1925/AB XXII. GP

Eingelangt am 25.08.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Verkehr, Innovation und Technologie

 

Anfragebeantwortung

Die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2074/J-NR/2004 betreffend Missstände beim Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes, die die Abgeordneten Pilz, Freundinnen und Freunde am 9. Juli 2004 an mich gerichtet haben, beehre ich mich wie folgt zu beantworten:

Frage 1:

Ist Ihnen bekannt, dass das Unternehmen IASON Labormedizin GmbH & Co KG in der Person des allein vertretungsbefugten Geschäftsführers Mag. Christoph Artner über längere Zeiträume Transportpapiere ausgefertigt und dieser mit seiner Unterschrift die Richtigkeit der gesetzlich vorgeschriebenen Kennzahlen über die Gefährlichkeit des radioaktiven Transportgutes bestätig hat, obwohl er dafür weder über die erforderliche Ausbildung noch über die im Gefahrgutbeförderungsgesetz vorgeschriebene Qualifikation eines Gefahrgutbeauftragten verfügt hat?

Wenn nein: Werden Sie unverzüglich veranlassen, dass Ihnen als für den Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Letztverantwortlichen eine umfassende Information unter Offenlegung aller behördlichen Vorgänge zur Verfügung gestellt wird?

Antwort:

Bei der Beantwortung der Anfrage aus Sicht des Gefahrgut-Beförderungsrechts ist auf gesondert zu beurteilende Pflichten Bedacht zu nehmen:

Die Pflicht zur Benennung eines Gefahrgutbeauftragten ergibt sich aus § 11 GGBG und betrifft Unternehmen, deren Tätigkeiten die Beförderung gefährlicher Güter nach den Vorschriften für den Straßen-, Eisenbahn-, und Binnenschiffsverkehr (nicht Luft- oder Seeverkehr) oder das mit dieser Beförderung zusammenhängende Befüllen oder Verpacken sowie Be- oder Entladen, mit Ausnahme des Entladens am endgültigen Bestimmungsort, umfassen. Die Mitteilung über die Benennung hat seit Inkrafttreten der GGBG-Novelle 2001, BGBl. I Nr. 86/2002, an das BMVIT zu erfolgen. Zuvor erfolgte sie zumeist an die BH.

Die Pflicht, dass Personen, deren Arbeitsbereich die Beförderung gefährlicher Güter umfasst, in den Anforderungen, die die Beförderung gefährlicher Güter an ihren Arbeits- und Verantwortungsbereich stellt, eine Unterweisung erhalten, ergibt sich aus den in § 2 GGBG angeführten Regelungen für die einzelnen Verkehrsträger (ADR, RID, ADN, IMDG-Code, ICAO-TI), betrifft die jeweiligen Unternehmen und involviert keine Behörde. Ob diese Pflicht erfüllt wurde, ist im Rahmen von Kontrollen (§§ 15ff


GGBG) bzw. von Ermittlungen im Hinblick auf die Ahndung von Verstößen gemäß § 27 GGBG zu prüfen. In beiden Verfahren besteht keine Zuständigkeit des BMVIT. Dieses wird erst bei Verfahren vor dem VwGH zwecks allfälliger Stellungnahme eingebunden (§ 21 VwGG). Im Anlassfall dieser Anfrage wurde der Gefahrgutabteilung des BMVIT am 20. Jänner 2004 von der BH Graz Umgebung die Anzeige des Herrn DI MATHEIS gegen die Firma IASON vom 13. Jänner 2004 (GZ. 11.0-20/2004 vom 19.  Jänner 2004) lediglich zur Kenntnisnahme übermittelt.

Frage 2:

Ist Ihnen bekannt, dass sich das Unternehmen IASON Labormedizin GmbH & Co KG in der Person des allein vertretungsbefugten Geschäftsführers Mag. Christoph Artner über längere Zeiträume den Anschein gegeben hat, über einen Gefahrgutverantwortlichen zu verfügen, indem der zuständigen Behörde Herr Mag. Christoph Artner selbst und ein Herr Dipl. Ing. Günther Matheis als Gefahrgutbeauftragte benannt wurden, obwohl Mag. Artner über die erforderliche Qualifikation nicht verfügt, Herr Dipl. Ing. Matheis davon nicht informiert war, dass er als Gefahrgutbeauftragter genannt worden ist und überdies die Qualifikation eines solchen erst zu einem späteren Zeitpunkt erworben hat?

Wenn nein: Werden Sie unverzüglich veranlassen, dass Ihnen als für den Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Letztverantwortlichen eine umfassende Information unter Offenlegung aller behördlichen Vorgänge zur Verfügung gestellt wird?

Antwort:

Da die Benennung vor Inkrafttreten der GGBG-Novelle 2001 (siehe Antwort zu Frage 1) erfolgte, erging die Mitteilung an die BH Graz-Umgebung, und zwar mit Schreiben der Fa. IASON vom 21. Januar 2000.  Eine Kopie dieser Mitteilung wurde dem BMVIT von der BH mit Faxschreiben vom 31. Januar 2000 vorgelegt. Die Benennung erfolgte mit dem Hinweis, dass ein Schulungskurs für die erforderliche Schulungsbescheinigung erst ab Februar/März 2000 verfügbar ist Die Praxis, die Schulungsbescheinigung erst nach Absolvierung des Kurses nachzureichen, war in den Anfangsphasen der Gefahrgutbeauftragtenschulung allgemein zu akzeptieren, da erst seit Mitte November 1999 das in Österreich völlig neu zu installierende Schulungssystem anlief und die Nachfrage in dieser Anfangszeit das Angebot erheblich überschritt. Die Nachreichung des Schulungsnachweises von DI Matheis erfolgte Anfang November 2000. Dass der als externer Gefahrgutbeauftragter benannte DI Mattheis dieser Benennung nicht zugestimmt bzw. von dieser angeblich keine Kenntnis hatte, wurde erst später bekannt  (Telefonat des Herrn DI Matheis mit der Sachbearbeiterin der Gefahrgutabteilung im BMVIT am 24.  November 2003). Mit Schreiben vom 20. November 2003 erfolgte seitens der Fa. IASON eine Mitteilung an das BMVIT über die Benennung zweier Personen als neue interne Gefahrgutbeauftragte für den Bereich Straßenbeförderung.

Fragen 3 und 4:

Ist Ihnen bekannt, dass Herr Mag. Christoph Artner über den Umstand hinaus, dass er sich ohne entsprechende Qualifikation als Gefahrgutbeauftragter benannt hat, auch noch so weit gegangen ist,  dass er die Transportpapiere (shippers declaration for dangerous goods), für deren Richtigkeit er persönlich haftet, offenbar weder selbst ausgestellt, noch die Richtigkeit der Radioaktivitätsmessungen überprüft oder diese persönlich vorgenommen, noch die Papiere eigenhändig unterschrieben hat,  sondern ein Unterschriftsfaksimile hat anbringenlassen.

Wenn nein: Werden Sie unverzüglich veranlassen, dass Ihnen als für den Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Letztverantwortlichen eine umfassende Information unter Offenlegung aller behördlichen Vorgänge zur Verfügung gestellt wird?

Ist Ihnen bekannt, dass die Firma IASON Labormedizin & Co KG in Verantwortung von deren allein vertretungsbefugten Geschäftsführer Mag. Christoph Artner über kein geschultes Personal verfügt,  welches qualifiziert wäre, Gefahrgüter für die Straße und den Luftverkehr versandfertig zu machen?  Wenn nein: Werden Sie unverzüglich veranlassen, dass Ihnen als für den Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Letztverantwortlichen eine umfassende Information unter Offenlegung aller behördlichen Vorgänge zur Verfügung gestellt wird?


Antwort:

Darüber ist mir nichts bekannt. Ob diesbezügliche Pflichten erfüllt wurden, ist im Rahmen von Kontrollen  (§§ 15ff GGBG) bzw. von Ermittlungen im Hinblick auf die Ahndung von Verstößen gemäß § 27 GGBG - unter Bedachtnahme auf die Verjährungsbestimmungen des VStG - zu prüfen.

Fragen 5, 6 und 7:

Wie oft wurde die Firma IASON Labormedizin & Co KG, welche seit dem Jahre 1997 Gefahrgüter ausliefert und in den Versand (auch Export) bringt, von der Aufsichtsbehörde bzw. über deren Auftrag auf Einhaltung der einschlägigen Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes überprüft?  Wenn keine Überprüfungen stattgefunden haben sollten, womit ist diese offenkundige Säumigkeit der zuständigen Kontrollorgane zu begründen und sind Sie bereit, diesen offenkundigen Missstand abzustellen?

Sollten Überprüfungen stattgefunden haben, wie erklärt sich dann, dass die mangelnde Qualifikation des Mag. Artner als Gefahrgutbeauftragter und die Nichtinformation des Dipl. Ing. Matheis, dass er als solcher benannt wurde, von den kontrollierenden Organen nicht bemerkt worden ist?

Antwort:

Gefahrgutkontrollen finden regelmäßig nicht im Unternehmen sondern während der Beförderung statt.  Diese insgesamt muss dem Gefahrgutrecht entsprechen, während die handlungsunabhängigen Anforderungen an die beteiligten Unternehmen eher gering sind. Werden bei derartigen Kontrollen Mängel festgestellt, liegt es an der zuständigen BH oder BPD, wie weit sie Erhebungen im Unternehmen selbst pflegt und dabei allenfalls weitere Verstöße feststellt.

Frage 8:

Werden Sie dienst- und/oder disziplinarrechtliche Konsequenzen ziehen, sollten Sie im Zuge der Erhebungen zum Zwecke der Beantwortung dieser Anfrage die von den Anfragesteilem aufgezeigten Vollzugsmängel vollinhaltlich zur Kenntnis erhalten?

Antwort:

Anhaltspunkte für ein dienstwidriges oder sonst unredliches Handeln behördlicher Organe sind den vorliegenden Informationen nicht zu entnehmen. Bedienstete der BH und BPD unterstehen im Übrigen nicht der Disziplinargewalt des Bundesministers für Verkehr, Innovation und Technologie.

Frage 9:

Bekanntlich ist es bei der Einhaltung der Vorschriften des Gefahrgutbeförderungsgesetzes erforderlich,  dass Begleitfahrzeuge zum Einsatz kommen, sobald ein Gefahrguttransport einen Tunnel zu durchfahren hat. Wurden von der Firma IASON Labormedizin GesmbH & Co KG in Verantwortlichkeit ihres allein vertretungsbefugten Geschäftsführers Mag. Artner derartige Begleitfahrzeug angefordert und eingesetzt, zumal auf den Auslieferungsrouten zwischen Klagenfurt und z. B. den Zustellungsorten Linz oder Feldkirch mehrere Tunnelabschnitte zu befahren sind?

Antwort:

Die betreffenden Vorschriften finden sich nicht im GGBG sondern in der in Vollziehung der StVO erlassenen Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über Beschränkungen für Beförderungseinheiten mit gefährlichen Gütern beim Befahren von Autobahntunneln, BGBl. II Nr. 395/2001. Die allfällige Nichteinhaltung der Bestimmungen dieser Verordnung würde die Übertretung eines Fahrverbots darstellen, die im Rahmen der Strafbestimmungen der StVO zu ahnden ist.

Fragen 10 und 11:

Ist Ihnen bekannt, dass der genannte Mag. Christoph Artner mit seiner ausdrücklichen Einwilligung als Gefahrgutbeauftragter für die Luftfahrt von der Firma Daedolos Flugbetriebs GmbH, 8010 Graz, Schubertstraße 31 benannt wurde, obwohl im dafür jedwede Qualifikation fehlt? Wenn nein: Werden Sie unverzüglich veranlassen, dass Ihnen als für den Vollzug des Gefahrgutbeförderungsgesetzes Letztverantwortlichen eine umfassende Information unter Offenlegung aller behördlichen Vorgänge zur Verfügung gestellt wird?


Wird von der dafür zuständigen obersten Zivilluftfahrbehörde die im Gesetz definierte Qualifikation von Gefahrgutbeauftragten anlässlich deren Bekanntgabe materiell geprüft oder begnügt sich die Behörde mit einer Kenntnisnahme, obwohl mit der Funktion des Gefahrgutbeauftragten ein nennenswerter Umfang an Befugnissen verbunden ist und Schutzinteressen zur Einführung der damit zusammenhängenden Normen zu beachten sind und/oder handelt es sich bei dem in dieser Anfrage unter 2. und 10 aufgezeigten Fällen lediglich um zufällige Fehlleistungen der Aufsichtsbehörde?

Antwort:

Die Pflicht zur Benennung von Gefahrgutbeauftragten besteht nur für die Beförderung gefährlicher Güter nach den Vorschriften für den Straßen-, Eisenbahn-, und Binnenschiffsverkehr, nicht jedoch für den Luftverkehr.

Was die generelle Frage der Prüfung von Details anlässlich von Mitteilungen über die Benennung anbelangt, erfolgt diese jedenfalls auf Vollständigkeit und soweit möglich auch auf Richtigkeit der mitgeteilten Daten. Bei konkreten Verdachtsfällen werden weitergehende Überprüfungen veranlasst.

Frage 12:

Wurde von der obersten Zivilluftfahrtbehörde bei Genehmigung des Gefahrgutbeauftragten der Daedolos Flugbetriebs GmbH im Zuge der Überprüfung seiner Qualifikation allenfalls dessen Qualifikation als Strahlenschutzbeauftragter mit der zu genehmigenden Qualifikation als Gefahrgutbeauftragter im Sinne des LFG verwechselt?

Antwort:

Die Unterlage über die Strahlenschutzgrundausbildung für Strahlenschutzbeauftragte vom 31. Jänner 1991 war für die Mitteilung gemäß § 11 GGBG ohne Belang. Seitens des BMVIT bestehen einheitliche Vorgaben dafür, was mitzuteilen ist. Diese betreffen das Unternehmen, die betroffene Tätigkeit (Straße, Schiene, Binnenschifffahrt), die Funktion (Unternehmensleiter, interner Unternehmensangehöriger, Externer) und die genauen Daten des EU-Schulungsnachweises für Gefahrgutbeauftragte.

Frage 13:

Verfügen die im Hoheitsgebiet der Republik Österreich angesiedelten Flughäfen Wien, Linz, Graz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt über im Sinne der international geltenden Vorschriften (ICAO und IATA) genehmigte Gefahrgutlager?

Antwort:

Ja. Lager für Lagerungszwecke unterliegen jedoch nicht den Vorschriften des Gefahrgut- Beförderungsrechts sondern jenen des Gewerberechts bzw. einschlägiger Sonderregelungen. Im Gefahrgut-Beförderungsrecht finden sich lediglich Bestimmungen über noch zur Beförderung zu zählende Zwischenaufenthalte bzw. Umschlagvorgänge. Ob diese eingehalten sind, ist auf Grund von Kontrollen bzw. von Ermittlungen im Hinblick auf die Ahndung von Verstößen festzustellen.

Frage 14:

Verfügen die im Hoheitsgebiet der Republik Österreich angesiedelten Flughäfen Wien, Linz, Graz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt über im Sinne der international geltenden Vorschriften (ICAO und IATA) im Umgang mit Gefahrgütern für die Luftfahrt geschultes und qualifiziertes Personal?

Wenn nein, sind sie bereit alle sich aus dieser internationale Übereinkommen und Vorschriften verletzenden Situation die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen bis hin zum Entzug der Bewilligung, Gefahrguttransporte abzuwickeln, und werden Sie bis zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes die Abwicklung von Gefahrguttransporten zumindest temporär untersagen?

Antwort:

Ja. Darüber hinaus wird hierzu auf die Ausführungen zur Unterweisungsverpflichtung in der Beantwortung des Anfragepunktes 1 verwiesen.


Frage 15:

Liegen bei den im Hoheitsgebiet der Republik Österreich angesiedelten Flughäfen Wien, Linz, Graz, Salzburg, Innsbruck und Klagenfurt Notfallskonzepte mit ausreichenden Handlungsanweisungen vor, die zur Anwendung kommen können, sobald ein Störfall mit Gefahrgut auftritt und ist das zur Abwicklung dieser Notfallskonzepte erforderliche geeignete und qualifizierte Personal in ausreichender Anzahl rund um die Uhr verfügbar?

Antwort:

Ja. Diese Belange sind jedoch für den Luftverkehr nicht im Gefahrgut-Beförderungsrecht geregelt.

Frage 16:

Nach welchen Kriterien werden periodische Schulungen für das Luftfahrtpersonal (Bodenpersonal) durchgeführt?

Antwort:

Nach den lATA-Kriterien.

Frage 17:

Entsprechend des Gefahrgutbeförderungsgesetzes und der ICAO sind Schulungsprogramme von den nationalen Behörden zu bewilligen. Gibt es solche bewilligten Schulungsprogramme für das österreichische Luftfahrtpersonal?

Antwort:

Schulungen erfolgen nach den internationalen Vorgaben im Rahmen der Genehmigungen gemäß AOCV bzw. § 42 LFG. Eine zur Zeit in Begutachtung stehende Novelle zur GGBV ergänzt diese Bestimmungen um Vorgaben im Rahmen der Vollziehung des § 24c GGBG.