2057/AB XXII. GP

Eingelangt am 10.09.2004
Dieser Text wurde elektronisch übermittelt. Abweichungen vom Original sind möglich.

BM für Finanzen

Anfragebeantwortung

 

GZ 040502/197-I/4/04

 

Herrn Präsidenten

des Nationalrates

Dr. Andreas Khol

 

Parlament

1017 Wien         

 

Wien, am 10. September 2004

Sehr geehrter Herr Präsident!

Auf die schriftliche parlamentarische Anfrage Nr. 2084/J vom 12. Juli 2004 der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Kollegen, betreffend "Steuerliche Gleichstellung verschiedengeschlechtlicher und gleichgeschlechtlicher Paare", beehre ich mich Folgendes mitzuteilen:

 

Einleitend möchte ich anmerken, dass ich aus gesellschaftspolitischer Sicht für eine Gleichstellung zwischen gleichgeschlechtlichen und verschieden-
geschlechtlichen Lebensgemeinschaften eintrete. Weiters verweise ich darauf, dass das Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht keinen Unterschied zwischen gleichgeschlechtlichen und verschiedenge-
schlechtlichen Lebensgemeinschaften kennt. Es gibt daher auch keine Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften gegen-
über verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften im Erbschafts- und Schenkungssteuerrecht.


 

Zu 1. und 2.:

Die in einem Abgabeverfahren festgestellten, einen Abgabepflichtigen betreffenden Umstände und Verhältnisse dürfen aufgrund der abgaben-rechtlichen Geheimhaltungspflicht gemäß § 48a Bundesabgabenordnung nicht bekannt gegeben werden. Im Hinblick darauf ersuche ich um Verständnis, dass ich zum konkreten Sachverhalt nicht Stellung nehmen kann.

 

Allgemein ist bezüglich der Schenkungssteuer auf Folgendes hinzuweisen: Wird ein Unterhalt oder eine Ausbildung aufgrund einer gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung (zu beurteilen nach den zivilrechtlichen Vorschriften des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches – ABGB) gewährt, so ist der Tatbestand der freigebigen Zuwendung nicht erfüllt und eine Schenkungssteuerpflicht von vornherein ausgeschlossen.

 

Werden von einer nicht gesetzlich unterhaltsverpflichteten Person Zuwendungen zum Zweck des Unterhalts oder zur Ausbildung gemacht, so sind sie gemäß § 15 Abs. 1 Z 9 Erbschafts- und Schenkungssteuergesetz (ErbStG) steuerfrei, sofern sie angemessen sind. Darüber hinausgehende Beträge unterliegen der Schenkungssteuer. Was als angemessener Unterhalt anzusehen ist, richtet sich nach den zivilrechtlichen Aspekten.

 

Die Steuerfreiheit des § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG kommt nur in Betracht, wenn der Bedachte der Zuwendung zum Zwecke des angemessenen Unterhaltes bedarf. Die Befreiungsbestimmung ist daher nicht anzuwenden, wenn der Bedachte seinen Lebensunterhalt aus seinem eigenen Vermögen bestreiten kann.

 


 

Damit das Finanzamt die Steuerbefreiung des § 15 Abs. 1 Z 9 ErbStG gewähren kann, müssen alle Voraussetzungen vorliegen. Das heißt, es
müssen alle Angaben gemacht werden, die für das Finanzamt erforderlich sind, um die Frage der Angemessenheit und des Bedarfs beurteilen zu können. Die Befreiung kann daher ohne nähere Angaben nicht von Amts wegen gewährt werden.

 

Zu 3. – 9.:

Bei der Frage der Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften mit Ehen handelt es sich um eine primär gesellschaftspolitische Thematik, wobei darauf hinzuweisen ist, dass im Erbschafts- und Schenkungs-
steuerrecht nicht einmal heterosexuelle Lebensgemeinschaften den Ehegemeinschaften gleichgestellt sind. In Österreich ist derzeit ein gesellschaftlicher Umdenkprozess im Gange, dessen Ergebnis aber nicht vom Steuerrecht vorweggenommen werden kann. Es müssen diesbezügliche Änderungen vorerst im Bereich des Zivilrechts erfolgen und einer Gleichstellung von gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Schenkungs- und Erbschaftssteuerrecht vorangehen.

 

Zu 10.:

Wie in der Einleitung bereits ausgeführt, besteht in Österreich eine erbschafts- und schenkungssteuerliche Gleichbehandlung von gleich-geschlechtlichen und verschiedengeschlechtlichen Lebensgemeinschaften. Hinsichtlich der anderen Mitgliedsstaaten in der Europäischen Union ist darauf hinzuweisen, dass die steuerrechtliche Behandlung von gleich-
geschlechtlichen Lebensgemeinschaften zunächst von den jeweiligen zivilrechtlichen Wertungen in den einzelnen Staaten abhängt. Ein diesbezüglicher Vergleich der einzelnen Steuersysteme der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union untereinander und mit Österreich ist nicht möglich,


 

da das Steuerrecht nur an zivil- und gesellschaftsrechtlichen Wertungen anknüpft und nicht losgelöst von der Gesamtrechtsordnung betrachtet werden kann.

 

Mit freundlichen Grüßen

Karl-Heinz Grasser eh.