1911/AB XXII. GP

Eingelangt am 17.08.2004
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BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ 040502/160-I/4/04

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

Wien, 17. August 2004

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 1919/J vom 17. Juni 2004 der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Kollegen, betreffend Auflösung der Zollwache mit 1. Mai 2004 und Aufteilung des Personals, beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, die Verwaltung insgesamt bürgerfreundlicher und effizienter zu gestalten. Diese Reformbemühungen treffen auch den Bereich der Zollverwaltung, die sich gleichzeitig ständig ändernden Rahmenbedingungen stellen muss, wie:

 

 

Diese Herausforderungen wird die österreichische Zollverwaltung als integraler Bestandteil des europäischen Zolls auch in Gemeinsamkeit mit der Europäischen Kommission und den Zollverwaltungen der anderen Mitgliedstaaten gestaltend bewältigen.

 

Hierbei soll sie sich, auch im Lichte der mittlerweile vergleichsweise nach­rangigen Bedeutung der Abgabeneinhebung, zunehmend als die speziali­sierte Organisation für Maßnahmen und Regelungen im Zusammenhang mit dem internationalen Warenverkehr in Österreich im Bewusstsein der Öffent­lichkeit etablieren können.

 

Zu 1.:

Die Aufgabenstellungen eines Zollwachebediensteten im Finanzressort waren bisher am ehesten vergleichbar mit jenen der anderen exekutiven Wachkörper (Gendarmeriebeamte, Polizisten) im Bundesministerium für Inneres.

 

Diese Exekutivbediensteten haben gemeinsam, dass sie vielfach auf dem Gebiet der Strafrechtspflege und Betrugsbekämpfung, sohin auch im Ermittlungs- und Sachverhaltsfeststellungsbereich tätig waren bzw. sind. Die Zollwachebediensteten haben zudem (im übertragenen Wirkungsbereich) auch schon Sicherheitsagenden, sei es an den ehemaligen EU‑Außengrenzen, sei es bei Gefahr im Verzug im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeiten auch hinter den ehemaligen Zollgrenzen wahrgenommen, sodass sie in einer Gesamtschau sowohl zu ihrem Vorteil als auch zum Vorteil der Sicherheitsverwaltung des Bundes bestmöglich im Innenressort zu integrieren waren.

 

Zu 2.:

Mit Stichtag 1. Mai 2004 verblieben insgesamt 646 ehemalige Zollwache­bedienstete im Bundesministerium für Finanzen, wobei für 79 dieser Bediensteten am Zollamt Flughafen Wien Arbeitsplätze des Exekutivdienstes eingerichtet wurden. Die übrigen 567 Zollwachebediensteten werden auf Arbeitsplätzen der Allgemeinen Verwaltung verwendet (1 Bundes-Finanz­akademie, 3 Bundesministerium für Finanzen, 41 Finanzamt, 5 Steuer- und Zollkoordination sowie 517 Zollamt).

 

Zu 3.:

Bei der Beantwortung dieser Frage gehe ich davon aus, dass sich die Frage darauf bezieht, wie viele im Bundesministerium für Finanzen verbliebene Bedienstete seit 1. Mai 2004 nicht mehr Dienst an ihrem ehemaligen (vor dem 1. Mai 2004) Dienstort versehen.

 

Grundsätzlich ist hiezu auszuführen, dass sämtlichen – freiwillig - im Bundesministerium für Finanzen verbliebenen Bediensteten anlässlich ihrer Optionserklärung zum Verbleib im Bundesministerium für Finanzen bekannt war, wo sie künftig ihren Dienst in der Zoll- bzw. Steuerverwaltung verrichten werden. Ausgenommen davon waren die (exekutiven) Bediensteten am Zollamt Flughafen Wien und die verbliebenen Optanten in Tirol.

 

Durch die neu geschaffenen Strukturen der Zollämter mit zugeordneten Zollstellen können in den überwiegenden Fällen die im Bundesministerium für Finanzen verbliebenen Bediensteten ohne Ortswechsel ihren Dienst verrichten. Das Bundesministerium für Finanzen war als moderne Verwaltung bemüht, durch Verlagerungen von bundesweiten Zollagenden, die Arbeit zu den Mitarbeitern zu bringen und damit familiäre und soziale Härten zu vermeiden.

 

Bedienstete, deren Dienststellen aufgelöst wurden und welche eine Dienstverrichtung in anderen, verbleibenden Dienststellen der Zollver­waltung ablehnten, haben abgesehen von den oben angeführten, aus dienst­betrieblichen Notwendigkeiten zum Verbleib im Bundesministerium für Finanzen verhaltenen Mitarbeitern, in das Bundesministerium für Inneres gewechselt.

 

Zu 4.:

Die verbliebenen Mitarbeiter der ehemaligen Zollwache wurden adäquate Arbeitsplätze in der Allgemeinen Verwaltung des Ressorts zur Verfügung gestellt, die auch ein gesichertes berufliches Fortkommen mit optimalen Karrierechancen in der gemeinsamen Steuer- und Zollverwaltung ermöglichen, insoweit Qualifikationen bereits vorhanden, bzw. angebotene Qualifizierungsmöglichkeiten angenommen werden.

 

Um mein Versprechen gegenüber den ehemaligen Zollwache-Bediensteten zu halten, habe ich mir alle erdenkliche Mühe gegeben. So wurden alle Möglichkeiten im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen ausgeschöpft, damit die freiwillig verbliebenen MitarbeiterInnen der ehemaligen Zollwache keine bzw. nur geringfügige finanzielle Nachteile erleiden.

 

Zu 5.:

Gemäß § 12 Abs. 1 Gehaltsgesetz (GehG) 1956 finden im Falle einer Über­leitung vom Exekutivdienst in die Allgemeine Verwaltung die im Exekutiv­dienst erworbenen Zeiten zur Gänze Berücksichtigung.

 

Darüber hinaus ist gemäß § 113 lit. g Absatz 7 GehG der § 83 lit. a leg. cit. auf Beamte, die gemäß Absatz 1 von der Besoldungsgruppe des Exekutiv­dienstes oder der Besoldungsgruppe der Wachebeamten in die Besoldungs­gruppe des Allgemeinen Verwaltungsdienstes überstellt worden sind, im Falle ihrer Versetzung in den Ruhestand wegen dauernder Dienstunfähigkeit mit der Maßgabe weiter anzuwenden, dass die tatsächlich im Exekutivdienst zurückgelegte Dienstzeit spätestens mit dem Tag vor der Wirksamkeit der Überstellung endet.

 

 

 

 

Zu 6.:

Bis zum 30. April 2004 nahm die Vorarlberger Zollwache sowohl die sicherheitsrechtlichen als auch die zollrechtlichen Aufgaben an der Schweizer EU-Außengrenze wahr.

 

Eine Sondervereinbarung zwischen dem Bundesministerium für Inneres und dem Bundesministerium für Finanzen machte einen Übertritt aller Zollwachebediensteten, die ins Innenressort optiert hatten, mit Wirksamkeit vom 1. Mai 2004 möglich.

 

Für die längste EU-Außengrenze mit ihren vielen Grenzübergängen konnten durch die getroffene Sonderlösung mit der gleichzeitigen Übertragung von Zollagenden in das Bundesministerium für Inneres sowohl die Wahrnehmung der Zollaufgaben als auch die schengenkonformen Grenzkontrollen durch diese Grenzorgane gesichert werden.

 

Zu 7.:

Dies ist zutreffend.

 

Zu 8.:

Die politische Vereinbarung mit dem Bundesministerium für Inneres erfolgte aufgrund einer Bedarfsberechnung einer Projektgruppe im Bundes­ministerium für Finanzen, also nicht auf Grundlage einer "abstrakten" Festlegung der Zahl der ins Bundesministerium für Inneres zu über­führenden Optanten. Bei der Bedarfsberechnung lag es selbstverständlich im Interesse des Finanzressorts die künftigen Kernaufgaben und Aufgaben­schwerpunkte der Zollverwaltung weiterhin sicherzustellen, um Anlastungen der EU zu verhindern. Es gab daher keine unverrückbaren Notwendigkeiten sondern gesetzliche Verpflichtungen der Ressortleitung, die sich an den Aufgabenstellungen des Bundesministeriums für Finanzen zu orientieren hatten und gleichzeitig synergetische Lösungen auch unter Berücksichtigung der Wünsche der Mitarbeiter erlaubten. Solcherart konnten immerhin 95 % der Optionswünsche der Zollwachebediensteten berücksichtigt werden und auch weiterhin die hohe Qualität der Zollverwaltung garantiert werden.

 

Zu 9.:

Die Zollagenden sind grundsätzlich eine vom Finanzressort zu vollziehende Materie mit direkter Verantwortlichkeit gegenüber Organen der Europäischen Union.

 

Eine mit Vorarlberg vergleichbare Sonderlösung Tirol hätte keine vergleich­baren Synergieeffekte geschaffen. In Tirol müsste eine relativ kleine Anzahl von Gendarmeriebeamten ein komplexes und sich rasch änderndes Zollrecht vollziehen, wodurch ein hoher Fortbildungsaufwand, den das Finanzressort zu tragen hätte, entstanden wäre. Ungeachtet dessen hätte trotz Aufgaben-übertragung auch eigenes Zollpersonal für die Güterabfertigung eingesetzt werden müssen. Insgesamt war die Sachlage aus dem Blickwinkel optimierter Prozessabläufe für Zoll und Grenzgendarmerie nicht mit Vorarlberg vergleichbar.

 

Der in seiner wirtschaftlichen und geopolitischen Bedeutung wichtige und noch immer wachsende Internationale Flughafen Wien rechtfertigt die Sonderlösung mit exekutiven Mitarbeitern in der Zollverwaltung. Eine Über­tragung der Zollagenden nach § 15 Zollrechtsdurchführungsgesetz hätte aufgrund der komplexen Aufgabenstellungen des Flughafenzollamtes in Schwechat auch schon in Ansehung der mengenmäßig zu bewältigenden Zollagenden aber auch der Korridorfunktion im internationalen Schmuggel von Waren aller Art wenig Sinn gemacht. Es gab daher am Flughafen Wien schon aus dieser geschilderten Situation heraus keine Doppelgleisigkeiten, vielmehr waren und sind die Mitarbeiter des Bundesministeriums für Inneres und des Bundesministeriums für Finanzen allein mit ihren unter­schiedlichen, getrennten Aufgabenstellungen am Flughafen mehr als gefordert.

 

Zu 10.:

Zu dieser Frage verweise ich auf die Ausführungen zu Frage 9. Zudem halte ich fest, dass 95 % der Optionswünsche erfüllt werden konnten.

 

 

Zu 11.:

Vor dem 1. Mai 2004 umfasste die gesamte Zollverwaltung in Tirol ca. 340 Bedienstete. Gegenüber dem Osten Österreichs (ehemalige EU‑Außengrenze) hat sich die Anzahl an Zollabfertigungen im Westen nicht wesentlich verringert. Die Zollverwaltung in Tirol hat daher mit weniger Personal Geschäftsfälle zu bewältigen, die durch die letzte EU‑Erweiterung nicht wesentlich geringer anfallen werden.

 

Zu 12.:

Versetzungen von Bediensteten gab es in jenen Bereichen, wo früher eine Mobile Kontrolleinheit stationiert war, sich aber keine Zollstelle befand. So wurden z.B. die im Bundesministerium für Finanzen verbliebenen Beamten der MÜG Buch bei Jenbach zur Zollstelle Kufstein versetzt. Darüber hinaus gehende Versetzungen haben nicht stattgefunden. Durch die Neuschaffung einer Abfertigungsmöglichkeit in Landeck wurden 3 zivile Bedienstete dorthin versetzt, weil dort auch ein Kundenteam mit der örtlichen Zuständigkeit für die Bezirke Imst, Landeck und Reutte errichtet wurde.

 

Dienstzuteilungen sind derzeit nur zwei aufrecht und zwar zur Unter­stützung der Zollverwaltung in Vorarlberg.

 

Zu 13. und 14.:

Hier verweise ich zunächst auf meine Beantwortung der Frage 9.

 

Die Abfertigung von Reisenden bei den Zollstellen Spiss, Pfunds und Martinsbruck wird von im Bundesministerium für Finanzen verbliebenen Zollbediensteten vorgenommen, weil diese auch zum Teil im Güterverkehr eingesetzt werden müssen. Der Einsatz von Gendarmeriebeamten im Güter­verkehr würde den Servicelevel gegenüber der Wirtschaft vermindern.

 

Wegen der zu vollziehenden Güterabfertigung waren Synergieeffekte nach den heutigen Rahmenbedingungen nicht so überzeugend, sodass eine andere Lösung für das Bundesministerium für Finanzen nicht zielführend erschien.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.