2102/AB XXII. GP

Eingelangt am 16.11.2004
Dieser Text ist elektronisch textinterpretiert. Abweichungen vom Original sind möglich.

Lebensministerium

Anfragebeantwortung

Auf die schriftliche Anfrage der Abgeordneten Dr. Kurt Grünewald, Kolleginnen und Kollegen
vom 21. September 2004, Nr. 2135/J, betreffend geplante Kraftwerke in Osttirol, beehre ich
mich Folgendes mitzuteilen:

Zu den Fragen 1 und 2:

Die Wasserkraftanlage an der Schwarzach wurde mit dem Bescheid des Landeshauptmannes
von Tirol vom 23. August 2004 wasserrechtlich bewilligt.

Die in der Anfrage dargestellte Äußerung des wasserbautechnischen Amtssachverständigen,
wonach der Ausbaugrad für das geplante Kraftwerk an der Schwarzach nach dem ursprüngli-
chen Projektstand als zu gering angesehen wurde, hat im Zuge des Verfahrens dazu geführt,
dass eine entsprechende technische Projektänderung vorgenommen wurde. Aufgrund dieser
Projektänderung kam der wasserbautechnische Amtssachverständige abschließend zu einer
positiven Beurteilung des gegenständlichen Kraftwerksvorhabens.


Eine Ablehnung des Vorhabens nach § 105 Abs. 1 lit. g Wasserrechtsgesetz (WRG) 1959 we-
gen Widerspruch mit landwirtschaftlichen Benutzungen am Gewässer oder nach § 105 lit. h
WRG 1959 wegen einer Verschwendung des Wassers war aufgrund der Ermittlungsergebnis-
se in rechtlicher Hinsicht nicht möglich.

Zu Frage 3:

Nach Auskunft des Landeshauptmannes von Tirol als der zuständigen Wasserrechtsbehörde
erster Instanz sind die Ermittlungen in den wasserrechtlichen Verfahren zu den angesproche-
nen Kraftwerksprojekten am Kaiserbach sowie am Dorferbach noch nicht abgeschlossen.

Da grundsätzlich jegliche Einmischung von Seiten der Politik in laufende Verwaltungsverfahren
abzulehnen ist und außerdem davon auszugehen ist, dass die Wasserrechtsbehörden geset-
zeskonform vollziehen, verbietet sich hier eine Kommentierung zu laufenden Verfahren.

Zu Frage 4:

Das Ökostromgesetz und das WRG 1959 verfolgen unterschiedliche Zielsetzungen, sodass
der in der Frage hergestellte Zusammenhang nicht schlüssig ist.

Die Möglichkeit der Förderung nach dem Ökostromgesetz setzt eine rechtskräftige wasser-
rechtliche Genehmigung der Wasserkraftanlage nach dem WRG 1959 voraus.

Umgekehrt stellen aus der Sicht des Wasserrechts die Förderungskriterien nach dem Öko-
stromgesetz keine Voraussetzungen dar, die im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren zu
vollziehen wären. Unabhängig von den Förderungskriterien hat der Konsenswerber vielmehr
dann einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung seines Projektes, wenn die Rechte von
bestimmten Dritten oder die im WRG 1959 angeführten Öffentlichen Interessen nicht beein-
trächtigt werden. Die einzelnen Öffentlichen Interessen selbst stehen fallweise zueinander in
Konkurrenz oder sogar in Widerspruch, wie zB das Öffentliche Interesse am ökologischen


Gewässerzustand gegenüber dem Öffentlichen Interesse an der möglichst vollständigen wirt-
schaftlichen Ausnutzung der Wasserkraft. Es kann daher immer nur bezogen auf den konkre-
ten Einzelfall, also die dort ermittelten Umstände und aufgrund einer Interessensabwägung im
Rahmen der berührten Öffentlichen Interessen beurteilt werden, welchem öffentlichen Interes-
se letztlich der Vorzug zu geben ist.

Zu Frage 5:

Die Frage der Rechtfertigung der Errichtung eines Kraftwerks am Rande des Nationalparks
Hohe Tauern aus „naturschutzfachlicher" Sicht hat sich aufgrund der verfassungsrechtlichen
Kompetenzverteilung so nicht zu stellen, da der Naturschutz in Gesetzgebung und Vollziehung
ausschließlich Landessache ist. Es ist jedoch grundsätzlich davon auszugehen, dass das Land
Tirol bei der Abwicklung entsprechender Bewilligungsverfahren den vorhandenen Wert der
Natur- und Landschaftsgüter einschließlich des Nationalparks Hohe Tauern auch zukünftig
berücksichtigt.

Zu Frage 6:

Die Frage der Rechtfertigung der Errichtung eines Kraftwerks am Kaiserbach stellt sich derzeit
nicht, da - laut Auskunft des Landeshauptmannes von Tirol - das wasserrechtliche Genehmi-
gungsverfahren zwar noch nicht abgeschlossen ist. Der Antrag auf Erteilung der naturschutz-
rechtlichen Bewilligung wurde mit Bescheid der Tiroler Landerregierung als Naturschutzbehör-
de vom 23. August 2004 bereits abgewiesen.

Auf Basis wissenschaftlicher Vorarbeiten und Kartierungen haben die seinerzeitigen für Was-
serwirtschaft und Umweltschutz zuständigen Bundesminister Mag. Molterer und Dr. Bar-
tenstein im Jahr 1998 eine mit den Ländern akkordierte, im sog. „Buch der Flüsse" enthaltene
Liste von 72 Flussstrecken österreichweiter Bedeutung publiziert, in denen v.a. im Sinne des
Erhalts von wertvollem Lebensraum für Tiere und Pflanzen keine weiteren ökologischen Ver-
schlechterungen mehr erfolgen sollen. Diese Flussstrecken, darunter auch ein Abschnitt am
Kaiserbach, stellen Leitbilder für den Naturschutz sowie für den Schutzwasserbau dar.


Die am Kaiserbach vor einigen Jahren durchgeführte Renaturierung war in erster Linie eine
wasserbauliche Maßnahme, um einerseits die Eintiefungstendenzen am Kaiserbach zu redu-
zieren und andererseits eine ökologische Verbesserung dieser Gewässerstrecke zu erreichen
sowie eine Ablagerungsmöglichkeit für große Geschiebemengen zu schaffen. Das mit der
Ausbaumaßnahme realisierte wasserwirtschaftliche Schutzziel ist seitens der Wasserrechts-
behörde im Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen.