2045/AB XXII. GP

Eingelangt am 09.09.2004
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BM für FINANZEN

Anfragebeantwortung

GZ 040502/190-I/4/04

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien

 

 

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2081/J vom 9. Juli 2004 der Abgeordneten Ing. Erwin Kaipel  und KollegInnen, betreffend Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein-und Mittelbetriebe durch die Bundesbeschaffungs-Gesellschaft m.b.H., beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Als Kernelement einer umfassenden Reform des Beschaffungswesens des Bundes und damit als Teilaspekt des ambitionierten Reformprogramms der Bundesregierung im Zuge der Maßnahmen zur Budgetkonsolidierung und forcierten Verwaltungsinnovation wurde im Juni 2001 die Bundes-
beschaffung GmbH (BBG) gegründet. Die auf Grund der Neuorganisation der Bedarfsdeckung der Bundesverwaltung von der BBG erzielten Einsparungen (2003 rund 38 Mio. €) stellen einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigen Verwaltungsreform dar. Vom heutigen Standpunkt kann also gesagt werden, dass dieser Schritt sehr erfolgreich war, indem er beträchtliche Nettoeinsparungen gebracht hat.

Wie mir die BBG mitteilte, ist es unter anderem bestehende Praxis, in allen Beschaffungsgruppen die Teillose so zu gestalten, dass es zwischen KMUs und Großbetrieben einen vernünftigen Wettbewerb gibt. Im Vorfeld der jeweiligen Ausschreibung wird daher ermittelt, wo die Wertschöpfung tatsächlich erfolgt. Um auch den KMUs vor Ort eine realistische Chance zu geben, wird die Ausschreibung in der Folge dementsprechend gestaltet. Die BBG hat sich aber bei ihren Beschaffungsprozessen jedenfalls am BVergG 2002 zu orientieren. Es werden von Ausschreibung zu Ausschreibung unterschiedliche Strategien entwickelt (eine allgemein gültige Lösung gibt es nicht), da auch die BBG in hohem Maße interessiert ist, dass es auf Dauer einen Wettbewerb gibt und es nicht zur Bildung von Monopolen und Olygopolen kommt. Auf Grund der bisherigen Erfahrungen zeigt sich nämlich, dass durch ökonomisch sinnvolle Volumens- und Bedarfsbündelungen nach wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien die erwarteten Einsparungen großteils erzielt werden können.
Im Bereich der Informationstechnik, vor allem bei Neuentwicklungen und Innovationsprojekten, nehmen die KMUs auf Grund ihrer Flexibilität und raschen Verfügbarkeit automatisch einen strategisch prioritären Platz ein.

Zu 1.:

Um dem Gesetz (§ 3 Abs. 2 des Bundesgesetzes über die Errichtung einer Bundesbeschaffungs-GmbH, BB-GmbH-Gesetz, BGBl. I Nr. 39/2001 idF.
Nr. 99/2002) entsprechend auf die regionale Versorgungsstruktur Bedacht zu nehmen, wurden insbesondere folgende Maßnahmen gesetzt:

 

1. In den Erläuterungen zu den Verordnungen BGBl. II Nr. 208/2001 und BGBl. II Nr. 312/2002 – obwohl dies an sich schon ausdrücklich in der entsprechenden gesetzlichen Verordnungsermächtigung geregelt ist und daher nach den Legistischen Richtlinien weder im Verordnungstext selbst
noch in den Erläuterungen wiederholt werden müßte – wurde unter anderem
klargestellt, dass auf die regionale Versorgungsstruktur  durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung Bedacht zu nehmen ist und dass umfangreiche Leistungen örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art geteilt vergeben werden können. In den Materialien wurde nochmals verdeutlicht, dass sich Klein- und Mittelbetriebe zu Bietergemeinschaften zusammenschließen können, wodurch ein Eindringen in bisher uner-
schlossene Märkte und damit eine allgemeine Stärkung der Wettbewerbs-
fähigkeit dieses Wirschaftssektors ermöglicht werden soll.

 

2. In dem vom Bundesminister für Finanzen dem Ministerrat am
9. Juli 2002 vorgelegten Erfahrungsbericht über das erste Geschäftsjahr der BBG wurde klargestellt, dass darauf Rücksicht genommen wird, dass keine Benachteiligung von KMUs eintritt, da etwa nach der laufenden Vergabepraxis der BBG eine örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art geteilte Vergabe erfolgt. Seitens der BBG wurde in der Anlage I zum zit. Ministerratsvortrag unter anderem ergänzend ausgeführt, dass sich durch die BBG-Aktivitäten nach szt. Wissensstand keine strukturellen Verän-
derungen in der Lieferantenlandschaft ergeben hätten und dass dort, wo der Anteil an KMUs besonders hoch ist, durch einen angepaßten Ablauf darauf Rücksicht genommen werden konnte.

 

3. Mit Verordnung des Bundesministers für Finanzen BGBl. II Nr. 398/2003 wurde gemäß § 2 Abs. 3 BB ‑GmbH-Gesetz ein Beschaffungscontrolling eingerichtet. Entsprechend § 6 Z 2 der zit. Verordnung ist unter anderem der Anteil der mit KMUs abgeschlossenen Verträge zu ermitteln und dem Bundesminister für Finanzen darüber zu berichten. Daher wird vom Bundesminister für Finanzen laufend überwacht, ob und in welchem Ausmaß bei den Vertragsabschlüssen der BBG auf KMUs Bedacht ge-
nommen wird. Eine derartige Berichterstattung der BBG über den Anteil der


mit KMUs abgeschlossenen Verträge ist mit der Controlling-Bericht-
erstattung 2003 bereits erfolgt (zum Ergebnis darf auf die Beantwortung zu Frage 2 verwiesen werden).

 

4. Mit Schreiben des Bundesministers für Finanzen vom 24. Mai 2004 wurde die BBG auf die besondere Wichtigkeit der Beachtung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz von KMUs bei Auftragsvergaben hingewiesen.

 

Zu 2.:

Mit den Verordnungen BGBl. II Nr. 208/2001 und BGBl. II Nr. 312/2002 wurden jene Güter und Dienstleistungen bestimmt, die nach dem BB‑GmbH-Gesetz zu beschaffen sind.

Die Controlling-Berichterstattung der BBG für das Jahr 2003 ergab, dass knapp zwei Drittel aller Vertragspartner der BBG im Jahr 2003 aus dem Bereich der KMUs stammen.

Das Ergebnis zeigt somit deutlich, dass die Beschaffung der in den genannten Verordnungen angeführten Güter und Dienstleistungen unter Bedachtnahme auf KMUs (§ 3 Abs. 2 BB‑GmbH-Gesetz) erfolgt.

 

Zu 3.:

Die Notwendigkeit der Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung stützt sich primär auf § 3 Abs. 2, 2. Satz BB-GmbH-Gesetz. Auch die Regelung  in § 3 Abs. 1, 2. Satz BB-GmbH-Gesetz, wonach besonders umfangreiche Leistungen örtlich, zeitlich oder nach Menge und Art geteilt vergeben werden können, dient dem Schutz der regionalen Versorgungsstruktur durch KMUs.

 

In den Erläuterungen zu den Verordnungen BGBl. II Nr. 208/2001 und Nr. 312/2002 wurde nochmals zur Klarstellung auf die Notwendigkeit der


Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung hingewiesen. In diesem Zusammenhang darf ich auch auf die Beantwortung zu Frage 1. (1. Punkt) hinweisen.

 

Ergänzend möchte ich in diesem Zusammenhang allerdings anmerken, dass bei der Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur gemäß § 3 Abs. 2 BB-GmbH-Gesetz den vergaberechtlichen Schranken des Diskriminierungsverbotes und dem Gebot der Förderung des Wettbewerbs Rechnung zu tragen ist. Insbesondere ist eine Abschottung von Märkten infolge der Anwendung beschaffungsfremder Kriterien, die auf die Bevorzugung bestimmter Unternehmen, so auch von KMUs, abzielen, vergaberechtlich unzulässig.

 

Zu 4a. und 4b.:

Bis zum Inkrafttreten der Novelle des BB-GmbH-Gesetz, BGBl. I Nr.99/2002, waren die in der Errichtungserklärung vorgesehenen Aufgaben der Gesellschaft ident mit jenen des zitierten § 2 Abs. 2 BB‑GmbH‑Gesetz.

 

Aufgrund dieser Novelle wurde aber das gesetzlich vorgegebene Aufgabengebiet der Gesellschaft insofern erweitert, als nunmehr gemäß § 3 Abs. 3 BB-GmbH-Gesetz die Gesellschaft berechtigt ist, im Namen und auf Rechnung von Ländern, Gemeinden und Gemeindeverbänden sowie von öffentlichen Auftraggebern gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 und 3 BVergG 2002, BGBl. I Nr. 99/2002, soweit es sich um Auftraggeber handelt, die in den Vollziehungsbereich des Bundes fallen, Vergabeverfahren zur Deckung deren Bedarfs an Waren und Dienstleistungen durchzuführen. Die Erfüllung der Aufgaben für den Bund darf hierdurch nicht beeinträchtigt werden.

 

In diesem Zusammenhang halte ich zur Klarstellung fest, dass die Errichtungserklärung lediglich subsidiär anzuwenden ist und sich die Gesellschaft hinsichtlich ihres Aufgabengebietes primär an den gesetzlichen Vorgaben zu orientieren hat.

 

Zu 4c.:

Die besondere Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe ist zwar in der Errichtungserklärung nicht enthalten, doch ist, wie bereits in der Anfragebeantwortung zu
Frage 1.(1. Punkt) dargelegt wurde, diese Verpflichtung sowohl im § 3 Abs. 2 des BB-GmbH-Gesetz sowie in den von mir erlassenen Verordnungen, BGBl. II Nr. 208/2001 und BGBl. II Nr. 312/2002, ausreichend geregelt.

 

Zu 5a.:

Wie mir der Aufsichtsrat der BBG mitteilte, hat die Geschäftsführung der BBG in ihrem gemäß § 11 BB-GmbH-Gesetz dem Aufsichtsrat vorgelegten Jahresarbeitsprogramm 2005 die Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur durch Klein- und Mittelbetriebe, Arbeitsplätze und Wertschöpfung als eine der Unternehmensstrategien aufgenommen. Als konzeptionelle Maßnahme wird die BBG unter anderem an ihrer bereits bisher konstant verfolgten Politik der Förderung der Teilnahme von KMUs an Ausschreibungen durch uneingeschränkte Zulassung von Subunter-
nehmerleistungen sowie durch die Bildung von regionalen Teillosen, der Festsetzung von Eignungs- und  Auswahlkriterien unter Berücksichtigung
der wirtschaftlichen und technischen Kapazitäten der KMUs festhalten bzw. diese noch verstärken, indem bei der Gestaltung der Ausschreibungs-
bedingungen diesen Gesichtspunkten weiterhin Rechnung getragen wird.


Weiters wird auch in Hinkunft an Beschaffungsmodellen gearbeitet, die eine verstärkte Einbeziehung regionaler Lieferanten ermöglichen soll.

 

Die BBG teilte mit, dass auch in dem gemäß § 11 Abs. 4 BB-GmbH-Gesetz im Zuge der Innenrevision erstellten Revisionshandbuch der BBG die Bedachtnahme auf die regionale Versorgungsstruktur gemäß § 3 Abs. 2
BB-GmbH-Gesetz verankert ist.

 

Abschließend ist in diesem Zusammenhang allerdings auch darauf hinzuweisen, dass die BBG, wie eingangs erwähnt, gemäß § 2 BB‑GmbH‑Gesetz die Einkaufsbedingungen des Bundes nach wirtschaftlichen und qualitativen Kriterien zu optimieren hat, weshalb auch dieser vom Gesetz vorgegebene Auftrag bei der Gestaltung der Aus-
schreibungen zu berücksichtigen ist.

 

Zu 5b.:

Gegen eine Berichterstattung an das Parlament über den Anteil der Verträge, den die BBG mit KMUs abgeschlossen hat, besteht aus Sicht meines Ministeriums kein Einwand.

 

Zu 6.:

Von der Ausnahmebestimmung des § 4 Abs. 2, Z. 2 BB-GmbH-Gesetz haben das Bundesministerium für Land-und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft (Bundesamt für Alpenländische Milchwirtschaft), das Bundesministerium für Landesverteidigung (Kommando Einsatz-
unterstützung) und das Bundesministerum für Bildung, Wissenschaft und Kultur (Schulen) Gebrauch gemacht. Als Begründung wurde dabei angegeben, dass die Ware/Dienstleistung von einem Dritten günstiger angeboten wurde.

In dieser Auflistung sind auch Güter und Dienstleistungen der Infor-
mationstechnologie enthalten. Auch hier erfolgte die Inanspruchnahme des Ausnahmetatbestands, weil das Angebot von einem Dritten günstiger  war.

 

Zu 7.:

Gemäß § 2 Abs. 2 Z 4 BB-GmbH-Gesetz gehört zu den Aufgaben der Gesellschaft die Herstellung und laufende Aktualisierung von Verzeichnissen, insbesondere über die abgeschlossenen Verträge, Waren und Dienstleistungen. Mit diesem Verzeichnis sollen die Bundesdienststellen Kenntnis über die von der BBG abgeschlossenen Verträge erlangen. Ein derartiges Verzeichnis existiert seit dem ersten Vertragsabschluß durch die BBG im Jahr 2001, der Rechtsvorschrift wurde seitens der BBG stets entsprochen.

 

Davon zu unterscheiden sind jedoch die (bereits getätigten) Abrufe aus den von der BBG abgeschlossenen Rahmenverträgen, auf die sich Frage 15. der schriftlichen parlamentarischen Anfrage Nr. 880/J vom 9. Oktober 2003 und meine diesbezügliche Antwort bezog. Das BB-GmbH-Gesetz enthält keine Bestimmung, die eine Aufschlüsselung der Abrufe auf Bundesländer und Bezirke bzw. nach Bundesdienststellen vorsieht. Wie bereits erwähnt, werden seit Einführung des Beschaffungscontrollings mit Verordnung
BGBl. II Nr. 312/2002 systematisch beschaffungsrelevante Daten erhoben und ausgewertet.

 

Zu 8.:

Bis dato gab es noch keinen Anlassfall, von dem Recht der umfassenden Auskunftserteilung durch den Aufsichtsrat gemäß § 9 Abs. 3
BGBl. Nr. 39/2001 Gebrauch zu machen.

 


Zu 9. und 10.:

Auf die Anfragebeantwortung zu Frage 1. (4. Punkt) wird verwiesen; einen Anlass zu weiteren Weisungen hat es nicht gegeben.

 

Mit freundlichen Grüßen