1901/AB XXII. GP
Eingelangt am 16.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind
möglich.
BM für auswärtige Angelegenheiten
Anfragebeantwortung
Die Abgeordneten zum Nationalrat Petra Bayr, Kolleginnen und Kollegen
haben am 17. Juni 2004
unter der Nr. 1912/J-NR/2004 an
mich eine schriftliche parlamentarische Anfrage betreffend die
„Umsetzung der sieben EZA-Schwerpunkte, wie unter irischer EU-Präsidentschaft
formuliert"
gerichtet.
Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:
Eingangs möchte ich darauf hinweisen, dass es sich bei den in der
Anfrage erwähnten, von der
irischen Präsidentschaft gesetzten
sieben Schwerpunkten um Arbeitsprioritäten der
Ratspräsidentschaft für das erste Halbjahr 2004 handelt und nicht um formell
vom Rat in seiner
Gesamtheit angenommene Ziele. Solche Prioritäten sind wie bei allen
Präsidentschaften das
Ergebnis einer politischen Auswahl durch
das Vorsitzland vor dem Hintergrund der aktuellen EZA-
politischen Herausforderungen und dem Arbeitsprogramm der EU. Das formal
von Rat und EK
beschlossene und damit bindende Grandlagendokument
für die EZA der EU bzw. der Gemeinschaft
ist die am 10. November 2000 angenommene „Gemeinsame
entwicklungspolitische Erklärung des
Rates und der Kommission".
Zu Frage 1:
• Ziel der
Reduktion der Armut
Die
Armutsbekämpfung wird sowohl im geltenden österreichischen EZA-Gesetz in der
Fassung von
2003 als auch im
EU-Vertrag bzw. in der genannten entwicklungspolitischen Erklärung zum Ziel
der EZA erklärt.
Auch in den internationalen Foren (Vereinte Nationen, Internationale
Finanzinstitutionen) bzw. in den durch diese
formulierten Zielsetzungen und Strategien
(„Millennium Development Goals" - in der Folge MDG, „Poverty
Reduction Strategy Papers" - in
der Folge PRSP) hat die Armutsbekämpfung
eine zentrale Rolle. Eine wesentliche Rolle kommt
dabei der konkreten Auslegung auf der Ebene der Entwicklungsländer
(nationale Pläne für
nachhaltige Entwicklung, PRSP etc.) zu, nach der sich die Geber Die MDG und
andere Indikatoren
dienen dazu, die Ausrichtung der EZA auf die Armutsbekämpfung messbar zu
machen.
• Verstärkung
von Bemühungen zur Erreichung der UN-Millenniumsziele
Im Rahmen der
Vereinten Nationen soll nächstes Jahr eine erste MDG Zwischenbilanz gezogen
werden. Die Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen, also auch Österreich,
bereiten Berichte über
die Umsetzung vor. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Debatte ist die Frage
der Ausrichtung der
EZA-Aktivitäten auf die MDG. Dies setzt
allerdings ein entsprechendes Engagement der
Partnerländer auch auf der nationalen Ebene voraus. Österreich begrüßt und
unterstützt diesen
Prozess ausdrücklich. Es handelt sich allerdings bei den MDG um Indikatoren,
die nur der
Ausrichtung der EZA-Anstrengungen dienen sollen, nicht aber identisch sind mit
nachhaltiger
Entwicklung in einem umfassenden
Sinne. Österreich hat sich in Brüssel für die Vorbereitung eines
konsolidierten EU-Beitrags für die
MDG-Zwischenbilanz eingesetzt und die Arbeit der Erstellung
seines nationalen Berichts aufgenommen.
• Erstarkung einer europäischen Stimme in
internationalen Institutionen zur Bekämpfung der
Armut.
Dies ist einer jener
Bereiche, in denen Österreich nicht nur die irische Präsidentschaft unterstützt
hat, sondern seit längerem besondere Akzente
setzt. Österreich hat sich u.a. für die Vertiefung der
Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Kommission und den Vereinten Nationen
eingesetzt.
Dies hat zur Schaffung strategischer Partnerschaften zwischen der Europäischen
Kommission und
ausgewählten UN-Entwicklungsorganisationen geführt. Rahmenabkommen
zwischen der
Europäischen Kommission und UN-Organisationen (UNDP, UNIDO, WHO etc.) haben zu
einer
erheblichen Verbesserung der Zusammenarbeit der Organisationen geführt.
Der politische
Wille der EU-Mitgliedstaaten zum geschlossenen Auftreten der EU in
internationalen
Foren ist unterschiedlich stark ausgeprägt. Die rechtliche Basis im EU-Vertrag
lässt
Interpretationsspielraum offen. Österreich bemüht sich auch darum, dass sich
die EU-
Mitgliedstaaten,
soweit sie in den Verwaltungsräten der UN Fonds und Programme vertreten sind,
ebenfalls besser koordinieren. Dieses -
übrigens auch von der Europäischen Kommission verfolgte -
Anliegen stößt allerdings bei der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten auf
Zurückhaltung.
• EU-interne Kohärenz in
entwicklungspolitischer Hinsicht
Im Laufe der
letzten Jahre wurden verschiedene Maßnahmen zur Verbesserung der EU-internen
Kohärenz gesetzt. Die entwicklungspolitische Kohärenz ist nicht nur im
EU-Vertrag sondern auch
im österreichischen EZA-Gesetz verankert
(§1, Z5). Das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten führt einen fortlaufenden formellen und informellen
Dialog mit allen betroffenen
Ressorts (BMWA, BMF, BMLFUW, BMLV etc.) um das Bewusstsein für
entwicklungspolitische
Zusammenhänge zu stärken vermehrt in deren
Positionierung einzubringen. Auf EU-Ebene arbeitet
Österreich aktiv in einem von den
Niederlanden geschaffenen Netzwerk zur Förderung der
entwicklungspolitischen Kohärenz mit. Kontaktstellen aus allen Mitgliedstaaten
tauschen im
Rahmen dieses Netzwerks Informationen über jene Bereiche aus, die zwar in
erster Linie von
anderen Fachressorts betraut werden, aber entwicklungspolitische
Auswirkungen haben.
• Effizienzmaximierung gemeinsamer
entwicklungspolitischer Bemühungen
Die Maximierung
der Effizienz der gemeinsamen entwicklungspolitischen Bemühungen steht hinter
den meisten international debattierten
Maßnahmen: Die Ausrichtung auf die MDG, die Grundidee
der acht Zusagen der EU von
Monterrey/Barcelona, die Anstrengungen zur entwicklungspolitischen
Kohärenz, und der laufende Strukturverbesserungsprozess der gemeinschaftlichen
EZA dienen dem
Zweck, den entwicklungspolitischen
Zielen auf Ebene der Partnerländer schneller und effektiver
näher zu kommen und den Mitteleinsatz zu steigern und effizienterer zu
gestalten.
• Beziehungen zwischen Afrika und der EU
Die
institutionalisierten Beziehungen der EU zu Afrika (EU-Afrika Prozess auf Basis
des Gipfels
von Kairo) entwickeln sich seit der Nicht-Abhaltung des Gipfels von Lissabon im
Jahr 2002 (im
Zusammenhang mit den Spannungen mit
Simbabwe) nur schrittweise weiter. Unter irischer
Präsidentschaft kam es zu einem Treffen auf Ministerebene (Troikaformat). Auch
für die
niederländische Präsidentschaft ist ein solches Treffen geplant. Österreich
unterstützt die
Bestrebungen in Richtung voller Beziehungen der EU mit Afrika. Auf Ebene der
Länder und
Regionen bzw. im Rahmen des Cotonou-Abkommens setzt sich der Dialog
ungehindert fort.
• HIV/Aids
Bekämpfung
Die Bekämpfung
von HIV/Aids ist im internationalen Rahmen Teil der Bekämpfung der
sogenannten Armutskrankheiten (HIV Aids, Malaria und Tuberkulose). Der Kampf
gegen diese
Krankheiten hat in der aktuellen entwicklungspolitischen Debatte einen
prominenten Platz
eingenommen. Aus Gemeinschaftsmitteln und dem Europäischen Entwicklungsfonds
wird ein
eigenes Aktionsprogramm der Europäischen Kommission und Beiträge an den GFATM
(Global
Fund for Aids, Tuberculosis and Malaria)
finanziert. Auch Österreich beteiligt sich immer stärker an
diesen Anstrengungen (z.B. Beiträge zu UNAIDS, UNFPA, GFATM, eigene
Projekte). Auf
europäischer Ebene wird die HIV/Aids
Bekämpfung in den nächsten Jahren weiterhin ein wichtiges
Thema darstellen.
Zu den Fragen 2 und 3:
Arbeitsprioritäten
für einen sechsmonatigen Ratsvorsitz sind als Vorgabe für die langfristige
Schwerpunktsetzung und die Beurteilung von entwicklungspolitischen Stärken und
Schwächen nur
sehr bedingt heranziehbar. Österreich folgt in der Entwicklungspolitik einer
Schwerpunktsetzung,
die im EZA-Gesetz und im aktuellen
Dreijahresprogramm festgelegt wird. Die österreichische EZA-
Politik berücksichtigt dabei in besonderer Weise den umfassenden
entwicklungspolitischen Diskurs
auf internationaler und europäischer Ebene.
Zu Frage 4:
Ich verweise auf meine Ausführungen zu Frage 1.
Zu
Frage 5:
Österreich hat
sich in den vergangenen Monaten besonders dafür eingesetzt, dass die neuen EU-
Mitgliedstaaten an ihre neue Rolle als EZA-Geber, vorläufig im Rahmen der
europäischen
Institutionen, herangeführt werden. In diesem Zusammenhang wurde eine eigene
Task Force
eingerichtet. Es kam zur Veranstaltung von
einer Reihe von Seminaren und Workshops. Diese neue
Rolle stellt für die neuen Mitgliedstaaten eine große politische und
institutionelle Herausforderung
dar.
Zu Frage 6:
Seit 2003 findet eine
formalisierte Mehrjahresplanung des EU-Ratsvorsitzes statt. Diese stellt
sicher, dass die Programme der Präsidentschaften aufeinander abgestimmt sind
und somit die
mehrere Jahre übergreifende, kohärente Planung und Verfolgung wichtiger
Anliegen effektiv
möglich wird. Auch der österreichische Ratsvorsitz wird zum Großteil von der
Mehrjahres-Agenda
dominiert sein. Die Bekanntgabe der Schwerpunkte der österreichischen
Präsidentschaft im EZA-
Bereich wird in Abstimmung mit den Partnern
zu einem Zeitpunkt erfolgen, in dem die vordringlich
zu behandelnden Dossiers feststehen.