1963/AB XXII. GP

Eingelangt am 06.09.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für auswärtige Angelegenheiten

Anfragebeantwortung

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Walter Posch, Kolleginnen und Kollegen haben
am 9. Juli 2004 unter der Nummer 2038/J-NR/2004 an mich eine schriftliche
parlamentarische Anfrage betreffend „Anti-Folter-Maßnahmen" gerichtet.

Diese Anfrage beantworte ich wie folgt:

Zu Frage 1:

Nach dem Bekanntwerden der Vorfälle in irakischen Gefängnissen habe ich mich am
5. Mai 2004 als erste österreichische und eine der ersten europäischen PolitikerInnen in
einer Presseaussendung klar über die Foltervorwürfe geäußert. In dieser und weiteren
öffentlichen Stellungnahmen am 13. Mai und am 17. Mai 2004 habe ich meine tiefe
Abscheu und mein Entsetzen über die Misshandlungen in Militärgefängnissen im Irak und
in Afghanistan zum Ausdruck gebracht, diese auf das Schärfste verurteilt und die Wahrung
der international anerkannten Normen des humanitären Völkerrechts und der
Menschenrechte auch in Krisenzeiten gefordert.

Ich habe über die Vorfälle mit dem US-Botschafter in Wien am 14. Mai 2004 ein
ausführliches Gespräch geführt und ihm mitgeteilt, dass Österreich und die Menschen in
unserem Land die Menschenrechtsverletzungen in den irakischen Gefängnissen zutiefst
ablehnen und kein Verständnis für die Anwendung dieser Methoden haben.


Am 17. Mai 2004 hat, insbesondere auch auf meinen Vorschlag, der EU-Außenministerrat
die Situation im Irak vor dem Hintergrund der Misshandlungen von Gefangenen in
irakischen Gefängnissen erörtert. Der Rat brachte seine Abscheu angesichts der jüngsten
Beweise für die Misshandlung von Häftlingen in irakischen Gefängnissen zum Ausdruck.
Er verurteilte alle Fälle von Misshandlung und Erniedrigung von Gefangenen im Irak, die
dem Völkerrecht, einschließlich der Genfer Abkommen, zuwiderlaufen. Der Rat begrüßte
die Zusage der US-Regierung, Personen, die für solche Akte der Misshandlung irakischer
Gefangener verantwortlich sind, vor Gericht zu bringen und Maßnahmen gegen die
Nichteinhaltung des humanitären Völkerrechts zu ergreifen.

Zu Frage 2:

Alle EU-Staaten sind Vertragsparteien sowohl der im Rahmen des Europarats
abgeschlossenen Konvention zum Schütze der Menschenrechte und Grundfreiheiten
(EMRK) als auch der UN-Konvention gegen Folter und andere grausame, unmenschliche
oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung. Diese beiden Verträge legen eindeutig
fest, dass das Verbot der Folter unter keinen wie immer gearteten Umständen, auch nicht
zeitweilig und auch nicht in Einzelfällen außer Kraft gesetzt werden darf.

Ich habe volles Vertrauen darauf, dass sich sämtliche EU-Staaten auch weiterhin in vollem
Umfang an diese vertraglichen Verpflichtungen halten werden, und dass konträre
Initiativen nirgends als realistische Option in Erwägung gezogen werden.

Zu Frage 3:

Österreich bekennt sich uneingeschränkt zum absoluten Folterverbot, wie es in den unter
der Antwort zu Frage 2 erwähnten Konventionen festgelegt ist, und wird dies auch
weiterhin tun. Als Außenministerin vertrete ich diese Politik nachdrücklich im bilateralen
und multilateralen Rahmen und sorge dafür, dass Österreich einen wirksamen Beitrag für


die weltweite Durchsetzung des Folterverbots leistet. Dieses Thema ist ein wesentlicher
Bestandteil des Dialogs mit Drittstaaten auf bilateraler Ebene und insbesondere im EU-
Rahmen.

Zu Frage 4:

Ich habe das Zusatzprotokoll zur Konvention gegen Folter und andere grausame,
unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung am 25. September 2003
unterzeichnet und interministeriell durch Befassung der Ressorts, deren Zuständigkeit
durch die Umsetzung des Zusatzprotokolls berührt wird (BKA, BMI, BMJ, BMLV,
BMSG), die ersten Schritte für die Einleitung des parlamentarischen
Genehmigungsverfahrens gesetzt.

Sobald das notwendige Einvernehmen mit den übrigen Ressorts erzielt ist und nach der
Ausarbeitung der notwendigen Erläuterungen wird das Bundesministerium für auswärtige
Angelegenheiten das Protokoll dem Parlament zur Genehmigung zuleiten.

Zu den Fragen 5 und 6:

Österreich trägt sämtliche EU-Initiativen auf dem Gebiet der Folterprävention aktiv mit.
Dazu zählt in erster Linie die Umsetzung der 2001 vom EU-Außenministerrat
beschlossenen Richtlinien zur EU-Politik gegenüber Drittstaaten bezüglich Folter und
anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung.

Auf Basis dieser Richtlinien spricht die EU die Frage der Folter im politischen Dialog mit
den betreffenden Drittstaaten an, unternimmt gegenüber solchen Staaten Demarchen und
gibt öffentliche Erklärungen ab. Ebenfalls vorgesehen ist gemäß diesen Richtlinien die
Unterstützung der Zivilgesellschaften der betreffenden Staaten bei Aktivitäten zur
Folterprävention und die Unterstützung von Folteropfern. Darüber hinaus werden Fälle


von Folterungen in EU-Erklärungen vor der VN-Menschenrechtskommission und VN-
Generalversammlung angesprochen und sind Gegenstand von Resolutionen zu
spezifischen Ländersituationen, die von der EU in diesen Organen eingebracht bzw.
unterstützt werden.

Österreich ist seit Jahren Miteinbringer von VN-Resolutionen zum Thema Folter, die die
Basis für die wertvolle Tätigkeit des VN-Sonderberichterstatters über Folter bilden. Der
Sonderberichterstatter reagiert auf Einzelfalle von Folterungen, steht im Dialog mit
betroffenen Staaten, unternimmt Staatenbesuche und legt über seine Tätigkeit regelmäßige
öffentliche Berichte vor.

Mein Ressort leistet zudem jährlich Beiträge zum freiwilligen Fonds der Vereinten
Nationen für Opfer von Folterungen; 2004 wurde ein Beitrag von € 32.980,- geleistet.