Europaratsebene regelmäßig
durchgeführten
ESPAD-Studie beteiligt, einer Konsumerhebung zu Alkohol und
Drogen unter
13- bis 15jährigen SchülerInnen. Weiters ist auf drei erst in
jüngerer Vergangenheit
durchgeführte, von ho. finanzierte einschlägige
Jugenstudien hinzuweisen - die Studie „Bedeutung und Konsum von
psychoaktiven
Substanzen bei österreichischen Jugendlichen (Springer et al.
1999) sowie zwei Studien des ÖBIG („Drogenspezifische Problemlagen und
Präventionserfordernisse bei Jugendlichen"; „Die Rolle der
außerschulischen
Jugendarbeit
im Hinblick auf suchtgefährdete Jugendliche"; ÖBIG 2001, 2002, im
Auftrag der
Sektion Gesundheit bzw. der Sektion Jugend und Familie). Letztere
Studie hat bestätigt, dass Jugendliche nicht isoliert im Hinblick auf ihren
Drogenkonsum
betrachtet werden sollten sondern der Drogenkonsum einen Teil
von komplexen
Problemlagen darstellt, die einen integrativen Ansatz sowie
Kooperation und
Vernetzung der verschiedenen Beratungs- und
Betreuungsangebote
verlangen.
Genau in diese Richtung zielt ein derzeit im Laufen befindliches, vom ho.
Ressort
finanziertes
Pilotprojekt „Konzeption einer Entwicklungspartnerschaft zur
Optimierung
des quartärpräventiven Angebots für Dorgenkonsumentlnnen und
Drogenabhängige
in der Steiermark", bei dem ein Schwerpunkt auf den 15- bis
25jährigen Drogenkonsumentlnnen und Drogenabhängigen liegen soll.
Weiters finanziert mein Ressort die jährliche Fachtagung der ARGE
Suchtvorbeugung,
die sich im Jahr 2000 mit dem Thema „Jugend und Alkohol",
im Jahr 2001 mit dem Thema „Brennpunkt Cannabis" und im Jahr 2002 speziell
mit dem Thema
Sekundärprävention befasst hat.
Auch mit seiner jährlichen Förderung der Fachstellen für Suchtprävention,
die
sich zunehmend neben Primärprävention auch mit Sekundärprävention
beschäftigen,
sowie mit der gezielten Förderung sekundärpräventiver Projekte
(Wiener Projekt
„ChEckiT!", Tiroler Projekt „MDA-Basecamp") trägt das Ressort
zur Prävention
des Drogenkonsums bei jugendlichen Risikogruppen bei.
Der Empfehlung, gefährdete Gruppen in nationalen Drogenbekämpfungs-
strategien
explizit anzusprechen, wird im Rahmen der derzeit in Erarbeitung
stehenden
bundesweiten Drogenstrategie Rechnung getragen werden, die auch
den
Erkenntnissen der oa. jugendspezifischen Forschung sowie entsprechende
Evaluationsmaßnahmen
selektiver (sekundärpräventiver)
Drogenpräventionsstrategien
beinhalten soll.
Was die Schlussfolgerung hinsichtlich Maßnahmen in bestimmten Wohngebieten
betrifft, so gibt es in Österreich zum Unterschied zu vielen EU-Ländern kaum
klar
abgegrenzte Wohngebiete, die auf Grund ihrer sozio-ökonomischen
Benachteiligung als Ziele für selektive Prävention bezeichnet werden können.
Zu Frage
6:
Die Finanzierung von Therapie statt Strafe ist im § 41 Suchtmittelgesetz
geregelt. Sie
obliegt nicht meinem Ressort, sondern unter bestimmten
Voraussetzungen
im Sinne einer subsidiären Kostentragung dem
Bundesministerium für Justiz.
Frage 7:
Die Subvention für Drogenprävention für die Bundesländer betrugen bzw.
für das
Jahr 2004
vorgesehen:
Bundesland |
ÖS 2000 |
EUR 2001 |
EUR 2002 |
EUR 2003 |
Vorgesehen |
Vorarlberg |
1.516.653,00 |
133.536,33 |
115.855,90 |
130.985,00 |
128.150,00 |
Tirol |
1.689.604,00 |
162.060,39 |
148.156,84 |
155.790,00 |
153.311,00 |
Salzburg |
1.617.589,00 |
112.642,90 |
121.432,75 |
130.160,00 |
129.616,00 |
Kärnten |
872.157,00 |
58.138,27 |
47.644,31 |
56.370,00 |
65.308,00 |
Oberösterreich |
3.843.504,00 |
234.079,20 |
255.107,96 |
267.430,00 |
264.873,00 |
Niederösterreich |
1.014.774,00 |
55.667,39 |
84.693,79 |
92.370,00 |
92.132,00 |
Steiermark |
1.318.883,00 |
85.063,56 |
109.769,52 |
123.305,00 |
120.367,95 |
Wien |
10.918.094,00 |
817.122,43 |
881.562,88 |
981.225,00 |
944.531,00 |
Burgenland |
257.742,00 |
18.894,94 |
30.974,04 |
51.085,00 |
36.085,00 |
Frage 8:
Die einzelnen § 15-Einrichtungen wurden über die Höhe der
für das Jahr 2004
zur Verfügung stehenden Mittel bereits informiert. Die Auszahlung der
Fördermittel wird nach Vorliegen aller Voraussetzungen (z.B. Mitteilung
über eine
Förderung einer anderen Gebietskörperschaft, Vorjahresabrechnung, etc.)
erfolgen.
Frage 9:
In den Jahren 2000, 2001, 2002 und 2003 wurden die
Präventionseinrichtungen
in den Bundesländern
Burgenland:
Psychosozialer Dienst Burgenland GmbH
Suchtprävention Burgenland
Kärnten:
Arbeitsvereinigung der Sozialhilfeverbände
Magistrat der Stadt Klagenfurt, Drogenberatungsstelle
VIVA
Suchtprävention Kärnten
Niederösterreich:
Caritas St.Pölten
Drogenberatungsstellen des Landes
Gesundheitsforum NÖ
Oberösterreich:
Drogenberatungsstelle Point
Therapiestation Erlenhof
Drogenberatungsstellen des Landes
Magistrat der Stadt Wels, Drogenberatungsstelle CIRCLE
Institut für Suchtprävention OÖ
Salzburg:
Jugendhilfsdienst Salzburg
Drogenberatungsstellen des Landes
Akzente Salzburg
Steiermark:
Verein für psychische
und soziale Lebensberatung Judenburg
BIZ-Obersteiermark - Graz
Hilfswerk
Steiermark
BAS- betrifft
Alkohol und Sucht - Graz
Drogenberatungsstellen
des Landes
Suchtprävention
VIVID Steiermark
Tirol:
Ambulante Suchtprävention Innsbruck
Jugendzentrum Z 6 - Innsbruck
Mobile Drogenarbeit des Vereines Z 6 in Tirol
Drogenberatungsstellen des Landes
Verein B.I.T. - Volders
Verein für Drogentherapie Tirol - Maurach
Suchtprävention Kontakt & Co Tirol
Vorarlberg:
Krankenhaus Stiftung Maria Ebene
Verein für Drogentherapie und Forschung - Bludenz
Die Fähre - Dornbirn
Suchtprävention SUPRO Vorarlberg
Wien:
Anton Proksch Institut
Club Change
Psychosozialer Dienst Wien
Verein Dialog
Kriseninterventionszentrum Wien
Verein Wiener
Sozialprojekte
Ganslwirt
-
Streetwork
-
Projekt ChEck iT
Kolpingwerk
Simmering
Verein P.A.S.S.
Institut für Suchtdiagnostik
Spitalsverbindungsdienst
Contakt
Schweizer Haus Hadersdorf
Grüner Kreis
Suchtprävention
Wien - ISP
sowie
die Tagung der Arbeitsgemeinschaft gegen Suchtgefahren
und der
Österreichische Verein für Drogenfachleute unterstützt.
Frage 10:
Stationäre Therapieplätze gibt es für Abhängigkeitserkrankungen in Bezug
auf
illegale
Drogen bzw. Alkohol, aber auch verwandte Erkrankungen wie
Essstörungen.
Für schwer Tabakabhängige werden stationäre Therapien von
einigen
Krankenkassen getragen. Bei den Therapieeinrichtungen, die sich mit der
Abhängigkeit von illegalen Drogen befassen, wird nicht nach Substanzen
differenziert, sondern sind die Therapien auf das Suchtverhalten an sich
gerichtet. In
letzter Zeit erfolgt eine stärkere „Flexibilisierung" der Angebote
(Modulsysteme etc.) und ergänzend eine Ausrichtung auf neue Phänomene wie
Kokain oder Amphetamine.
Für jugendliche Drogenabhängige stehen spezielle Einrichtungen
(Jugendhäuser
des Vereins Grüner Kreis) sowie Therapieplätze in vielen anderen Einrichtungen
(Lukasfeld,
Carina, Schweizerhaus Hadersdorf, Anton Proksch Institut etc.) zur
Verfügung.
Frage 11:
Auch im Bereich der ambulanten Drogenhilfe wird nicht nach Substanzen
differenziert, sondern gilt wie bei den stationären Angeboten, dass Beratung
und
Therapien auf
das Suchtverhalten an sich ausgerichtet sind. Es kann aber davon
ausgegangen
werden, dass für alle Suchtformen - auch im Bereich illegaler
Drogen -
sowohl für Erwachsene als auch für Jugendliche ambulante Angebote
und
Einrichtungen der Beratung, Betreuung und Behandlung österreichweit auch
KonsumentInnen
unterschiedlichster (illegaler) Substanzen zur Verfügung.
Gerade im Bereich der ambulanten Beratungs- und Therapieangebote sind
jugendliche
Drogenkonsumentlnnen und jugendliche Drogenabhängige die
wichtigste
Zielgruppe. Bei dieser wurde in letzten Jahren die Bedeutung eines
integrativen
Ansatzes betont (siehe bereits zu Frage 5), die Einbeziehung der
Familie bzw.
Jugendwohlfahrt etc. ist hier wichtig.
Im Bereich der sekundärpräventiven Beratungsangebote lag seit Mitte der
90er
Jahre der
Schwerpunkt bei den synthetischen Drogen. In Tirol wurde nunmehr
ein eigenes Konzept für jugendliche Cannabiskonsumentlnnen entwickelt, das
auf die
Verhinderung von Pathologisierung, Kriminalisierung und psychosozialen
kommt der
aussuchenden Arbeit in der Jugendszene und der mobilen
Jugendarbeit
eine wichtige Rolle zu.
Frage 12:
Generell steht ein ganzes Spektrum von Maßnahmen der sozialen
Integration
(Arbeit,
Bildung, Wohnen, Freizeit etc.) im Rahmen der Nachbetreuung zur
Verfügung -
diese setzen aber oft auch schon als suchtbegleitende Maßnahmen
bzw. im Rahmen der Therapie an. In Österreich wird aber in diesem Bereich eher
ein
„mainstreaming approach" verfolgt - d.h. generelle Angebote (AMS,
Beschäftigungsprojekte, betreute Wohnformen, etc.) stehen auch für
Drogenkonsumentlnnen
zur Verfügung, eben mit dem Ziel der Integration. Diese
Angebote
stehen meist auch Jugendlichen offen, ergänzend gibt es spezifische
integrative
Angebote speziell für Jugendliche (z.B. betreute Wohngemeinschaften
in Wien,
„airbag" in St. Pölten, „chill out" in Innsbruck, „Schlupfhaus"
in Graz
etc.) - diese
stehen Jugendlichen mit Suchtgefährdung bzw. Problemkonsum
offen, sind
aber meist nicht ausschließlich auf Drogen spezialisiert.
Aus diesem Grund ist eine genaue Aufschlüsselung nach Art des Angebots
und
Bundesland nicht möglich. Auch ein derzeit im Auftrag des Ressorts am ÖBIG in
Implementierung
befindlicher Suchthilfekompasses wird hier keine Hilfe
darstellen, da
eben viele Nachbetreuungsangebote nicht drogenspezifisch
ausgerichtet
sind.
Generell
kann gesagt werden, dass suchtgefährdete Jugendliche in den letzten
Jahren eine
zentrale Zielgruppe drogenpolitischer Maßnahmen in den
Bundesländern
waren, die Angebote aber eher auf Integration statt auf
Spezialisierung
ausgerichtet sind.
Mit freundlichen Grüßen
Die
Bundesministerin: