2021/AB XXII. GP

Eingelangt am 08.09.2004
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BM für Justiz

Anfragebeantwortung

DIE  BUNDESMINISTERIN

  FÜR  JUSTIZ

 

BMJ-Pr7000/0038-Pr 1/2004

An den

Herrn Präsidenten des Nationalrates

Wien

zur Zahl 2031/J-NR/2004

 

Die Abgeordneten zum Nationalrat Walter Schopf, Kolleginnen und Kollegen haben an mich eine schriftliche Anfrage betreffend Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit von privaten Haushalten und Einzelpersonen gerichtet.

Ich beantworte diese Anfrage wie folgt:

Das Bundesministerium für Justiz verfügt mit dem ADV-Register über ein Instrument, mit dem auch die für die Justizverwaltung erforderlichen statistischen Auswertungen vorgenommen werden können. Soweit Daten erfasst werden, kann eine Auswertung nach Bundesländern zur Verfügung gestellt werden. Eine weitere Aufgliederung nach Geschlecht, Berufs- und Altersgruppen, Art und Ausmaß der Beschäftigung und des Einkommens und der Einkommenssituation ist dem Bundesministerium für Justiz nicht möglich, weil diese Daten gar nicht oder nicht in statistisch auswertbarer Form erfasst werden.

Zu 1 und 2:

Die Zahlungsunfähigkeit von Personen wird beim Bundesministerium für Justiz nicht registriert. Bekannt ist lediglich die Anzahl jener Verfahren, in denen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder die Eröffnung mangels kostendeckendem Vermögen abgewiesen wurde. Die Anzahl der beantragten (angefallenen) und der eröffneten Schuldenregulierungsverfahren bei den Bezirksgerichten ist, aufgegliedert nach Bundesländern für das Jahr 2003, in den beiden nachfolgenden Tabellen dargestellt.

 

Tabelle A: angefallene Schuldenregulierungsverfahren

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

4.155

131

412

459

699

343

317

574

305

915

 

Tabelle B: eröffnete Schuldenregulierungsverfahren

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

3.812

106

396

420

670

313

272

538

275

822

 

Zu 3:

Die im Jahre 2003 angefallenen Fahrnis- und Forderungsexekutionsverfahren können den unten stehenden Tabellen C und D entnommen werden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass in vielen Fällen Forderungs- und Fahrnisexekution zugleich bewilligt wird. In einem angefallenen Exekutionsverfahren kann es naturgemäß zu mehreren Vollstreckungsversuchen kommen.

Die Anzahl der von den Gerichten an den Hauptverband der Sozial­versicherungsträger gerichteten Drittschuldneranfragen kann aus technischen Gründen nur bundesweit ermittelt werden. Im Jahr 2003 erfolgten 1,123.082 Drittschuldneranfragen der Gerichte beim Hauptverband der Sozialversicherungsträger.

 

 

 

Tabelle C: angefallene Fahrnisexekutionsverfahren

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

994.450

26.576

77.143

160.891

125.026

70.492

143.453

72.630

38.617

279.622

 

Tabelle D: angefallene Forderungsexekutionsverfahren

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

803.761

19.692

58.594

122.870

108.375

50.762

107.612

51.515

31.966

252.375

 

Zu 4 und 5:

Das Bundesministerium für Justiz verfügt über keine Daten, aus denen sich bei den Sozialversicherungsanstalten oder anderen Stellen, die Sozial­(versicherungs)leistungen ausbezahlen, zur Exekutionsantragstellung vorgemerkte Fälle oder Fälle, in denen ein Exekutionsantrag von einer dieser Institutionen registriert wurde, ergeben.

Zu 6:

Das Bundesministerium für Justiz erfasst keine Daten über die Anzahl der Erstkontakte und Beratungen bei Schuldnerberatungsstellen. Nach Mitteilung der ASB Schuldnerberatungsstellen ergibt sich folgendes Bild:

 


Tabelle E: Erstkontakte bei Schuldnerberatungsstellen mit Aufschlüsselung nach Bundesländern

 



Tabelle F: Erstgespräche bei Schuldnerberatungsstellen mit Aufschlüsselung nach Bundesländern

 


41,2 % der Erstgespräche betrafen Schuldnerinnen, 32,3 % Arbeitslose und 5,8 % Pensionisten.

Zu 7:

In der Tabelle G wird die Anzahl der im jeweiligen Zeitraum abgegebenen Vermögensverzeichnisse nach Bundesländern gegliedert aufgeschlüsselt:

 

 

Tabelle G: abgegebene Vermögensverzeichnisse

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

108.669

3.070

9.821

14.758

17.032

6.512

15.469

8.569

5.318

28.120

 

Zu 8:

Die Tabelle H gibt Aufschluss über den Anfall an Exekutionsverfahren, in denen eine zwangsweise Pfandrechtsbegründung beantragt wurde. Zur Ergänzung sind in der Tabelle I jene Fälle, in denen eine Zwangsversteigerung und in der Tabelle J jene, in denen eine Zwangsverwaltung beantragt wurde, angeführt.

Tabelle H: beantragte zwangsweise Pfandrechtsbegründungen

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

17.451

1.425

1.677

4.771

1.452

1.123

3.040

1.186

537

2.240

 

Tabelle I: beantragte Zwangsversteigerungen

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

8.407

441

700

1.801

1.009

676

1.171

799

285

1.525

 

 

Tabelle J: beantragte Zwangsverwaltungen

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

685

20

62

76

44

51

231

73

12

116

 

Zu 9:

Die Anzahl der tatsächlich vollzogenen zwangsweisen Räumungen kann nicht ermittelt werden, weil eine entsprechende statistische Auswertung nicht zur Verfügung steht. Wie bei den anderen Exekutionsarten wird auch zu dieser Frage der Anfall an Räumungsverfahren mitgeteilt.

Tabelle K: angefallene Räumungsverfahren

Jahr

Summe

Burgenland

Kärnten

Niederösterr.

Oberösterr.

Salzburg

Steiermark

Tirol

Vorarlberg

Wien

2003

 

13.666

106

582

1.207

1.447

698

1.489

689

350

7.098

 

Zu 10:

Untersuchungen zu diesem Thema liegen dem Bundesministerium für Justiz nicht vor.

Zu 11 und 12:

Die durch die Konkursordnungs-Novelle 1993 mit 1. Jänner 1995 eingeführten Privatkonkursregelungen waren eine bedeutende Maßnahme, um verschuldeten Privatpersonen einen Ausweg aus der Schuldenspirale zu bieten. Derartige Verfahren werden von Jahr zu Jahr mehr in Anspruch genommen. Die Anzahl der eröffneten Privatkonkursverfahren übersteigt seit dem Jahr 2000 jene der Unternehmensinsolvenzen. Darüber hinaus wurde das Privatkonkursrecht weiter entwickelt, zuletzt mit der Insolvenzrechts-Novelle 2002. Nunmehr ist die Chance zu einer Lösung nahezu allen Schuldnern ermöglicht, weil die Zugangssperre bei Fehlen eines kostendeckenden Vermögens fast zur Gänze beseitigt wurde. Ferner kann dem Schuldner im Schuldenregulierungsverfahren nach Ablehnung eines Zahlungsplans eine Erholungsphase von bis zu zwei Jahren eingeräumt werden, innerhalb derer dem Schuldner der Versuch eines zweiten Zahlungsplans offen steht. Nicht zuletzt wird bei Einleitung des Abschöpfungsverfahrens nun nicht mehr geprüft, ob eine Restschuldbefreiung zu erwarten ist.

Ich werde auch weiterhin die Entwicklung des Privatkonkursrechts in der Praxis beobachten, um bei Bedarf weitere Verbesserungen durch gesetzliche Maßnahmen initiieren zu können.

Die Probleme im Zusammenhang mit der Ver- und Überschuldung der Verbraucher bedürfen vielfältiger Lösungen, zumal die Ursachen dieser Phänomene durchaus unterschiedlicher Natur sind. Zur Linderung der Problematik können auch zivilrechtliche Regelungen zum Schutz der Konsumenten beitragen. Solche Bestimmungen müssen insbesondere die notwendige Information der Verbraucher sicherstellen und ihre Entscheidungsfreiheit wahren.

Im Bereich des Fernabsatzes von Finanzdienstleistungen wird das mit 1. Oktober 2004 in Kraft tretende Fern-Finanzdienstleistungs-Gesetz, BGBl. I Nr. 62/2004, für einen besseren Schutz der Verbraucher sorgen. Das Gesetz enthält eine Reihe von detaillierten Informationspflichten der Anbieter solcher Dienstleistungen. Darüber hinaus steht den Verbrauchern künftig auch ein Rücktrittsrecht zu, das sie ohne Angabe von Gründen ausüben können. Ziel des Gesetzes ist es, in diesem besonderen Vertriebsweg, der aufgrund der Entwicklung der modernen Kommunikationsmöglichkeiten zunehmende Bedeutung erlangt hat, für klare und transparente Verhältnisse zu sorgen. Vor allem sollen die Verbraucher vom Unternehmer verständlich und verlässlich über die für sie mit einer Finanzdienstleistung verbundene Belastung informiert werden. Diese Informationspflichten können mittelbar auch dazu beitragen, die Ver- und Überschuldung einzudämmen.

Im Vorjahr hat das Bundesministerium für Justiz im Rahmen der geplanten Reform des Handelsrechts auch eine Änderung des Konsumentenschutzgesetzes vorgeschlagen, nach der die allgemeine Anrechnungsregel für Zahlungen eines Verbrauchers, der sich im Verzug befindet, geändert werden soll. Dieser Vorschlag ist im Begutachtungsverfahren unterschiedlich aufgenommen worden. Er soll nun im Herbst 2004 mit Vertretern der Sozialpartner und anderer Ressorts weiter diskutiert werden. Ziel des Entwurfs ist es, die Belastung von Verbrauchern, die auf die ausstehende Schuld Zahlungen leisten, zu verringern.

Letztlich verweise ich auf die Bestrebungen der Europäischen Kommission, die Verschuldung der Verbraucher durch strengere Regelungen für die Vergabe von Krediten einzudämmen. Die Beratungen im Rat über den Vorschlag für eine neue Verbraucherkredit-Richtlinie sind bekanntlich ins Stocken geraten. Ich rechne aber doch damit, dass dieses Vorhaben im zweiten Halbjahr 2004 weiter behandelt werden wird. Auch wenn der Richtlinienvorschlag in dem einen oder anderen Punkt wohl noch einer vertieften Diskussion bedarf, unterstütze ich sein Anliegen, im Bereich der Kreditvergabe den Schutz der Konsumenten zu verbessern.

Zu 13 und 14:

Das Bundesministerium für Justiz unterstützt finanziell die ARGE Schuldnerberatungen: Im Jahr 2003 hat das Justizressort (zu welchem damals auch noch die Agenden des Konsumentenschutzes zählten) der ARGE Schuldnerberatungen eine Förderung von 71.220 Euro bezahlt und für das Jahr 2004 unter der Voranschlagspost 1/30006-7662.000 eine Förderung in Höhe von 52.500 Euro zugesagt, wovon die Hälfte am 30. Jänner 2004 bereits überwiesen wurde.

. September 2004

( Maga. Karin Miklautsch )